Unison Research Triode 25 – Tell me sweet little lies
Zum 25-jährigen Firmenjubiläum präsentierte Unison Research einen kleinen Röhren-Vollverstärker, der nicht ganz neutral spielt – und uns genau deshalb näher an die Musik bringt.
Fotografie: Ingo Schulz
Der Unison Triode 25 gehört zu einer Gruppe Röhrenverstärker, die sich sperren, die üblichen Muster zu bedienen und deshalb ein wenig zwischen den Stühlen sitzen. Für den ganz unbeschwerten und technisch gedankenlosen Musikgenuss sind sie aufgrund der eingesetzten Röhren dann doch zu „kompliziert“, und auch die Wahlmöglichkeiten bei Lautsprechern und Kabeln sind mit ihnen nicht unbegrenzt. So zumindest das Vorurteil. Für die „echten“ Röhrenfans agieren diese Verstärker allerdings schon viel zu universell, fordern dem Besitzer weder Blut, Schweiß oder Tränen noch Geheimwissen ab, um die Anlage sauber zum Spielen zu bringen. Dies sind die beiden Extreme, von denen ich hauptsächlich hörte, wenn ich in den letzten Wochen meinen Bekannten vom Gastspiel des kleinen Unison in meinem Haus berichtete.
So ganz kann das allerdings nicht stimmen, denn für eine chancenlos am Markt vorbei entwickelte Kreation behauptet sich der Triode 25 mit seinem Dienstalter von sieben Jahren eindeutig zu lange. Vielleicht wird andersrum ein Schuh daraus: Nicht wir sollten seine Existenz in Frage stellen – hinterfragt nicht vielmehr er selbst mit seinem „unmöglichen“ und doch gut funktionierenden Konzept den Markt?
Die ganz harte HiFi-Szene, in der jedes Gerät von Wissenden umtanzt werden muss, um auch nur ansatzweise sein Potenzial entfalten zu können, hatte in den achtziger und neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch größere Bedeutung, mittlerweile ist diese dogmatische Herangehensweise ans Musikhören glücklicherweise zur Randerscheinung geschrumpft.
Genau diese Einschätzung äußerte ich in den letzten Wochen mehrmals und wurde stets von Menschen, die ihren Tag damit verbringen, die klangliche Signatur eines aus besonders seltenem Holz gefertigten Kabel-Lifters zu erhören, des „Verrats an der Sache“ bezichtigt. Was wohl daran liegt, dass wir keine gemeinsame „Sache“ haben, denn meine ist eindeutig die Musik. Ganz nebenbei ein Umstand, der mich immer wieder bestätigt, bei der richtigen Publikation zu schreiben, denn eine solche Menge an Autoren, die von der Musik kommen, habe ich im Blätterwald noch nicht erlebt.
Zurück zum Unison. Usability stand bei seiner Entwicklung offenbar ganz oben im Lastenheft. Und genau dieser Punkt wird von Unison Research auf eine neue Stufe gehoben. Triode 25 heißt der kleine Verstärker, was schon einen Hinweis auf die Schaltungsart gibt, und doch ist das nur die halbe Wahrheit. Denn die mit zwei EL34 schon nicht schwächlich agierende Triode lässt sich mittels eines kleinen Kipphebels zur fast doppelt so starken Pentode umschalten. Richtiger müsste man sagen, dass man den Verstärker andersrum von der Pentode zur Triode umschaltet, denn EL34-Röhren sind bauartbedingt Pentoden. Wenn man allerdings einige Teile im Innern der Röhre lahmlegt (Schirm- und Bremsgitter), bleibt eine Triode übrig. Auch die ist mit den zwei EL34 in Push-Pull-Schaltung ordentlich potent, die glaubhaften 23 Watt pro Kanal sollten den meisten im Rahmen bleibenden und halbwegs sauber konstruierten Lautsprechern genügen. Klingt es an wirkungsgradschwachen Konstruktionen doch allzu matt, hilft die fast doppelt so starke Pentode sicher weiter.
Da wir schon bei den Röhren sind, können wir das Thema auch schnell zu Ende bringen. Die Eingangsstufe ist mit einer ECC82 durchaus handelsüblich besetzt, und auch die beiden ECC83 als Treiberstufen wirken nicht sonderlich exotisch. Muss ja auch nicht, wenn es denn gut klingt, stabil läuft und bei der Wiederbeschaffung keine Probleme aufwirft.
