Spieglein, Spieglein …
Idealen Raumklang verbinden wir gemeinhin mit Akustikmodulen. Es geht aber auch anders (und flexibler), wie die ausgefeilten Akustik-Spiegel von Arakas beweisen.
Wir sprechen über Physik. Über Gesetze, die uns lehren, dass der Ausfallwinkel einer Reflexion immer ihrem Einfallwinkel entspricht. Und wir sprechen über Energiewandlung. Darüber, dass ein Lautsprecher den größten Teil der Verstärkerleistung in Schall umformt. Dessen Kraft und Information geht jedoch unwiederbringlich verloren, wenn sie abseits des Hörplatzes durchs Zimmer flirrt.
Das war auch André Grunewald klar. Irgendwann um 2005 begann der studierte Maschinenbauer zu experimentieren. Der initiale Gedanke bildete die Grundlage seines heutigen Unternehmens Arakas, zielte jedoch zunächst in eine völlig andere Richtung. Er suchte nach reflektierenden Systemen, die er in Lautsprecher einbauen wollte. Genau hinter die Treiber. So, dass mehr Schallenergie zum Hörplatz gelangt.
Schritt eins: Sackgasse
Mit einem solchen System sollte das Ausschwingen der Membran unterstützt werden, erklärt er mir beim Besuch in der Redaktion. Das war ein Irrweg, den er schnell beendete. Denn im Inneren von Boxen brachten die Reflexionen einfach nichts. Nachdem er seine Versuche abgebrochen hatte, wollte er den ganzen Krempel einfach wegwerfen, wie er sich erinnert. Doch ein spontaner Gedanke veranlasste ihn, die Reflektoren auf einen Lautsprecher zu stellen …
Die Geburt von Arakas
„Akustische Raumklangsysteme“, klärt Grunewald mich auf, als ich ihn nach dem Namen seines Unternehmens frage. „Man muss ein paar Buchstaben streichen und kommt zu „Arakas‘“. 2018, vor etwas mehr als zwei Jahren, hatte er die Firma gegründet. Getrieben von der Überraschung, die er erlebte, als er die Reflektoren erstmals nach vorn über die Kanten geneigt auf seinen Boxen hörte. Schon dieses bloße Zufallsergebnis hatte die Abbildung nach oben erweitert, die Bühne beeindruckend plastischer und größer wirken lassen.
Schließlich habe er erkannt, dass Reflexion immer auch einen gewissen Grad an Diffusion benötige, um homogen und natürlich zu klingen. Das habe ihn zuerst auf Sandpapier gebracht. Per se alles andere als ein optimaler Reflektor. Doch er trennte die Kornschicht vom Trägermaterial und verklebte es mit der Reflexionsschicht. So gelangte er nach und nach zu einer Oberfläche, mit der er ausgezeichnete Ergebnisse erzielte.
Die jüngste Evolutionsstufe seiner „Akustik-Spiegel“ hat mit den ersten Versuchen nicht mehr viel gemeinsam; bis zur praktischen Anwendbarkeit musste er seine Spiegel weiterentwickeln. Die optimale Konstruktion fand er in schalltoten Rahmen aus Kunststein. An denen werden die Reflektoren befestigt. Das genaue Material ist ein wohlgehütetes Betriebsgeheimnis, wie mir Grunewald schmunzelnd verrät. Als ich mit dem Finger auf die granulierte Reflektorfläche schnippe, klingt und schwingt sie wie ein straffes Trommelfell. Die Oberfläche wirkt metallisch, was aber am glänzend-schwarzen Lack liege, der sie versiegelt.
Modulvielfalt
Grundsätzlich fertigt Arakas drei(einhalb) Varianten des Klangmoduls: Die erste ist eine simple quadratische Reflektorplatte, die im Gehäuse aus schneeweißem Kunststein aufgehängt ist. 22 Zentimeter messen die Kanten. Damit passt das Element problemlos in jedes Regal, aufs Sideboard und zur Not auch auf die Fensterbank. Geliefert wird sie mit oder ohne Fuß. Über ein Loch am Rücken kann man – Sie ahnen es – den Spiegel an die Wand hängen. Alternativ wird der Reflektor als „viertel Portion“ mit halbierter Kantenlänge (11 cm) angeboten.
