Analog Forum Krefeld 2018
Das Analog Forum – Brücke zwischen Technik und Musik
Teil 2 von 2 – Hier geht’s zum Teil 1
„Könnten Sie bitte endlich still sein, wir möchten hier Musik hören!“ Sätze wie diese höflich, aber bestimmt vorgetragene Bitte höre ich auf HiFi-Messen selten. Dabei ist man als Medienvertreter doch zwangsläufig ein Störenfried. Ich schleiche mich in laufende Vorführungen, drücke mich mit leisen Entschuldigungen an Lauschenden und Sehenden vorbei, gehe vorm Auditorium in die Hocke, um Bilder von der Anlage einzufangen und rede anschließend mit den Ausstellern, um herauszufinden, was es zu sehen (und hören) gibt: Wie geht’s, was macht die Branche, gibt’s Neuigkeiten oder Gerüchte, ist da ein Gerät, das ich noch nicht kenne? Technik und Infos stehen halt im Vordergrund. Und das nicht nur für uns. Oft erlebe ich, dass sich Besucher in den Tech-Talk einklinken, erst mithören, um sich an irgendeinem Punkt mit einer Frage in Position zu bringen. Besonders prekär wird die Lage, wenn der Moderator dabei unbewusst den „Leiser“-Taster auf der Fernbedienung drückt, um die Kommunikation zu erleichtern. Mit der entspannten Musikvorführung ist es für die Besucher dann endgültig vorbei …
Auf der anderen Seite illustriert diese Szene, was das Krefelder „Analog Forum“ auszeichnet. Wie keine zweite Veranstaltung schlägt die Vereinsmesse eine Brücke zwischen Technik und Musik. Die Besucher erfreuen sich am Anblick edler Plattenspieler, Tonbandmaschinen und über das Glimmen riesiger Röhren. Sie wollen die Elektronik aber auch hören. Nicht wenige hatten dafür sogar eigene Tonträger im Handgepäck. Natürlich konnte nicht jeder Moderator auf Einzelwünsche eingehen, doch immer mal wieder wurde ich Zeuge, wie solche musikalischen Sidekicks die Vorführungen „auflockerten“. Manchmal sorgte es auch für Schmunzler. Etwa, als eigenwilliger, von Dudelsack-Kapriolen untermalter Metal slawischer Herkunft aus den Lautsprechern dröhnte. Der Vorführer ertrug die Situation mit einem routinierten Lächeln und dachte sich wohl: „Beim nächsten sage ich Nein!“.
Die Musikauswahl war auch andernorts Thema: Im Raum von Dynavector und Geithain wies Herbert Schleicher vor seiner Demonstration eigens darauf hin, dass es in den kommenden 40 Minuten etwas wilder zugehen könnte. Nach über 20 Jahren in der Branche benötige er dann und wann eine kleine Pause von den audiophilen Standards. Wir alle wissen genau, was er damit meint. Unmittelbar darauf begannen die Geithains aktive ME 801K1 mit ihren je zwei Kilowatt Leistung avantgardistischen Progressive Rock in den Raum zu pusten. Das klang hervorragend, enttäuschte mich aber trotzdem. Unsere Definitionen von „wild“ gehen offenbar etwas auseinander.
Nur eine Tür weiter wurde ich im Raum von Martin Klaassens IDC-Vertriebs (Avid, FinkTeam, Q Acoustics und mehr) Zeuge eines ISOtek-Workshops über Hintergründe und Wirkung von Stromfilterung – demonstriert mit einer deftigen Auswahl elektronischer Klänge, die über Fink Teams Borg beeindruckende Wirkung zeigten. Daft Punk, Trentemøller, etwas Ambience, die üblichen Standards eben. Eine Herausforderung, die weder Karl-Heinz Finks Lautsprecher noch Marantz’ Ruby-Elektronik vor unlösbare Aufgaben stellte. An den Reaktionen im Auditorium konnte ich allerdings ablesen, dass derartige Abweichungen von den audiophilen Messe-Standards nicht bei jedem auf positive Resonanz stieß. Ungewollt verstrickte ich mich sogar in Debatten über den musikalischen Kurs. In solchen Fragen gibt es aber kein Richtig oder Falsch.
Das Hören war aber nur eine Facette der Allgegenwärtigkeit von Musik. Überall im Mercure-Hotel fand man Stände, an denen Vinyl und Tonbänder gehandelt wurden, Klassiker vorzugsweise. So war etwa der Frankfurter Händler „Analoge Tonträger“ vertreten. Gleich gegenüber konnte man ins Gebrauchtsortiment von „Andy’s Vinyl Paradies“ eintauchen. Einige Zimmer weiter appellierten STS, Amiola, der Messeveranstalter AAA und weitere Aussteller an den musikalischen Entdeckergeist. Am Stand von Darklab erblickte ich neben den farbenfroh eloxierten Tonbandspulen des Anbieters sogar einen kleinen Stapel Leerkassetten. Wenn ich im nächsten Jahr wiederkomme, sollte ich vorher am Geldhahn der nächsten Bank ein paar Euro zapfen.
Doch eh’ Sie jetzt einen falschen Eindruck bekommen: Als zentraler Treffpunkt des 1990 gegründeten Analogvereins, ist das Analog Forum mehr Hobby-Treffpunkt, denn analoge Shopping-Börse. Überall tauschten Mitglieder und Besucher Tipps über „amtliche“ Aufnahmen aus, berieten sich über die Pflege ihrer Tonträger und Bandmaschinen oder witzelten über die Zeiten, in denen liebevoll zusammengestellte Mix-Tapes noch eine nachmittagsfüllende Passion waren. Vor allem das verleiht der Veranstaltung ihren ganz besonderen Charme. Müsste ich einen Preis für die freundlichste Messeatmosphäre verleihen, wäre das Analog Forum garantiert einer der Favoriten.
