Abgeben wird diese schöne Laute von Sonus Faber niemand mehr, der hört, wie schön sie Laute abgibt.
Selten hatte ich so viel Freude daran, einen Kompaktlautsprecher zu fotografieren, wie in diesem Fall. Von welcher Perspektive aus man sich ihm auch nähert – stets stößt man auf elegant geschwungene Linien und exquisite Verarbeitung.
In Anlehnung an die Gestalt einer Laute (italienisch „liuto“) verjüngt sich sein Gehäuse nach hinten und zeigt rundherum Mut zur Kurve: Angefangen bei der heckwärts sanft hochgezogenen Oberseite setzt sich die dynamische Formensprache fort über die bogenförmige Aussparung für Bassreflexöffnung und Anschlussterminal im Rücken der Box und bezieht sogar den Standfuß mit ein, der organisch mit dem Korpus des Lautsprechers verwachsen zu sein scheint. Die Haut dieses Schallwandlers ist ebenso ungewöhnlich wie seine Figur. Mit Ausnahme der echtholzfurnierten Wangen, denen sie den Zusatz „Wood“ in ihrer Modellbezeichnung zu verdanken hat, sind sämtliche Oberflächen der Sonus Faber Liuto Monitor Wood mit schwarzem Leder überzogen. Die güldenen Namens- und Typenschilder auf Vorder- und Rückseite sorgen schließlich für das i-Tüpfelchen auf der edlen Optik. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass dieses Schmuckstück komplett in Italien entsteht, staunt man gehörig beim Blick auf sein Preisschild: 2100 Euro. Pro Paar!
Zusätzlich zum abgebildeten Walnussfurnier sind die Seitenwangen übrigens ohne Aufpreis auch in den Ausführungen Palisander und Räuchereiche erhältlich. Sonus Faber fertigt diese „AR Sonderedition“ exklusiv für den hiesigen Vertrieb Audio Reference. Wer will, bekommt die Liuto jedoch auch ganz in schlichtem Schwarz und ohne Lederkleid geliefert.
Dieser Monitor gehört fraglos zu den ganz wenigen Exemplaren seiner Art, die Sie samt Ständer, der paarweise für 580 Euro extra zu haben ist, weitgehend frei im Raum aufstellen können, ohne dass Sie jemand (Sie wissen schon, wer) nachdrücklich dazu auffordern wird, die Schallwandler an die Wand zu schieben oder gänzlich zu verstecken. Weil die Liuto das Auge ähnlich einer gelungenen Skulptur erfreut, bräuchte sie vielleicht noch nicht einmal der Musikreproduktion mächtig zu sein, um einen Ehrenplatz in Ihrer Wohnung zuerkannt zu bekommen.
Handelt es sich bei dieser hübschen Laute möglicherweise um einen Blender, bei dem der Klang nur die zweite Geige spielt? Bevor wir dieser Frage nachgehen, möchte ich betonen, dass ich mich prinzipiell sehr freue, wenn sich eine solche überhaupt stellt, denn viele High- End-Lautsprecher würden wohl nur wenige Menschen allein aufgrund ihrer äußeren Erscheinung kaufen. Dabei empfinde ich Boxen, die zu ihrer Hässlichkeit stehen, ja noch als relativ harmlos. Richtig weh tun mir die Augen dagegen beim Anblick gut gemeinter Versuche, also von Kisten, die unbedingt nach Design aussehen wollen, aber gestalterisch talentfrei sind. Die hinterlassen bei mir einen ähnlichen Eindruck wie Damen, die ihren Lippenstift auf Nase und Ohren applizieren – danke, dann doch lieber ungeschminkt.
Vom unbewussten Karneval zurück zum professionellen Model: Um herauszufinden, ob die Entwickler der Sonus Faber auf deren innere Werte ebenso geachtet haben wie auf ihre äußere Schönheit, stehen mir zwei technisch grundverschiedene Verstärker zur Verfügung. Da wir es bei beiden mit Landsleuten der Italienerin zu tun haben, ist davon auszugehen, dass die musikalische Verständigung hier wie dort reibungslos abläuft.
Los geht’s mit dem Audia Flight Three, einem Transistorverstärker, der auch preislich einen ebenbürtigen Spielgefährten für die Liuto abgibt. Ja, die zwei verstehen sich prima, und schon nach wenigen Takten ist klar, dass sich der grazile Monitor genauso gewählt auszudrücken wie zu kleiden weiß.
Sein Pech ist nur, dass meine Ohren noch sehr verwöhnt sind von den kostspieligeren Kompaktlautsprechern, mit denen ich mich zuletzt ausgiebig beschäftigt habe. Für diesen Umstand kann er freilich nichts, und dass man mehr bekommt, wenn man glatte 50 Prozent mehr ausgibt, darf man erwarten. Selbst wenn sich meine Begeisterung über den Klang der Liuto aus diesem Grund also in gewissen Grenzen hält, bin ich der Ansicht, dass dieser Monitor – wohlgemerkt ungeachtet seiner aufsehenerregenden Optik – zum Feinsten zählt, was man für etwa 2000 Euro kaufen kann. Wer es trotzdem noch feiner will und auch bereit ist, dafür mehr zu investieren, findet natürlich auch im Katalog von Sonus Faber höherwertige Alternativen.