Je nachdem, wie viel man nun wirklich hört, sind Röhren nach einigen Jahren (etwa sechs bis zwölf) am Ende und sollten ersetzt werden. Davor aber verschieben sich durch Materialalterung schon zunehmend die Arbeitspunkte, was einen schleichenden Verlust an Klangqualität zur Folge hat. Leider so schleichend, dass es einem meist erst dann auffällt, wenn man nur noch einem matten Abbild des einst voll Freude ausgesuchten Verstärkers lauscht. Zwecks Anpassung des Ruhestroms sitzt auf der Oberseite des Unison ein kleines Messinstrument nebst zweier Potentiometer. So lassen sich die Bias-Einstellungen kanalgetrennt vornehmen. Das jeweilige Röhrenduo, das unbedingt ein abgeglichenes Paar sein sollte, wird gemeinsam behandelt, damit die Schaltung nicht intern aus dem Tritt gerät. Am Ende sind wir damit allerdings noch nicht, denn bei diesem Verstärker lässt sich auch noch die Gegenkopplung zwischen „low“ (1,8 dB) und „high“ (5 dB) umschalten. Eigentlich wird man die geringere Gegenkopplung bei der Triode, die höhere an der Pentode nutzen, festgelegt ist das allerdings nicht. Und so hat man letztlich eine Spielwiese aus vier möglichen Kombinationen, um den Klang des Verstärkers der eigenen Anlage und dem persönlichen Geschmack anpassen zu können. Wieder nicht die reine Lehre, aber – wie ich bei meinen Vergleichen feststellte – durchaus praxisnah und problemlösend.
Neben den diversen Analogeingängen kann man den Triode 25 nach Wunsch auch mit einem USB-Eingang ausstatten lassen und ihn so zum Zentrum einer wunderbar handlichen Anlage machen. Unison bietet hier glücklicherweise keine reine Alibi-Lösung. Der interne DAC lässt sich bis immerhin DSD (PCM bis 24 bit/384 kHz) beschicken und klingt mehr als nur manierlich. Da es hier aber vor allem um den Verstärker gehen soll, belassen wir es dabei und werden das Thema an geeigneter Stelle wieder aufnehmen.
Ein dermaßen zum Spielen einladender Verstärker verlangt nach möglichst vielen unterschiedlichen Lautsprechern, um ihm gerecht werden zu können. Den Beginn machen zwei kleine Breitbänder von Silberstatic, die Sie in einer der kommenden Ausgaben näher kennenlernen werden. Um das wirkliche Röhrengefühl aufkommen zu lassen und den größtmöglichen Kontrast zu meiner nüchternen Studioanlage zu erleben, schalte ich auf Triode und geringe Gegenkopplung. Die erste wirklich herausstechende Eigenschaft, mit der unser Proband geradezu wuchert, ist der unglaublich weite und tiefe Raum. Obschon auf Fumo Yasudas Fractured Silence (Winter&Winter) nur ein Klavier spielt, breitet sich der Klang im tatsächlichen Aufnahmeraum des Münchner Steinway-Hauses und den aufgesetzten virtuellen Hallräumen verblüffend weit und natürlich aus. Die kleinen Lautsprecher verschwinden als eigenständig wahrnehmbare Schallquellen und treten vollständig hinter das von ihnen projizierte Bild zurück. Dass dies nicht nur an den niedlichen Breitbändern liegt, zeigt ein schneller Check mit einem Paar transistorierter Monoendstufen. Auch ein guter Raum, vielleicht einen Hauch echter, allerdings nicht ansatzweise so faszinierend.
Letztlich aber keine so schwierige Übung mit einer audiophilen Luxusproduktion. Deshalb landet jetzt das genaue Gegenteil im CD-Player: Dmitri Schostakowitschs Fünfzehnte Sinfonie mit dem Sinfonieorchester des Kultusministeriums der UdSSR unter Gennadi Roschdestwenski (Melodia CD). Ganz nebenbei eine grandiose, wenn nicht die beste Art, sich diesem faszinierenden Komponisten wirklich ohne Filter zu nähern. Keine überfinessierte Spielkultur der westlichen Toporchester, sondern ein rauer, schonungsloser Zugriff, der jedes noch so hässliche Detail ungeschönt beim Namen nennt. Allein die brutalen Trommelschläge im ersten Satz, gefolgt von der Groteske in der Trompete. Es gibt auch in diesen Aufnahmen schöne Momente. Wenn aber Schostakowitsch mal wieder eine Fratze zeigt, nehmen die russischen Kollegen kein Blatt vor den Mund und degradieren Tonschönheit zur Nebensache. Selbst bei diesen Aufnahmen, die normalerweise tonal eher dünn und räumlich flach klingen (egal, dennoch kaufen!), extrahiert der Unison die minimal vorhandene Rauminformation und hebt sie auf ein Podest. Da der Klang auch noch minimal Fleisch auf die Knochen bekommt, gewinnen diese CDs in ganz erheblichem Maße. Zwar präsentiert der Triode 25 keine tonmeisterliche Wahrheit, aber die will ich bei einer so klingenden Produktion auch gar nicht so genau wissen, wenn ich in meinem Sessel sitze und durch die Musik der Welt abhandenkommen möchte.
