Alluxity Int One MkII – Heavy Leichtmetall
Mit dem Vollverstärker Alluxity Int One MkII aus Dänemark ist es so wie mit wirklich gutem Brot: Man braucht nicht viele Zutaten, sondern einfach nur die besten.
In aller Kürze
Alluxitys Int One mkII präsentiert sich als extrem ausgewogener, stets übersichtlicher Vollverstärker ohne unnötigen Ballast – ein rundum unkomplizierter Musikant.
Es gibt Dinge, die sind zwar elektrisch, benötigen aber kein Internet. Inzwischen ist das ja selbst bei Zahnbürsten und Kaffeemaschinen keine Selbstverständlichkeit mehr. Und im Bereich der edlen Klangkomponenten haben mit großer Selbstverständlichkeit Standards aus dem Consumerbereich Einzug gehalten. Wenn man sich den Alluxity Integrated One mkII einmal anschaut, dann erwartet man hinter dem Display keine puristischen Schaltungen, sondern feinsinnige Rechenpower. Tatsächlich hat das Gerät aber noch nicht einmal Bluetooth. Braucht man ja auch gar nicht …
Der Alluxity ist spektakulär anzuschauen und nicht nur in Schwarz und Grau erhältlich. Es gibt auch ein weißes oder orangenes Finish, und wer in seinem Wohnzimmer ein darüber hinausgehendes Farbregime fährt, der kann beim Hersteller auch eine andere Pulverbeschichtung auftragen lassen. Das Gerät stammt aus Dänemark, skandinavisch ist sein Design aber allenfalls insoweit, als es über eine gewisse Schlichtheit verfügt. Der auf der Oberseite eingefräste Schriftzug, die seitlichen ovalen Schächte und das Touchdisplay als einziges erkennbares Bedienelement sorgen für einen futuristischen Eindruck.
Auf der Rückseite offenbart sich jedoch sein puristischer Charakter. Wir sehen: zweimal XLR, dreimal RCA-Cinch, ein Paar Schallwandler lässt sich an das Termin anschließen, ein Netzkabel, und das war es dann auch schon. Einen Netzwerkanschluss gibt’s ebenfalls, den braucht man aber nicht – oder nur alle Jubeljahre, wenn man ein Firmware-Update aufspielen möchte. Tatsächlich hat der Vertrieb dem Testgerät ein Dongle des japanischen Zubehörherstellers Acoustic Revive beigelegt, mit dem sich der Port elektrisch stilllegen lässt. Denn was nicht unmittelbar für den Betrieb gebraucht wird, stört potenziell – und solche Buchsen haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie ununterbrochen betrieben werden, auch wenn gar nichts anliegt.
Womit haben wir es also zu tun? Der Alluxity ist ein Vollverstärker in einer klassischen AB-Schaltung. Und was für einer! Wes Geistes Kind er ist, beginnt man zu ahnen, wenn man die 17,5 Kilogramm an ihren Bestimmungsort gehievt hat, feststellt, dass am Gehäuse keinerlei Schrauben, aber feinste Winkelgratungen erkennbar sind. Spätestens beim Anschließen der Kabel macht das gediegene haptische Erlebnis, das die Furutech-Buchsen bieten, klar: Hier geht es um Qualität der kompromisslosen Art.
Und schnell wird auch klar, wieso das so ist: Erdacht wurde Alluxity von Alexander Vitus Mogensen, dem Sohn von Hans Ole Vitus. Und der ist als Chef von Vitus Audio gewiss kein ganz Unbekannter: Dessen mitunter legendäre Komponenten sind mit einem Preis des Vier- bis Vielfachen absolutes High End. Sein Sohn hat sich schon immer in der Firma betätigt; während der Schulzeit lötete er in mühevoller Kleinarbeit SMD-Bauelemente auf die Platinen, für deren Topologie er auch weiterhin bei Vitus Audio verantwortlich ist. Mit der Firma AVM-TEC machte er sich 2010 als OEM-Hersteller im High-End-Bereich selbstständig – und unter dem Namen Alluxity begann er kurz darauf, eigene Geräte zu entwickeln: Es gibt bereits einen Vor- und einen Endverstärker sowie eine Verstärkerlösung in Mono und einen DAC-Vorverstärker.
Innerhalb dieser Familie folgt der mkII auf den ersten Vollverstärker, den Int One, der das Kunststück vollbrachte, den Vorverstärker Pre One und den Endverstärker Power One auf gleichem Raum zu vereinen. Wie beim Vorgänger (der etwas weniger Gain lieferte) fand auch hier ein eigens für Alluxity angefertigter Ringkerntransformator Platz, die nachfolgende Schaltung mit Alluxity-eigenen Platinen und Leistungstransistoren von Sanken Electric ist diskret symmetrisch aufgebaut, was eine Neuentwicklung der Vorstufe voraussetzte. Die Baugruppen sind modular konzipiert, das ist in der übersichtlichen Anordnung des Inneren gut zu erkennen. Untergebracht ist das alles in einem Gehäuse, das aus einem Block Aluminium gefräst wurde. Da liegt es auf der Hand, keine Bohrungen für Schrauben oder Bedienknöpfe vornehmen zu wollen. Da schwingt dann nichts, und dass die Wärmeabfuhr gesichert ist, merkt man, wenn man die Hand auflegt: Im Betrieb heizt der Alluxity schaltungsbedingt ganz ordentlich.
