Wie digital hätten Sie es denn gerne?
Digitale Quellgeräte in der Form von Streamern und D/A-Wandlern konnte man auf den diesjährigen Münchener Messen schon aus dem Grund nicht übersehen, da gefühlte 99% aller Aussteller auf diese Weise ihre Vorstellungen zum Klingen brachten, es sei denn, man beglückte die Besucher analog.
Fotografie: Ingo Schulz, Roland Schmenner
Die Hersteller und Vertriebe, die bei ihren Vorführungen noch auf den guten alten CD-Player zurückgriffen, konnte man geradezu an einer Hand abzählen. Was freilich nicht heißt, dass wir es hier mit einer aussterbenden Gerätegattung zu tun hätten – im Gegenteil.
CD und SACD noch nicht tot
Eine der größten Überraschungen waren dieses Jahr die zahlreichen neuentwickelten CD- und auch SACD-Player, die vor allem die großen japanischen Traditionsmarken wie Marantz, Esoteric oder Luxman im Portfolio hatten. Dabei fungieren diese Geräte mittlerweile natürlich selbstredend auch als DAC für zugespielte Files, so kann etwa Luxmans D-08u neben SACDs auch Files bis 384 kHz / 32 bit und DSD 5.64 MHz verarbeiten. Bei Esoteric spendierte man der neuen Grandioso-Reihe mit seiner neuentwickelten Laufwerks-Wandler-Einheit gar eine spezielle SACD-Remastering Serie mit interpretatorischen Perlen aus dem Katalog der Deutschen Grammophon.
Sprach man mit Entwicklern über die Kontinuität klassischer (SA)CD-Player am Markt, so wurde auf das Beharren der japanischen Kunden an haptischen Medien wie der CD verwiesen. Insofern kann nach dieser HighEnd Entwarnung für all diejenigen gegeben werden, die nicht auf den Streaming-Zug aufspringen wollen und womöglich fürchteten, in naher Zukunft keinen CD-Player mehr für die alten Schätzchen zu bekommen: Auch wenn der Markt überschaubar geworden ist, so kann er immer noch mit Innovationen überzeugen.
Streamingdienst oder Lossless-File?
Geradezu dschungelhaft mutet dagegen das Angebot an Streamern und Wandlern an, beginnend bei der Frage, ob man sich in Zukunft ganz den Streamingdiensten wie Tidal oder Qobuz anvertraut oder ob man doch lieber seine eigene Sammlung an Lossless-Files auf der heimischen Festplatte speichert. Und soll diese Festplatte im Player integriert sein oder doch lieber innerhalb eines heimischen Netzwerks installiert sein? Fragen, die vor dem Kauf eines Geräts geklärt sein wollen. Die eigentlich entscheidende Frage aber ist für den Konsumenten, wo denn eigentlich gewandelt werden soll: im Streamer, im Stand-Alone-DAC, in der Vorstufe oder in einem All-Inclusive-Gerät. Letzteres ist eigentlich die Rückkehr der Kompaktanlage. So ist etwa Lindemann neues Musicbook SOURCE ein handliches und extrem formschönes Gerät, das eine Vorstufe inklusive Phono-MM, Kopfhörerausgang sowie einen Streamer bis 384 KHz und DSD 256 inklusive Integration der gängigen Streamingdienste beherbergt und eigentlich nur noch an eine Aktivbox angeschlossen werden muss.
Wer es noch kleiner mag, der greift zu Lindemanns Limetree-Serie – Streamer und Kopfhörerverstärker kaum größer als eine Big-Box Zigaretten, aber mit einer klanglichen Performance, die unbedingt nach hochwertigen Kopfhören ruft. Das perfekte Match für den perfekten Hörgenuss im Büro oder im Gästezimmer. Dass es digital auch ganz groß geht zeigte Classé mit dem neuen Delta Pre, einer ausgewachsenen Vorstufe, die neben einer Vielzahl analoger Eingänge ganz unspektakulär einen digitalen Eingang besitzt, über den man etwa die Files vom Laptop per USB zuspielt und in den gängigen Abtastraten gewandelt bekommt.
