Westdeutsche HiFi Tage 2018 Hotel Maritim Bonn
HiFi at it’s best in Bonn!
Der Gast soll sich wohlfühlen im Maritim Hotel Bonn, nein, er soll sich wie ein König fühlen. Das Hotel befindet sich in einer massiven Renovierungsphase, die den Räumlichkeiten wirklich guttut. Irgendwie erscheinen auch die Angestellten wie renoviert. Alles und jedes wird mit einem „sehr gerne“ prompt quittiert. Was zunächst aufmerksam und höflich wirkt, ist auf Dauer seltsam statisch und man mag es irgendwie nicht glauben. Egal, das Hotel wandelt sich zum Guten und ist dabei seine “Abgewohntheit“ abzustreifen.
Hören, Anfassen, Kommunizieren – die Direktheit von Händlermessen wie den Westdeutschen HiFi-Tagen in Bonn (WDHT) weckt in HiFi-Fans wohlige Erinnerungen an Zeiten, in denen die HighEnd noch im Frankfurter Kempinski-Hotel gastierte. 2004, vor knapp 14 Jahren, zog die große Branchenmesse nach München und begann ihren allmählichen Wandel zum internationalen Business-Treffpunkt. Das hinterließ eine Lücke, die das Team um Benno und Michael Salgert sowie Christian Breil seit neun Jahren auffüllt. Wenn die Drei nicht gerade als Messeplaner aktiv sind, kümmern sie sich übrigens um die Geschicke von „Linzbach HiFi“, ihrem überregional bekannten HiFi-Handel, der stilgerecht in einem ehemaligen Bonner Botschaftsgebäude untergebracht ist.
Das Konzept der WDHT ist vergleichbar mit Veranstaltungen wie den Norddeutschen HiFi-Tagen: Im Gegensatz zu großen B2B-Branchenmessen liegt hier der Fokus auf den Besuchern, diese können sich hier noch munter und mittelbar mit den Produkten befassen, ein Pläuschchen mit den Entwicklern halten oder lauthals protestieren, sollte ihnen die Musikauswahl nicht passen – ein Privileg, von dem am 29. Und 30.9. immer wieder Gebrauch gemacht wurde.
Um es gleich vorwegzunehmen: Wir sind diesmal mit gemischten Erwartungen nach Bonn gefahren. Zum ersten Mal seit Beginn der Veranstaltung wurden weniger Aussteller als im Vorjahr angekündigt. Der Grund dafür liegt nicht bei der Veranstaltung selbst, sondern pikanterweise im Erfolg dieser Events. Gefühlt kann man in der Zeit von August bis Februar monatlich zwei bis drei Messen, Jubiläen und vergleichbare Shows mitnehmen. Die HiFi-Fans freut das, viele Hersteller und Vertriebe ächzen jedoch unter der Last ihrer Wochenend-Termine und beginnen damit, einzelne Veranstaltungen auszulassen.
Doch unsere Skepsis weilte nicht lange, schlug im Gegenteil sogar bald in gute Laune um. Zum einen war vor Ort nichts von der Verschlankung zu spüren. Knapp über 100 Marken folgten dem Ruf nach Bonn und füllten die beiden Veranstaltungssäle des Maritim-Hotels, das in der Nähe des alten Regierungsbezirks liegt. Eine Etage darüber lockten elf große Salons mit ihren geräumigen und oft außerordentlich exklusiven HiFi-Systemen. B&W zum Beispiel, wie gewohnt wortgewandt moderiert von Produktmanager Ulf Soldan, brach mit einer alten Tradition und führte die 800 D3 erstmals an Nagra-Elektronik vor.
Selbst wir kommen nicht häufig in den Genuss, Mono-Endstufen wie den Schweizer „HD Amp“ in Aktion zu erleben. Einige Türen weiter führte Elac die kleinere seiner beiden Concentros vor, die sich als äußerst imposante Musikmaschine entpuppte. In den Räumen daneben gastierten MBL sowie Fischer & Fischer mit nicht weniger betörenden Systemen. Harmonix und Reimyo setzten in der gemeinschaftlichen Vorführung auf pure Atmosphäre. Der Salon war stilvoll mit Postern und Plakaten geschmückt, die Lust auf die kompakte und unglaublich musikalische Kette machten. Auch bei Electrocompaniet konnte man etwas ganz Besonderes entdecken: Inhaber Matthias Roth hatte eigens für die Bonner Show ein Paar von Dynaudios Consequence Ultimate Edition organisiert, die an der spielfreudigen Elektronik der Norweger hervorragend musizierte. Auf ihre Weise war die Präsentation von Marantz und Denon „exotisch“: Anders als zu erwarten führte der Vertrieb Komponenten von Classé Audio – seit einiger Zeit ja ebenfalls im Portfolio der D/M-Holding „Sound United“ – an Großkalibern von B&W vor.
Für das eigentliche Messeflair sorgten rund 65 Hotelzimmer und mittelgroße Suiten, die sich über drei Etagen des weitläufigen Hotels erstreckten. Das erwies sich als eine superbe Anzahl, da die Show ihre Besucher im Kontrast zu den größeren Branchenmessen nicht zum Selektieren und Auslassen zwingt. Man kann sich bequem und ohne Gehetze an einem Tag durch sämtliche Aussteller arbeiten. Nimmt man jede der teils hervorragenden Vorführungen mit, lassen sich bequem beide Veranstaltungstage füllen. Damit zählen die Bonner HiFi-Tage, neben der HiFi Convention in Freiburg, zu den entspanntesten Händlermessen überhaupt!
