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Audiodata MusikServer MS II Audiophiler Modus

Audiodata MusikServer MS II Audiophiler Modus

Nur nicht ablenken lassen!

Audiodata MusikServer MS II Audiophiler Modus

Multitasking ist ein Mythos: Wer ein Dutzend Dinge gleichzeitig tut, teilt seine Aufmerksamkeit nicht, sondern widmet sich jeder Aufgabe nacheinander jeweils für einen Sekundenbruchteil – und das nicht besonders konzentriert. Computer sind da nicht völlig unähnlich: Wenn sich zig Prozesse einen Rechenkern teilen, leidet das Timing, und bei Musik ist das ein Problem. Peter Schippers von Audiodata zeigt uns am Fallbeispiel seines MusikServer MS II, wie Reduktion die Musik zum Leuchten bringen kann.

Audiodata MusikServer MS II Audiophiler Modus
Black Box: Der Audiodata MusikServer MS II gibt sich optisch betont unauffällig. Wer’s schwarz nicht mag, kann ihn auch in Silber ordern, dazu gibt es die Wahl zwischen vier Farben der Knopfbeleuchtung. Der äußerliche Reduktionismus setzt sich innen mehr als konsequent fort: Bei Bedarf kann der MS II die Anzahl der Prozesse des Betriebssystems zugunsten bestmöglicher Musikwiedergabe auf das absolute Minimum zusammenstreichen.

Eins ist eins und null ist null – klingt logisch, ist aber nur bedingt so. Wenn man sich vor Augen hält, wie Datenströme im Internet- und Streamingzeitalter von A nach B gelangen, muss man sich glatt wundern, dass überhaupt irgendetwas funktioniert. Datenströme werden zu Paketen zerhackt und zu kreuz und quer über den gesamten Globus verteilten Serverfarmen geschickt, um sich schließlich im heimischen Router zu versammeln, der – Prüfbytes sei Dank – alle Einsen und Nullen wieder in der richtigen Reihenfolge aneinanderheften kann.

Das System funktioniert verblüffend gut – zumindest, wenn es darum geht, „statische“ Daten wie Bilder oder Dokumente zu übertragen. Musik tickt da allerdings ein wenig anders: Wie wohl nirgendwo sonst kommt es bei ihr auf präzisestes Timing an. Jitter heißt hier das klangschädigende Schreckgespenst: winzige zeitliche Verschiebungen im Bitstrom, die den musikalischen Fluss aus der Bahn werfen. Bei guten Quellgeräten wie Streamern und DACs wird daher meist beachtlicher Aufwand getrieben, das Timing der eingehenden Musikdaten so gut wie möglich glattzubügeln, beispielsweise durch asynchronen Datentransfer, bei dem der DAC die interne Uhr des Computers ignoriert und die Daten im Takt seines eigenen, hochgenauen Kristalloszillators anfordert.

Grundsätzlich besteht jedoch gerade bei PCs und Laptops, die als Musikserver dienen, das Problem, dass im Hintergrund permanent zig Prozesse um Prozessorzeit buhlen. Bei einem Rechner mit Windows 10 etwa laufen ständig mehr als 150 Prozesse im Hintergrund, weiß Peter Schippers zu erzählen. Auch wenn heutige Mehrkernprozessoren etwa ein Dutzend Aufgaben gleichzeitig bearbeiten können, übersteigt die Anzahl der Prozesse die Zahl der verfügbaren Threads also um ein Vielfaches – denkbar ungünstige Bedingungen für eine mikro- oder gar nanosekundengenaue Datenübertragung. Hinzu kommt, dass Rechner mit ihrer leistungsfähigen und zugleich teils extrem miniaturisierten Architektur, diversen Controllern und Schaltnetzteilen, die in keinster Weise mit Blick auf audiophile Anwendungen entwickelt wurden, ein permanentes Feuerwerk an Rauschen und elektromagnetischen Interferenzen zünden.

