Ayers Rock(t)
Inklangs Ayers „Five“ verdichtet das ausgefeilte Konzept ihrer Vorgänger und fügt ein zauberhaftes Detail hinzu: Bei gesteigerter (Klang-)Leistung ist sie noch günstiger geworden.
Ohne einen globalen Überblick zu beanspruchen, würde ich behaupten, dass die erst im Jahre 2014 in Hamburg gegründete Lautsprechermanufaktur Inklang zu denjenigen gehört, die ihren Kunden das größte Individualisierungspotenzial bietet. Der Kartonaufdruck „Your personal Ayers“ ist hier definitiv kein leeres Versprechen. Nur selten dürfte ein ausgeliefertes Paar der wertigen Lautsprecher einem anderen gleichen. Und noch spannender: Was bei anderen Herstellern – sofern überhaupt machbar – nur mit saftigem Aufgeld möglich ist, ist bei Inklang Teil der Firmenphilosophie. Jeder Kunde bekommt genau den Lautsprecher, der ihm gefällt. Jedenfalls in optischer Hinsicht. Technisch wird auch bei Inklang gegessen, was auf den Tisch kommt. Doch darüber muss man sich keine Gedanken machen. Die Ayers Five ist in jeder Hinsicht ausgewogen und fein bis kräftig abgeschmeckt.
Aber fangen wir vorne an. Ganz neu ist das Konzept der Nordlichter ja nicht, schließlich haben sie es bei der jüngst abgelösten „Advanced Line“ vorexerziert. Man entschied sich dort für ein Grundmodell – Kompaktbox oder Floorstander –, um es dann aus einer Vielzahl von Farben und Oberflächen zu seinem ganz persönlichen Lautsprecher zu machen. Wer mochte, orderte obendrein eine Frequenzweiche, die hochwertiger bestückt war als das Standardmodell. Und kennen Sie einen Hersteller, bei dem Sie unmittelbar bei der Produktion Ihrer Wunschbox dabei sein und sogar selbst mit Hand anlegen dürfen? Das ist wirklich unüblich, wird bei Inklang in Hamburg aber gern angeboten.
Die Ayers Five ist das neue Spitzenmodell
Die neue Baureihe „Ayers“, deren Spitzenmodell „Five“ bei mir zum Test vorbeischaute, bündelt alle Meriten der erfolgreichen AdvancedLine und entwickelt sie konsequent weiter. Und das zu einem günstigeren Preis, was die Nordlichter nochmals attraktiver macht. Wie Thomas Carstensen, Gründer und Kopf von Inklang, das betriebswirtschaftlich spitzgerechnet hat, dürfte allein mit optimierten Produktionsprozessen und Lieferketten zu begründen sein. An Material, Verarbeitung und Klang wurde jedenfalls nicht gespart. Eher im Gegenteil! Die inklusive Sockel knapp über 1,10 Meter hohe Klangsäule hinterlässt mit ihrem top wohlgeformten Gehäuse einen ausgezeichneten Eindruck. Wir sprechen immerhin über eine Dreiwege-Bassreflex-Konstruktion, die zwei 18 Zentimeter durchmessende Tieftöner aufnimmt. Das benötigt einiges an Volumen. Ansehen tut man es der Five nicht, denn ihre stylisch abgeschrägten Kanten lassen sie erstaunlich schlank wirken.
Das Testmodell kam in der Lackierung „Toolanga Black matt“ zu mir, was ihre zurückhaltende Optik unterstreicht. Darüber hinaus stehen neun weitere Farbvorschläge zur Wahl – jeweils mit mattem, seidenmattem oder hochglänzendem Finish. Carstensen bezieht auf Wunsch auch weitere Farbtöne von zwei renommierten Lackherstellern, sodass praktisch jeder Kundenwunsch erfüllt werden kann.
Bärennase inklusive
Von den beiden Basschassis, die auf eine rückwärtig in den Korpus eingelassene rechteckige Bassreflexöffnung arbeiten, war ja bereits kurz die Rede. Ein Novum bei Inklang – und meiner Kenntnis nach auch in dieser Klasse – ist allerdings die Verwendung einer Seidenkalotte für das Mittenband. Nur wenige Lautsprecherhersteller setzen auf diese Bauform. Am bekanntesten dürfte das britische Unternehmen ATC sein, dessen Mitteltonchassis seit Jahrzehnten unverändert in die Top-Baureihen eingebaut wird und aufgrund seiner markanten Optik den Kosenamen „Bärennase“ trägt. Ein unbestrittener Vorteil, den auch Inklang-Chef Carstensen entdeckt hat, ist die ungewöhnliche Breitbandigkeit und Detailverliebtheit seiner Kalotte.
Man kann sie sehr tief ankoppeln und sehr hoch laufen lassen, was Tief- und Hochtöner in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen entlastet und für eine entspannte und luftige Abbildung der gehörsensiblen Mitten sorgt. Herausforderung: Man muss mit einer recht hohen Flankensteilheit filtern. Die Hamburger arbeiten auf ihrer Weiche mit 18 Dezibel. Dafür übernimmt die „Bärennase“ bereits ab 400 Hertz und übergibt erst bei 3,6 Kilohertz an die kleine Hochtonkollegin. Inklang verweist zusätzlich auf den Verzicht von bremsendem Ferrofluid zur Kühlung des Tweeters – was in diesem Fall schlicht nicht notwendig ist –, gleichzeitig aber den Vorteil hat, dass dieser enorm spontan und flink agiert.