Die Bedienung des Alluxity geschieht über selbsterklärende Icons auf dem Touchscreen-Display: Die Lautstärke wird geregelt über je eine Plus- und eine Minus-Schaltfläche sowie eine Mute-Funktion, die Eingänge können umgeschaltet werden und das Gerät lässt sich aus dem Standby hochfahren bzw. dorthin versetzen. Ein Zahnrad-Icon lässt erwarten, dass man in ein Setup-Menü gelangen und sich dort möglicherweise verlieren kann. Tatsächlich verbergen sich dahinter lediglich Einstellmöglichkeiten für die Beleuchtungsstärke des Displays – und die Möglichkeit, eine Farbe auszuwählen, in der der jeweils anliegende Eingang optisch markiert wird. Mittig wird die gewählte Lautstärke in Werten zwischen −70 und +13 Dezibel angezeigt – eine Range, die in Einerschritten gerastert ist.
Doch das alles sind Details, über die man bald schon nicht mehr nachdenken kann und möchte. Denn die musikalische Darbietung ist – man muss es wirklich so sagen – sen-sa-tio-nell. Gut, im engeren Sinne low-cost ist der Alluxity nicht, da kann man schon einiges erwarten. Aber das sich ergebende Klangbild übertrifft deutlich jede Erwartung: Wie die Stimmen in den Raum gestellt werden! Wie dreidimensional die Bühne gestaffelt wird! Die Basskontrolle! Die Details! Da stimmt wirklich alles – und das geht ja normalerweise gar nicht: Entweder ein Verstärker musiziert feinsinnig, neutral und schonungslos oder eben gefällig, powervoll und gutmütig. Dem Verstärker gelingt es, dieses Paradoxon aufzulösen; man möchte – auch das muss man wirklich so sagen – schon bald nichts anderes mehr hören.
Steigen wir harmlos ein: mit den Temptations und „War“, thematisch nicht unaktuell, aber sicher keine unüberwindbare sonische Aufgabe. „One, two, three, four“, spricht Melvin Franklin mit seiner charakteristischen Stimme den Takt in Ermangelung eines Schlagzeugs. Doch was ist das? Die „1“ wird wegen des militärischen Charakters leicht betont – und der Alluxity zeichnet die Dynamik so schnell nach, dass man sich wirklich und wahrhaftig erschreckt und im Hörsessel strammsteht.
Gehen wir der Sache mal nach, lassen aber die Percussion-Platten noch ein wenig im Schrank, weil zu ahnen ist, dass der Alluxity auch die dichteste Polyrhythmik mühelos entwirren wird. Wie wäre es damit: Der Kyogo-Remix von Donna Summers „Hot Stuff“ arbeitet mit einem extremen Sidechaining-Kompressor, was auf einer Boombox oder einer Club-P.A. dafür sorgt, dass der Gesamtmix bei Bassdrum-Schlägen zurückgefahren wird, damit es untenrum umso deutlicher knallt. Der Verstärker reicht diesen Effekt mit einer Rasiermesserschärfe so verzögerungsfrei weiter, dass das Stück klingt, als wäre die Phase schief.
Egal welche Anforderungen man stellt, der Alluxity bleibt immer Herr der Lage. Bei geringer Abhörlautstärke fehlt kein Detail, wird es laut (und Power hat er ja), bleibt alles klar, transparent und verzeichnungsfrei. Sabine Meyers Klarinette löst sich bei Mozarts Klarinettenkonzert unter dem Dirigenten Hans Vonk vollständig von den Schallwandlern, die gesamte Staatskapelle Dresden nimmt minutiös Aufstellung im Wohnzimmer und die Welt erstrahlt in einem hellen, runden A-Dur. Auch den Testlauf in Sachen Tiefbasskontrolle meistert der mkII mit Bravour: Beim Trap-Vorläufer „Yeezus“ von Kanye West werden auch tiefe Sinuston-basierte Synthieläufe geradezu „britisch“ kultiviert eingehegt, Zunder gibt es dort, wo er hingehört – nicht unbedingt in die Bassdrum, sondern in die tief gepitchten Effektvocals bei „I Am A God“, was in der Tat saubedrohlich und eindrucksstark wirkt. Das oft überladene Album ist eigentlich nicht leicht zu hören, der Alluxity zerlegt die „Wall of Sound“ aber in ihre Bestandteile, ohne den wuchtigen Gesamteindruck zu schmälern.
Es mag übertrieben klingen: Der Alluxity Int One mkII ist, vor allem in Anbetracht seines beeindruckenden Klangs, einer der herausragendsten Verstärker, die man für, nun ja: überschaubares Geld kaufen kann. Man bekommt kein Schlachtschiff mit „Featuritis“, sondern ausentwickelte Technologie, die immer im Dienst der Sache steht: der Musik.
Info
Vollverstärker Alluxity Int One mkII
Konzept: Class-AB-Verstärker ohne Schnickschnack
Leistung (8/4/2 Ω): 200 W/400 W/800 W
Eingänge: 3 x unsymmetrisch (RCA), 2 x symmetrisch (XLR)
Ausgänge: 1 x RCA (Pre-Out)
Besonderheiten: Display-Farben umschaltbar
Ausführungen: Schwarz, Weiß, Grau, Orange; weitere Farben nach Absprache erhältlich
Maße (B/H/T): 44/11/34 cm
Gewicht: 17,5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 8350 €
Kontakt
SoReal Audio
Aresinger Straße 36
86561 Unterweilenbach
Telefon +49 8445 2670030
www.soreal-audio.de
Mitspieler
CD-Player: Creek Evo 2
Verstärker: Creek Evo IA
Lautsprecher: Neat Momentum 4i, Bryston Mini A, Focal Alpha 80