You’re welcome at the New York Audio Show sir!
Es ist doch immer wieder ein erhebendes Gefühl, wenn der Chef auch im Urlaub an einen denkt: „Du bist doch gerade in New York. Kannst du nicht ein paar Bilder von der New York Audio Show im Waldorf-Astoria machen?“
Konnte ich, wollte ich nämlich sowieso, also eigentlich kein Grund zum Jammern. Nur dummerweise war gerade an diesem Wochenende in New York Kaiserwetter – also strahlender Sonnenschein und angenehme 25 Grad Celsius. Das ist in New York um diese Jahreszeit keineswegs selbstverständlich und daher können einem schon tausend andere Dinge einfallen, als sich ausgerechnet auf einer HiFi-Messe von Aussteller zu Aussteller und von Raum zu Raum durchzukämpfen. Aber ich wollte ja nicht jammern.
Grund zu Jammern hatten eher einige der Aussteller, denn man fragte sich besorgt, ob das Waldorf-Astoria, eines der berühmtesten Luxushotels der Welt, nicht ein wenig overdressed und too much für den gemeinen Kunden der New York Audio Show sei. Ganz zu schweigen davon, dass die Anreise praktisch nur mit der U-Bahn möglich war, denn Parkplätze gibt es in New York so gut wie nicht und wenn, dann sind sie unbezahlbar (mindestens vier Dollar pro Stunde). Auch hatten die Aussteller auf der oberen der beiden für die Messe geöffneten Etagen bemerkenswerte Akustikprobleme.
Im 18. Stockwerk, da, wo sich die größeren Suiten und Konferenzräume befinden, sind die Wände mit unterfütterten Stofftapeten ausgestattet, die im Extremfall eine normale Hochtonwiedergabe wegen Überdämpfung verhindern und gleichzeitig dem Bass ein in jeder Hinsicht übertriebenes Volumen andichten. Wer effektiven Raumakustik-Maßnahmen skeptisch gegenübersteht, der konnte in New York eines Besseren belehrt werden. Um so erstaunlicher war es, dass die meisten Aussteller diese Probleme tatsächlich weitgehend in den Griff bekommen haben, denn die Vorführungen waren insgesamt erstaunlich ansprechend. Allein ein zumindest latent aufgedickter Bass war dennoch nicht gänzlich zu unterdrücken, aber die vorwiegend amerikanischen Besucher fanden das – wie man einzelnen Gesprächen entnehmen konnte – durchaus nicht beklagenswert.
Die New York Audio Show wirkte allein schon durch das gediegen-luxuriöse Ambiente des Waldorf-Astoria entspannend und – wie man heute so gerne sagt – „entschleunigend“. Allein das Betreten der weitgehend original erhaltenen Lobby aus den 1930-er Jahren im eleganten Art-Déco-Stil erzeugte eine gewisse Ehrfurcht und verhinderte einen typischen Messebetrieb mit dem zwangsläufig immer etwas gehetzten Gerenne zwischen den verschiedenen Ausstellungsräumen. Hinzu kam, dass die Messe erstmalig stattfand und die Anzahl der Aussteller relativ überschaubar war.
Dennoch nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit, sich von den überwiegend kostspieligen Komponenten ein eigenes Bild zu machen. Denn auch in den USA ist der Trend nicht zu übersehen, dass immer weniger Kunden den Weg in die HiFi-Läden finden und sich lieber erst einen unverbindlichen Eindruck auf einer Hotel-Messe verschaffen, bevor sie nach erfolgter Vorauswahl das Objekt der Begierde einer eingehenderen Prüfung beim Händler zu unterziehen. Wie deutlich diese Entwicklung ist, mag man daran festmachen, dass der bekannteste Händler New Yorks – Sound by Singer – seinen normalen Ladenbetrieb mit geregelten Öffnungszeiten aufgegeben hat und nur noch nach Voranmeldung seine Pforten öffnet. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Hotel-Messen deutlich zu, wie man auch bei den immer größer werdenden, ähnlichen Veranstaltungen in Nordamerika wie dem „Rocky Mountains Audio Fest“ (Denver) oder den in abwechselnden Großstädten stattfindenden Veranstaltungen der AXPONA (Audio Exposition North America) beobachten kann.
Nicht zu übersehen war allerdings auch ein – wie ich finde – verhängnisvoller Trend: Die Mehrzahl der vorgestellten Anlagenkonfigurationen waren zum Teil sehr kostspielig, um nicht zu sagen, sehr teuer. Nun ist man in Nordamerika wie auch in Asien diesbezüglich weit toleranter als in Deutschland, aber – dies ist zum Beispiel Leserbriefen in der amerikanischen Stereophile zu entnehmen – regt sich auch hier ein gewisses Maß an Widerspruch. Tonabnehmer, die weit über 5000 Dollar kosten oder relativ einfache Standlautsprecher für mehr als 50000 Dollar erscheinen gerade in einer Zeit, in der immer noch eine Weltwirtschaftskrise vor sich hin schwelt, nicht mehr allen Kunden plausibel. Gleichwohl sollte man Produkte mit derart exorbitanten Preisschildern nicht von vorneherein verdammen. Es gibt sehr wohl Lautsprecher, deren Herstellungsaufwand solche Preise rechtfertigen könnte. Deshalb ist wie immer eine differenzierte Betrachtung des Einzelfalls angezeigt, den die erste Audio & AV Show in New York sehr stilvoll ermöglichte.