Jenseits von Sparta
Advance Paris zeigt mit dem Streaming-Verstärker PlayStream A7, dass High End nicht auf üppige Ausstattung verzichten muss
Hatten wir uns nicht längst daran gewöhnt, dass ein Verstärker möglichst spartanisch daherzukommen habe? Keine Klangregelung, nur noch wenige Hochpegeleingänge, ein paar Lautsprecherklemmen, kein Rec-Out, kein Display. Und alles, was vorher als Phono-Pre integriert war, sollte nun außerhalb als Zusatzgerät seinen Platz finden. Hat man diese Fakten verinnerlicht, wird man von der Rückseite des PlayStream A7 regelrecht erschlagen. Das Musiksystem mutet wie eine Zeitreise in die frühen 1980er Jahre an, bietet allerdings auch eine ordentlich Ladung 2000er Hightech: Wir finden fünf Hochpegeleingänge, einen Phonoeingang für MM und MC, längst vergessene Rec-Out-Buchsen, einen Eingang für eine UKW-Antenne und eine geballte Digitalsektion mit drei optischen und einem koaxialen Eingang sowie USB, HDMI ARC und Ethernet.
Dass im Inneren ein DAC mit den neusten Chips aus dem Hause AK werkelt, überrascht dann auch nicht mehr weiter. Neben Anschlüssen für zwei Lautsprecherpaare bekommt man noch einen Sub-Out als Zugabe oberndrauf. Das ist alles andere als spartanisch, fast wäre man geneigt vom Comeback der Kompaktanlage zu sprechen. Wieso ist eigentlich bislang kaum ein Anbieter auf die Idee gekommen, in einer Kommandozentrale die alten analogen und die aktuellen Bedürfnisse so umfassend zu umsorgen? Endlich kann ich mal wieder mein altes Aiwa-Tapedeck aus Studententagen für Aufnahmezwecke nutzen, kann Platz im Rack schaffen, indem der externe Phono-Pre in die Abstellkammer wandert, kann gepflegt mit dem integrierten Tuner dem Kulturprogramm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lauschen, und ich kann nach Belieben meine Musiksammlung aus dem NAS oder meine Lieblingstitel via Tidal, Qobuz etc. streamen. Ich gebe zu, dass mich diese Vielfalt zunächst ein wenig überfordert.
Der PlayStream A7 steht auf Daten
Wo also anfangen? Sinnvoll ist es sicherlich, bei der ersten Inbetriebnahme die Streaming-Sektion einzurichten. Hierzu lädt man sich die App „Advance PlayStream“ aufs Smartphone oder das Tablet und verbindet den A7 mit dem Router. Als äußerst komfortabel erweist sich dabei, dass man sowohl die App als auch den Streamingclient per WPS direkt mit der FritzBox verbinden kann. Glücklicherweise gelingt dies einigermaßen intuitiv, denn in Sachen Bedienungsanleitung ist man bei Advance dann doch eher spartanisch orientiert, und die deutsche Version klingt arg nach Google Translator. Einmal ins Streamen gebracht, überrascht die PlayStream-App mit dem Gimmick, dass sich das Titelcover des gewählten Albums auf dem Display in Form einer LP dreht.
Der Zugriff auf das NAS erfolgt recht zügig, und bereits nach wenigen Sekunden steht Harry Belafonte nicht in der Carnegie Hall, sondern in meinem Musikzimmer zum Greifen nah vor mir. Ja, das hat Swing, da ist nichts Distinguiertes, die Musik erklingt lebendig und unverfälscht. Würde man mir erzählen, dass in diesem Moment ein externer Streamer und ein hochwertiger Stand-alone-DAC spielten, ich zögerte keine Sekunde, dies in Frage zu stellen. Der Wechsel zur CD zeigt, dass der A7 grundsätzlich auf der dynamischen Seite steht. Die Tutti-Akkorde in Beethovens Streichquartett op. 74 spielt das Kuss Quartett in seiner phänomenalen Neueinspielung mit wuchtiger Nachdrücklichkeit, und der Advance zeigt sehr deutlich, dass er auch bei klassischer Musik die Muskeln spielen lassen kann. Dass geschieht aber keineswegs dumpf, vielmehr sind die Linien der vier Instrumente bei einer leicht ins Helle tendierenden Tonalität in aller Transparenz nachvollziehbar.
