AXPONA 2023, Renaissance Hotel Schaumburg, Chicago
Die größte HiFi-Show der USA, AXPONA 2023, brach ihre Besucherrekorde
Vor knapp einer Woche endete die AXPONA 2023. Musikliebhaber, Audiophile und Technik-Enthusiasten wurden drei Tage lang mit außergewöhnlichem Klang, Technologie, Seminaren, Live-Musik und Geräteneuheiten verwöhnt. Wie gewohnt fand die Messe im Renaissance Schaumburg Convention Center and Hotel statt, das 30 Meilen westlich von Chicagos Innenstadt und kaum die Hälfte der Strecke vom internationalen Flughafen entfernt liegt. Die superbe Anbindung zahlte sich aus: Mit 9.115 Besuchern verzeichnete die Messe gegenüber 2022 einen Zuwachs um rund 20 Prozent – und damit auch ihren bisherigen Besucherrekord.
Für die AXPONA 2023 brauchte man Zeit
Um alles zu sehen und zu erleben, sollte man reichlich Zeit einplanen. Der Großteil der Vorführungen erstreckte sich über 12 Etagen des weitläufigen Hotels. Hinzu kamen zahlreiche große Ballsäle. Insgesamt ergab das über 200 Hörräume, in denen Ketten mit Produkten von mehr als 500 Marken ausgestellt und vorgeführt wurden. Man sollte außerdem nicht vergessen, dass die „Ear Gear Experience“, gewissermaßen eine Messe in der Messe, parallel zur AXPONA 2023 Neuheiten rund um das Thema Kopfhörer präsentierte.
In der nachträglichen Auswertung drückte Show Director Liz Smith ihre Dankbarkeit gegenüber Ausstellern, Besuchern und Medienpartnern aus, die die Veranstaltung zu einem enormen Erfolg gemacht haben. Sie fügte auch hinzu, dass sie sich darauf freue, die Show im Jahr 2024 erneut abzuhalten.
Der Reiz der Stille
Die AXPONA 2023 strotze nur so von Highlights. Es würde den Rahmen jeder Messeberichterstattung sprengen alles erschöpfend aufzuzählen. Dazu war die Show einfach zu groß. Betrachten Sie die folgenden Highlights daher einfach als eine Momentaufnahme, manchmal etwas links und rechts des Mainstreams.
Gryphon hatte traditionsgemäß alles am Start, was gut und teuer ist. Allerdings ging die Präsentation der Dänen mit einem „kleineren“ Dämpfer einher: Die Ausstellung war „kalt“, man konnte alles bewundern und bestaunen, es gab jedoch keine Vorführung.
Auch Deutschland war vertreten
Wie wichtig die AXPONA als größte US-Show für deutsche Hersteller geworden ist, konnte man unter anderem daran sehen, dass einige der Firmeninhaber höchstpersönlich nach Chicago gekommen waren. Darunter etwa Udo Besser (AVM), Robert Suchy (Clearaudio) oder Siegfried Amft nebst seinem Sohn Conradin Amft (T+A). Letztere hatten ihre neuen Solitärs im Gepäck. Die Lautsprecher konnten eindrucksvoll demonstrieren, was sie auf dem Kasten haben: Interessanterweise schafften sie es, wunderbar in dem nahezu perfekt kubischen Vorführraum (ein Graus für jeden Akustiker) zu spielen. Selbst der Bass – in solchen Umgebungen besonders knifflig – tönte kontrolliert und stimmig.
Nur ein Zimmer weiter erlebten wir ein ähnlich hohes Niveau. Hier hatten sich Stenheim und VTL niedergelassen. Die Kette darf als Blueprint dafür gelten, wie weit man das Thema Auflösung mit einem „ganz normalen“ dynamischen Lautsprecher treiben kann. Wie gut die Anlage harmonierte kann man übrigens auch daran ablesen, dass wir hier immer wieder einen Stopp eingelegt haben.
So ein Pech …
Luxman stellte sein brandneues Schwergewicht PD-191A vor. Mehr als einen optischen Eindruck konnten wir uns von dem Plattenspieler leider nicht, da jedes Mal, wenn wir vorbeischauten, die anderen Quellen an der Reihe waren. Sowas kann auf einer HiFi-Show natürlich vorkommen.
