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Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II im Test

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker – Auf den Schwingen der Musik in ferne Sphären

Dieser Riesenklotz von Audia Flight verfügt über immensen Feinsinn: Die Endstufe Strumento No. 4 wiegt 95 Kilo – und klingt so federleicht, dass man schnell ins Träumen gerät.

Fotografie: Ingo Schulz

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Wo ist das Lächeln geblieben? Die Endstufe Audia Flight Strumento No. 4 trägt auf ihrer makellosen, wahlweise silbernen oder noblen schwarzen Aluminiumfront nur eine Art schwarz glänzendes Wappen, in dessen Mitte das Audia-Flight-Firmensignet – drei Schwingen, die einem Stern mit geschwungenen Strahlen ähneln – dezent blau leuchtet, sobald sie aktiviert wird. Ein Seitenblick bringt Klarheit: Das Display des zugehörigen, ebenfalls silbern oder schwarz gewandeten Vorverstärkers Strumento No. 1 Mk II hat jene organisch fließende Form, in der man ohne große Fantasie einen lächelnden Mund erkennen kann (und soll). Das auffällige Designelement wollte man ganz offensichtlich nicht doppeln, zumal die Endstufe schon ihrer schieren Größe halber höchstwahrscheinlich in Bodennähe platziert werden wird. Ist die Zahl der Racks, in denen ein solch gewichtiges Wort in Sachen High End stabil platziert werden kann, doch ziemlich überschaubar. Die Endstufe also als dienstbarer Geist, der die Show fast gänzlich seinem Vorverstärker-Partner überlässt.

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker

Ein Geist freilich, der jenem aus Aladins Wunderlampe gleicht: mit umfassender Macht ausgestattet, souverän und mit ausgezeichneten Manieren gesegnet. Ein „Instrument“ mithin, das bei kundiger Behandlung zu überwältigenden Höhenflügen fähig ist und dank sehr großzügiger Dimensionierung – Strumento No. 4 stemmt völlig unangestrengt 250, 500 oder sogar 900 Watt (gemessen an 8, 4 und 2 Ohm) auf die WBT-Lautsprecherklemmen – im Alltag wohl nie an seine Grenzen stoßen wird.

Audia Flight sitzt in Civitavecchia in der sogenannten Metropolitanstadt Rom (Region Latium).

Wer sein automobiles Leben mit einem Wagen aus italienischer Fertigung verbringt und sich mit den Problemchen und Problemen seiner macchina italiana längst arrangiert hat, muss bei Audia Flight umdenken. Die hier gebotene Anfass- und Verarbeitungsqualität unterstellt man in der Regel eher schwäbischen Produkten, auch die Zuverlässigkeit entspricht dem Anspruch, den der verwöhnte Highender an Premium-Kreationen stellt. Und den Audia Flight mit der Strumento-Linie locker erfüllt. Diese Vor-/Endstufen-Kombination erleidet höchstens dann einen Defekt, wenn man sie aus dem Penthousefenster im 46. Stock wirft. Bei weniger grober Behandlung hat man Jahrzehnte entspannten Hörens vor sich.

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker

Zumal Strumento No. 4 von den Entwicklern nicht auf Krawall gebürstet wurde, sondern zu den dezidierten Feingeistern zählt. Freilich lässt sich mit einer Endstufe dieses Kalibers, geeignete Schallwandler vorausgesetzt, auch wunderbar Party machen, lassen sich die Scheiben zum Klirren und die Tanzbeine zum Zucken bringen. Diesen Verstärker mit Techno, House, Dub oder R&B zu füttern hieße aber, seine wahren Talente unter Wert zu verschleudern, die klanglichen Tugenden auszublenden, die man ihm mit großem musikalischen Sachverstand anerzogen hat.

