Beyerdynamic Aventho Wireless – Kopfhören nach Maß
Mit dem Aventho Wireless hat Beyerdynamic einen Bluetooth-Kopfhörer mit individuell anpassbarem Wiedergabeprofil geschaffen, der – nicht allein deswegen – die audiophilen Lebensgeister weckt.
Fotografie: Harald Wittig
Dynamische Kopfhörer von Beyerdynamic gehören dank innovativer Technologien sowie exzellenter Materialien und Verarbeitung zu den besten auf dem Markt. Anstatt sich aber auf seinen verdienten Lorbeeren auszuruhen, erweist sich das Heilbronner Traditionsunternehmen als nimmermüder Innovator in Sachen Kopfhörer und bringt regelmäßig hochinteressante Neuheiten für – und auf – die Ohren. Der jüngste Streich von Beyerdynamic nennt sich Aventho Wireless: ein geschlossener, dynamischer „Midsize“-Kopfhörer, der in erster Linie im Unterwegsbetrieb – am Tablet oder Smartphone via Kabel oder drahtlos über Bluetooth – für bestmöglichen Klang sorgen soll. Beyerdynamics Neuer setzt sich selbstsicher in Szene und wurde auf der jüngsten CanJam als „Best Headphone Portable“ mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.
Für rund 450 Euro bietet Beyerdynamic dem Aventho-Käufer einen erstklassig verarbeiteten Kopfhörer in zeitlos-elegantem Design, der die eindeutige Botschaft vermittelt: „Nimm mich, fühl mich, setz mich auf – es lohnt sich!“ Tatsächlich trägt sich der Aventho ausgezeichnet – obschon er immerhin 340 Gramm auf die Waage bringt. Dank der wunderbar weichen Kopf- und Ohrpolster aus Kunstleder schmiegt sich der Hörer nach sekundenschneller Anpassung des Bügelbandes und der drehbaren Ohrmuscheln an Kopf und Ohren an – und ist nach wenigen Minuten völlig vergessen. Prima, denn einen herausragend guten Tragekomfort erwartet der Mobilist von seinem Kopfhörer, und der Aventho verdient sich in dieser Disziplin schon mal eine Topzensur.
Wie es sich für einen ordentlichen Mobil-Kopfhörer gehört, besitzt der Aventho einen hohen Wirkungsgrad, um auch an den schwachbrüstigen Verstärkern von Mobilgeräten noch kraftvoll aufzuspielen.
Die Verbindung mit den Kopfhörerausgängen von Smartphone oder Tablet ist dank des mitgelieferten Audiokabels schnell hergestellt, und ich kann draufloshören. Der erste Eindruck ist dann auch erwartungsgemäß positiv: Der Aventho Wireless ist ein echter Beyerdynamic, der dank der patentierten Tesla-Technologie seiner Schallwandler ausgesprochen impulsfreudig und detailverliebt aufspielt. Dabei erinnert er mich klanglich an seinen größeren Bruder, den formidablen T 5 P – und das will was heißen!
Da der Aventho für Beyerdynamic ein wahrer Technologieträger ist, hat er aber noch weitaus mehr zu bieten, als „nur“ grundsätzlich sehr gut zu klingen. Ist er via Bluetooth mit einem Zuspieler verbunden, kann der Heilbronner mit einigen Besonderheiten aufwarten, die derzeit noch konkurrenzlos sind. So ist der Aventho beispielsweise mit einem Touchpad ausgestattet, womit die Wiedergabelautstärke lässig mit dem Smartphone-geschulten Wischzeigefinger stufenlos regelbar ist. Nervt der aktuelle Titel oder ein zu langes Instrumentalsolo? Soll das eben gehörte Stück ein weiteres Mal das Gemüt erfreuen oder passt ein ganz anderer Track besser zur aktuellen Stimmung? Stets genügt eine „digitale“ Wisch- oder Tippbewegung, und der Aventho tut wie gewünscht. Beim Betrieb am Smartphone erlaubt der Schallwandler auch die Anrufsteuerung. Und ist bei Tablet- und Smartphone-Betrieb die Unterstützung des virtuellen Helferleins vonnöten, so lassen sich persönliche Assistenten wie beispielsweise „Siri“ mittels Fingerdrucks aufs Berührfeld aufrufen. Zur optimalen Anpassung des im Aventho integrierten Touchpads dient Beyerdynamics praktisch selbsterklärende App namens „Make it yours“ (kurz: MIY), die für iOS und Android kostenlos erhältlich ist.
