Süddeutsche HiFi-Tage 2019
Am 7. und 8. September fand in Stuttgart zum zweiten Mal die Messe “Süddeutsche HiFi-Tage” statt. Perfekter könnte man sich so eine Hotel-Show kaum wünschen!
Fotografie: Carsten Barnbeck
Meine Güte, was für eine Woche. Gefühlte 30 Kilometer habe ich mich Donnerstag und Freitag über das Messegelände der Berliner Funkausstellung geschleppt. Wobei … von „Funk“ konnte dieses Jahr eigentlich keine Rede sein. Mit konsensfähigen Kühlschränken habe ich mich unterhalten, mich von Riesenfernsehern in 8K-Qualität betören lassen und anschließend hinter Kisten, Vorhängen und Stellwänden nach HiFi-Neuheiten gesucht. Die Ausbeute? Nun, die war nicht gleich Null, wie man im Vorfeld befürchten musste. Aber am Ende doch so gering, dass man als HiFi-Nerd schon etwas frustriert sein durfte.
Am Samstagmorgen ging es zu unchristlicher Zeit weiter nach Stuttgart. Zu den Süddeutschen HiFi-Tagen (SDHT). Korrekt, beide Messen teilten sich dasselbe Wochenende am 7. und 8. September, während sich einige Kollegen in Denver durch die Flure und Showrooms des Rocky Mountain Audio Fests (RMAF) trollten. Eine Zerreißprobe, zumal ich – wie erwähnt – die Plattfüße bereits zur Hotelmesse mitbrachte.
Doch Müdigkeit, Mühsal und das merkwürdige Ziehen im linken Bein waren gleich nach meiner Ankunft verflogen: „Hey“, „Hallo“, “Moin”, „Wie geht’s“ … ein Händeschütteln hier, ein vertrautes Schulterklopfen dort – ich benötige geschlagene 70 Minuten, um mich von der Hotellobby ins Zimmer vorzuarbeiten. Wer die Branche in familiärer Atmosphäre erleben möchte, sollte unbedingt auf eine Hotelmessen kommen. Man kennt sich, man versteht sich. „Aber das sind schon alles Wettbewerber?“, fragte uns der Azubi eines großen Vertriebes beim abendlichen Dinner. Der junge Herr erlebte die HiFi-Sause zum ersten Mal und war geradezu verwundert über die ausgelassene Atmosphäre.
Alles größer und trotzdem entspannt
Um es geradlinig herauszuposaunen: Die Stuttgarter Messe ist dabei, sich zu meinem Favoriten zu entwickeln. Veranstaltet wird die Show vom Team um Ivonne Borchert-Lima, das seit mehr als zehn Jahren für die Norddeutschen HiFi-Tage (NDHT) verantwortlich ist. Die eröffnen Ende Januar in Hamburg den highfidelen Jahresturnus. Und die langjährige Erfahrung garantiert perfekte Organisation: Wie in Hamburg lagen hier und dort Laufzettel aus, in denen Raumpläne, Ausstellerlisten und Marken gelistet wurden.
Man findet sich aber auch ohne Bedienungsanleitung zurecht. Insgesamt fünf Etagen des Holiday Inn nahm die Messe ein, anders als in Hamburg sind die Flure nicht fragmentiert oder verwinkelt. Sämtliche Räume sind beschriftet. An den Türen hängen kleine Schilder mit dem jeweiligen Aussteller und den vertretenen Marken. Man kann sich daher gemütlich von oben nach unten oder unten nach oben durcharbeiten … warum ich beide Varianten erwähne? Ich hatte tatsächlich mehrfach hitzige Diskussionen über die Vor- und Nachteile der Varianten.
Eine weiteres Plus des NDHT-Teams ist sein Vertrauensvorschuss seitens der Industrie. Anders als bei vielen Messe-Neugründungen wissen die Hersteller hier, woran sie sind. Obendrein litt Stuttgart vorher an einem Messe-Vakuum. Der simple Effekt: Bereits bei der zweiten Veranstaltung kann die Show ein spürbares Wachstum vorweisen – knapp 300 Marken verteilten sich auf insgesamt 88 Zimmer, Suiten und offene Stände in den Gängen. Dasselbe gilt für die Besucher: Schon am Samstag wurden Fünfzehn Prozent mehr Hörinteressierte gezählt, als am gesamten Vorjahreswochenende – das sind freilich vorläufige Zahlen, aber es war auch mein Eindruck, dass es voller geworden ist.
