Cyrus Phono Signature Phonovorverstärker – Gemacht fürs dritte Jahrtausend
Der aktuelle Vinylboom war Anlass für den englischen Traditionshersteller Cyrus Audio, seine externen Phono-Vorverstärker neu zu überdenken. Heraus kam ein Meilenstein.
Cyrus Audio darf man mit Fug und Recht als Digitalspezialisten bezeichnen. Zentrales Element einer Anlage, die ausschließlich aus Komponenten aus dem südenglischen Huntingdon besteht, ist seit längerem ein Voll- oder Vorverstärker, der einen Digital-Analog-Wandler an Bord hat. Die Wandlerplatine hat bei Cyrus gewissermaßen den früher üblichen Phonoeingang verdrängt. Dennoch haben sich Analogfans nie bei anderen Herstellern umsehen müssen, da es mit den Modellen Phono X und aEQ7 immer auch empfehlenswerte Phono-Vorverstärker im Angebot von Cyrus gab. Und der aktuelle Cyrus Phono Signature soll sie alle übertreffen.
Vier gewinnt
Wie das „Signature“ im Produktnamen deutlich macht, ist dieser Phono-Vorverstärker ein Mitglied der höherwertigen Serie von Cyrus. Er verfügt über nicht weniger als vier Eingänge, die jeweils mit einem eigenen Masseanschluss ausgestattet sind. Sie alle können unabhängig voneinander und in praxisgerechten Stufen bezüglich Eingangsimpedanz, Kapazität und Verstärkungsfaktor elektronisch angepasst werden; ein Subsonic-Filter lässt sich hinzuschalten. Die einmal gewählten Werte werden gespeichert und können selbst dann noch wieder aufgerufen werden, wenn der Phono Signature mal vom Netz genommen werden muss.
Dank der mitgelieferten Systemfernbedienung, die auch die Verstärker und Quellgeräte von Cyrus steuert, können Veränderungen der Einstellungen auch vom Hörplatz aus vorgenommen werden. Allerdings ist die Bedienung via Fernbedienung etwas umständlich. Hat man aber einmal den Bogen raus und weiß, mit welcher Zahl des numerischen Tastenfelds man welchen Wert verändern kann, findet man ganz gemütlich vom Sitzplatz aus die beste Einstellung heraus. Ein etwas altertümlich wirkendes, dafür aber unaufdringlich grün leuchtendes Display informiert über jede Veränderung. Es bietet sogar noch ein praktisches Detail: Ähnlich wie beim klassischen Kassettenrecorder zeigen zwei Pegelbalken kanalgetrennt an, wie groß das anliegende Signal ist. Damit lässt sich leicht verifizieren, ob man den richtigen Verstärkungsfaktor gewählt hat.
Wie bei bei allen Mitgliedern der Signature-Familie befinden sich hier auf der Rückseite neben Cinch- auch symmetrische Ausgänge in Form von XLR-Buchsen, sodass es aufgrund der vielen Anschlussmöglichkeiten ziemlich gedrängt zugeht. Als Spezialität bietet Cyrus die Möglichkeit, mittels des optionalen Netzteils PSX-R2 die Stromversorgung des Phono Signature zu optimieren. Leider stand es mir während des Testzeitraums nicht zur Verfügung. Sobald das externe Netzteil angeschlossen ist, muss sich das interne nur noch um die Relais und das Display kümmern, während alle Audioschaltkreise vom PSX versorgt werden. Über Details der eigentlichen Verstärkerschaltung schweigt sich Cyrus Audio weitgehend aus.
Theorie und Praxis
Laut Cyrus ist nicht nur deshalb eine solche Vielzahl an Einstellungsmöglichkeiten verfügbar, um den mitunter äußerst unterschiedlichen Anforderungen der Tonabnehmerhersteller gerecht zu werden, sondern auch, um den Phono Signature subtil an die Hörgewohnheiten seines Besitzers anzupassen. Bemerkenswerterweise werden dabei Moving-Magnet-Systeme etwas stiefmütterlich behandelt. In der Einstellung „MM“ stehen nur feste, voroptimierte Werte zur Verfügung (40 dB, 47 000 Ohm, 220 pF). MM-Liebhaber weisen aber nicht ganz zu Unrecht darauf hin, wie wichtig gerade die kapazitive Anpassung bei hochinduktiven Systemen ist. Aus Erfahrung mit Phonostufen, bei denen die Kapazität über einen weiteren Bereich einstellbar ist (zum Beispiel zwischen 100 und 800 pF), habe ich jedoch festgestellt, dass sich bei praktisch allen von mir betriebenen MM-Systemen stets mittlere Werte um die 200 pF als richtig herausstellten. Deshalb empfinde ich diese Einschränkung bei der Phono Signature als nicht so gravierend. Das von mir verwendete Goldring G-2200 und das Audio Technica AT20SLa verhalten sich am Phono Signature genauso, wie es optimal sein sollte.
