Das Tüpfelchen auf dem i
Drüben in den USA wird das Thema „Feinsicherungen“ schon seit Jahren massiv „gehypt“. Statt der gängigen Werksausrüstung, beim Elektronik-Großversender für 20 Cent/Stück zu haben, verwendet man Exemplare mit Edelmetall-plattierten Kontakten und entsprechendem Innenleben, die locker drei- oder gar vierstellige Dollar- beziehungsweise Euro-Beträge kosten können.
Betrieben Hersteller wie HiFi-Tuning also Voodoo? Mitnichten. Eher cleveres Tuning an einer Stelle, an der es durchaus sinnvoll sein kann. Denn durch die Sicherung muss der Strom durch, der unser geliebtes Unterhaltungselektronik-Arsenal überhaupt erst zum Leben erweckt. Über den Einfluss „sauberen“ Stroms auf den Klang einer Kette muss man schon lange nicht mehr diskutieren, der positive Effekt, den beispielsweise Netzfilter haben, ist anerkannter Fakt. Das Sicherungs-Thema polarisiert dagegen nach wie vor, obwohl es eigentlich logisch erscheint, alle Stadien des ungehinderten Stromflusses unter die Lupe zu nehmen und, wo es sinnvoll erscheint, zu verbessern.
Vor kurzem hat die auf audiophilen Hörstoff und nicht minder audiophile Geräte wie beispielsweise die grandiosen Produkte von Audia Flight abonnierte Firma Sieveking die Sicherungen von „HiFi-Tuning“ aus Berlin ins Programm genommen. Sie tragen die selbstbewusste Bezeichnung „ Supreme³“ beziehungsweise „US-Supreme³“, sind mit 45 beziehungsweise 60 Euro noch im durchaus bezahlbaren Bereich angesiedelt – und haben tatsächlich das Potenzial, eine gute Anlage noch besser zu machen. Zum Testen orderte ich die Supreme³ in der „Silber/Gold“-Variante mit Endkappen, deren Beschichtung aus einer Legierung mit 99 Prozent Silber und einem Prozent Gold besteht. Ziel ist es, die unvermeidlichen Übergangswiderstände, die jede Sicherung in ihrem Träger aufweist, weitgehend zu minimieren, den Stromfluss dadurch zu optimieren und einen möglichen „Flaschenhals“ für guten Klang maximal zu weiten.
HiFi-Tuning = Sicherungs-Tuning
Zu behaupten, der Austausch würde den Übergang zwischen zwei Welten markieren, wäre übertrieben. Eher ist das Sicherungs-Tuning vergleichbar mit dem Klanggewinn, der sich einstellt, wenn man ein sehr gutes Netzkabel mit einer dezidierten High-End-Strippe vergleicht. Anders gesagt: Eine optimierte Feinsicherung wird aus mäßig tönenden Geräten keine Überflieger machen – aber sie kann helfen, das Potenzial wirklich gut klingender Musikmaschinen weiter auszuschöpfen, als man es zuvor für möglich gehalten hätte.
So wanderte ein Pärchen US-Supreme³ in meine Mark-Levinson-Endstufe No. 27, die sich nach langwieriger Reparatur (die streckenweise eher einem Neuaufbau gleich kam) in Harald Pensels MuSiCa-NoVa-Werkstatt kurz vor ihrer offiziellen „Wiedergeburt“ befindet. Bei einem so potenten Verstärker befinden sich die Feinsicherungen in einer extrem verantwortungsvollen Position, denn sie werden mit ziemlich hohen Strömen konfrontiert. Die Vier-Ampère-Exemplare von „HiFi-Tuning“ absolvieren diese Aufgabe freilich mit der (insgeheim erhofften) Bravour und sorgen bei der Endstufe dafür, dass deren Edelklang noch ein wenig homogener, souveräner und in sich stimmiger wird. Dazu sollte man wissen, dass das Schaltungsdesign dieses Verstärkers auf den Klangguru John Curl zurückgeht, der damals ein konsequentes Doppelmono-Konzept auf die zierlichen Gummifüße stellte.
Alles andere als sinnlos
Im Gegensatz zu anderen Verstärker-Ikonen der Epoche ist eine ML No. 27 ein dezidierter Feingeist und ein wahres Auflösungswunder, hat aber andererseits genug Leistung unter der Haube, um auch problematische Schallwandler wie die große Infinity Kappa zu treiben, deren zum Teil extrem niedrige Impedanz auch potente Verstärker ganz schnell ans Limit treibt.
Weil Nummer 27 so gute Umgangsformen verbunden mit ganz viel Rückgrat besitzt, ist der Einsatz der Supreme³ alles andere als sinnlos zum Fenster hinausgeworfenes Geld – ganz im Gegenteil: Die Klangfarben werden eine Spur kräftiger, die Konturen der Schallereignisse ein wenig klarer und der virtuelle Raum tiefer und breiter. Gewiss sind das nur Nuancen – aber jene, die zählen, die das Außergewöhnliche vom „nur“ sehr Guten abgrenzen.
Geschrieben wird dieser Test, während vor meinem Haus der ganz normale Weihnachts(markt)-Wahnsinn tobt. Deshalb wandert auch die CD Best of Pentatonix Christmas in den Player, auf der sich eine der genialsten Coverversionen aller Zeiten findet: Leonard Cohens „Hallelujah“ in einer beinahe schon überproduzierten A-cappella-Fassung. Das pocht, das raunt, das groovt ganz schön gnadenlos und ist von elektrisierender Unmittelbarkeit. Nach dem Sicherungstausch steigt der Mitwipp-Faktor noch einmal um ein paar Prozentpunkte, das Grinsen im Gesicht vertieft sich ebenso wie die Lachfältchen Und das alles wegen Feinsicherungen, die weniger als manche audiophile Vinyl- oder Silberscheibe kosten. Eine sinnvolle Investition. Aber aufgepasst: Eingriffe in die Stromversorgung eines HiFi-Gerätes können Leib und Leben gefährden und außerdem die Garantie zum Erlöschen bringen. Wer sich den Sicherungstausch nicht zutraut, sollte sich lieber an die Fachwerkstatt des Vertrauens wenden, um Hörfreude ohne Reue zu haben.
Info
HiFi-Tuning Supreme³ und US-Supreme³
Feinsicherungen, in allen gängigen Formaten lieferbar
Preise: ab 45 €
Kontakt
Sieveking Sound
Plantage 20
28215 Bremen
Telefon +49 6848930