Audio Note AX Two/II – Klein, schwarz, stark
Für die Freunde von gepflegtem Bling-Bling waren die Produkte von Audio Note UK noch nie etwas. Der dänischstämmige Firmenboss Peter Qvortrup arbeitet nach der sympathischen Maxime „Mehr sein als scheinen“ und stellt uns mit der Audio Note AX Two/II zwei kleine schwarze Regalböxchen in die Redaktion, immerhin mit Echtholzfurnier in der treffend betitelten Farbvariante „Ash“.
In aller Kürze:
Die Audio Note AX Two/II ist ein ausgezeichneter Kompaktlautsprecher, der eine sorgsame Platzierung dankt. Mit einem Wirkungsgrad von 89 Dezibel kommt er mit Transistorverstärkern und mit Röhren zurecht.
Die Furniervariante steht für „Esche“ (nicht Asche!) und bezieht sich auf die Holzmaserung. Klein, schwarz, ziemlich unscheinbar. Die Audio Note AX Two/II ist ein Lautsprecher, dessen Größe und Gewicht dem Highender suggerieren, er möge ihn doch bitte schön auf Lautsprecherständer verfrachten, die angesichts der sehr handlichen Dimensionen der AX Two/II – wir reden hier von 37,6 Zentimetern Höhe, 23 Zentimetern Breite und 22 Zentimetern Tiefe sowie sieben Kilo Masse – nicht einmal sonderlich massiv ausfallen müssen.
Falsch gedacht. Mehr oder weniger rappelige Billig-Stands aus der Zubehörecke der Kistenschieber-Märkte wären für den britisch-österreichischen Kompaktschallwandler ein unverzeihlicher Bärendienst. Was in Partridge Green nahe dem britischen Kult-Seebad Brighton erdacht wird, hat stets einen soliden High-End-Kern und erfordert deshalb ein gewisses Maß an Hingabe und Zeit – auch bei der Aufstellung. Da ist die Stabilität des Aufstellorts ebenso wenig trivial wie der Abstand zu den Raumwänden. Der in Österreich bei einer auf highendige Auftragsarbeiten abonnierten Firma gefertigte Schallwandler verzichtet auf die optisch signifikanten, gerne blau eingefärbten Hanffaser-Chassis der größeren Audio-Note-Wandler und setzt auf einen Sechszoll-Tieftöner aus Papier und eine Dreiviertelzoll-Hochtonkalotte aus Seide und Polyamid. Das Bassreflexrohr mündet hinten, wo auch ein überaus solide wirkendes Bi-Wiring-Terminal verbaut ist.
Wobei bei der AX Two/II die typischen Audio-Note-Gene unüberhörbar sind. Zwar wird bei den Briten traditionell mit Röhrenverstärkern abgestimmt, die Lautsprecher der Firma spielen vom kleinsten bis zum größten Modell aber auch an Transistorketten ihre Stärken aus. Valeurs werden in der Audio-Note-Welt mit allerfeinstem Pinselstrich hingetupft, sind in der Regel semitransparentes Pastell statt fetter Ölfarbe.
Die AX Two/II fühlt sich an Transistor-Amps schon deshalb wohl, weil sie mit ihren nominellen 89 Dezibel Wirkungsgrad keines jener auf Röhrenverstärker-Kompatibilität gezüchteten Effizienzwunder ist, die den Löwenanteil im Audio-Note-Portfolio ausmachen.
Gleichwohl klang die österreichische Britin auch und gerade dann berückend, ja lieblich, wenn ich sie mit meinem Unison Simply Italy verbandelte. Eine kleine Engländerin und ein charmanter Italiener, die miteinander in einmütiger Stimmigkeit Musik machten und mich sofort in ihren Bann zogen.
Klar, dass es nicht die Rockfans sind, die hier die primäre Zielgruppe ausmachen. Ein auf Subtilität und feine Auflösung abgestimmter Kompaktlautsprecher wie die AX Two/II hat schon aus physikalischen Gründen mit tiefen Bassimpulsen und harter Attacke eher weniger an der Schallwand. Mag man aber überschaubar besetzten Kammerjazz und gut aufgenommene Klassik, hört man beispielsweise gerne Kunstlieder mit ätherischen Sopranen und sonoren Bässen, dann wird man mit der Audio Note AX Two/II problemlos glücklich. Denn von den Verfärbungen, die Lautsprecher aus „good ol’ Britain“ früher wie ein Fluch begleiteten, sind Audio-Note-Kreationen weit entfernt. Hier klingt beispielsweise der formidable deutsche Liedsänger Christian Gerhaher in Mahlers Lied von der Erde, das er in einer sehr hermetisch wirkenden, weil extrem reduzierten Klavierfassung mit dem Tenor Piotr Beczala und dem Pianisten Gerold Huber für Sony Music einspielte, genauso präsent, wie man ihn aus seinen Konzerten kennt. Die Farben dieser unverwechselbaren Baritonstimme, Gerhahers Talent für hauchfeine Phrasierungen und subtile Spannungsbögen – über die Audio Note AX Two/II ist das alles in packender Authentizität vorhanden und dank ausgezeichneter Aufnahmequalität in jeder noch so kleinsten Verästelung nachvollziehbar.