Dedizierte Streamer oder Musikserver sind hier natürlich im Vorteil, weil ihre Prozessoren dank der Spezialisierung auf eine Aufgabe weit weniger belastet werden – letztlich handelt es sich aber auch bei ihnen zwangsläufig um Rechner, auf denen ein – immerhin häufig auf die Musikwiedergabe spezialisiertes – Betriebssystem läuft. Um das unvermeidliche Multitasking möglichst souverän abwickeln zu können, werden hier gerne hochgezüchtete CPUs verbaut – ein Ansatz, von dem Schippers nicht überzeugt ist. Beim Audiodata MusikServer MS II baut er bewusst auf ein bescheidenes, für den Anwendungsfall aber bequem ausreichendes Vierkern-Rechenherz, das eben aufgrund seiner moderaten Leistungsfähigkeit bei der Aussendung von Störeinflüssen angenehm zurückhaltend ist.

Als Betriebssystem kommt hier aus Gründen der Einfachheit, Kompatibilität und Flexibilität Windows 10 zum Einsatz, wobei Schippers den Funktionsumfang drastisch reduziert und die Anzahl der aktiven Prozesse auf etwa 80 zusammengesägt hat. So weit, so gut – damit hätten wir einen halbwegs typischen Streamer/Musikserver, der jeden Heimrechner klanglich mühelos hinter sich lassen sollte. Peter Schippers ist das jedoch nicht genug: Er wollte es wissen und entwickelte daher einen radikalen Audiophilen Modus, der die Prozessorentlastung zugunsten maximaler Klangqualität auf die Spitze treibt.

Einen Schritt weiter

Audiodata MusikServer MS II Audiophiler Modus
Die Aktivierung des Audiophilen Modus vom PC/Laptop aus ist nicht kompliziert, kann auf den unbedarften Nutzer jedoch etwas einschüchternd wirken. Dank der jüngst veröffentlichten iOS-App lässt sich dies jedoch ab sofort mit einem Tipp auf den großen roten Knopf bewerkstelligen – simpler geht’s nicht.

Hier begeben wir uns in Gefilde, in denen der Bedienkomfort zumindest einen kleinen Schritt zurücktreten muss: Während der Modus per Doppelklick auf ein Icon auf der Bedienoberfläche beziehungsweise Fingertipp auf der jüngst erschienenen iOS-App aufrufbar ist, gilt es einige kleine Regeln zu beachten, will man seine Vorzüge voll ausreizen. Der Audiophile Modus streicht gnadenlos alles zusammen, was für die grundlegende Funktion und Musikwiedergabe nicht unbedingt notwendig ist – auch das Display; die Steuerung kann dann nicht mehr über einen PC, sondern nur über das Smartphone, beispielsweise per Roon oder Tidal Connect, erfolgen, was für 99 Prozent der Bevölkerung kaum ein Problem darstellen sollte.

Da Windows einige Prozesse zudem nicht unmittelbar nach dem Hochfahren startet, empfiehlt Schippers, mit der Aktivierung etwa zwei Minuten zu warten: Schließlich kann das beste Programm keine Prozesse beenden, die noch gar nicht laufen. Einige Prozesse lassen sich zudem nicht direkt schließen, sondern müssen sich gewissermaßen auspendeln. Im Prinzip ist der MusikServer direkt nach dem Wechsel startklar, eine Handvoll Prozesse verabschiedet sich allerdings erst einige Minuten danach. Ist das erstmal geschafft, kann sich der Hörer aber zurücklehnen und praktisch unbegrenzt Musik genießen – erst nach einigen Tagen sollte der Server neu gestartet werden. Ein Knopfdruck und fünf Minuten lautet also die Devise, wenn man das letzte Quäntchen Klangqualität aus seiner Musiksammlung holen will – ganz ähnlich wie bei einem Class-A/B-Verstärker, der nach zehn Minuten auf Betriebstemperatur ist, im Laufe der nächsten halben Stunde oder so aber nochmal an Geschmeidigkeit und Musikalität gewinnt.

