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Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018 – Teil 1 von 2

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018

Nach der Show ist vor der Show!

Teil 1 von 2 – hier geht’s zum Teil 2

15 Jahre ist es nun her. Vor genau 15 Jahren öffnete das Rocky Mountain Audio Fest in Denver zum ersten Mal seine Tore. Al Stiefel, Gründer des RMAF, fand seinerzeit die Zeit reif dafür, eine amerikanische Messe ins Leben zu rufen, die sich abheben sollte von den anderen. Eine Plattform für Musikliebhaber aller Schattierungen sollte das RMAF werden, eine Messe zum Wohlfühlen. Eine Messe für den Genuss. Rasch entwickelte sich das RMAF zur größten Verbrauchermesse der USA in ihrem Segment. Nach Al Stiefels Tod übernahm dessen Frau Marjorie Baumert die Organisation der Messe und führte sie erfolgreich fort. Längst hat sich das RMAF im internationalen Messekalender einen festen Platz gesichert.

Am Abend vor der Eröffnung der diesjährigen Messe platzte dann die Bombe. Das Rocky Mountain Audio Fest wird in seinem 15. Jahr zum letzten Mal im Denver Marriott Tech Center stattfinden.

Von 2019 an wird das brandneue Hotel Gaylord Rockies nahe des Flughafens Denver das neue Zuhause des RMAF. 1500 Zimmer und rund 45000 Quadratmeter freie Ausstellungsfläche lassen keine Wünsche offen. Das Hotel befindet sich keine zehn Autominuten vom Flughafen entfernt und gleicht mit seinem riesigen Convention Center einem gigantischen Komplex. Dort wird das stetig wachsende RMAF in den nächsten Jahren genug Platz finden, um Besuchern neue Formate der Präsentation zwischen Hallen- und Hotelmesse zu bieten. Derzeit befindet sich das Hotel noch in der letzten Bauphase und soll im Frühjahr 2019 öffnen. Aufgrund terminlicher Organisation des Hotels wird das RMAF 2019 dann ausnahmsweise bereits im September stattfinden. Ab 2020 geht es wieder regulär im Oktober los.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Wie verlief nun das letzte RMAF im Tech Center? Insgesamt sehr gut, soweit wir das überblicken können. Die Messe verlässt ihren angestammten Standort mit einem Highlight ihrer Geschichte: Die Anzahl an Ausstellern war so hoch wie schon lange nicht mehr. Als einzigen Wermutstropfen könnte man die angespannte Aufzugssituation anführen, an die wir uns allerdings mittlerweile gewöhnt haben. Der Großteil der Messe ist im sogenannten Tower, von der zweiten bis zur elften Etage untergebracht. Dort gibt es drei Aufzüge, von denen einer am ganzen Wochenende aus technischen Gründen stillgelegt war. Von den zwei verbliebenen hatte ein weiterer über die Tage hinweg immer wieder Totalausfälle. Das bedeutete, dass zeitweilig für zehn Stockwerke und tausende von Besuchern ein einziger Fahrstuhl blieb. Immerhin hat das Hotel darauf reagiert und einen Lastenaufzug als „Expresslift“ zum elften Stock fürs Publikum geöffnet.

