Astell & Kern Kann Cube – Wohlklang-Kraftpaket
Der Spezialist für highfidele Unterwegs-Spieler Astell & Kern hat einen neuen Superspieler im Programm: Der Kann Cube ist ein Kraftpaket, das Mobilisten mit kompromisslosem Spitzenklang überzeugen will.
Fotografie: Harald Wittig, Hersteller
In der südkoreanischen Landeshauptstadt und Metropole Seoul residiert Astell & Kern, kurz AK genannt, die als Erfinder der hochauflösenden Unterwegs-Spieler für Highender gelten. Jedenfalls waren die Koreaner die Ersten, die der Dominanz von MP3-Playern und Taschentelefonen mit klanggewaltigen Mobile-Playern begegneten, die auf höchstmögliche Wiedergabequalität optimiert sind. Inzwischen ist AK Marktführer in diesem Produktsegment, hat neben den Playern unter anderem auch Geräte für den stationären Einsatz, CD-Ripper, Aufnahmegeräte sowie In-Ear-Kopfhörer eigener Entwicklung, die von Beyerdynamic gefertigt werden, im Programm. Ein umtriebiger Hersteller mithin, wobei die Koreaner in der allgemeinen Wahrnehmung zuerst als Hersteller von Mobile-Playern im Smartphone-Format assoziiert werden. „Kann“ nennt sich ein Erfolgsspieler von AK, der vor kurzem einen neu entwickelten Bruder zur Seite gestellt bekam: Der neue Player, unser Testgerät, wurde offiziell auf der letztjährigen HIGH END präsentiert, trägt den Namen „Kann Cube“ und stellt eine komplette Neuentwicklung dar. Zum Preis von rund 1700 Euro soll der anspruchsvolle Musikliebhaber einen Top-Spieler bekommen, der als Mobilist, als USB-Wandler im Verbund mit dem Rechner oder integriert in die heimische Anlage nichts als wonniglichsten Wohlklang verbreiten soll. Nehmen wir also AK einfach mal beim Wort und sehen und hören uns den Mobilisten aus Korea konzentriert an.
Power und Pro-Audio-Gene bei Astell & Kern
Konzeptionell kombiniert der Kann Cube einen auf überragende Leistung optimierten Kopfhörerverstärker mit einer Wandler-Sektion, die ohne Weiteres professionellen Standards und damit auch besonders sensiblen Highender-Ohren genügen soll. So gehören zur Ausstattung der DAC-Abteilung zwei kanalgetrennte Sabre-ES9038PRO-Wandlerchips des US-Herstellers ESS, der bekannt für seine hochwertigen DACs für Mobilgeräte ist. Wer jetzt anmerkt, dass ESS-Chips auch in Smartphones oder USB-Wandlern werkeln, hat recht, sollte aber aufpassen. Denn: Der ES9038PRO gehört zu des Herstellers Baureihe audiophiler Wandler und stellt innerhalb dieser Baureihe das Spitzenmodell dar. Dieser Wandler verfügt über acht Kanäle in 32-Bit-Archtitektur und zeichnet sich nicht nur durch einen extrem niedrigen Noise-Floor und nicht existente Verzerrungen aus, sondern auch durch eine Dynamik von eindrucksvollen 140 dB – Rauschfreiheit ist damit praktisch garantiert. Grundsätzlich kann der ESS-Wandlerchip acht Kanäle ausgeben, doch AK haben sich für zwei Sabre ES9038PRO entschieden, die im Dual-Mono-Betrieb arbeiten. Damit sei eine überragende Kanaltrennung sowie eine besonders gute Räumlichkeit bei der Wiedergabe – wohlgemerkt auch über Kopfhörer – gewährleistet. Jedenfalls werden diese Spitzenwandler auch im Pro-Audio- und professionellen AV-Bereich hochgeschätzt. Die Koreaner haben ihren Kann Cube also mit Profi-Genen bereichert – für den stationären, aber und vor allem auch den Mobil-Betrieb über Kopfhörer.