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker

Natürlich schiebt Strumento No. 4 im Bass sehr ordentlich an, natürlich kommen entsprechende Impulse schier unglaublich tief und knackig über die Rampe – was bei einem Ehrfurcht gebietenden Frequenzgang zwischen Hertz (1) und Megahertz (ebenfalls 1) auch zu erwarten war. Aber das Sahnestück, die klangliche Signatur, ist in den überaus filigran gezeichneten Mitten und kultivierten Höhen zu finden. Ich kenne nur ganz wenige Verstärker, die so viel Auflösung so stimmig und selbstverständlich zu einem Ganzen ohne Brüche, ohne Überbetonung einzelner Bereiche des Spektrums verbinden. Das klingt voll, das klingt rund – und wird nie langweilig, weil das Hören selbst vielfach gespielter Test-Tonträger über die beiden Strumentos zur akustischen Abenteuerreise wird. Man entdeckt Neues im Bekannten, wird in vielfältiger Manier positiv überrascht und auf diese Weise ganz behutsam, ganz zart aus der Tretmühle des Alltags entrückt.

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker

Mit der Strumento No. 4 ist es nicht nötig, laut zu hören, um den Genuss auf ein neues Niveau zu heben – so wenig, wie man bei einer S-Klasse in Langversion das Pedal aufs Bodenblech drücken muss. Man freut sich an dem Wissen, dass man im Zweifelsfall sehr sicher ganz schnell unterwegs ist – oder, im Falle der Audia Flight Strumento No. 4, auch große Räume mit Pegeln beschallen kann, die Schwermetallbands oder umfangreich besetzte Orchester in großen Konzerthallen mobilisieren.

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker

Zum Genusshören braucht es den schieren Schalldruck tendenziell nicht, die anderen Stärken der Topmodelle aus dem Audia-Flight-Portfolio schon eher. Meinen Test im FIDELITY-Hörraum starte ich mit Gustav Mahlers Achter Sinfonie, die ihren Beinamen „Sinfonie der Tausend“ bekam, nachdem bei der Uraufführung am 12. September 1910 in der Neuen Musik-Festhalle in München gut tausend Ausführende auf der Bühne standen. Kein Wunder, verlangt Mahler doch in seinen Besetzungsangaben drei Soprane, je zwei Altistinnen, Tenöre, Baritone und Bässe, zwei große gemischte Chöre, einen Knabenchor, zwei Piccoloflöten, vier Flöten, vier Oboen, Englischhorn, fünf Klarinetten, Bassklarinette, vier Fagotte, Kontrafagott, acht Hörner, vier Trompeten, vier Posaunen, Basstuba, Pauken, Schlagwerk, Orgel, Harmonium, Celesta, Klavier, sechs Harfen, Mandoline und Streicher. Dazu kommt noch ein leicht abseits platziertes Fernorchester mit vier Trompeten und drei Posaunen. Der Beginn der Sinfonie mit dem mittelalterlichen Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“ ist eine vokale und instrumentale Explosion, eine Tutti-Orgie, die mit Forte-Wucht auf das Publikum losgelassen wird. Und die so gut wie jeden Tonmeister, der diese Klangmassen für die Nachwelt festhalten soll, vor eine Vielzahl von Problemen stellt.

Neuere Surround-Produktionen begegnen der Herausforderung mit fortgeschrittener Mehrkanaltechnik. Vor über 30 Jahren versuchte sich auch die „One point recording“-Crew bei Denon im Rahmen des großen Mahler-Zyklus mit Eliahu Inbal und dem Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt (jetzt: hr-Sinfonieorchester) an dem Titanenwerk. Natürlich kamen auch diese Klangpuristen nicht ganz ohne Stützmikrofone aus, legten aber immerhin eine in der Frühzeit der CD, Mitte der 1980er Jahre, durchaus wegweisende Aufnahme vor. Die es seit einiger Zeit als Wiederveröffentlichung auf Blu-spec-CD gibt. Ob es nun an den dank der Verwendung eines blauen (statt des üblichen roten) Lasers besonders sauber hergestellten Mastern liegt oder ob die alte Aufnahme noch einmal klanglich überarbeitet wurde, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Fakt ist jedenfalls, dass Inbals Mahler bis dato noch nie so durchhörbar und luftig, so entschieden und klar ausgeformt in meinen Gehörgängen ankam. Nachdem das Gehirn deutlich weniger Arbeit damit hat, die gerne zum indifferenten Brei werdenden Stimmen der Komposition auseinanderzudividieren, kann man sich auf Eliahu Inbals schlackenfreie, straffe, vielleicht eine Spur zu sportive Interpretation konzentrieren. Und die Kunst eines Dirigenten bewundern, der in der Nachfolge Leonard Bernsteins das Mahler-Bild des 20. Jahrhunderts entscheidend mitprägte. Dass die von Mahler schon so angelegten Raumklang-Effekte auch bei rein stereofoner Wiedergabe nachvollziehbar sind, ist eindeutig das Verdienst der italienischen Endstufe, deren Räumlichkeit ohne Diskussion die Höchstpunktzahl verdient. Die akustische Abbildung gerät so weit wie tief, mit stets eindeutig definierten virtuellen Schallquellen. Auch in einem Tonstudio würde die No. 4 Mk II bella figura machen, zumal sie neben den üblichen Cinchbuchsen – übrigens in der elektrisch überlegenen Nextgen-Version von WBT – auch über die von Profis bevorzugten XLR-Anschlüsse verfügt.