Für Verdruss auf Seiten der Aussteller sorgte ein grober Fehler des Hotels bei der Codierung der elektronischen Karten zum Öffnen der Zimmer. Diese waren so programmiert, dass sie bereits am Sonntagmittag „abgelaufen“ waren. Jede zugefallene Tür blieb daraufhin bis auf weiteres auch verschlossen! Das ließ sich zwar leicht lösen, aber dafür musste jeder Aussteller mit seiner Karte an der Rezeption vorstellig werden, was in Kooperation mit der Aufzugsmisere für längere unfreiwillige Ausflüge sorgte.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Darüber hinaus war das RMAF aber dieses Jahr ein wahrer Klanggenuss. Die größten und aufwendigsten Systeme gab es, wie immer, im Erdgeschoss, Mezzanine Level und den großen Suiten des Towers zu bewundern. Besonders hervorheben muss man in diesem Jahr die großen Neolith-Elektrostaten von Martin Logan an einem D’Agostino-Frontend. Selten zuvor haben wir ein komplettes Auditorium mit durchweg geschlossenen Augen, versunken im Genuss, erlebt. Die selbstverständliche Leichtigkeit dieser Kette war einzigartig.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Dass ein Riesenaufwand nicht automatisch ein herausragendes Ergebnis nach sich zieht, konnte man bei ESD Acoustic aus China erleben. ESD war in diesem Jahr auch in München, wo sie ein Riesensystem in einen vergleichsweise winzigen Container quetschen mussten – das führte in der Folge auch zu einer irgendwie unfreien Vorführung. In Denver fand dieses vollaktive Fünf-Wege-System mit Field-Coil-Treibern bessere Rahmenbedingungen vor und schnitt auch klanglich besser ab als in München, war aber von der Weltspitze noch ein Stück entfernt. Wir vermuten, dass der Hörabstand immer noch zu klein war, damit sich die Anteile der unterschiedlichen Wege „sauber“ zu einem Ganzen integrieren können. Oder im Umkehrschluss: Auch für diesen Raum war das System noch zu groß.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Anders verhielt es sich bei Verity Audio. Dort konnte man erstmalig deren Monsalvat-System inklusive gleichnamiger Elektronik genießen. Dabei handelt es sich um ein aktives System jenseits der Millionen-Dollar-Grenze, bestehend aus zwei Hauptlautsprechern, zwei Basssäulen und einem speziell entwickelten Prozessor. Die Messlatte für einen derartigen Aufwand liegt naturgemäß hoch. Das Ergebnis war dann auch wie nicht von dieser Welt. Spielten die Neolithen ätherisch leicht, so war der Fingerabdruck des Monsalvat-Systems deutlich auf der direkten Seite. Stellenweise konnte man meinen, einen raffinierten Hornlautsprecher vor sich zu haben.

Ein weiteres Highlight in Denver fand sich in der Kette von Gryphon, die bei jedem Musikstück dieses gewisse Etwas, die unmittelbare Nähe zur Musik rüberbrachte. Im gleichen Atemzug muss auch die Kombination aus Rockport-Lautsprechern und einem Elektronik von Constellation genannt werden.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Der Preis für die schönste Tonbandmaschine geht in diesem Jahr, so wie auch schon im letzten Jahr, an J-Corder mit einer Technics-Bandmaschine, die genauso von McIntosh stammen könnte.

Ein weiterer wunderbarer Raum war der von DeVore Fidelity. John DeVore war mit seiner neuesten Kreation Orangutan Reference angereist. Dieses System besteht aus insgesamt vier Lautsprechern. Zwei aktive Basslautsprecher und zwei Satelliten, die so aussehen, als hätten DeVores Orangutans einen Superhochtöner spendiert bekommen. Das ist aber weniger als die halbe Wahrheit. Für die Orangutan Reference lässt John DeVore eigens einen Bronze-Korb für den Tieftöner anfertigen, der dann von einem starken Alnico-Magnetsystem angetrieben wird. Auch die Hörner vor dem Hoch- und Superhochtöner sind aus Bronze gefertigt und selbst die Reflexports auf der Rückseite der Lautsprecher sind aus Bronze. Mit einer Impedanz von zwölf Ohm und einem Wirkungsgrad von 98 Dezibel sind diese Lautsprecher perfekte Spielpartner für ein hochwertiges Röhren-Frontend und zeigten sich als eines der musikalischsten Systeme der Messe.

Einen Eindruck von den Grenzbereichen des Möglichen bot dieses Jahr wieder die Vorführung von emmLabs und Meitner an der Focal Grand Utopia in einem Vier-Kanal-Setup. Aus guten Gründen sind wir alle Zwei-Kanal-Jünger, die Effekthascherei früher Mehrkanalveröffentlichungen für Musik konnte sich auf breiter Front nicht durchsetzen. Trotzdem fügt eine kundig produzierte Mehrkanalaufnahme ein subtiles Maß an Rauminformation hinzu, das im Stereobetrieb nur schwer oder gar nicht zu erreichen ist. Man ist im wahrsten Sinne des Wortes „mittendrin statt nur dabei“. Eine fantastische Vorführung, die einen kurzfristig weltvergessen werden ließ.