Mehr Glück hatten wir dafür bei der spannenden Neuheit von Legacy Audio. Der Hersteller aus Illinois präsentierte für die Modelle seiner Masters Collection ein äußerst interessantes Konzept zur Herstellung einer Punktschallquelle. Das arbeitet mittels zweier AMT-Treiber, die vor einer klassischen Membran montiert sind. Und noch viel wichtiger: Das neue Chassis klang einfach hervorragend.
Zu Audio, bekannt für seine breitbandigen Lautsprecherchassis führte einen Wandler mit zwei übereinander liegenden Vollbereich-Chassis vor. Eigentlich dürfte so etwas nicht wirklich gut funktionieren. Die beiden inkludierten Hochtöner sorgen für unangenehme Bündelungseffekte. Fragen Sie nicht wie, aber das Setup funktionierte vorzüglich, spielte hochdynamisch und sehr lebendig. Allerding – das ist natürlich reine Geschmackssache – war der Bass etwas zu sehr auf der „leichten“ Seite. Wir würden dazu ein bis zwei Portionen Subwoofer empfehlen.
Schwebender Kreisel
Das vielleicht schönste Laufwerk, das wir auf der Messe entdecken konnten, kommt vom japanischen Hersteller Yuki Pecision. Ein sich selbst zentrierender auf einem Magnetpolster schwebender Teller mit atemberaubender Optik. Ein „Geheimtipp“ ist der Yuki allerdings nicht mehr: Seit einigen Wochen ist das Gerät im Vertrieb von Axiss Europe auch in Deutschland erhältlich.
An dieser Stelle sei ein kleiner Einschub erlaubt, der die vorzüglichen „Soft-Skills“ des Veranstalters illustriert. Der gab sich alle Mühe, es den Besuchern so angenehm wie möglich zu machen. Jedes Stockwerk, auch die, auf denen es nur Gästezimmer gab, hatte eine eigene Toilette. Dazu wurde einfach ein weiteres Gästezimmer bereit gestellt. Es mag trivial klingen, doch ist das ein Merkmal, das man bei einer dreitägigen Messe zu schätzen lernt. Außerdem gab es Info-Stände, um sich zu Orientieren und zu Informieren. Und schließlich war alles vorbildlich beschildert. Wer die unbegreiflichen Dimensionen des Hotels leibhaftig erfahren hat, wird auch das begrüßen.
Aber weiter im Programm:
Freunde klassischer Orgelmusik mussten unbedingt bei PS Audio Halt machen. Um die Tieftontauglichkeit der neuen Aspen FR20 zu demonstrieren, legten die Amerikaner immer wieder Titel mit großen Kirchenorgeln auf. Es ist unglaublich, wie selbst die „Kleine“ – die FR20 rangiert eine Nummer unter der bereits in FIDELITY vorgestellten FR30 – den Raum in den allertiefsten Oktaven erzittern ließ.
Wie gewohnt, war die Präsentation von Audio Note (UK) auch in Chicago ein Erlebnis. Man fragt sich unwillkürlich „Wie bekommen die das mit einem kleinen 2-Weg-System bloß hin?“ Das können vermutlich nur die Briten selbst beantworten. Konzept und Technik ihrer Boxen weisen auf den ersten Blick wenig spektakuläres auf. Die handverlesene Zusammenstellung der eigens produzierten Bauteile machen die Komponenten dennoch zu etwas ganz besonderem.
Geführte Wellen und strammer Bass
Nicht weniger verblüffend waren die recht kleinen Contra 100S von Aretai. Hier sollte man sich keinesfalls von der Größe täuschen lassen: Ein zweiter, nach hinten abstrahlender Bass sorgt für ein solides Fundament und der unübersehbare Waveguide der Hochtöner erzeugt eine Direktheit, die man den kompakten Lautsprechern nie zutrauen würde.