Abseits der bloßen Quantität stimmt hier allerdings auch die Qualität. Viele Aussteller sind von Anfang an dabei. Sie kennen die Räumlichkeiten des Maritim und stimmen ihre Ketten darauf ab. Tolle Beispiele dafür boten Vorführungen wie die von Input Audio, wo Vertriebsleiter Bernd Hömke eine stimmungsvolle Kombi aus Harbeth und Creek präsentierte, die das Auditorium mit ihrer farbigen und nuancenreichen Mittenabbildung betörte. Oder die geschmackvolle Demonstration von Einstein, die nicht nur klanglich überzeugte, sondern mit ihrer angenehmen und zwanglosen Atmosphäre zum Verweilen lud. Außergewöhnlich kontrolliert spielten dagegen die BB-10 von Bohne Audio, Monitore, die man mit viel Wohlwollen gerade noch als kompakt bezeichnen kann. Die Bohne ist ein hochinteressantes Konzept mit einem hauseigenen Bändchenhochtöner, einem aktivierten Bass und zwei passiven Radiatoren. Als „originell“ darf man auch die brandneuen Endstufen „Mono Power Amplifier“ von SPL einstufen, die unglaubliche Leistungsdaten mitbringen und mit ihrer kompakten wie robusten Bauform auch ein haptisches Erlebnis bieten.
Ein weiteres Highlight war (wie bereits vor einigen Wochen auf den Süddeutschen HiFi-Tagen in Stuttgart) die Kette von Kii Audio. Für den Hersteller mit Sitz in Bergisch Gladbach war die Veranstaltung gewissermaßen ein Heimspiel. Dem erhabenen Aktivmonitor „Three“, kraftvoll begleitet von dessen neuer Tieftonerweiterung „BXT“, diente ein Thorens TD 550 als Zuspieler. Gemeinsam gelang den Komponenten eine der schwungvollsten und mitreißendsten Demonstrationen der Show. Die mittlerweile ebenfalls im Bergischen ansässigen Analog-Profis von Thorens nutzen die Show, um gleich noch ein paar Neuheiten vorzustellen: Im Ausstellungszimmer eine Tür weiter entdeckten wir unter anderem den kleinen TD 220, der für knapp 600 Euro Vinyl mit einem integrierten Phono-Entzerrer und USB kombiniert. Er kann also eingesetzt werden, um Schallplatten in einen Computer zu digitalisieren. Über einen rückwärtigen Schalter lässt sich die Elektronik vollständig deaktivieren.
Thorens war allerdings nicht der einzige Aussteller, der auf den WDHT Premieren im Handgepäck hatte. Neben der gewohnt farbenfrohen Ausstellung unzähliger Pro-Ject-Dreher zeigte der Mülheimer Audiotrade-Vertrieb zwei neue Stax-Kopfhörerverstärker, den kompakten SRM-D10 (um 1000 Euro) für den mobilen und den größeren SRM-D50 (um 1350 Euro) für den stationären Einsatz. Beide Modelle besitzen integrierte D/A-Wandler, stellen im Sortiment der Japaner also ein Novum dar. Ergänzend gesellt sich mit dem SR-009S (um 5250 Euro) ein neuer Top-Lauscher hinzu, den man auf der Messe – wie übrigens alle Neuheiten – direkt ausprobieren durfte. Im selben Saal zeigte Cocktail Audio sein neues „Schweizer Offizierstaschenmesser“ X45, ein Musik-Server mit integrierten Endstufen und zahllosen Fähigkeiten, die sich via App oder über das riesige Display am Gehäuse steuern lassen.
Zu digital? Dann musste man sich nur umdrehen, um am Stand von Transrotor den verführerischen „Alto“ (um 5000 Euro) zu entdecken, der in Bonn ebenfalls einen seiner ersten öffentlichen Auftritte absolvierte. Im benachbarten Ausstellungsraum zeigte Audio Components Paradigms „Persona“-Lautsprecher 3F und die größere 5F, die in praktisch jeder Hinsicht aus dem Rahmen fallen. Beide Modelle besitzen Beryllium-Mitteltöner, die von filigranen und umwerfend gestalteten Abdeckgittern geschützt werden. Das in Bonn nicht gezeigte Top-Modell 9F besitzt sogar eine aktive Bass-Sektion sowie eine integrierte Raumkorrektur von Anthem. Und schließlich gab es noch einen Newcomer: Die Lautsprechermarke „Lautbrecher“ (richtig gelesen, das ist kein Rechtschreibfehler) fertigt Kompaktboxen aus Beton, die sich im mittelpreisigen Segment orientieren und über einen eigenen Shop vertrieben werden.
Insgesamt bot die Show damit eine gelungene Mischung und sorgte bei den Besuchern für positive Resonanz. Wir freuen uns schon auf das zehnjährige Jubiläum im kommenden Jahr und kommen „sehr gerne“ wieder nach Bonn.
Spruch der Messe: “Unsere Geräte können kein ROON, das wollen wir unseren Kunden nicht zumuten”.