Buchprüfung: E. Annie Proulx – Das grüne Akkordeon
Vor einigen Jahren wurden ihre Bücher von Hollywood entdeckt. Schiffsmeldungen (mit Kevin Spacey und Julianne Moore) und Brokeback Mountain (mit Heath Ledger und Jake Gyllenhaal) waren erfolgreiche Kinofilme. E. Annie Proulx, inzwischen in ihrem 80. Lebensjahr, kann wunderbar abgründige Geschichten über die nordamerikanische Provinz erzählen, sei es über Neufundland, Wyoming, Vermont oder sonst wo. Auch deshalb ist Das grüne Akkordeon (engl. Accordion Crimes) ihr bestes und reichhaltigstes Buch: Da geht es kreuz und quer durch die Staaten zwischen Maine und Texas, Louisiana und Illinois. Die Geschichte folgt dabei dem Weg eines kleinen Knopfakkordeons. Um 1900 kommt das Instrument mit dem „eigenartigen Ton, traurig und gefühlvoll“ durch einen italienischen Einwanderer in die USA, wechselt hier immer mal wieder seinen Besitzer und durchläuft so im Lauf von hundert Jahren etliche Migrantenszenen und ihre musikalischen Traditionen. Deutsche Volkslieder werden auf dem Instrument gespielt, rockender Tex-Mex, Cajun-Tänze, bluesiger Zydeco, polnische Polkas und irische Jigs. Man erfährt eine Menge über all diese Musikwelten und über Akkordeons im Allgemeinen – aber auch über Bräuche und Kochkünste der verschiedenen Immigranten-Familien, ihre Ängste und Nöte, ihre bizarren Krankheiten, sensationellen Unglücksfälle und davon, wie das alles – die Musik und der Rest – zusammenhängt. Ein Musikroman, in dem das Leben tobt, geeignet für die einsame Insel. Weil man ihn bei jedem Lesen wieder neu versteht.