Prof. P.’s Rhythm and Soul Revue – Blues, Booze & Bollnäs
Der Professor verkostet heute: Black River Delta, Peter Fankhauser, Nathaniel Rateliff, Shirley Davis, Electro Deluxe, The Band Of Heathens, Ben Harper & Charlie Musselwhite und einen Sampler mit Blues aus Botswana.
Seufz, stöhn, ächz und hechel, meine Freunde. Ich muss hier jetzt den Inflektiv gängiger Erschöpfungsverben bemühen, in Fachkreisen auch als Erikativ bekannt, benannt natürlich nach der Wortschöpfungsurgroßmeisterin Dr. Erika Fuchs. Denn während ich hier mit schweißnassen Fingern auf der Tastatur meiner Blablamaschine ausrutsche, umgarnen mich brutalste Wüsten-Lüftchen. It’s hot, man! Apropos Erikativ und Entenhausen: Donald Duck hörte zu Zeiten der Carl-Barks-Hochkultur gerne Vinyl, er besaß einen Plattenspieler allerdings unbekannter Herstellung. Zu seinen Lieblingssongs zählt ein altes Entenhausener Volkslied: „Die Wolken ziehn dahin, sie ziehn auch wieder her. Der Mensch lebt nur einmal, und dann nicht mehr.“ Ja, da steckt eigentlich alles drin, was man übers Leben wissen muss. Und wer von Euch fröhlichen Volksmusikanten dem Professor nun entgegenschmettert, jene Liedzeilen schon mal in „Tirol, Tirol, Tirol, du bist mein Heimatland“ vernommen zu haben, dem möchte ich a) entgegnen, dass mich das gar nicht interessiert, und b) dennoch ans Herz legen, einmal die Donald-Duck-Geschichte Arturo der Affe, im Original: Too Many Pets, von Carl Barks aus dem Jahr 1943 zu lesen, in der jener Arturo sich an Donalds Plattensammlung vergreift. Nun denn, und schon kommen wir zum finalen Schlenker meiner kleinen Exkursion ins Entenhausener Music Business: So seltsam es scheinen mag, dass es im Juni, der Zeit also dieses Darniederschreibens, in Northern Germany 78,2 Grad heiß ist, so beginne ich – grübel, grübel – doch zu verstehen, warum in North Scandinavia, genauer in einer roten schwedischen Holzhütte somewhere deep in the woods, dritter Elch links und dann immer geradeaus, der heißblütigste Deltablues komponiert werden konnte, den des Professors Ohren seit langer Zeit vernehmen durften. Für mehr Jauchz und Jubilier: Weiterlesen. Ach, einen Moment noch, Daniel Düsentrieb hat das Wort: „Hier zwei Völtchen, dort zehn Öhmchen, gibt schon wieder ein Schwingungsströmchen!“
Black River Delta
Vol. II
Label: Radicalis
Format: CD, LP, DL 16/44,1
Da müsste der Professor nun eigentlich endlich sein kleines Spezialreiseunternehmen gründen: Rhythm-and-Soul-Tours. Als erstes Ziel würde ich gerne Bollnäs ansteuern, ein Örtchen in der schwedischen Provinz Gävleborgs län, in dem sich die Einheimischen am Ufer des Flusses Ljusnan seit der Steinzeit mit dem Handel von Baumstämmen den Unterhalt verdienen, den sie dann am Wochenende wieder auf dem wichtigsten Treffpunkt der Region verbraten, der Trabrennbahn bei Sävstaås. In diesem charmant-unauffälligen Habitat, umgeben von tiefen Wäldern, Blaubeerkulturen und Rotholzhütten, haben sich nun drei junge Männer von fröhlichem Waldschrat-Aussehen zu einer faszinierenden Musikkapelle zusammengetan: Black River Delta. Ich berichtete Euch bereits davon, anlässlich des Debüts Devil On The Loose, geht nur runter ins FIDELITY-Archiv und blättert in vergilbten Seiten (FIDELITY Nr. 30). Nun das Folge-Werk, Vol. II. Dafür kam das Trio aus dem Norden des Nordens in den Norden des Südens, wo sie im Rotlichtbezirk unweit des professoralen Schuppens einen Brachialblues bretterten, dass dem Prof. die Haare in den Ohren verglühten. Zwei Gitarren, ein Schlagzeug, bisschen Harp, fertig. Das klingt dann so dreckig, dröhnend und dennoch grandios-melodiös, als würde das Ding aus dem Sumpf durch namenlose Sümpfe somewhere deep down south waten, ein fröhliches Liedchen auf den Lippen. Die also zweite Platte von Black River Delta wird dringendst empfohlen. Wie es dem Trio gelingt, in Bollnäs die flirrende Schwüle Louisianas zu beschwören, in Songs wie „Velvet Clouds“ oder „Neon Truck Stop Sign“ von treulosen Frauen, Männern, die aus Kriegen heimkehren, und verlorenen Seelen in namenlosen Spielcasinos zu singen, und diese fast poetischen Fragmente in magisch-monotone Bluesminiaturen zu verpacken, das ist große Kunst.