Sie haben natürlich recht: Das ist per se noch nichts Exklusives, und Vergleichbares bieten auch einige Mitbewerber. Doch die MIY-App hat noch mehr drauf: In Kooperation mit Mimi Hearing Technologies aus Berlin wurde eine raffinierte Software entwickelt und in die MIY-App integriert, die eine individuelle Klangpersonalisierung jedes Aventho auf seinen Benutzer ermöglicht. Auf Basis des bewährten und hochgelobten Mimi-Hörtests wird das Hörvermögen des Aventho-Benutzers ermittelt und ein Hörprofil erstellt, das sich direkt im Kopfhörer (und nicht etwa nur auf dem Tablet bzw. Smartphone) abspeichern lässt. Dieses Hörprofil sorgt für eine Anpassung der Wiedergabecharakteristik des Kopfhörers, was spontan eine schlichte Frequenzgangmodulation mittels Equalizer vermuten lässt. Doch von wegen: Anders als ein Equalizer, der einmal eingestellt wird und dann statisch, also unabhängig von der Lautstärke, sein klangstellendes Werk verrichtet, wird im Hörprofil die persönliche untere Hörschwelle bei verschiedenen Frequenzen ermittelt. Die im Ohr ablaufenden Wahrnehmungsprozesse werden mathematisch simuliert und über Algorithmen im Kopfhörer berechnet. Das Hörprofil arbeitet dabei dynamisch: Bei geringer Lautstärke orientiert sich die Wiedergabe eher an der unteren Hörschwelle, bestimmte Frequenzbereiche werden also verstärkt beziehungsweise abgeschwächt. Wird indes lauter gehört, wird die Wiedergabe immer linearer. Außerdem werden linkes und rechtes Ohr getrennt eingemessen; selbst geringste Unterschiede in der Hörempfindlichkeit beider Ohren gleicht das Hörprofil aus.
Obschon die MIY-App bereits mit Presets ausgestattet ist, die beispielsweise altersbedingte Hörschwächen pauschal via Fingertipp ausgleichen, ist für die Klangpersonalisierung der Hörtest unverzichtbar. Der ist dann auch stressfrei und in fünf, sechs Minütchen erledigt – zumindest auf einem Apple-Produkt. Zum Zeitpunkt meines Testes fehlte der Hörtest bei der Android-Version noch. Auf Nachfrage versicherte Beyerdynamic, dass die Entwickler mit Hochdruck daran arbeiten, dass die Android-Ausgabe vollumfänglich funktioniert – wir werden berichten. Die Intensität der Klanganpassung lässt sich übrigens prozentual und nach Wunsch über die MIY-App einstellen, das ermittelte Hörprofil wird, wie schon erwähnt, auf einem Chip im Aventho selbst gespeichert und steht auch ohne App-Nutzung zur Verfügung – wohlgemerkt nur bei eingeschaltetem Kopfhörer. Wird der Hörer über den winzigen Druckschalter zum klassischen passiven Schallwandler zurückverwandelt, tönt der Aventho wieder ganz werksbelassen.