SOUNDKAOS aus der Schweiz präsentierte ein sehr interessantes Konzept: den Open-Baffle-Lautsprecher Liberation. Liberation besteht aus einem 18-Zoll-Bass mit einer querliegenden Mittel-/Hochtoneinheit. Dort arbeiten zwei Achtzöller und ein echtes Bändchen. Die beiden Konusmitteltöner sind aber nicht identisch, sondern unterscheiden sich augenscheinlich durch einen Schwirrkonus und – nicht ganz so offensichtlich – unterschiedliche Magnetantriebe. Der Klang war, wie zu erwarten, direkt, offen, mit viel Grip und einem für eine offene Schallwand erstaunlichen Bassfundament.

Etwas ratlos ließ uns der Raum eines Kabelherstellers aus (vermutlich) China zurück. Die dort gezeigten Produkte waren so ziemlich das Wildeste, was wir bisher zu sehen bekamen. Leider kam, außer viel freundlichem Lächeln, kein echtes Gespräch zustande. Die Sprachbarriere war einfach zu hoch. So konnten wir unglücklicherweise nicht weiter in die Geheimnisse dieser Leiter eintauchen. Laut Aussage eines Kollegen sollen sich die Preise bis in den fünfstelligen Bereich bewegen – ob Dollar oder Euro dürfen Interessierte gerne selbst herausfinden.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Gar nicht ratlos, sondern zutiefst beeindruckend war der Raum von TIDAL aus Deutschland. Jörn Janczak war persönlich nach Denver gereist, um seine neue Marke VIMBERG zu präsentieren. VIMBERG sind Lautsprecher aus Deutschland, die verblüffend nach TIDAL aussehen, und sich vor allem nahezu so anhören. Zu einem Preis, der in etwa einem Zehntel vergleichbarer TIDAL-Lautsprecher entspricht. Wie ist das möglich? Laut Janczak wird bei VIMBERG auf Automatisierung gesetzt. So wurde eigens für die neuen Lautsprecher eine große Poliermaschine angeschafft, die die Oberflächen automatisch veredelt. Auch bei der Materialauswahl hat man einen Gang zurückgeschaltet und setzt auf ökonomische Fertigung. Herausgekommen ist ein Produkt, das TIDAL klanglich auf den Fersen ist, preislich jedoch in einer deutlich niedrigeren Klasse anzusiedeln ist. Das ist klassischer Know-how-Transfer von oben nach unten wie er uns gefällt.

Ähnliches gilt für den neuen „kleinen“ Lautsprecher von Wilson Audio, Tune Tot. Eigentlich als Präzisionsmonitor für das Nahfeld gedacht, beschallte dieser kleine Lautsprecher von Wilson Audio völlig problemlos und mit großer Souveränität den Hotelraum. Tune Tot klang dabei deutlich größer, als es die reinen Abmessungen vermuten lassen. Der Lautsprecher zeigte dabei sämtliche Wilson Audio Tugenden wie tonale Stimmigkeit, holografische Abbildung, Musikalität, und Glaubwürdigkeit. Selbst im Bassbereich muss man, solange nicht die Originalpegel eines Death Metal Konzerts gefragt sind, keine nennenswerten Abstriche machen. Für uns ein wirklich großer Wurf und ein weiteres Beispiel für einen gelungenen Know-how Transfer von oben nach unten.

Wir schlendern weiter und landen im Raum von PS Audio. Dort gibt es etwas Besonderes zu sehen (und zu hören), eine Art Vermächtnis des großen Arnie Nudell, der im letzten Jahr verstorben ist. Nudell leitete ehemals die Geschicke von Infinity und Genesis, außerdem war er eng mit Paul McGowan (CEO PS Audio) befreundet, dem er seine persönlichen Lautsprecher vermachte, die nun in Denver zu bewundern waren. McGowan fand deren Konzept so reizvoll, dass PS Audio darauf basierend derzeit eine eigene Lautsprecherserie entwickelt. Zum Start wird es drei unterschiedliche Modelle geben: Eines größer als der gezeigte Originallautsprecher, eines in derselben Größe und ein kleineres Exemplar. Der Termin hierfür ist Ende 2019. Es ist also noch etwas Zeit bis dahin.