Philipp Fankhauser
I’ll Be Around
Label: Funk House Blues Productions/Sony
Format: CD, LP, DL 16/44,1
Hier nun will ich Eure Aufmerksamkeit lenken auf ein Werk, das dem Professor selbst nicht gerade die Haare in den Ohren zum Glimmen bringt, nein, aber von dem ich annehme, dass es dort draußen in der FIDELITY-Community manchen Musikfreund geben mag, der für einen Hinweis in Sachen Schweizersoul und soundmäßig feinst ausgependelte Tonträger durchaus dankbar wäre. Philipp Fankhauser: Bluesmann aus Bern und einst Jurymitglied bei The Voice Of Switzerland – für die Musikszene rund ums Matterhorn das, was sonst Käse und Kräuterzucker für die eidgenössische Exportindustrie sind, nämlich Qualitätsgarant für den breiten Geschmack. Für vorliegendes Werk wurden die Malaco Studios in Jackson, Mississippi, gemietet, in denen einst Eddie Floyd und Little Milton den Südstaaten-Soul mitprägten. Dazu kommen Produzent Dennis Walker (z. B. Don’t Be Afraid Of The Dark für Robert Cray), Tom „Bones“ Malone (Posaunist bei Stevie Wonder und der „Blues Brothers“-Band) und die Shoals Sisters, Background-Chor der legendären Muscle Shoals Sound Studios in Sheffield, Alabama. Somit ist I’ll Be Around ein abgeklärtes Werk in warmem Retrosound, Fankhausers dezent knarziges Bluesorgan wird umspielt von swingender Kompetenz – was man eben so für Schweizer Franken buchen kann deep down south. Allein, mir fehlen Schweiß und Gospel. Songs wie „Homeless“ oder „Big Ol’ Easy“ grooven auf kleiner Flamme vor sich hin, und „Circumstances“, mit knapp neun Minuten zu lang, geht bereits nach drei Minuten die Luft aus. Besser gefallen dem Prof. die wenigen Uptempo-Nummern, zum Beispiel „Catch Up With The Blues“ von Johnny Copeland, mit dem Fankhauser bereits Mitte der Neunziger, kurz vor Copelands Tod nach einer Herztransplantation, als Sänger auf Tour war. Ansonsten habe ich den ganz und gar subjektiven Eindruck, dass hier ein von Sehnsucht nach dem real shit getriebener Alpenländer auf Memphis-Mississippi-Alabama-Groove macht, perfekt produziert, aber doch etwas langweilig.
