Midori Seiler, Concerto Köln:
Joseph Haydn – Violinkonzerte
Ein gehöriger Teil der Kompositionen Haydns hat es nicht leicht, sowohl im Konzertbetrieb als auch im Tonträgerbusiness. Zugegeben, bei der Anzahl der Kompositionen, die doch erheblich das Maß bei Mozart oder Beethoven übersteigt, bleibt ein solches Phänomen nicht aus, jedoch ist davon auch eine so populäre Gattung wie das Violinkonzert betroffen. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Konzerte im stilistischen Niemandsland zwischen Barock und ausgereifter Klassik entstanden sind und eher an Komponisten wie Stamitz oder die Bach-Söhne erinnern, zudem, wenn sie nur lieblos und halbherzig interpretiert werden. Nun aber sind Midori Seiler und das Concerto Köln zur Ehrenrettung dreier Violinkonzerte angetreten: Mit vibratofreiem und zupackendem Ton zeigt Midori Seiler all die Tücken und Kniffe, die diese Konzerte beinhalten und sie deutlich von der kompositorischen Konfektionsware um 1760 unterscheiden. Phänomenal dazu auch das Concerto Köln: Mit kleiner und unglaublich transparenter Besetzung werden hier energetische Schübe erzeugt, die zeigen, warum man den Haydn dieser Jahre auch als Sturm-und-Drang-Komponisten bezeichnet. Da sind bereits die irregulären Wendungen, die verwirrend gesetzten Pausen und das gesamte humoristische Material des späten Haydn zu finden. Aufgefangen wird dies von einer kongenialen Aufnahmetechnik, die Transparenz und Dynamik zu einem stimmig gestaffelten und elektrisierenden Ganzen zusammensetzt. Zweifelsohne eine der wichtigsten Neuerscheinungen in letzter Zeit.