Die Lautsprecher von YG Acoustic gab es gleich in mehreren Räumen zu sehen. Am besten gefallen hat uns das Setup mit einem CH-Precision-Frontend und einer durchgängigen Verkabelung von Nordost. Interessanterweise gab es in diesem Raum auch ein Shootout verschiedenster USB-Kabel von Nordost. Was sollen wir sagen: Die Unterschiede waren in der Praxis bisweilen sehr deutlich hörbar, obwohl sie theoretisch natürlich gar nicht existent sein können.

Hochinteressant war wieder einmal die Präsentation von Zu Audio. Nicht streng neutral, aber dafür mit Charakter versehen, machen die Lautsprecher von Zu Audio einfach riesigen Spaß. Apropos: Echte Gute-Laune-Maschinen sind auch die Open-Baffle-Lautsprecher des PureAudioProject. Die Firma bietet Lautsprecher als modulares Konzept an, in dem verschiedene Treiber Platz finden. Ein wunderbar weites Experimentierfeld.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Äußerst positiv überrascht hat uns innuos mit Linnenberg-Verstärkung und Qln-Lautsprechern aus Schweden. Ein unscheinbarer Raum, der aber derart musikalisch klang, dass wir dort gleich zweimal „hängengeblieben“ sind.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Einen ungewöhnlichen Ansatz verfolgt man bei PranaFidelity. Deren Lautsprecher verfügen über einen rückseitigen Schalter, der aber nicht – wie man vermuten würde – einen bestimmten Frequenzbereich anhebt oder absenkt. Nein, bei PranaFidelity schaltet man beispielsweise durch verschiedene Komponenten der Frequenzweiche. Auch hier nicht – wie man vermuten könnte – mit unterschiedlichen Bauteilwerten, nein, es werden unterschiedliche Bauteiltypen geschaltet. Beispielsweise ein Widerstand (immer mit dem gleichen Wert) als Draht-, Kohleschicht-, Kohlemasse-, geätzter Leiterbahnwiderstand und so weiter und so fort. Und wissen Sie was? Auch das hört man. Und zwar eindeutig.

Ein echtes Hammersystem namens Hellena gab es bei Troy Audio aus Mexico zu hören. Hellena besteht aus einem Basslautsprecher mit 15-Zoll-Treiber und einem zweiten, ebenso großen Gehäuse für Mittel- und Hochtöner. Dort findet sich ein Altec-ähnliches 15-Zoll-Chassis mit Superhochtöner. An Elektronik von Thrax war der Klang „as good as it gets“ für ein solches System. Kein Wunder, der Aufwand, den Troy betreibt, dürfte mit ausgelagerten Frequenzweichen mit reinrassiger Duelund-Bestückung und 42 Kilo pro Kanal nur noch schwer zu überbieten sein. Auch so ein Raum in den wir uns immer wieder „verirrten“.

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

Kyron Audio präsentierte ein weiteres Open-Baffle-Konzept, das aber für die alleruntersten Lagen auf zwei geschlossene Subwoofer vertraut. Dieses System vermochte es, die Welt der Flächenstrahler mit jener der dynamischen Wandler bruchlos zu verbinden. Der Klang: Sehr leichtfüßig, trotzdem angenehm direkt mit viel Grip und kontrolliertem Tiefgang. Für unser Geschmack standen die Lautsprecher etwas zu weit auseinander, so dass die Bühne zu flächig wurde (wenn man hier überhaupt etwas kritisieren kann).

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Denver 2018 war wieder eine Reise wert, wieder entdeckten wir in Europa unbekannte Hersteller und sahen Produkte, die sonst im Verborgenen geblieben wären. Im kommenden Jahr wird sich im neuen Hotel und mit erweiterten Möglichkeiten sicher einiges ändern. Wir haben aber keine Zweifel daran, dass es Marjorie Baumert und ihrem Team gelingen wird, den familiäre Charakter dieser Messe zu erhalten und wir hoffen, dass sich das Rocky Mountain Audio Fest behutsam weiterentwickelt, ohne sich von seinen Wurzeln zu entfernen.

See you next year in Denver!

Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) 2018, Denver Marriott Tech Center

 

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www.audiofest.net

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