Nathaniel Rateliff & The Night Sweats
Tearing At The Seams
Label: Stax Records/Caroline
Format: CD, LP, DL 24/88
Vor kurzem waren dem Prof. die Spülmaschinen-Tabs ausgegangen. Darob gar nicht begeistert, musste dies und das an Küchenkrams in echter Handarbeit von Leinölfetträndern und festgepappten Weizenkleieresten – watch your cholesterol, folks! – befreit werden. Aus dem Radio tröpfelte derweil eine Weise, so groovy und gramverscheuchend, ein feiner kleiner Piratensender war on air, dass ich, in metaphorischer Überhöhung gesprochen, schleunigst zum Kiosk um die Ecke stratzte und mir das neue Werk von Nathaniel Rateliff aneignete – das achte seines mit verschiedenen Besetzungen eingespielten bisherigen Gesamt-Œuvres. Ich kannte den guten Mann aus Denver – Achtung, exklusives Produkttester-Outing – bislang nicht, nutzte aber schnell die Chance, ihn live auf innerstädtischer Kiez-Bühne vor bumsfidelem Stadtrandpublikum zu erleben. Ein Fehler. Bluesmusikantenstadl mit dauerschunkelschmusendem Handyhochhaltauditorium. Kann Mr. Rateliff insofern was für, weil viele seiner Songs zielgruppenaffin extrem glattgeschmeidig, wohlfeil und eben massiv massentauglich dargeboten wurden. Des Professors Herz fing dermaßen an zu schnarchen, dass ihn vor Ort drei bis vier anwesende Kardiochirurgen spontandefibrillieren wollten. Aber: Die neue Platte Tearing At The Seams – großer Wurf. Mag bipolar klingen jetzt, ist aber so. Blues mit Funk-DNA, Gospel-Soul und immer wieder Ausflüge in den Americana-Country-Mainstream, der auf diesem prachtvollen Tonträger seine Berechtigung findet. Anspieltipps: „Shoe Boot“ (idealer Intro-Song, auf CD wie live auf der Bühne, one, two, three, und los geht’s mit schleppendem Funk, Hammond und pointierter Bläserwucht.), „Baby I Lost My Way“ (Memphis-Soulfunk mit Soundtrack-Potenzial) und „You Worry Me“ (treibender Country-Soul, pulsierender Bass und Gitarre wie ein kurzes Sommergewitter).
Shirley Davis & The Silverbacks
Wishes And Wants
Label: Tucxone Records
Format: CD, LP
Ihr müsst nicht denken, dass Euch im Obergeschoss ein paar Synapsen rausgesprungen sind, nur weil Ihr beim Lesen der professoralen Poesieminiaturen in unregelmäßigen Abständen akute Déjà-vu-Symptome erlebt. So ist das jetzt beim Professor. Er steht schon dermaßen lang in Amt und Würden als Redaktions-CEOFAS, also Chief Executive Officer for Funk and Soul, dass manch einer der von ihm mit Wohlwollen bedachten Künstler bereits das zweite oder gar dritte Werk während meiner Open-End-Legislaturperiode vollendete. So auch Shirley Davis. Vor knapp zwei Jahren verlobhudelte ich das Debüt der gebürtigen Britin, Ex-Teilzeitaustralierin und derzeitigen Wahl-Madrilenin jamaikanischer Herkunft. Und stellte Euch bei der Gelegenheit das spanische Label Tucxone Records vor, so eine Art südeuropäische Version des berühmten Daptone-Labels aus Brooklyn, New York, inklusive Hausband, eine Kapelle mit dem schönem Namen The Silverbacks. Mit denen und der Bläsersektion The Roaring Tigers wurde nun auch die zweite Platte eingespielt, übrigens das erste Album, das die Tucxone-Macher nach einem jüngst vollzogenen Umzug in ihrem neuen Studio aufnahmen. Iberico-Funk, why not, hombres? Knackiges Schlagwerk im Stile von Funky Drummer Clyde Stubblefield, warme Basslinien, auf denen ein angeschickertes Keyboard Flamenco tanzt, dazu Shirley Davis’ Soul-Organ. Ja, sie hat vielleicht nicht das Stimmenvolumen von Sharon Jones, die Songschreiber sind auch nicht bei Daptone unter Vertrag – aber eine so vibrierende und gleichermaßen schwermütige Soulballade wie „Troubles & Trials“, die hört der Professor nicht alle Tage.