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker

Erwähnte ich schon, dass die noblen Höhen der Audia Flight Strumento No. 4 niemals nervig werden, sich nie in den Vordergrund drängen, aber andererseits auch kein wichtiges Detail unterschlagen? Eine meiner persönlichen Lieblings-Test-CDs ist Hans Zimmers Filmmusik zum Da Vinci Code mit Tom Hanks. In dem aufwendigen Blockbuster bekommt es der Symbologe Robert Langdon mit einer undurchsichtigen Geheimgesellschaft zu tun – und mit einer schönen, jungen Frau, die direkt von Jesus Christus abstammt … Dafür hat Zimmer sich einen sehr effektvollen, auf dramatische Streicherflächen und äußerst massiv anschiebende Computerbässe abhebenden Soundtrack einfallen lassen. Wenn die „Ritter des Heiligen Grals“ (die im 21. Jahrhundert völlig anders aussehen, als man sich dies gemeinhin so vorstellt) zum großen Showdown antreten, macht Zimmer aus dem Leitthema ein bombastisches Hörbild, das auch ohne Bewegtbilder ganz großes Kino verkörpert. Die italienischen „Instrumente“ laufen hier zu ganz großer Form auf: pulsierendes Leben, akustische Regenbögen, eine immense Vielfalt von Informationen, die zu einem riesigen Ganzen verschmilzt. Und das, obwohl Zimmer für dieses Tongemälde sowohl synthetisch erzeugte als auch aus akustischen Quellen stammende Klänge einsetzt. Mischpult-Spielereien, die dank der italienischen Traumverstärker unmittelbar das Emotionszentrum erreichen. Und eine Hör-Kathedrale errichten, wie sie prachtvoller nicht sein könnte. Typisch italienisch halt …

Audia Flight Strumento No. 4 Mk II Endverstärker Navigator

 

Endverstärker Audia Flight Strumento No. 4 Mk II

Funktionsprinzip: Transistor-Stereoendverstärker
Ausgangsleistung (8/4/2 Ω): 250/500/900 W
Verstärkungsfaktor: 29 dB
Eingangsempfindlichkeit: 1,41 V
Frequenzgang (−3 dB): 0,3 Hz–1 MHz
Signal-Rausch-Abstand: 110 dB
Eingangswiderstand: 7,5 kΩ
Dämpfungsfaktor (an 8 Ω): > 1000
Ausführung: silbern oder schwarz
Maße (B/H/T): 45/28/50 cm
Gewicht: 95 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: 20 500 € (No. 1 Mk II: 16 000 €)

 

www.sieveking-sound.de

 

Mitspieler

CD-Player: Ayon CD3sx
Plattenspieler: AVM R2.3, SoReal Audio Seismograph, Clearaudio Innovation, Acoustic Solid Solid Wood, Audio Note TT2
Tonabnehmer: Clearaudio Jubilee MC, Etsuro Urushi, Audio Note IQ3
Phonovorverstärker: Lyric Audio PS10, Einstein Audio The Phono Amp
Vorverstärker: Audia Flight Strumento No. 1 Mk II, Trinnov Amethyst
Endverstärker: Bohne Audio BA-300
Lautsprecher: Bohne Audio BB-15, Piega Coax 511, Wilson Audio Yvette
Kabel: AudioQuest, in-akustik, Vovox
Zubehör: IsoTek, Solid Steel, Subbase Audio, Sun-Leiste

 

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