Szenenwechsel, Kontrastprogramm. Meine kleinen und ungnädigen Spendor 3/5 SE hängen nun am Unison und klingen – matt. Schnell von Triode auf Pentode umgeschaltet, und das Bild wandelt sich gründlich. Der Raum wird weiter, die einzelnen Töne finden wieder ihre Kontur und Griffigkeit. Gerade die Trommelschläge auf der eben genannten Aufnahme haben nun wieder den nötigen Biss. Die Kombination aus dem natürlichen Stimmklang des BBC-Derivats und dem Raum des Triode 25 schreit nach Oper. Wenn schon, dann richtig, also läuft jetzt die erste wirkliche Oper der Musikgeschichte: Claudio Monteverdis L’Orfeo (René Jacobs, HMF). Dass ich jetzt schon wieder zur Musik abschweife, liegt sicher auch am Unison, der mit seiner Opulenz jede halbwegs gute Produktion zum emotionalen Vollbad werden lässt. Haben Sie sich einmal auf den Orfeo richtig eingelassen? Diese Unmenge an Farben, Zwischentönen, Stimmungen?
Das Orchester hat noch nicht seine heutige Form und letztlich auch nicht seine jetzige Funktion bekommen, noch steht einigen Melodieinstrumenten und wenigen Bläsern eine riesenhafte Continuogruppe gegenüber, die mit Orgel, Cembalo, Regal, verschiedenen Lauten, Gamben und Violonen besetzt ist. Was da durch unterschiedliche Kombination klangfarblich möglich ist, merkt man in den vielen mit rotierender Besetzung gespielten Ritornellen. Mit dem Unison wird dieser klangliche Reichtum zu einem Zaubergarten, den man staunend durchwandert. Schon wenn die Continuospieler den ersten Akkord im Prolog vor dem Einsatz von La Musica wie eine schäumende Welle auftürmen, ist es um einen geschehen. Hier wird nicht mehr ein Signal übertragen, sondern eine Geschichte erzählt. Um noch einmal zur Technik zu kommen: In diesem Fall durchaus mit Pentode und geringer Gegenkopplung. Dann schwingen die Töne noch minimal weicher und organischer aus.
Ideologische Grabenkriege sind eindeutig nicht die Sache des Unison, der mit seiner Flexibilität überall und in jeder Kombination für größtmöglichen Musikgenuss sorgen möchte. Und das auch schafft. Er ist einer der ganz heißen Kandidaten für mein Wohnzimmer, in dem ich nicht professionell höre, sondern einfach nur genießen möchte.
Röhren-Vollverstärker Unison Research Triode 25:
Funktionsprinzip: Gegentakt-Röhrenvollverstärker
Röhrenbestückung: 2 x ECC83, ECC82 (Vorstufe), 4 x EL34 (Leistungsstufe)
Besonderheiten: Gegentakt-Endstufe, umschaltbar für Trioden- und Pentodenmodus in AB-Auslegung, Ruhestrom kanalgetrennt einstellbar, zwei Gegenkopplungsfaktoren schaltbar, fernbedienbare Lautstärkeregelung, Infrarot-Fernbedienung
Eingänge: 4 x Line (Cinch), USB (optional)
Ausgänge: LS-Polklemmen, Sub-Out (Cinch), Tape-Out (Cinch)
Ausgangsleistung: 23 W (Triode), 45 W (Pentode)
Ausführung: Aluminium schwarz mit schwarzer oder Kirschholz-Front
Maße (H/B/T): 20/30/45 cm
Gewicht: 20 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 3000 € (ohne USB), um 3200 € (mit USB)
Mitspieler
Digital: Mark Levinson ML390s
Plattenspieler: Transrotor Apollon (modifiziert)
Tonarme: SME M2-9 und V
Tonabnehmer: Koetsu, Ortofon Venice, Transrotor Merlo Reference
Phonoverstärker: iFi Micro iPhono
Vorverstärker: Crane Song Avocet
Endverstärker: professionelle Endstufen
Vollverstärker: Lavardin IT
Lautsprecher: Sky Audio Verdade, Spendor S3/5SE
Raum: 31 qm, akustisch optimiert