Interessant ist der Vergleich zwischen dem Transrotor Figaro (FIDELITY Nr. 18, Ausgabe 2/2015) und dem Ortofon Quintet Black (FIDELITY Nr. 14, Ausgabe 4/2014), da sie laut Herstellerangaben fast die gleichen Werte bezüglich Ausgangsspannung und Induktivität aufweisen. Dennoch gefiel mir das Transrotor an 100 Ohm am besten, wohingegen sich das Ortofon in meiner Anlage und für meine Ohren bei 1000 Ohm wohler zu fühlen schien. Ich bitte jedoch nachdrücklich darum, diese Werte nicht als „amtlich“ anzusehen. Das kann in einem anderen Anlagenumfeld und vor allem auch in Abhängigkeit vom Hörer ganz anders ausfallen. 1000 Ohm erwiesen sich auch bei meinem EMT JSD-6 als richtig. Aufgrund seiner für ein MC ungewöhnlich hohen Ausgangsspannung blieb noch die Frage zu klären, ob 50 oder 60 Dezibel der angemessene Verstärkungsfaktor seien. Doch selbst bei 70 Dezibel wirkte der Cyrus Phono Signature noch nicht „gestresst“ und machte auch nicht etwa durch hörbare Verzerrungen unangenehm auf sich aufmerksam. Dies bestätigt die Aussage von Cyrus, dass man praktisch nichts falsch machen könne, da die Eingangsstufe sehr übersteuerungsfest ausgelegt sei. Besonders bemerkenswert ist, dass der Phono Signature trotz seiner hohen Bauteildichte auch sonst nicht ungebührlich auffällt. Weder Brummen, Rauschen noch andere Störgeräusche trüben den Musikgenuss.Genuss ohne Reue
Sind erst einmal alle Einstellungen vorgenommen, kann man also völlig unbeschwert der eigentlichen Bestimmung des Cyrus Phono Signature nachgehen: stundenlang mit ihm durch die Plattensammlung surfen und Musik von früher wiederentdecken oder auch neue erkunden. Dass der Cyrus praktisch keine akustische Schwäche erkennen lässt, hilft dabei ungemein. Stimmen werden plastisch und authentisch wiedergegeben, die räumliche Darstellung ist breit und tief, einzelnen Melodien oder Orchesterstimmen lässt sich gezielt und mühelos nachgehen. Dynamiksprünge werden ansatzlos vollzogen, und die bemerkenswerte Rauschfreiheit legt auch in sehr leisen Passagen keinen Störnebel über die Musik. Nonplusultra-Phonovorverstärker wie der überragende Moon 810LP (FIDELITY Nr. 4, Ausgabe 6/2012) holen zwar noch ein Quäntchen mehr an Feinstinformationen aus den Tonabnehmern und können das Geschehen in großorchestralen Sinfonien räumlich noch detaillierter darstellen. Der Moon kostet aber bereits mehr als 10 000 Euro, ein Vergleich ist daher schlichtweg unfair. Davon einmal abgesehen gehe ich jede Wette ein, dass gerade die räumliche Darstellung des Cyrus bei Verwendung des externen Netzteils PSX-R2 noch zulegt.
Nicht nur die in nahezu jeder Hinsicht vollständige Ausstattung des Cyrus Phono Signature, auch seine makellose Klangqualität rechtfertigen jeden Euro, den man für ihn bezahlt. Er ist zweifellos ein wegweisender Phono-Vorverstärker für das dritte Jahrtausend und definitiv das, was die Engländer einen „Best Buy“ nennen. Congratulations!
Cyrus Phono Signature
Phono-Vorverstärker für MM und MC
Eingänge: 4 unsymmetrisch (Cinch)
Ausgänge: je 1 x unsymmetrisch (Cinch), symmetrisch (XLR)
Verstärkungsfaktor: 40/50/60/70 dB
Eingangswiderstand: 11/16/33/47/100/150/333/500/1000/47 000 Ω
Eingangskapazität: 220 pF/1 nF/2 nF/3 nF
Besonderheiten: Eingänge individuell konfigurierbar, Fernbedienung, Subsonicfilter schaltbar, optional externes Netzteil PSX-R2 (995 €) nachrüstbar
Ausführungen: Magnesium-Druckgussgehäuse in Schwarz oder Silber
Maße (B/H/T): 21,5/7,5/37 cm
Gewicht: 4,1 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: 1800 €
Bellevue Audio
Massener Straße 120
59423 Unna
Telefon 02303 3050178
Mitspieler:
Plattenspieler: SME Model 10, SME Model 15, Technics SL-1210 Mk II
Tonarme: SME Model 309 SPD, SME Series V, Technics EPA-120
Tonabnehmer: Audio Technica AT-20SLa, EMT JSD 6, Goldring G-2200, Ortofon Quintet Black, Transrotor Figaro
CD-Player: Bryston BCD-1, NAD 5420
Netzwerkplayer: Muvid IR 815
Vorverstärker: Bryston BP25-MC
Endstufe: Bryston 3B SST
Kopfhörer: Sony MDR-1 RNC
Lautsprecher: Spendor SP100R2