Apropos Kopfhörerbetrieb: Astell & Kern hat dem Neuen zwei neu entwickelte, vollsymmetrisch aufgebaute Verstärkerstufen spendiert, die in puncto Dynamik nicht nur die Mitbewerber sondern auch die Anverwandten blass werden lassen: Im symmetrischen Betrieb stellt der Spieler eine Spannung von immerhin 12 Vrms bereit, womit er den älteren Bruder Kann, der es auf 7,0 Vrms bringt, deutlich übertrifft. Allerdings bedarf es hierzu eines 2,5-mm-Klinken-Kabels. Am unsymmetrischen Ausgang mit seinem gängigeren 3,5-mm-Klinken-Anschluss halbiert sich die Ausgangsspannung auf 6 Vrms. Sehr gut gefällt uns die Möglichkeit, die Verstärkung in drei Stufen – „Low“, „Mid“ und „High“ – voreinzustellen, in etwa vergleichbar mit „Pre-Gain“ der Super-HPAs von Lake People/Violectric. Auf diese Weise lassen sich laute und leisere Kopfhörer an den Spieler anpassen – zum Segen für Mensch und Maschine.
Der Kann Cube ist ein zeitgemäßer HiRes-Player und ist befähigt zur bitgenauen Wiedergabe bis zur Maximal-Abtastrate von 384 kHz, unterstützt natives DSD 256 und verfügt außerdem über einen MQA-Decoder. Damit ist das Abspielen von MQAs in Originalauflösung, die im internen 128-Gigabyte-Speicher des Geräts lagern, sowie das MQA-Streaming über Tidal möglich. Das gilt auch im Offline-Betrieb, im Falle des Testgeräts gleichermaßen für Qobuz, Spotify, Amazon Music, Deezer und Soundcloud.
Für die zeitnahe Verarbeitung auch sehr großer Dateien – wir denken an Alben in 24-bit/192-kHz-Auflösung und höher – ist eine Quad-Core-CPU zuständig, der interne Speicher lässt sich mittels MicroSD-Karte auf 528 Gigabyte erweitern, der hochauflösende, sprich sehr scharfe Touchscreen fungiert als Schaltzentrale und gefällt mit seiner Übersichtlichkeit. Denn der Kann Cube ist zumindest in seinen grundlegenden Funktionen sofort und ohne Studium der auch auf Deutsch vorhandenen ausführlichen Bedienungsanleitung gebrauchsfertig.
Vielseitigkeit ist sein zweiter Vorname
Der Kann Cube kann aber noch so einiges mehr, unter anderem ist eine CD-Ripper-App integriert, mittels derer CDs auch direkt ausgelesen und die Musikdateien in verschiedenen unkomprimierten und komprimierten Formaten im internen Speicher abgelegt werden können. Dazu bedarf es eines CD-Laufwerks, das mit dem Player über dessen USB-C-Port kommuniziert und Dateien austauscht. Allerdings funktioniert der Datentransfer nicht mit jedem x-beliebigen CD-Laufwerk. Es muss schon ein AK-Ripper sein. Dass der Kann Cube via WiFi/WLAN mit dem Internet zwecks Metadaten-Suche-/Ergänzung verbunden sein muss, liegt auf der Hand. Die Einrichtung der Drahtlosverbindung ist aber kinderleicht erledigt.
Das gilt grundsätzlich auch für den Datentransfer via USB. Hierfür findet sich ein entsprechendes Kabel im Lieferumfang, die Übertragung funktioniert im Verbund mit Windows-PCs oder Android-Mobilgeräten weitestgehend problemlos. Mit Macs ist es etwas umständlicher, da eine spezielle Software vonnöten ist, die mal mehr oder – so im Verlauf des Testes – weniger Erfolgsergebnisse beschert. Das ist aber ein gängiges Problem, für das AK nicht verantwortlich ist. Denn die Koreaner haben mit ihrem Kann Cube alles goldrichtig gemacht.