Eine weitere, ungemein stimmige Darbietung bot ein kleiner Verstärker von Border Patrol. Wir konnten leider nicht erkennen, ob es sich um den S20 oder den P20 handelte. Bestückt sind beide mit 300B Röhren, mit denen er/sie/es Volti Audios Hornlautsprecher in Griff hatte. Es war eine jener Demonstrationen, bei denen man sich ernsthaft fragt, ob es mehr als 20 Watt braucht. Das Setup spielte wunderbar dynamisch, hatte eine hervorragende Auflösung mit fantastischem „Grip“ und nervte an keine Stelle des Frequenzspektrums. Einzig das Hasenstallgitter als Abdeckung für den Bassreflexkanal der Lautsprecher wirkte eine Nummer zu sehr nach „Do It Yourself“.
Eine Anlage zum Träumen
Die wahrscheinlich stärkste Präsentation geht auf das Konto der Audio Group Denmark. Die Dänen hatten gleich mehrere Weltprämieren im Gepäck: Gezeigt (und gespielt) wurden Børresens neuer Standlautsprecher M3. Angetrieben wurde der vom erstmalig gezeigten Vorverstärker C-880 und dem Endverstärker P-880. Die Musikalischen Qualitäten des exklusiven Gespanns ließen keine Wünsche offen. Wir sind verleitet, die Kette mit dem Prädikat „Best Of The Show“ zu versehen. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass die Komponenten gemeinsam mit der Verkabelung und den unzählaren „Tools“ von Ansuz einen Gesamtpreis von rund 1,5 Millionen auf die Waage bringt. Da darf es auch exzellent tönen.
Eine kleine Enttäuschung war dagegen die Show der Heretic Loudspeakers Company. Die Kanadier bauen Lautsprecher, die sich stark an den Klassikern von Altec orientieren. Der vorgeführten Boxen basieren auf der Altec 612. Leider war der Sound undynamisch-flach und hatte auch keinen guten Bassbereich. Vielleicht lag es am unpassenden Frontend, vielleicht am Musikprogramm, vielleicht am Raum. Der Funke ist hier leider nicht übergesprungen, obwohl wir uns genau auf diese Präsentation gefreut haben.
Sie können auch “klein”
Eine weitere Neuheit der Audio Group Denmark gab es in einem der oberen Stockwerke zu bewundern. Der neue All-In-One-Alleskönner, der eigens gegründeten Marke AXXESS. Ein hochwertig gemachter Vollverstärker mit DAC und Streamer, der nahezu alles kann und nebenbei bemerkt wunderbar musiziert. Die AGD betritt mit dieser Maschine Neuland, bietet sie das Gerät doch zu einem Preis um die 5000 € an. Damit ist der AXXESS der absolute Einsteiger im Sortiment. Design, Formfaktor und Klang orientieren sich jedoch an den deutlich kostspieligeren Geschwistern.
Auch “live” lieferte die AXPONA 2023
Musikalische Darbietungen waren ebenfalls ein Highlight der Veranstaltung. Anne Bisson, kanadische Jazz-Sängerin und -Songwriterin, trat am Freitagabend auf und begeisterte das Publikum mit ihrer wunderschönen Stimme, kühnen Arrangements und einem Hauch von den 70er Jahren. Am Samstagabend war Singer/Songwriterin Amber Rubarth an der Reihe. Im Handumdrehen hatte sie ihr Publikum im Griff. Kein Wunder, die Künstlerin hat berets auf der ganzen Welt getourt und eröffnete Shows für legendäre Künstler wie Emmylou Harris, Kenny Loggins, Richie Havens, Dr. Ralph Stanley oder Jason Mraz. Und die ganze Show über konnte man in der Lobby des Hotels einer Harfistin lauschen, die eine wunder entschleunigende Atmosphäre erzeugte.
Zusammenfassend war AXPONA 2023 ein unglaublicher Erfolg, der Musikliebhaber, Audiophile und Audio-Enthusiasten zusammenbrachte. Die beeindruckende Besucherzahl, die große Zahl an Ausstellern und Produkten sowie die außergewöhnlichen musikalischen Darbietungen machten die Show zu einem echten Erlebnis.
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