Der Mini im Ledermantel sorgt im Duett mit dem Audia Flight bei mir gleich zu Beginn für ein kleines Déjà-vu-Erlebnis: vorbildlich ausgewogene Tonalität kombiniert mit bewundernswertem Gespür für fragile interpretatorische Zusammenhänge und einer eher sanft fließenden als energisch treibenden Darbietung – das kenne ich doch irgendwoher, wenn auch in deutlicherer Ausprägung. Ich sag’s mal so: Wenn Ihnen die Abstimmung der Kantata von Audioplan gefällt, Thomas Kühns herrlich musikalische Box jedoch nicht in finanzieller Reichweite liegt und Sie bei Ihrer Einrichtung ohnehin rundliche Formen kantigen vorziehen, dann könnte die Liuto Monitor Wood höchst interessant für Sie sein. Vielleicht mögen Sie es ja sogar, wenn die räumliche Bühne etwas näher am Hörplatz beginnt, und nehmen dafür gerne in Kauf, dass das akustische 3D-Kino eine Nuance mehr mit den Schallwandlern zu tun hat, die es ins Zimmer projizieren? Gewiss verzichten Sie mit den gesparten tausend Euro gegenüber der Audioplan außerdem auf einen Teil von deren Auflösung und Basspotenz, aber das müssen Sie bei jeder anderen mir bekannten Kompakten im Größen- und Preisrahmen der Sonus Faber ebenfalls, und von denen sieht keine annähernd so extravagant aus wie die Liuto Monitor Wood.
Die Differenzen im Tiefton zwischen der Deutschen und der Italienerin lassen sich primär auf das deutlich überschaubarere Volumen der Letzteren zurückführen. Bei den verwendeten Tiefmitteltönern handelt es sich in beiden Boxen offensichtlich um das gleiche, jeweils unterschiedlich stark modifizierte 15er-Chassis von SEAS, das man anhand der charakteristischen Sicke sowie der gewebten und verklebten Polypropylen- Textilmembran unschwer erkennen kann. Die italienischen Entwickler blenden den Treiber im Gegensatz zu Thomas Kühn, der ihn bereits bei 3000 Hertz aus seiner Arbeit entlässt, zwar erst bei 3500 Hertz mit einem Filter zweiter Ordnung aus und betreiben ihn ohne Phaseplug, kombinieren ihn aber genau wie der Deutsche mit einer SEAS-Gewebekalotte, die ungestört von Resonanzen intern im eigenen Kämmerchen residiert. So erklärt sich also auch die verblüffend ähnliche Tonalität von Liuto und Kantata, die mir direkt aufgefallen war.
Dank ihrer verstärkerfreundlichen Nennimpedanz von acht Ohm harmoniert die kleine Sonus Faber auch prächtig mit Röhrenverstärkern wie dem neuen S6 Mk II von Unison Research. Da haben sich zwei Ästheten gefunden: Überaus farbkräftig und geschmeidig leuchtet das italienische Team delikateste Schattierungen aus. Mit ihrem energischen Landsmann klingt die Liuto gleich eine ganze Ecke lebendiger als am Audia, wenngleich ihr auch hier das Strömen und Strahlen mehr am Herzen liegt als das Flitzen und Grooven. Da passt es ins Bild, dass diese „Laute“ ihrem Namen zum Trotz sicherlich nicht zu den pegelfestesten Schallwandlern gehört und ihr Bass eher schlank als erdig ertönt. Gleichwohl wahrt sie stets die Balance, löst Details preisklassenbezogen ausnehmend gut auf und stellt sie räumlich präzise an den richtigen Fleck.
Ihren Standfuß halte ich geradezu für unverzichtbar, sorgt er doch für ein optisch und akustisch stimmiges Gesamtbild. Seine beiden MDFSäulen werden durch zwei Metallplattformen miteinander verbunden, deren untere mittels vier verstellbarer Spikes für hervorragende Standfestigkeit sorgt, während ihr Gegenstück über zwei Schrauben festen Kontakt mit der Unterseite des Lautsprechers aufnimmt.
Kann man, wie ich, der Versuchung nicht widerstehen, diesen schicken Unterbau gegen einen heftig modifizierten von Solidsteel auszutauschen (auch hier haben wir es übrigens schon wieder mit einem Italiener zu tun), wird man zwar einerseits mit einem durchweg etwas klarer fokussierten Klangbild belohnt, aber andererseits wirkt der SS-7 unter der Sonus Faber Liuto Monitor Wood in meinen Augen wie Wanderstiefel unterm Abendkleid.
Und da ein visuell derart fragwürdiges Ensemble bei Ihnen zu Hause mit Sicherheit die bereits erwähnte Person mit dem feinen ästhetischen Gespür auf den Plan rufen würde, empfehle ich Ihnen, zusammenzulassen, was zusammengehört, und im doppelten Sinn traumhaft schön Musik zu hören.