Acoustic Solid 113 Wood Bubinga – Auf dem rechten Holzweg
Wer aufwendig kocht, hat mal wenig zu vererben, sagt ein schwäbisches Sprichwort. Oder man schlemmt wie ein Gourmet und schafft sich einen Acoustic Solid 113 Wood Bubinga an. Den muss man sich nicht vom Munde absparen. Und die Erben haben sicher auch noch was davon.
Holz ist ein sehr musikalischer Werkstoff. Man kann eine Harfe daraus fertigen oder ein Violoncello, Bögen lassen sich damit ebenso herstellen wie Gitarrenhälse. Der Einfluss des Holzes auf den Klang ist dabei unbestritten. In der Welt der Musikwiedergabe allerdings wird Holz häufig als bloßer Harmoniefaktor missbraucht: Schau mal, Schatz, lass uns die etwas größeren Schallwandler nehmen, denn deren Furnier passt doch hervorragend zur Wohnzimmereinrichtung, die ich dir danach kaufe!
Die Welt der High-End-Plattenspieler ist zu weiten Teilen geprägt von Chrom und Plexiglas. Audiophile Träume handeln meist von blitzenden, mannshohen Ungetümen, angesichts derer sich nur schwierig bestimmen lässt, ob es sich um eine Gerätschaft zur Musikwiedergabe oder eine private Trinkwasseraufbereitung für den Katastrophenfall handelt. Und so wäre man auch angesichts des Acoustic Solid 113 in der Bubinga-Ausführung geneigt, das edle Äußere lobend zu erwähnen, um sich anschließend auf das angeblich Wichtige zu konzentrieren: die Vorzüge von Tonarm, Abtaster und Tellerachse sowie deren stimmiges Miteinander.
Doch Bubinga ist ein besonderes Holz. Der Chronist dieser Zeilen erinnert sich noch lebhaft an ein Kindheitstrauma: Im Kunstunterricht der Gymnasialklasse galt es, aus einem Stück Massivholz den Buchstaben „O“ herauszumeißeln. Die anderen Kinder bekamen Kiefer, Ahorn oder sonstige Anfängerhölzer, für mich blieb nur ein veritabler und sehr, sehr schwerer Klotz Bubinga. Um das wochenlange Drama kurz zu halten (es fällt immer noch schwer, darüber zu sprechen): Hände und Arme schmerzten, das Holz entwickelte bei der Bearbeitung einen Gestank, der an Erbrochenes erinnerte, die anderen Kinder lachten. Am Ende stand kein „O“, sondern eine Art überdimensionaler Tiki-Aschenbecher und eine Note unterhalb von „ausreichend“.
Oft weiß man ja erst Jahre später, wofür gewisse Erfahrungen gut sind. Beim Heben des Acoustic Solid aus der hinreichend stabilen Kartonage stellt sich sofortiges Zutrauen ein: rund 20 Kilo, an denen das mit glänzendem Klavierlack überzogene Chassis durchaus seinen Anteil hat. Unter dem Edelholzfurnier befindet sich eine hochdichte Faserplatte mit äußerst geringer Schwingneigung. Wenn man wollte, könnte man das edle Stück wahrscheinlich auch inmitten einer springenden Partymeute auf dem Tresen eines Techno-Tanzlokals einsetzen, und der Tonarm zöge gleichmütig seine spiralförmige Bahn.
Das Chassis thront auf drei Spikes, die ihrerseits auf möbelfreundlichen und der weiteren Entkoppelung dienenden Unterlegern stehen. In die Waage gebracht wird es durch Verstellen der Spikes, die mit einem beiliegenden Inbus zu lösen und zu bewegen sind. Der Synchronmotor ist fest im Chassis montiert, was weiteres Hantieren mit Abstandslehren erspart. Er wird mit einem externen mikrocontrollergesteuerten Netzteil betrieben und über ein auf der rechten Frontseite angebrachtes Steuerungsfeld bedient. Kleine Taster erlauben das An- und Ausschalten sowie die Vorwahl der Geschwindigkeiten 33 und 45 U/min, die sich bei Bedarf feinjustieren lassen. Für den Anlauf des 35 Millimeter hohen Aluminium-Plattentellers mittels Silikonriemens auf LP-Geschwindigkeit braucht es um die 13, 14 Sekunden; eine durchgängig grün (bei 45 U/min rot) leuchtende LED oberhalb der Taster informiert über die erreichte Reisegeschwindigkeit.
In der Testkonfiguration ist der Acoustic Solid mit einem Neun-Zoll-WTB-213-Tonarm mit geradem Carbonrohr sowie dem MC-Abtaster Denon DL-103R ausgestattet. Der ausgesprochen großzügige Lieferumfang umfasst nicht nur Abstands- und Überhanglehren und die erforderlichen Inbusschlüssel, sondern neben Lageröl auch eine Tonarmwaage, sodass sich das Gegengewicht exakt an die erforderliche Position drehen lässt.