Die Ayers Five ist gerne Single
Gegen den Strom schwimmen die Elbanrainer auch, was die Konnektivität ihres neuen Topmodells betrifft. Man würde ja erwarten, dass eine Standbox dieser Preisklasse selbstverständlich über Bi-Wiring-Terminals verfügt. Schließlich hatte die AdvancedLine auch welche. Die Erfahrungen der letzten fünf Jahre haben Thomas Carstensen aber gezeigt, dass in Praxis nur rund 1,5 Prozent aller Inklang-Kunden Bi-Wiring oder Bi-Amping nutzen. Wenn der weit überwiegende Teil der Kunden darauf verzichtet, warum dann nicht gleich auf ein hochwertigeres Singlewire-Terminal setzen, das auch gleichzeitig weniger fehlerbehaftet ist und in der Folge auch besser musiziert? Über den Klangverlust durch spillerige Blechbrücken hat sich jedenfalls schon jeder HiFi-Journalist ergiebig ausgelassen. Und da ist was dran. Dass man bei Inklang diese Verlustquelle von vornherein ausschließt, finde ich jedenfalls äußerst sympathisch! Auch ich bin nämlich einer von den 98,5 Prozent, die Bi-Wiring für überflüssig halten.
Die Frequenzweiche sitzt mit ihren verbackenen Spulen zur Vermeidung von Mikrofonieeffekten gleich hinter den Anschlüssen in einer isolierten Kammer, was Schwingungseinflüsse auf die Bauteile der Weiche unterbindet. Augenscheinlich wurden in Hamburg alle Register gezogen, um eine veritable State-of-the-Art-Box auf die stylischen Sockel zu stellen.
Muskeln zeigen …
Und was passiert im Hörraum? Inklang verspricht, dass die Ayers Five ein Lautsprecher sei, der „seine Muskeln nicht verstecken möchte“. Und das kann ich nach diversen intensiven Sessions mit der schwarzen Schönheit vollumfänglich unterschreiben. Gerade wenn es musikalisch hoch hergeht, kennt die Hamburgerin keine Handbremse und peitscht ihrem Auditorium die Drums in „Ringin’ in my Head“ von Black Stone Cherry mit hochkarätigem Nachdruck in die Hörmuscheln. Dabei tritt sie – räumlich betrachtet – einen deutlichen Schritt auf den Hörplatz zu, was einen involvierenden und gleichzeitig mitreißenden Charakter vermittelt. Aber keine Sorge: Die Ayers Five setzt Ihnen das Geschehen nicht aufdringlich auf den Schoß, gleichwohl sind Sie mittendrin statt nur dabei.
Blick für Details
Dabei vergisst sie aber auch nicht, dass die virtuelle Bühne weitere Koordinaten, nämlich nach hinten und zu den Seiten, kennt. Diese werden bei exakter Ortbarkeit musikalischer Einzelereignisse luftig und großzügig abgebildet. Am unteren Frequenzende macht die große Inklang keine Gefangenen, elektronisch generierte Tief- und Subbässe wie in „Personal Prometheus“ von Puscifer, einem Sideproject des Tool-Frontmannes Maynard James Keenan, grollen unerbittlich massiv, dabei aber erdig und strukturiert unter die Fußsohlen. Puste für plötzliche Kickbassattacken wahrt sich die Ayers Five dabei jederzeit.
Besonders hervorzuheben ist die vollkommen stressfreie, körperhaft-holografische und vollmundige Wiedergabe von Gesangsstimmen und Naturinstrumenten. Die „Bärennase“ läuft in Sachen Geschmeidigkeit und Natürlichkeit zur Hochform auf. gemeinsam mit dem brillant aber nie vorlauten Hochton präsentiert sie aber nicht nur tonal eine vorzügliche Klangkulisse, sondern zeichnet selbst kleinste Details wunderbar plastisch und transparent in den Hörraum.
Wir meinen:
Die Inklang Ayers Five ist durchaus eine Box mit Charakter, die den kraftvoll-lässigen Auftritt liebt. Das macht sie musikalisch extrem vielseitig und liefert energiegeladenen und dynamischen Hörspaß mit jedem Genre. In Kombination mit den schier unzähligen Individualisierungsvarianten ist die Hamburgerin eine rundum empfehlenswerte Ausnahmeerscheinung.
Technische Daten
Konzept: Standlautsprecher mit Bassreflexgehäuse; lieferbar mit diversen Individualisierungsoptionen
Übertragungsbereich: 32 Hz bis 34 kHz
Max. Belastbarkeit: 400 W
Wirkungsgrad: 85 dB
Nennimpedanz: 4 Ω
Filter nom. (dB): 18 HT/12 MT/18 TT
Übergangsfrequenzen: 400 Hz/3600 Hz
Bestückung: 2 x 182-mm-Tieftöner, 1 x 55-mm-Tiefmitteltöner, 1 x 22-mm-Hochtöner
Terminal: Singel-Wire (max. Querschnitt 8 mm² oder 5 bis 6 mm Bananas)
Gewicht: 26,6 kg
Maße (B/H/T): 21/116/41 cm
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: 3900 €
Kontakt
INKLANG Lautsprecher Manufaktur GmbH
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