AVM Inspiration CS 2.3 All-in-one-Musiksystem – Wohnen und Hören
Rede hier keiner von Kompromissen. Integration ist eine Kunst. AVM beherrscht sie in Vollendung.
In aller Kürze
Vielleicht die unauffälligste Art, eine echte High-End-Anlage zu betreiben. Dabei ist AVMs kleinem All-in-One die Sorgfalt seiner Konstrukteure an jeder Ecke anzumerken.
AVM lässt Bilder sprechen. Auf dem Cover des aktuellen Katalogs prangt nicht etwa eins der eindrucksvollen Vor-/Endstufen-Gespanne der Malscher Manufaktur, sondern das größte All-in-one-Gerät namens Ovation CS 8.3. An seiner Seite: das Analoglaufwerk Rotation 5.3. Das Setting: kein imposanter Hör-, vielmehr ein moderner Wohnraum. Die Botschaft lautet: Zeitgemäß leben – und kompromisslos gut hören. Und natürlich: Vinyl ist zurück! Der Witz dabei: AVMs Top-Integrierter hat gar keine eingebaute Phonostufe. Der kleine Bruder Inspiration CS 2.3 dagegen schon. Und was für eine. Aber der Reihe nach.
Der AVM Inspiration CS 2.3, den nur eine Dezimalstelle vom Vorgängermodell CS 2.2 trennt, ist in großen Teilen ein neues Gerät im vertrauten Dreiviertel-Format. Was bleibt, ist sein Status als der Kleinere von zwei Vertretern der Kategorie All-in-One. Die wesentlichsten Unterschiede zum gut doppelt so teuren CS 8.3 sind neben dem Vorhandensein eines Phono-Inputs das Fehlen von Vorstufenröhren und von symmetrischen XLR-Ein- und Ausgängen – und viel weniger Leistung. Wobei die angegebenen 140 Watt pro Stereokanal ohne Wenn und Aber freie Lautsprecherwahl zulassen. Er ist außerdem schmaler und leichter als sein großer Bruder und damit in Summe der Eigenschaften eigentlich das konsequentere und praxisgerechtere Gerät. Denn Phono ist dieser Tage wieder ein echtes Argument. Und angesichts des schlanken Fußabdrucks und einer ausgesprochen schicken Frontgestaltung kann hier die Entscheidung zu Ungunsten einer klassischen Komponenten-Anlage durchaus noch leichter fallen als beim CS 8.3, dessen dickwandiges Aluminiumgehäuse definitiv deutlicher „High End“ signalisiert.
So ist der Inspiration CS 2.3 eine wirklich komplette Anlage – „just add speakers“. Digital ist er CD-Player, DAC, Streamer (jetzt auch mit AVMs neuer X-Stream-Engine) und Internetradio (der UKW-Tuner des Vorgängers 2.2 wurde nicht übernommen), kann dank einer HDMI-Buchse mit ARC (Audio Return Channel) sogar mit einem TV-Gerät kommunizieren. Analog ist er Vollverstärker, könnte aber auch als Vorstufe agieren. Plattenspieler mit MM- und MC-Systemen finden Anschluss, für Letztere steht ein Paar Cinchbuchsen bereit, um Stecker mit Widerständen zur Impedanzanpassung aufzunehmen. Eine absolut unübliche, sehr hochwertige Lösung in einem Gerät dieses Typs. WiFi und Bluetooth sind an Bord. Bedient werden kann via App oder mit einer optionalen IR-Fernbedienung. Oder aber klassisch über die Gerätefront, wo Touch-Bedienfeld, drei Drucktaster und ein Drehknopf harmonisch koexistieren. Auch eine Kopfhörerbuchse ist vorhanden, und per App dirigiert, schließt sich der Integrierte mit anderen geeigneten AVM-Geräten zu einem Multiroom-Netzwerk zusammen.
Das Rückgrat des Inspiration bildet ein Endstufenmodul mit Schaltnetzteil des dänischen Spezialisten Pascal. Deren Class-D-Technik braucht keinen Vergleich zu scheuen, sie begegnet mir regelmäßig in Geräten gehobener und höchster Preisklassen und vermag zuverlässig zu überzeugen. Was nicht bedeutet, dass alles, wo Pascal drinsteckt, wie Pascal klingt. Frontend und Feinabstimmung machen den Unterschied. Der ebenfalls Pascal-bestückte AVM Ovation, mit dem ich schon das Vergnügen hatte, trat unverhohlen gegen die ganz Großen an. Da ist der Inspiration von anderem Schlag. Wir kommen gleich dazu.