Der Kann Cube lässt sich dafür unter Mac OS X ohne Treiberinstallation direkt als hochauflösender USB-DAC verwenden, der unsymmetrische Ausgang lässt sich außerdem nach entsprechender Vorgabe über „Einstellungen“ als optischer Digitalausgang verwenden, der Dateien im S/PDIF-Format ausgibt. Wer keine Lust auf Dauerbetrieb via Kopfhörer hat, kann den Player auch in seine Anlage integrieren. Momentan geschieht das noch mit einem entsprechenden Y-Kabel, das bestenfalls – Stichwort optimale Rausch- und Gleichtaktunterdrückung – am symmetrischen 2,5-mm-Klinkenausgang angeschlossen ist. Zusätzlich ist der Player mit einem speziellen 5-poligen Mini-XLR-Ausgang ausgestattet, der die symmetrische Verbindung beispielsweise zu professionellen Aktivlautsprechern ermöglicht. Ein entsprechendes Kabel, das PEE41, hat AK im Programm, für den Test müssen wir aber darauf verzichten – es ist zurzeit ausverkauft. Dafür hat uns der deutsche AK-Vertrieb Headphone Company aus dem schönen Heidelberg einen ganz besonderen Kopfhörer fürs Testhören zur Verfügung gestellt: Den nach dem isodynamischen Prinzip arbeitenden Super-Hörer Empyrean des rumänischen Kopfhörer-Spezialisten Meze Audio. Für den rund 3000 Euro kostenden Top-Hörer gibt es ein spezielles Anschlusskabel, das die Verbindung mit dem symmetrischen 2,5-mm-Ausgang des Kann Cube herstellt. Die beiden anderen Hörer für den Kann-Cube-Test, ein AKG K 702 Studio und ein Beyerdynamic T1, finden ganz konventionell Anschluss an der 3,5-mm-Buchse, der Player läuft in dieser Kombination also im unsymmetrischen Betrieb.
Bevor es ans Hören und die klangliche Beurteilung des Astell & Kern-Spielers geht, noch ein paar Worte zur Verarbeitung. Die ist anspruchsgemäß vorzüglich: Der Player liegt mit seinem massiven Aluminiumgehäuse und einem Kampfgewicht von fast 500 Gramm satt, schwer und Robustheit ausstrahlend in der Hand. Abgesehen vom Display, das nicht völlig vor Kratzern gefeit ist, steckt der Kann Cube auch ruppige Behandlung, wie beim Unterwegsbetrieb ja schon mal vorkommen kann, ausweislich unserer Testerfahrungen sehr gut weg. Selbstverständlich aber sollte der Edelspieler äußerst pfleglich behandelt werden, tut er dem Benutzer doch so viel Gutes!
Die Astell & Kern-Welt ist Wohlklang
Das Testgerät benötigt zunächst angemessenen Hörstoff, sodass ich den Speicher mit einigen Gemmen aus meinem Schallarchiv, darunter auch einige feine MQAs wie die exzellente Einspielung der Mozart-Violinkonzerte mit Marianne Thorsen und den Trondheim Solistene vom audiophilen Label 2L. Diese vor allem musikalisch rundum überzeugende Aufnahme, die welterste Produktion in DXD-Auflösung, ist auf SACD und eben auch als HiRes-Download – wahlweise als FLAC oder MQA in der originalen Studio-Auflösung von 24 bit/352,8 kHz – erhältlich. So sehr ich es liebe, was mein AudioQuest DragonFly Red und der noch bessere DragonFly Cobalt im Verbund mit dem Audirvana-3-Softwareplayer hörbar machen: Der Kann Cube hängt die guten Libellen so mühelos ab, dass langwierige Vergleiche unnötig sind. Der Hörer darf inmitten des Klanggeschehens Platz nehmen, seine Ohren folgen dem federleichten Strich der Solistin bei jeder Phrase, das kongenial aufspielende Orchester begleitet leichtfüßig, die Klangbalance ist perfekt, die Räumlichkeit sucht ihresgleichen. Dabei höre ich noch nicht einmal über den Meze Empyrean. Nein, meine beiden bewährten Feindynamiker, der AKG und der Beyerdynamic, übermitteln den Feinschall meinen Ohren und ich genieße Mozart wie noch nie zuvor. Gut, völlig neutral ist er nicht, der Koreaner. Sein Grundklang beinhaltet einen gewisses Funkeln in den Höhen, vergleichbar mit Apogee-Wandlern. Das sorgt aber für frische Lebendigkeit und ist zumindest mir allemal lieber als Tiefmitten- und Bassbetonung.