Electro Deluxe
Circle Live
Label: Stardown
Format: CD, DL 24-bit
Merkt Ihr eigentlich, Freunde der zarten Tanzmusik, dass der Professor mit Euch hier und heuer im Eins-zwei-Wechselschritt um die Welt reist? Bollnäs, Bern, Jackson, Denver, Madrid … Und jetzt auch noch Villetaneuse, eine kleine Gemeinde in Funkreich am Rande von Paris, mon amour. Ja, denn da haben Electro Deluxe bereits vor zwei Jahren in den MidiLive-Studios ihr nunmehr semiaktuelles Album Circle eingespielt. Keine Sorge, kannte ich bis vorgestern auch nicht. Nun aber verirrte sich das neue Circle Live in den professoralen Orbit, und da ich grundsätzlich kein Freund von Livealben bin, wenn ich weder mit Studio-Werk noch den Schöpfern desselben vertraut bin, entriss ich dem Internet also die ältere Studio-Fassung des gerade neu veröffentlichten Live-Werks. Das war ein kluger Gedanke, da muss ich mich ausnahmsweise selbst loben. Electro Deluxe: Französisches Septett in Designeranzügen, das vor bald zwei Dekaden mit Nu-Jazz anfing, landläufig auch als Fusion-Gniedel bekannt, dann aber glücklicherweise den Verheißungen des Funks verfiel. Sänger James Copley, eine Mischung aus George Clooney und Stefan Gwildis, singt trotz Hipster-Bart und Gelfrisur mit erstaunlich dreckigem Soul-Organ. Circle: Ansammlung fettester Funk-Opern („K.O.“, „Fnk Lve“, „Through My Veins“), wuchtiger Soul-Balladen („Cut All Ties“) und – mit Blick auf die Bandhistorie – verständlichen Ausflügen nach Gniedelhausen („Liar“). Meine Empfehlung: Circle Live sollte erst hören, wer das Studio-Einführungsseminar in Sachen Electro Deluxe absolviert hat. Schade: Ausgerechnet „Cut All Ties“ fehlt auf dem Livealbum.
Various Artists
I’m Not Here To Hunt Rabbits
Label: The Vital Record/Piranha
Format: LP, DL 16/44,1
Bisweilen lässt der Professor sich durchs weite Weltgeschehen treiben. Einst taumelte er wie subkontinentales Tumbleweed durch die botswanische Dornstrauchsavanne, den Trans-Kalahari-Highway unterm Arsch und das Hirn voll Staub. Links und rechts flogen Salzwannen, dürre Akazien, gelbgraue Lehmdörfer vorbei. Der einzige Sound, wenn man sich die Füße vertrat: Das Rauschen des Windes im hohen Gras und das Rattergeknatter überladener Lkw. Okawango: Mächtiger Fluss, der das Meer nicht kennt und im Delta der Wüste versickert. Botswana, magisches Land. Warum ich Euch mit des Professors Wüstenblues behellige? Ebendrum: Wüstenblues. Gerade gestern traf ein Stück Vinyl botswanischer Herkunft bei mir ein. Das und der schöne Titel machten mich neugierig: I’m Not Here To Hunt Rabbits. Mit dem sich zu denkenden Untertitel: I’m Here to Play Guitar. Lange Story dahinter, kurz erzählt. Holländischer Entwicklungshelfer nimmt verwackelte Videos botswanischer Musiker auf, die unkonventionell Gitarre spielen: auf Saiten aus Fahrradbremszügen, linke Hand greift von oben über den Gitarrenhals … Wäre Robert Johnson in Botswana aufgewachsen, so würde dann wohl „Dust My Broom“ klingen: afro-soulig, rau, Country-Blues à la Kalahari. Musikproduzent sieht das also bei Youtube, verfrachtet die Truppe – Kuhhirten und Nachtwächter aus dem Outback Botswanas – ins Studio in der Hauptstadt Gabarone, veröffentlicht das Ganze auf Vinyl und als MP3-Files. Virale Entwicklungshilfe mit Happy End. Elf Songs, die in ihrer manischen Monotonie einen Sog entfalten, der magic moments an einem heißen Sommerabend schafft.