War es bis vor kurzem noch eine Frage, welches Format man bevorzugt und welche Wandler dieses dann verarbeiten – PCM, MQA, DSD – so sind wir mittlerweile doch bei digitalen Alleskönnern angelangt. Lumins Flagschiff X1 fühlt sich in allen aktuellen digitalen Welten zu Hause und beweist mit einem geradezu schwerelosen Flow, dass Analog sich wohl auch in HighEnd-Kreisen dem Digitalen endgültig geschlagen geben muss. Gleiches gilt auch für den xo-Stream von X-Odos, der sowohl optisch als auch vor allem klanglich überzeugen konnte.
Mit oder ohne Filter
Ist es bei den meisten Geräten mittlerweile Usus, ein automatisches Upsampling anzubieten, so gibt es immer noch die Fraktion der Non-Oversampling-Anhänger, die sich hiervon eine spezifisch analoge Klangsignatur versprechen. Recht eindrucksvoll war dies bei den HD-Playern von Digital Audio Systems zu vernehmen, die neben Oversampling auch auf sämtliche digitale Filter verzichten. Auch in ihrem an Studio-Geräte der 80er und 90er Jahre erinnernden Retro-Design versucht sich die Firma aus Wien vom trendigen Future-Design mancher Mitbewerber abzusetzen, das mitunter auch schon mal an klingonische Raumschiffe erinnert.
So etwa der als Prototyp vorgestellte Everest DAC von ExD.audio, einer vielversprechenden chinesisch-deutschen Kooperation, dessen asymmetrisches Design funktional Netzteil und Wandlereinheit trennt. Geradezu im klassischen schweren HighEnd-Look erscheint dagegen das neue Multi-Gerät A 30 von Aurender, das neben einer vielfältigen Datenaufbereitung noch mit einem integrierten CD-Ripper nebst eigener Festplatte aufwarten kann, wodurch sich der bisweilen mühsame Aufbau eines hauseigenen Netzwerks mittels NAS erübrigt, insofern die Speicherkapazität der verbauten Festplatten ausreicht.
Einen ähnlichen Weg schlägt Melcos N1Z H60/2 ein; zwar steht keine eigene Rippingmöglichkeit zur Verfügung, aber eine Festplattenkapazität von 6 TB sorgt für eine gewaltige interne Musikbibliothek, die dann in allen bislang möglichen Formaten und Samplingraten reproduziert werden kann. Eine interessante Beobachtung auf der HighEnd 2019 war im digitalen Bereich freilich die Rückkehr der Klangregelung. Waren über lange Jahre die Möglichkeiten der kleinen Drehknöpfe am Verstärker verpönt, so besinnen sich mittlerweile Entwickler wie Daniel Weiss auf PlugIns in der Wandlersektion, die auf verschiedene Weisen in die Soundsignatur eingreifen können, vom Crossfeed beim Kopfhörerausgang bis hin zu Loudness- und Analogeffekten, alles per App zu steuern.
Ohne Tablet geht nichts mehr
Ohnehin müssen wir uns darauf einstellen, dass ein Tablet oder Smartphone demnächst zur Grundausstattung der digitalen Musikwiedergabe gehört. Nicht vergessen darf man zum Schluss die kleinen digitalen Alltagsbegleiter für unterwegs: Astell&Kern verschiebt dabei die Gewichtsgrenze zunehmend in den Bereich um 500 Gramm, so sind der der neue Player Cube mit gesteigerter Ausgangsleistung und der klangtechnisch auf die Spitze getriebene SP-2000 schon ordentliche Musikmaschinen, die dann doch eher für den Urlaubskoffer als für die Aktentasche gedacht sind.
Kleiner und geradezu nostalgisch geht es dagegen bei Cayin zu, in deren neuem Referenzmodell N8 tatsächlich Trioden arbeiten: Tube to Go gewissermaßen. Insgesamt hatte man aber schon den Eindruck, dass sich die Entwicklung im Bereich der digitalen Quellen 2019 ein wenig konsolidiert hat, die Formate einheitlicher und verbindlicher werden, Streamingdienste im Markt angekommen sind und deshalb kein Weg mehr an der datenübertragenen Musikwiedergabe vorbeiführt. Und klingen tut es ohnehin sensationell.
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