Das liegt allerdings nicht nur am scharf abgegrenzten Fokus auf Retro- und Analogtechnik. Rainer Bergmann und das Team der Analogue Audio Association sind Überzeugungstäter. Und sie sind Meister darin, ihre Leidenschaft durch sympathische Details in ihr Analog Forum einzuflechten. So gab es einen kleinen musealen Einwurf in Form einer historischen Mikrofonausstellung, die freundlicherweise von Uwe Mehlhaff zur Verfügung gestellt wurde. Wer die Gelegenheit nutzte, draußen etwas Luft zu schnappen, konnte einen ausgemusterten Rundfunk-Übertragungswagen entdecken, in dem Toningenieur Holger Siedler Fragen zur Technik beantwortete und die Unterschiede zwischen analoger und digitaler Übertragungstechnik an praktischen Beispielen illustrierte. Wie gewohnt organisierte der Veranstalter außerdem stattliche 150 Kilogramm Lakritzschnecken, die in zahllosen Schalen eine vernaschte Analogie zu Vinyl herstellten und viel zu oft meinen Blutzuckerspiegel auffrischten.
Vorm Hotel dienten derweil echte Schallplatten als Wegweiser von den Parkplätzen in die Ausstellungshallen. Da der Veranstaltungsort weit außerhalb der Stadt liegt und sich idyllisch zwischen einen Golfplatz und verschiedene Gehöfte schmiegt, ist das „Entsorgen“ des fahrbaren Untersatzes eine gewisse Hürde. Da das mittlerweile 32. Analog Forum am 3. und 4. November aber bereits zum elften Mal in dem Krefelder Hotel gastierte, konnte die AAA das Problem routiniert abfangen: Ein Shuttlebus beförderte Besucher vom ausgewiesenen Großparkplatz direkt vor die Hotelpforten. Ich für meinen Teil nahm die Herausforderung sportlich und nutzten die Gelegenheit für einen herbstlich-sonnigen Spaziergang durch die langgezogene Allee zum Hotel.
Aber kehren wir zurück zum Wesentlichen. Der Ausstellerplan verwies auf insgesamt 37 Hotelsuiten und Säle, in denen weit über 100 Aussteller gastierten. Ergänzt wurden die highfidelen Showrooms durch verschiedene Workshops zu Themen wie Raumakustik, audiophile Tonträger, Sachverhalten wie der „authentischen Basswiedergabe in Wohnräumen“ oder analoger Monetarisierung („Wie entwickeln sich die Plattenpreise/Was ist meine Sammlung wert?“). Ein erfreulich farbenfrohes und interessantes Rahmenprogramm, bei dem ich mir wirklich gewünscht hätte, mehr Zeit zu haben.
Auch bei den Vorführungen tu ich mich schwer, besondere Highlights hervorzuheben. Nicht, dass es keine gegeben hätte. Im Gegenteil: Die Qualität war bemessen an den Möglichkeiten einer Hotelmesse im allgemein sehr gut bis exzellent. Auf Nachfrage bestätigten uns etliche Aussteller, dass sie ihre Räume bereits zum x-ten Mal belegten und sich daher über die Jahre auf die akustischen Gegebenheiten einschießen konnten. Exzellent gelang das zum Beispiel Bernd Hömke, der Elektronik von Croft und Audible über Harbeths HL5plus zu Gehör brachte, die gewohnt stimmungsvoll, zeitlich präzise und räumlich extrem groß aufspielte. Auch die Präsentationen von PMC lud zum Verweilen ein, was mich nicht weiter erstaunte. Die Boxen des britischen Studioprofis funktionieren einfach immer! Auch die Räume von Eternal Arts, Lautsprung oder Audiotweaks machten mächtig Laune, um nur einige Beispiele herauszuheben. Weitere Impressionen zu den Einzelleistungen finden Sie übrigens in Teil 1 unserer Krefelder Messenachlese.
Ein etwas unscheinbarer, aber wichtiger und damit unglaublich interessanter Bestandteil vieler Ketten waren Tuning-Tools und Zubehör, dass im Mercury-Hotel überraschend viel Raum einnahm. So wertete bFly seine Gemeinschaftsanlage mit der Aachener Kabelmanufaktur WSS mit gleich mehreren seiner Plixir Power-Conditioner auf, was hörbar gute Ergebnisse brachte. Die dämpfenden Füße entdeckte ich gleich in mehreren Ketten. Grundsätzlich wurde viel Wert auf ordentliche Aufstellung und Abstimmung, Isolation und Geräteentkopplung gelegt, was Angesichts zahlloser Plattenspieler und Röhrenamps klug war. Über eine spannende Neuheit stolperte ich am Stand von Dodocus: Der Spezialist für Signalumschalter stellte ein winziges Stromfilter vor, das als ultrakompakte Zweifach-Speisung ausgeführt ist – genau das richtige für kleine Anlagen und mit knapp 290 Euro auch nicht zu kostspielig. Hannl hingegen nutzte die Gelegenheit, um seine neue Plattenwaschmaschine Mera Professionel zu zeigen, die beide Tage im eifrigen Dauereinsatz war. Vielleicht bringe ich im nächsten Jahr ein paar Platten mit.
Bleibt abschließend nur noch festzuhalten, dass wir im nächsten Jahr garantiert wieder dabei und allen, die es dieses Jahr nicht geschafft haben, nur empfehlen können sich das ganz spezielle Flair des Analog Forums selber anzusehen – eine kleine Messe, die man locker an einem Tag bewältigt, die mit ihrem sympathischen Konzept aber einen tollen Eindruck hinterlässt.
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