Womit eine noch gar nicht gestellte Frage auch schon beantwortet ist: Ja, der kleine schwarze Audio-Note-Zweiwege-Quader ist für hochauflösendes Material durchaus das passende Wiedergabegerät, man kann den Lautsprecher getrost mit HiRes-Dateien und Musik von der SACD traktieren und wird die Vorteile der Quelle gegenüber dem CD-Standard jederzeit nachvollziehen können. Einen Riesensprung macht die Performance der AX Two/II freilich, wenn ein guter Plattenspieler mit einem feinauflösenden MC-System das musikalische Material liefert. Dann wächst die Kompaktbox hörbar über sich und die Grenzen ihres mit schwarz lackiertem Echtholzfurnier bezogenen Gehäuses hinaus und lässt erahnen, warum Audio Note für diese Box selbstbewusste 3750 Euro aufruft. Kein Schnäppchen für die Studentenbude (obwohl der extrem zurückgenommene Look das suggeriert), sondern ein überaus ernsthaftes Schallwiedergabegerät für jene, deren Hörräume nicht allzu viele Quadratmeter haben, die aber dennoch in möglichst hoher Qualität Musik hören wollen.
Audio-Note-Boss Peter Qvortrup wird nicht müde zu betonen, dass man das richtige Hören erlernen müsse, dass kluger Musikgenuss etwas mit Konzentration und Hingabe zu tun habe – was impliziert, dass Audio-Note-Ketten im Allgemeinen und die Lautsprecher der Firma im Besonderen nicht für das Nebenherhören gedacht sind, sondern für die bewusste Auseinandersetzung mit Musik geschaffen wurden. Und dabei unauffällig im Hintergrund bleiben sollen, solange sie nicht aktiviert werden. Deswegen das in meinen Augen eine ganze Spur zu schlichte, beinahe dröge Nicht-Design, das auch in heller Holzfurnier-Ausführung nach allem Möglichen aussieht, aber nicht nach einem Lautsprecher der 3700-Euro-Klasse.
Was den überarbeiteten Lautsprecher vom ebenfalls erfolgreichen Vorgängermodell unterscheidet? Fragt man Audio-Note-Entwickler und Technikspezialist Andy Whittle, dann sind es behutsame, aber entscheidende Modifikationen, die aus der AX Two/II einen noch besseren Schallwandler machen: „Bei der AX Two/II besteht das schwingungsoptimierte Gehäuse komplett aus furnierten Spanplatten“, führt Whittle aus. Die sehr stabil wirkenden Gehäuse werden von einem Betrieb in Österreich gebaut, der alle Audio-Note-Lautsprecherkabinette fertigt. Den Tieftöner habe man bei Audio Note überarbeitet, um ihm eine linearere Sprungantwort zu verleihen. „Der 19-Millimeter-Kalottenhochtöner wird nach unseren Spezifikationen in Dänemark produziert, diesen Treiber haben nur wir“, sagt Whittle mit hörbarem Stolz und fügt hinzu: „Wir benutzen aus Prinzip kein Ferrofluid im Magnetspalt des Hochtöners, dadurch kann er schneller auf Impulse reagieren und koppelt sich auch besser an den neuen Tieftöner an“, meint Whittle.
Die nahe der überaus soliden Bi-Wiring-Goldklemmen angebrachte Weiche habe man entscheidend überarbeitet, um die Treiber möglichst bruchlos einzubinden, wobei besonderes Augenmerk auf die Schallausbreitung und einen sauberen Frequenzgang auch außerhalb der Schallachse gelegt wurde. „Die Lautsprecher werden in unserer Firma in Österreich zusammengebaut und getestet“, so Whittle.
Dass man bei Audio Note UK nach wie vor in erster Linie mit dem Gehör und nicht primär mit cleverer KI und simulierten Schallfeldern abstimmt, zahlt auf einen runden, bruchlosen Gesamtklang ein. Die Kombination mit einem Subwoofer sollte man sich sparen, weil die Audio Note AX Two/II zwar nicht bis in allertiefste Kellerregionen hinuntersteigt, aber in sich im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten absolut bruchlos das komplette Frequenzspektrum wiedergibt, mit noblen Höhen und sattem, immer sauber und kontrolliert wirkendem Bass. Zudem wirkt die Audio Note AX Two/II angenehm präsent, spielt „weit vorne“, macht vor allem Stimmen, aber auch akustische Instrumente wie Vincent Bélangers Cello auf der aktuellen Scheibe Consonance (GFN Classics) fast mit Händen greifbar. Nicht schlecht für einen äußerlich schmucklosen Quader.
Info
Lautsprecher Audio Note AX Two/II
Konzept: 2-Wege-Kompaktlautsprecher
Bestückung: Dreiviertelzoll-Kalottenhochtöner (Seide-Polyamid-Gemisch), Sechszoll-Tieftöner mit Papiermembran
Ausführungen: Walnuss, Esche schwarz
Besonderheiten: Bi-Wiring-Terminal
Maße (H/B/T): 376/230/220 mm
Gewicht: 7 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 3750 €
Kontakt
Audio Note Deutschland
Max-Planck-Straße 6
85609 München
Telefon +49 89 422466
sw@audionote-deutschland.de
Mitspieler
Kompaktlautsprecher/DAC: Esoteric N-01XD
CD-Player: Mark Levinson No. 390S
SACD-Player: Pioneer PD-D6-J
Plattenspieler: Clearaudio Innovation Compact, Artkustik Seismograph
Tonabnehmer: Clearaudio Da Vinci und Jubilee MC, Denon DL-103R
Phonoverstärker: Clearaudio Balance V2
Vorverstärker: Trigon Snowwhite, Mark Levinson No. 38S
Vollverstärker: Mark Levinson No. 5805, Unison Research Simply Italy
Endverstärker: Mark Levinson No. 27
Lautsprecher: Infinity Kappa 7.2 Series II, Audio Note AX One/II
Kabel: u. a. von Sommer Cable, in-akustik, AudioQuest und Morrow Audio