Trotz ihres Wachstumskurses bleibt die Veranstaltung überschaubar. Kein Vergleich zu Hamburg, wo man zu Stoßzeiten in den Menschenstrom eintaucht und sich einfach treiben lässt. Man kommt an den beiden Tagen bequem durch alle Räume, kann sich sämtliche Anlagen ansehen und viele davon genussvoll hören, ohne selektieren zu müssen. Kurzum: Die Show ist perfekt dimensioniert!
Robust gebaut
Ein ganz anderes Lob gilt dem Hotel selbst. Nicht der Holiday Inn-Kette oder dem Personal (das freilich gute Arbeit leistet), sondern seiner Bausubstanz. Als hätte der Architekt eine HiFi-Show im Hinterkopf gehabt, wurden die Räume robust gemauert, was die Klangqualität der Vorführungen begünstigt. Immer wieder stieß ich auf Zimmer, in denen man Lust bekam, zu verweilen.
Gleiches galt für die elf großen Säle im Erdgeschoss und in der ersten Etage. Die wurden für Konferenzen optimiert, was sich auch bei Hörvorführungen bemerkbar macht: Gute Stimmpräsenz und geringe Nachhallzeiten. Davon profitierte beispielsweise FinkTeam aus Essen, das seine Borg präsentierte. Der kolossale Zweiwegler, der übrigens von HiFi-Koryphäe Ken Ishiwata vorgeführt wurde, schaufelte unerhörte Energie in den riesigen Raum. Ebenso beeindruckend wirkten die Vorführungen von Naim, Krell, Avantgarde Acoustic, die überaus musikalische Performance von Audio Physic oder Melco, die ebenfalls in den großen Salons gastierten.
Hören auf den “Süddeutsche HiFi-Tage”
Folgte man der Galerie durch den halbrunden Anbau des Hotels, in dem die großen Showrooms untergebracht sind, gelangte man in zwei kleine Ausstellflächen, die von Kef, Hörzone und TAD (Tannoy, Gold Note etc.) belegt wurden. Dahinter gelangte man in den ersten Hotelflur. Ähnlich wie in Hamburg (um ehrlich zu sein: auf Fotos könnte man die Hotels nicht voneinander unterscheiden) reihte sich hier Aussteller an Aussteller. Alle Aufzulisten würde jeden Rahmen sprengen. Wenn Sie wissen möchten, wer vor Ort war, klicken Sie auf den Link zum Veranstalter ganz unten. Der Messe-Laufzettel kann dort immer noch als PDF heruntergeladen werden.
Es gab allerdings einige Vorführungen, die mir klanglich im Gedächtnis blieben. So zum Beispiel das musikalisch-schwungvolle Auftreten von Q Acoustics neuer Concept 300 im Hörraum von IDC Klaassen. Nur eine Tür weiter zeigte DynamiKKs! seine präsent und spritzig aufspielenden Wuchtbrumme Model 12, deren Preis von nicht mal 2000 Euro mich wirklich verblüffte. Gewohnt souverän setzte sich die IAD mit ihren umwerfenden Wharfedale Lintons in Szene. Auch hier war die Performance der … naja … gerade noch kompakten Boxen oberhalb dessen, was man für einen Preis von knapp 1000 Euro erwarten würde.
Exquisit waren auch die Vorführungen von Einstein, Manger, Chord Electronics sowie Air Tight. Erstaunt war ich zudem von Cambridge Audio neuer AX-Serie. Die beiden Steinchen der Einsteigerserie (es spielten der Amp und der CD-Spieler) haben wirklich Musik im Blut.
Wen es derweil mehr nach wuchtigen Bassschüben und dem Gefühl knisternder Energie gelüstete, der kam bei Marken wie Backes & Müller auf seine Kosten oder bei Kii Audio, deren “Three” völlig losgelöst vom Raum spielte. Auch die Präsentation von Live Act Audio zeigte, dass HiFi – bei aller Neutralität – nach wir vor ein Thema für “ganze Kerle” sein darf. Die Krönung in dieser Hinsicht war der Hörraum von Bohne Audio, der am Sonntag, kurz vor Messeschluss, in stampfenden, wild zwitschernden Techno getaucht wurde ‑ Richtig so: Einfach mal mit Niveau eskalieren!
Hier geht’s zur Homepage der Veranstaltung …