Bevor wir uns dem finalen Hör- und Klangvergleich mit und ohne Klangpersonalisierung widmen, noch ein Wort zum Bluetooth-Betrieb, genauer den unterstützten Codecs: Um uns Audiophilen auch via Bluetooth die bestmögliche Klangqualität bieten zu können, verarbeitet der Aventho auch Audiosignale im neuen aptX-HD-Format von Qualcomm. Zwar immer noch verlustbehaftet, bringt es dieser Codec immerhin auf stattliche 24 bit/48 kHz-Auflösung und bietet damit definitiv mehr Feinklang als MP3. Echte CD-Qualität wird gleichwohl nur annähernd erreicht, außerdem sind diesmal die Fans der Produkte mit dem angebissenen Apfel außen vor: Apple unterstützt aptX HD auch mit seinen allerneuesten Geräten nicht. Immerhin ist AAC mit einer Auflösung von „32 bit Floatingpoint/44,1 kHz“ möglich, doch echte HiRes-Dateien in Studiomaster-Qualität lassen sich via Bluetooth nach wie vor nicht genießen. Das bleibt allein dem kabelgebundenen Passivbetrieb vorbehalten.
Was bewirkt die Klangpersonalisierung denn nun? Da ich laut Hörtest über zwei gut aufeinander abgestimmte Ohren verfüge, sorgt das Hörprofil weniger für eine links- und rechtsseitige Pegelangleichung, sondern für eine deutliche Gesamt-Höhenanhebung und eine subtile Absenkung im Bassbereich, was den Klang insgesamt auffrischt. Digitales Zischeln oder gar eine Art Plastikklang entsteht dennoch nicht – die Beyerdynamic-Entwickler verstehen ihr Handwerk! Gleichwohl wirkt der angepasste Klang für meinen Geschmack eine winzige Spur unnatürlich-künstlich, nervt aber dank der wirklich genialen dynamischen Arbeitsweise letztlich nicht. Und je lauter der Aventho auf Fingergeheiß tönt, desto linearer spielt er auf, sodass je nach Wiedergabelautstärke der Unterschied zwischen „mit“ und „ohne“ sehr gering ausfällt. Musik in CD-Qualität lässt sich am MacBook mit klangstarker Unterstützung von Audirvana Plus und mit Abstrichen am iPad und iTunes genießen, wenngleich hier die große audiophile Klangoffenbarung ausbleiben muss. Derzeit kann Bluetooth dem Klanggourmet einfach noch keine echten Filetstücke liefern. Doch was derzeit möglich ist, bringt der Hightech-Kopfhörer aus Heilbronn mühelos zu Gehör! Zur abschließenden (persönlichen) Belohnung darf er im Passivbetrieb, angestöpselt am Violectric HPA V200, sämtliche Aromen der 24 bit/96 kHz-Ausgabe des grandiosen Liszt-Albums Transcendental von Klaviervirtuose Daniil Trifonov ganz naturbelassen den Testerohren servieren – und verdient sich damit ein überzeugtes „Bravo“!
Kopfhörer
Beyerdynamic Aventho Wireless
Funktionsprinzip: dynamischer Bluetooth-Kopfhörer, geschlossen, ohraufliegend
Nennimpedanz: 32 Ω
Maximale Übertragungsrate im Bluetooth-Betrieb: 24 bit/48 kHz
Codecs: aptX HD, aptX (nur Android-Geräte), AAC, SBC
Ausführungen: Kopfbügel aus Aluminium, Kopf- und Ohrpolster aus braunem oder schwarzem Leder
Besonderheiten: Wischfingersteuerung über eigenes Touchpad auf der rechten Ohrmuschel, Klangpersonalisierung über kostenlose MIY-App, ermitteltes persönliches Klangprofil im Hörer speicherbar; Tesla-Technologie für optimale Wiedergabe auch im Passivbetrieb
Lieferumfang: gepolsterter Transportbeutel, USB-Anschlusskabel zum Aufladen des Akkus am PC, Audiokabel mit vergoldetem 3,5-mm-Klinkenstecker
Gewicht: 340 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 450 €
beyerdynamic GmbH & Co. KG
Theresienstraße 8
74072 Heilbronn
Telefon 07131 6170
Mitspieler
Rechner: Apple MacBook Pro; Apple iPad Mini 4
Player-Software: Audirvana Plus 2
DACs/Audio-Interfaces: Mutec MC-3+USB, Mytek Digital Stereo 192-DSD DAC, Apogee Duet iPad
Kopfhörerverstärker: Violectric HPA V200
Kabel: Vovox, AudioQuest, Beyerdynamic