Nach dem hervorragenden Ersterlebnis muss als Nächstes eine weitere feine MQA-Produktion ran: Das ergreifende Lied „When I Go“ in der Version von Judy Collins und Willie Nelson, das zwar „nur“ mit 88,2-kHz-Auflösung aufwarten kann, gleichwohl ein Musterbeispiel für eine Folkpop-Produktion der Extraklasse ist. Wie innig ist doch die Interpretation der beiden Musiker, die diese Hommage an die amerikanischen Ureinwohner beseelt vortragen. „Beseelt“ – da drängt sich ein Wortspiel förmlich auf, denn die AK-Heimat Seoul wird schon mal wie das englische „soul“ = „Seele“ ausgesprochen – und voller Seele spielt der Player aus Korea zweifelsohne auf.
Die Sonne geht aber endgültig auf, als ich den Meze Empyrean anschließe, aufsetze und die genannten Musikstücke noch einmal höre. Wie man bei Spitzenlautsprechern erlebt, dass die Musik sich von diesen löst, so lässt der Rumäne vergessen, dass ich Musik über Kopfhörer erfahre. Meine Ohren sind auf Wolken reinsten Wohlklangs gebettet, ich trinke Marianne Thorsens Violin-Kantilenen, schmecke die Aromen von Willie Nelsons zerbrechlichen Versausdeutungen und muss die Tränen unterdrücken, als Judy Collins mit wehklagender und doch klarer Stimme ihre Mutter im Mond anruft. Der Kann Cube in Symbiose mit dem Meze Empyrean ist für mich unwiderstehlich, ich folge begeistert beiden Spuren und höre, höre, höre, was die HiRes-Sammung hergibt – von Bach bis Singers Unlimited. Weil Musikhören mit solchen Komponenten ein Riesenvergnügen ist. Ja, schon: Die Welt von Astell & Kern ist reinster Wohlklang. Der Kann Cube beweist’s.
Wir meinen
Exzellenter Unterwegs-Spieler mit Spitzentechnik und ebensolchem Klang. Nicht hundertprozentig neutral, dafür mit dezentem Höhenglanz frisch und lebendig klingend und mit verschiedenen Kopfhörern sehr wohlklingend.
Info
Funktionsprinzip: mobiler HiRes-Audiospieler
Digitale Schnittstellen: Bluetooth, WiFi, USB für Datenspeicher
Ausgänge analog: 1 x unsymmetrisch 3,5-mm-Klinke, 1 x symmetrisch 2,5-mm-Klinke, 1 x symmetrisch 5-Pol-XLR
Ausgänge digital: 1 x optisch S/PDIF
Maximale Auflösung: PCM 32 bit/384 kHz, DSD Nativ bis DSD256 (1 bit/11,2 MHz)
Wandler-Chips: 2 x ESS Sabre ES9038PRO
Formate: alle gängigen Formate
Interner Speicher: 128 GB, erweiterbar bis 512 GB mit microSD, 2TB unterstützt
Maximale Akkulaufzeit: ca. 8 Std.
Besonderheiten: MQA-Decoder, CD Ripper-App, drei Verstärkerstufen
Lieferumfang: USB-Anschlusskabel, Transportbeutel, Handbuch
Maße (B/H/T): 88/140/32 mm
Gewicht: 503 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 1699 €
Kontakt
Headphone Company
Ingrimstraße 34
69117 Heidelberg
Telefon +49 06221 889211
Mitspieler
USB-Interface und D/A-Wandler: Mutec MC-3+USB, Mytek Digital Stereo192-DSD DAC, Violectric V800
Kopfhörer: AKG K 702 Studio, Beyerdynamic T1, Meze Audio Empyrean
Kopfhörerverstärker: Violectric HPA V200
Audio-Rechner: MacBook Pro mit Audirvana 3
Musikserver: Audiodate MS II
Aktivlautsprecher: Geithain RL 906, Nubert NuPro A200
Kabel: Vovox, AudioQuest, Klotz