Der A7 in klassischer AB-Gewandung
Entgegen der landläufigen Philosophie, Verstärker dieser Preisklasse im Class-D-Modus laufen zu lassen, vertraut man in Paris noch auf die klassischen Tugenden einer AB-Schaltung, die sich beim A7 mit muskulösen 180 Watt bei 4 Ohm zeigt. Ausreichend Energie und Stromlieferfähigkeit, um nicht nur die genügsame Wharfedale Linton im heimischen Musikzimmer anzutreiben, sondern um auch meine guten alten Magnetostaten zu einer formidablen Leistung zu animieren. Mit greifbarer Wucht stehen die perkussiven Gitarrenklänge aus Michael Hedges Aerial Boundaries im Raum. Selbst die kleinen Magnepan 1.6 haben die für Magnetostaten so typische Eigenschaft, bei ausreichender Verstärkerleistung die Instrumente immer ein klein wenig größer als real erscheinen zu lassen, während sie bei ungenügender Verstärkung die Instrumente regelrecht verschlucken können. Wenn auch mit zwei potenten Monoblöcken sicherlich noch etwas mehr Verve und Esprit vorhanden wären – Hedges ungewöhnliche Saitenexperimente sind bereits mit diesem französischen Allrounder großes Dynamik-Kino, von Verhungern keine Spur.
Um den Gesamteindruck abzurunden, soll auch ein Blick auf die Qualitäten des Phonoeingangs nicht fehlen. Zunächst müssen wir uns klar machen, dass wir hier vor einem Gesamtpaket stehen, das nur ein Bruchteil dessen kostet, was heutzutage mitunter allein für eine Phonostufe aufgerufen wird. Aber somit ist ohnehin klar, dass sich der integrierte Phono-Pre nicht an die ausgewiesenen Vinyl-Nerds richtet. Aber auch die sollten dem A7 ruhig mal für einen Moment ihr Gehör schenken. Sowohl im MM- als auch im MC-Betrieb haben wir hier mehr als eine Behelfslösung vor uns, die nicht nur Gelegenheitsvinylisten und Wiedereinsteiger akustisch befriedigt, sondern auch dem Experten etwa als Lösung für das Wochenenddomizil oder die Bürolounge durchaus zweckdienlich sein kann. Insbesondere in Kombination mit der ohnehin zupackenden Ausgangsleistung des Streaming-Receivers lässt sich hier der ein oder andere groovende Plattenabend in geselliger Runde am Wochenende verbringen. So entpuppt sich der A7 als regelrechte Spaßmaschine.
Wir meinen …
Angesichts eines sehr überschaubaren Preises bekommt man ein wahres Ausstattungswunder, bei dem man aber nicht auf audiophile Tugenden verzichten muss. Womöglich hat man hier an der Seine tatsächlich die berühmte eierlegende Wollmilchsau entwickelt.
Technische Daten
Konzept: Vollverstärker mit D/A-Wandler, Streamer und Internetradio sowie optionaler BT-Schnittstelle
Analoge Eingänge: 1 x Phono (MM/Hi-MC/Low-MC), 5 x Cinch, 1 x Endstufeneingang
Digitale Eingänge: 1 x koax (Cinch), 3 x optisch, HDMI (ARC)
Datenanschlüsse: LAN/WLAN, USB für Datenträger, Bluetooth optional via Adapter
Analoge Ausgänge: 1 x Pre Out, 1 x Rec-Out, 2 x Sub-Out (mono)
Leistung: 8 Ω/4 Ω 2x 115W/180W
Bandbreite: (+/-3dB) 20Hz…80kHz
Verzerrung: < 0.004% @1KHz/24W
Impendanz: 10 Ω
Signal/Rauschverhältnis: > 98 dB
D/A-Wandler: AK4490
Eingangsschnittstellen: USB/DSD 24 bit – 192 kHz PCM (koaxialer Eingang), 24 bit – 96 kHz PCM (optischer Eingang)
Leistungsaufnahme: < 400W
Maße (B/H/T): 43/14/37 cm
Gewicht 9,3 kg
Garantie: 3 Jahre
Preis: um 1300 Euro
Kontakt
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