Hervorragend: Die fotografisch bebilderte Bedienungsanleitung, die sämtliche Aufbauschritte von der fachgerechten Entnahme aus der Verpackung bis zur Höhenverstellung des Tonarms illustriert.
Nicht im Bild: die Justage einer Antiskating-Vorrichtung. Denn die gibt es nicht. Zu Sinn und Zweck einer solchen mögen unterschiedliche Ansichten existieren. Zum Lieferumfang jedenfalls gehört ein sechsseitiges Rechtfertigungsschreiben auf DIN A4, in dem die Sicht des Herstellers akribisch erläutert wird. In Kurzfassung: Die Skatingkraft, welche die Nadel auf die Rilleninnenseite drückt und im Extremfall darüberspringen lässt, werde überbewertet und sei in der Praxis unerheblich. Antiskating-Vorrichtungen seien daher nicht nur nicht erforderlich, sondern könnten bewirken, dass die Nadel zu stark an die Außenrille geführt werde, zumal sich die in Frage kommenden Kräfte auf dem Weg in Richtung Mittelpunkt der Spirale fortwährend ändern. Zum Ende einer Platte könne es so zu Verzerrungen kommen.
Nun ist Klangwiedergabe physikalisch betrachtet eine komplexe Welt mit vielerlei Einflussgrößen, und es mag anderslautende Argumente und vor allem andere Systeme mit sehr leichten Tonarmen geben, wo gegensätzlichen Schlussfolgerungen der Vorzug zu geben wäre, doch im Falle der Kombination des WTB-213-Tonarms ist Antiskating wirklich nichts, was man vermissen würde. Im Gegenteil: Das Setup des Plattenspielers – zugegebenermaßen mit vorjustiertem System – gelingt im Rahmen der Spielzeit einer Folge der Sesamstraße (und ist ähnlich leicht zu verstehen).
No nonsense also, ganz wie man es von Acoustic Solid kennt. Der 113er verleugnet seine Herkunft nicht, das lässt die Konstruktion der Lagerbuchse erkennen, die aus einer Kunststoffmasse von besonderer Gleitfähigkeit sein soll. Wie nicht anders zu erwarten, passen Buchse und Zwölf-Millimeter-Achse perfekt ineinander. Die Lagerkugel aus Keramik ist in die Achse eingelassen und läuft auf einem Teflonspiegel. Ungewöhnlich, fast schon prätentiös scheint dagegen die Tellermatte aus farblich passendem, sehr schönem Leder, zu der sich eine Acrylauflage gesellt.
Führen wir das System abwechslungshalber in eine ganz andere Richtung – an die Antipoden, wo Bässe vorzugsweise als „phat“ beschrieben werden und integraler, wenn nicht einziger musikalischer Inhalt sind. Auch auf „Poppin’ Them Thangs“ der Straffälligen-Rapper der G Unit rund um eine Gestalt namens 50 Cent ist ein Piano zu hören, bei dem es allerdings weniger auf rasante Läufe ankommt, sondern vor allem auf die kleine Terz in den unteren Lagen, die neben der Bass Drum im Wesentlichen die Bassbegleitung des unflätigen Geschimpfes der Gedichteaufsager darstellt. Für das stilechte Nachempfinden dieser Produktion bedarf es wahrscheinlich eher eines Sportwagens mit Subwoofer-Befeuerung, aber auch unter Anlegen von Bewertungsmaßstäben der Klangschönheit lässt sich doch feststellen: Die Konfiguration von Plattenspieler und System lotet Grenzen aus, zeichnet Bässe klar und konturiert, aber niemals hochnäsig oder mit einer stiff upper lip. Zwischen Spaß und Klarheit, zwischen Nuanciertheit und Spielfreude, zwischen erdenschwerem Wumms und feinziselierter Klarsichtigkeit muss man sich nicht entscheiden – der Acoustic Solid überzeugt ausnahmslos in allen Disziplinen.
Plattenspieler
Acoustic Solid 113 Wood Bubinga
Funktionsprinzip: Masselaufwerk mit Riemenantrieb
Geschwindigkeiten: 33 und 45 U/min
Besonderheiten: HDF-Chassis mit Bubinga-Furnier, Tellerauflage aus Leder und Acryl
Maße (B/H/T): 470/175/370 mm
Gewicht: 19 kg (je nach Ausführung)
Garantiezeit: Tonarm und Elektronik 2 Jahre, Lager 10 Jahre
Preis (inkl. Tonarm WTB 213 und Denon DL-103R): 3059 €