The Band of Heathens
Live Via Satellite
Label: Boh Records
Format: CD
Nun bitte Roncalli-Zirkusmusik vorstellen, tatatataaa & Trommelwirbel, der Professor wagt Menschenunmögliches und tritt sich selbst in den Arsch. Vielleicht fällt dem einen oder der anderen dabei auf, dass ich hier zum bereits zweiten Mal in der heutigen Ausgabe der Rhythm-Revue das A-Wort nutzte, tja, das ist halt manchmal so. Viel wichtiger aber mag dies sein: Durchaus kann ein Live-Album Vergnügen bereiten, auch ohne dass man die aufspielende Kapelle kennt, und damit ertränke ich die professorale Prämisse aus vorstehender Electro-Deluxe-Werkschau im Meer jener Tränen, die Ihr vermutlich ob meiner hanebüchenen Haltungslosigkeit lautlos in die Auslegeware Eurer Audiozimmer weint. The Band of Heathens: Songwriter-Kollektiv aus Austin, Texas, das seit 2006 neun Alben im toten Winkel meiner Aufmerksamkeit veröffentlichte, nun aber, welch glückliche Fügung, mit Werk zehn vor meinem Monokel auftauchte. Country-Soul-Rock-and-Roll, der mich durchs Kellerloft tanzen lässt. Die neue EP wurde im Studio eingespielt und zeitgleich auf Steven van Zandts (Gitarrist bei Bruce Springsteen und Mafia-Darsteller bei The Sopranos und Lilyhammer) eigener Radiostation „Sirius XM Outlaw Country“ live übertragen. Fünf Songs, darunter Neil Youngs „Alabama“ vom 72er Harvest-Album – und vor allem die wahn-und-bahnbrechende Funk-Country-Oper Sugar Queen, die sich bereits auf dem vor einem Jahr erschienenen Studioalbum Duende fand, das ich mir aus Recherchegründen sofort bestellte, da scheue ich keine Kosten, Kinder, hört zu, neue Schuhe gibt’s erst nächstes Jahr. Wer jetzt meint, „Funk-Country-Oper“, das gibt’s nicht, no way, Jose!, dem lache ich herzlich ins Gesicht: Absofuckinlutely gibt’s das.
Ben Harper & Charlie Musselwhite
No Mercy In This Land
Label: Anti
Format: CD, LP, DL 24-bit
Wieder einmal sitzt der Professor auf der Veranda seiner Shotgunbude im Schaukelstuhl, in den Sümpfen zirpen die Zikaden zweideutige Zydeco-Weisen, Flusskrebse tanzen Foxtrott und ein Alligator schnarcht im Schlamm, dass sich die Mangroven biegen … Ja, solch Blue-Hour-Bierseligkeit verlangt nach dem rechten Soundtrack: Ben Harpers und Charlie Musselwhites zweites gemeinsames Werk. Unlängst attestierte ich dem Harper’schen Schaffen ja eine gewisse Unausgegorenheit, respektive einen ungewohnten Spannungsverlust: Call It What It Is und Childhood Home, die seinerzeit jüngsten Alben, well, da hab’ ich mich zum Alligator in den Schlamm zwecks Mitschnarchens gelegt. Die nun aktuelle zweite Kooperation mit Musselwhite nach Get Up! von 2013: Hört Euch nur den Titelsong „No Mercy In This Land“ an: zartes Blues-Duett, von feinem Hammond-Sound umweht, Harpers Gitarre zieht vorbei wie ein Hurrikan am Horizont, mächtig, dennoch eher eine Ahnung der in ihm vibrierenden Gewalt, große Kunst der Andeutung, oder in einem Wort: Blues. Auch „When I Go“, der Einstiegssong: wunderbarer Gospel mit Grunge-Anleihen, dem der Delta-Dreck aus den Fugen rieselt. Charlie Musselwhite, der große alte Mann der Blues-Mundharmonika, als Junge im Schatten der Sun Studios auf staubigen Ecken in Memphis gesessen und seine Harp studiert, später Auskommen als Whiskeyschmuggler, in Chicago mit Howlin’ Wolf, Muddy Waters und John Lee Hooker gespielt, in Kalifornien, der Heimat übrigens von Harper, zum Dekaden-Hippie gereift, heute good ol’ boy des Country-Blues: idealer Partner für Ben Harper, der wohl, wie man hört, mit dieser Plattenproduktion weg vom Booze, wieder hin zum Blues fand. That’s the spirit.