Der eigentliche Star im Arakas-Sortiment ist jedoch ein Modell, das Grunewalds Hintergrund als Dipl.-Ing. durchblicken lässt. Es trägt den romantischen Namen „Aufsteller für Lautsprecherboxen“. Hierbei handelt es sich um einen kreisrunden Reflektor mit einem Durchmesser von ebenfalls 22 Zentimeter. Über ein Gelenk ist der „Teller“ an einer Metallstange aufgehängt, die in eine schwere Stahlkugel mündet. Zwischen Reflektor und Gegengewicht baumelt ein loses Stück Kunststein mit Gummidämpfern, das als justierbarer Fuß dient.
Warum sich die Grundformen der beiden Modulvarianten unterscheiden? Wie Grunewald erklärt, hätten zahllose Versuche gezeigt, dass die runden Module auf Lautsprechern besser bei den Kundinnen ankommen. Die eckigen wirken hingegen in Regalen oder an der Wand schöner. Eine reine Design-Entscheidung also.
Einfach einstellen
Die Konstruktion steht erstaunlich stabil auf Lautsprechern. Selbst auf dem schrägen Dach von Wilson Audios Sasha DAW. Zugleich lässt sie sich bequem in alle Richtungen schwenken und ausrichten. Ebenfalls mit Blick aufs Design verzichtete Grunewald auf eine aufgedruckte oder eingefräste Skala zum Ein- und Ausrichten. Im Lieferumfang befindet sich allerdings eine Aufsetzskala, die man über das Schild schieben kann. Schaut man über den kreisrunden Reflektor, kann man zwei Zahlen ablesen. Ein genial simples Prinzip: Die beiden Ziffern speichern eindeutig jede horizontale und vertikale Ausrichtung des Spiegels.
Dahinter verbirgt sich mehr als eine schlichte Einrichthilfe, wie ich bei Grunewalds Besuch im FIDELITY-Hörraum herausfinde. Das Arakas-Konzept lässt sich für unterschiedlichste Anwendungsfälle einsetzen. Grundsätzlich manipulieren beziehungsweise optimieren die Spiegel das Abstrahlverhalten der Lautsprecher. Man kann damit zum Beispiel Asymmetrien des Hörraums korrigieren und die Abbildung in die Mitte rücken.
Arakas bündelt oder streut
Winkelt man die Reflektoren millimeterweise nach innen ein, bündeln sie die Schallenergie immer stärker zwischen den Boxen. Bis man schließlich das Gefühl hat, einen Kopfhörer zu tragen. Die Fokussierung wirkt zugleich wie ein Vergrößerungsglas. Dynamische Feinheiten und tonale Kontraste werden dosierbar betont und klarer herausgearbeitet. Das bemerke ich besonders deutlich, als wir zu Aufnahmen mit großem Orchester wechseln. Im dicht gewebten Tuttiklang meint man plötzlich einzelne Instrumente hören zu können. Und es gibt noch einen positiven Nebeneffekt. Da man die Musik nun intensiver wahrnimmt, hört man automatisch etwas leiser. Der Vergleich mit einem Kopfhörer ist also nicht zu weit hergeholt.
Dreht man die Spiegel nach außen, wird die Abbildung diffuser und breiter. Die Bühne gewinnt an Weite und Tiefe. In Millimeterschritten verändert kann das sogar die Plastizität steigern. Vergrößert man den Winkel, weitet sich die Abbildung zunehmend. Auch diese Einstellung kann sinnvoll sein. Möchte man eine breite Hörzone statt eines einzelnen Hörplatzes bespielen, sorgt sie für mehr Balance. Während wir dem großen Sinfonieorchester lauschen, dass mittlerweile Beethovens Siebte zum Besten gibt, wandere ich durchs Zimmer. Es ist erstaunlich, wie homogen und ausgewogen der Schall den gesamten Raum abdeckt. Und praktisch überall nehme ich die Musik ähnlich gut wahr.
Das Arakas-Konzept: Spielen explizit erlaubt!