Am Ende bleiben noch etwa drei Dutzend davon übrig, doch die Eingriffe gehen noch deutlich tiefer: Die Arbeitsverteilung auf den Prozessorkernen wird grundlegend umorganisiert, um die Wiedergabe praktisch vollständig vom Multitaskingproblem abzukoppeln. Das gesamte Betriebssystem liegt nun in seinem halbkomatösen Dämmerzustand komplett auf einem Kern, während die übrigen drei sich vollständig um die Musik kümmern können – etwaiges Buhlen um Prozessorzeit entfällt damit im Grunde komplett.

So weit die Theorie …

Doch wirkt sich das klanglich tatsächlich aus? Klare Antwort: Absolut, und das überraschend deutlich. Bei „Murders“ von Miracle Musical (Hawaii: Part II) habe ich schon beim Hören im Normalbetrieb keinerlei Grund zur Beschwerde: Obwohl weitgehend nur aus Stimme und Klavierbegleitung bestehend, entwickelt das Stück mit ständig changierenden Effekten, gelegentlich einsetzenden Zweitstimmen und hintergründigen perkussiven Elementen eine überraschende Komplexität. Der MusikServer zeichnet alles präzise nach, macht mich hellwach auf jede subtile Veränderung in der Textur des elektronischen Verzerrungsgefüges aufmerksam.

Nach dem Wechsel in den Audiophilen Modus wird die Veränderung bereits nach den ersten Takten offensichtlich: Die Texturen gewinnen nochmals an Schärfe, der Tiefton an Kontur, und die einzelnen Schallereignisse sind nun noch klarer gegeneinander abgegrenzt. Gleichzeitig – und das erscheint intuitiv als Widerspruch – wird die Präsentation in ihrer Gesamtheit geschmeidiger, fließenden und in sich geschlossener. Für mich ist das ein Indiz besonders geringer Verzerrungen.

Der Audiophile Modus ist explizit als Werkzeug für engagierte Audiophile gedacht, die es wirklich wissen wollen und darauf aus sind, das absolute Maximum aus ihren Aufnahmen herauszukitzeln. Im Normalbetrieb steuert sich der Audiodata MusikServer MS II per Smartphone über die gängigen Streaming-Apps wie jeder andere Streamer oder Server. Im Audiophilen Modus ändert sich abgesehen von der fünfminütigen Aktivierungsphase und der Tatsache, dass man ihn nur durch physisches Ausschalten des Servers wieder verlassen kann, nichts Wesentliches. Der Klanggewinn ist allerdings klar greifbar – ich würde den MS II gar nicht anders benutzen.

Info

Audiodata MusikServer MS II Audiophiler Modus

Konzept: auf stark modifizierter Windows-10-Plattform basierter Musikserver mit Audiophilem Modus
Hardwareausstattung: Intel/Mitac-Mother­board mit Celeron-Quad-Core-Prozessor (4 x 2,0 GHz), per Heatpipe flüssigkeitsgekühlt; 8 GB AM; 256-GB-SSD-Festplatte für das Betriebssystem
Musikspeicher: 2-TB-HDD mit 24/7-Zertifizierung für NAS/Serverbetrieb
Besonderheiten: zahlreiche Upgrademöglichkeiten, u. a. größere HDD- oder SSD-Laufwerke, Linearnetzteil, WLAN-Modul und Streaming-Funktionalität
Farben: Silber oder Schwarz; Startknopfbeleuchtung Weiß, Rot, Grün oder Blau
Maße (B/H/T): 26/9/24 cm
Gewicht: 4,5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: ab ca. 2400 € (inkl. 30 Tage kostenloser Installationssupport nach Kauf per Fernwartung)

Kontakt

Audiodata Elektroakustik

Rottstraße 19
52068 Aachen
Telefon +49 241 512828
info@audiodata.eu

www.audiodata.eu

Mitspieler

CD-Player: Ayon CD-3sx, Audio Note CD 3.1x
Netzwerkplayer/DAC: Lumin X1, Soulnote D-3, Aavik S-580
Plattenspieler: AVM Rotation R 5.3 MK2
Vollverstärker: Aavik I-580, Line Magnetic LM-88IA
Lautsprecher: Wilson Audio Sasha DAW, Audio Physic Spark, Audio GE Teddy
Rack: Solidsteel, Finite Elemente
Kabel: AudioQuest, HMS, Atlas Cables

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