Wenn digital alle Wünsche erfüllt werden sollen, führt kaum ein Weg an den DAC-Bausteinen von ESS vorbei. Den im Inspiration CS 2.3 verbauten Chip des Typs ES9038Q2M empfiehlt der kalifornische Hersteller explizit für den Einsatz in hochintegrierten Geräten, worunter er AV-Receiver ebenso versteht wie professionelles Studiogerät. Der Stereo-DAC arbeitet intern mit 32-Bit-Auflösung, beherrscht alle relevanten PCM- und DSD-Formate, bietet unterschiedliche Filtercharakteristiken zur Auswahl (einige davon sind schaltbar über die AVM-App), könnte sogar MQA decodieren, wenn AVM beschließen würde, dieses Feature zu lizenzieren. Firmenchef Udo Besser hat dazu allerdings eine sehr klare Meinung: MQA, sagt er, sei de facto Datenkompression und als solches in Zeiten von Highspeed-Internet schlicht obsolet.
Der Phonozweig ist ein echter Leckerbissen. Meine anfängliche Vermutung, man habe hier schlicht die Platine des kleinen separaten Entzerrers P 30 reingepackt, verneint Udo Besser – der kleine Pre diente nur der, hihi, Inspiration. Tatsächlich genügt schon allein das Anwählen des Phonoeingangs, um festzustellen, dass hier etwas Besonderes vor sich geht. Der Entzerrer ist extrem rauscharm. Das Datenblatt sagt: 83 dB Störabstand (MC). Wir wollen uns ja nicht von Messwerten blenden lassen, aber 83 Dezibel, in einem Gehäuse mit einer Class-D-Endstufe, WLAN und Bluetooth! Hut ab, meine Herren.
Von welchem Schlag ist der AVM Inspiration CS 2.3 also? Er ist ein Dynamiker. Ein Beschleunigungswunder. Alles zusammengenommen – der moderne, schlanke Aufbau, das übervollständige Ausstattungspaket, die Class-D-Pferdestärken unter der Aluminiumhaube – ist er der Audi RS 4 unter den All-in-one-Anlagen.
Dem kleinen AVM kann man jeden Lautsprecher anvertrauen. Meine wirkungsgradstarken Ayons waren erwartungsgemäß keine nennenswerte Last. Der All-in-One zeigte mühelos sein ganzes Können, spielte offen, sauber, schnell, bewies sich als dynamisch hochbegabt und machte alles, was perkussiv und rhythmisch daherkam, zu einem besonderen Vergnügen. Beim Anschließen meiner Dynaudio Special One – ein audiophiles Juwel aus den frühen 1990er Jahren – war ich dann aber doch ein wenig aufgeregt. Diese Youngtimer-Schätzchen brauchen elektrische Kontrolle. Der AVM erwies sich als perfekter Treibsatz – um Klassen besser als der aufwendig gebaute kleine Chip-Amp mit trickreicher Röhren-Hybridschaltung, der da normalerweise Dienst tut. Was einmal mehr beweist, dass dort, wo Stromlieferfähigkeit und Dämpfungsfaktor gefragt sind, keine Edelbauteile weiterhelfen. Die seit 30 Jahren so sehr geliebte Echtheit und Süße des Dynaudio-Tons ergänzte den präzisen AVM-Sound sogar kongenial. Ein beglückendes Erlebnis.
Will ich mit minimalem Aufwand ein Maximum an audiophilen Qualitäten prüfen, lasse ich einen absoluten Klassiker ran: Jazz at the Pawnshop. Eine olle Kamelle, aber wer könnte dem endlos tiefen Aufnahmeraum, der prickelnden Live-Situation, den präsent eingefangenen Instrumenten der Jazzcombo widerstehen? Ich spiele von der SSD-Platte meines Innuos Zenith Mk III, der über denselben Switch – den Silent Angel Bonn N8 – mit dem Netzwerk verbunden ist wie der AVM. Da die Roon-Zertifizierung zum Testzeitpunkt noch nicht abgeschlossen ist, erfolgt die Steuerung über die hauseigene RCX-App (der Innuos ist entsprechend im UPnP-Modus). Der kleine Integrierte macht aus dem Live-Mitschnitt von 1976 ein echtes Fest. Die Klangbühne ist beeindruckend plastisch. Mit den ersten Sekunden, die aus reiner Atmo der Club-Location bestehen, steht ein lebender, atmender Raum da. Das Vibrafon, das im ersten Titel eine prominente Rolle spielt, platziert sich sauber vom Rest der Combo getrennt im Vordergrund und perlt und glänzt, dass ich wunschlos glücklich bin … Digitaltest auf Anhieb mit Auszeichnung bestanden.