Anders als übliche große und ortsfeste Akustikmodule ist das Arakas-Prinzip wandlungsfähig. Zwei seiner quadratischen Reflektoren platziert Grunewald hinter dem Hörplatz. Mithilfe einer aufgesetzten Vorrichtung und eines achsparallelen Lasers winkelt er sie exakt auf die Hochtöner der Sasha DAW ein. Als ich die Wiedergabe fortsetze, wähne ich mich schlagartig inmitten einer riesigen Klangwolke. Die fokussierte, scharf umrissene Abbildung füllt das gesamte Zimmer aus. Frequenzen und Musik umhüllen mich vollständig. Und dabei ist das nur ein Teil der Reise. Als nächstes platziert er einen dritten quadratischen Reflektor an der Wand zwischen den Lautsprechern. Und abermals gewinnt die Abbildung an Höhe und Größe. Ich sitze nun mitten im Konzertsaal.
„Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir spielen mit der Abstrahlung. Sonst nichts!”, erläutert Grunewald, während er mit dem Laserpointer beschäftigt ist. Die Spiegel verändern nichts am Charakter der Lautsprecher, verändern nichts an Tonalität oder Klangfarben. „Keinesfalls sollen meine Spiegel „Sounden“, so Grunewald. Sie vermeiden auch keine Flatterechos und kompensieren kein Rumpeln im Bass. Grundsätzlich sollte der Kunde also mit seiner Anlage und dem Raumklang recht zufrieden sein. Doch dann lohnt das Arakas-System als „Kirsche auf die Highend-Torte“ und kann seine volle Wirkung entfalten!
Zwei, drei, viele …
Die Zahl der Spiegel ist variabel. Grunewald empfiehlt, unbedingt mit den beiden runden Aufstellern zu beginnen. Sie entfalten die größte Wirkung und sind am vielseitigsten. Ob und wie viele der quadratischen Reflektoren zum Einsatz kommen, liegt am Bedarf, Geschmack und Spieltrieb des Anwenders. Die in unserem Fall verwendeten fünf Module könnte man als gesunde Vollausstattung betrachten. Es geht freilich noch mehr, doch wird die Aufstellung und Einrichtung mit jedem weiteren Modul komplexer. „Schnell entwickeln die Anwender Phantasie, wo in ihrem Raum sich noch Spiegel lohnen würden – und haben in den allermeisten Fällen Recht“, berichtet Grunewald.
Überhaupt ist das Konzept auf maximale Flexibilität ausgelegt. Sollte man seine Boxen schnell mal „pur“ hören wollen, kann man die Aufsteller einfach zur Seite legen. Zum Hören sind sie geschwindt wieder auf den Boxen platziert. Wir haben das für unsere A/B-Vergleiche ohnehin mehrfach getan. Dank der Skala erforderte das neuerliche Aufstellen kaum mehr als einige Sekunden.
Arakas bietet mehrere Varianten an, die den Nutzer an sein optimales System heranführen. Zum einen kann man den Vor-Ort-Service buchen. Für eine Kaution von 150 Euro versendet der Hersteller ein Probierpaket. Die Kosten werden später natürlich mit dem Kauf verrechnet. Außerdem baut das junge Unternehmen Hersteller gerade ein Händlernetz auf. Informationen zum aktuellen Stand können Sie der Homepage (siehe unten) entnehmen.
Wir meinen …
Es ist schon ziemlich lange her, dass wir ein Produkt im Hörraum hatten, das derart an unseren Spieltrieb appellierte. Die Akustik-Spiegel von Arakas ermöglichen eine extreme Palette von Klangbeeinflussungen. Die Spiegel fokussieren je nach Aufstellung den Klang und steigern die Wahrnehmbarkeit von Details. Oder aber sie verleihen der Darstellung Raum, Luft und Transparenz. Wer mag, kann damit vorlaute Höhen eindämmen oder die Hörbarkeit auf viele (Sitz-)Plätzen optimieren. Und weil das System auch noch so kompakt und leicht ist, kann man schnell und unkompliziert damit arbeiten. Kurz gesagt: Eine perfekte Ergänzung, die vor allem bei ohnehin superben Anlagen ihre volle Wirkung zeigt.
Preise
Aufsteller Boxen: um 1300 Euro/Stück
22er Quadrat mit Fuß: um 950 Euro/Stück
22er Quadrat ohne Fuß: um 930 Euro/Stück
11er Quadrat: um 650 Euro/Stück
Laser-Zieleinrichtung ohne achsparallelem Laser: um 70 Euro (Als Laser empfiehlt Arakas den Picotronic, Modell: DC650-0.4-4.5(14×64)-S-AP)
Kontakt
ARAKAS
Burkhardtsdorfer Straße 4
09235 Burkhardtsdorf
+49 176 80118666