Mit Toy von Yello fühle ich dem integrierten Phonoentzerrer auf den Zahn. Vor diesem exquisit produzierten Vinyl lagen schon andere LPs auf dem Plattenteller meines dps-Laufwerks, und der Inspiration CS 2.3 zeigte in Sachen Sauberkeit, Auflösung und Dynamik eine erstaunliche Nähe des Analogzweigs zum digitalen Part. Mit dem 13. Studioalbum der Schweizer Elektro-Popper Meier und Blank setzt sich Vinyl als Musikquelle allerdings klar an die Spitze. Kam die Platte als Qobuz-Stream noch tendenziell leichtfüßig und schnell, ändert sich die Stimmung mit dem Umschalten auf den Phonoeingang schlagartig. Der virtuelle Raum ist gewachsen, der Hintergrund erscheint trotz gelegentlicher Rillengeräusche schwärzer, der Bass hat an Farbe, Tiefe und Druck gewonnen. Alles wirkt ruhiger, geerdeter, aber trotzdem ungemein flüssig – aber nie hektisch, schon gar nicht mechanisch. Yello über den AVM macht riesig Spaß. Und spätestens jetzt ist klar, dass das Paaren dieses unscheinbaren, auf den ersten Blick volldigitalen All-in-One mit einem sehr guten Plattenspieler mehr als nur Sinn macht. Das Ding kann amtlich Analog.
Ich muss etwas gestehen. Dieser Artikel sollte mit einem Plädoyer für Integration beginnen. Ich habe die zwei Absätze gestrichen. All-in-one-Geräte des Kalibers, wie wir uns hier mit ihnen beschäftigen, brauchen längst keine Lobby mehr. Der AVM Inspiration CS 2.3 spricht, pardon, spielt für sich. Wer bis hinein in den hohen vierstelligen Bereich in kleines, feines High End investieren möchte, muss den badischen Alleskönner in die engste Wahl ziehen.
Info
Netzwerkplayer/CD-Receiver AVM Inspiration CS 2.3
Konzept: vollintegrierter Streamer/CD-Receiver mit anpassbarem Phonoentzerrer
Eingänge analog: 2 x Line-In (Cinch), 1 x Phono MM/MC (Cinch)
Eingänge digital: 1 x S/PDIF Coax, 1 x S/PDIF optisch, 1 x USB A (Stick/HDD), 1 x HDMI (ARC)
Ausgänge analog: 1 x Pre-Out (Cinch), 1 x Line-Out Festpegel (Cinch), 1 x Kopfhörer (3,5 mm Klinke), 1 x Lautsprecher (Schraubklemmen)
Ausgänge digital: 1 x S/PDIF Coax, 1 x optisch, LAN, WLAN
Bluetooth: Bluetooth (4.2 Standard), AirPlay 2
Ausgangsleistung (4 Ω): 2 x 140 W
Besonderheiten: Klangregelung, Multiroom, wählbare Digitalfilter, CD-Upsampling, Digitalausgänge mit Lautstärkeregelung, UPnP-Bedien-App RCX, Roon ready, Impedanzanpassung für Phono MC mittels Widerstandssteckern, optional programmierbare IR-Fernbedienung RC 9 (395 €)
Ausführungen: Aluminium silber, Aluminium schwarz, Cellini (500 € Aufpreis)
Maße (B/H/T): 34/9/33 cm
Gewicht: 7,1 kg
Garantiezeit: 2 Jahre (plus 2 Jahre bei Registrierung)
Preis: um 4990 €
Kontakt
AVM Audio Video Manufaktur GmbH
Daimlerstraße 8
76316 Malsch
Telefon +49 7246 309910