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Audio Note OTO Phono SE Signature

Test Audio Note Oto Phono SE Signature

Audio Note Oto Phono SE Signature – Der Schnäppchenjäger-Jäger, Verblüffung seit einem Vierteljahrhundert

Was muss ein Verstärker wirklich können? Man spendiere dieser Vollröhre passende Lautsprecher und staune.

Der Oto von Audio Note? Ja, diesen Verstärker hatte ich bestimmt schon vier oder fünf Mal in meinen Händen bzw. in meinen Wänden. So ganz genau weiß ich das gar nicht. Denn erstens sieht ein Oto alles andere als spektakulär aus. Zweitens gibt es ihn schon ziemlich lange: gefühlt eine Ewigkeit, tatsächlich ein Vierteljahrhundert, was in der HiFi-Szene ungefähr das Gleiche ist. Drittens ist das Portfolio des Herstellers derart vielfältig, dass sich viele Modelle zum Verwechseln ähnlich sehen.
Eines jedoch weiß ich genau: Einen Audio Note mit schneeweißer Front hatte ich bisher nur auf Messen gesehen, aber noch nicht zu Hause. Was für ein Kontrast zum ansonsten typischen Farbspektrum: Acrylschwarz mit goldenen Knöpfen oder gebürstetes Aluminium mit silbernen Knöpfen. Das frische Weiß sieht interessant aus, wirkt sogar durchaus cool. Hätte der weiße Oto jetzt auch noch mattsilberne Knöpfe (bestellmäßig kein Problem) und vielleicht noch einen weißen Deckel spendiert bekommen, könnte er glatt die Generation iPad/Phone becircen.
Na, die Hipster würden sich aber wundern!

Vermutlich müssten sie sich erst einmal an den Umgang mit klassischem HiFi-Gerät herantasten. So läuft beim Oto mit einer kabellosen Signalübertragung à la WiFi, AirPlay oder Bluetooth rein gar nix. Mangels Display ergeben Wischbewegungen nur mit einem Staubtuch einen Sinn. Und ein lässiges Unter-den-Arm-Klemmen kommt gleich zweimal nicht in Frage: Der Audio Note Oto SE ist ein richtig schwerer Brocken (er wiegt so viel wie einhundertdreißig iPhone 6) und zugleich ein ziemlich heißer Typ: Wer sein Digital Device auf dem warmgelaufenen Verstärker eine Viertelstunde liegen lässt, bekommt es gut durchgebraten zurück.
Der Oto ist mit all seinen sympathischen Anachronismen tatsächlich einer der letzten Überlebenden seiner Art. Als Röhrenverstärker klassischen Zuschnitts – Class-A-Design, handmade in England! – bietet er noch nicht einmal eine Fernbedienung, geschweige denn einen LAN-Anschluss oder irgendeinen anderen neumodischen Schnickschnack. Selbstverständlich nimmt er hingegen die Signale eines Plattenspielers mit Kusshand an; der „Phono“-Eingang ist echt, aber sowas von. Apropos: Den Amp gibt es zwar auch ohne MM-Phonoeingang (dann heißt er Oto Line SE), doch wer jemals einen halbwegs ordentlichen Plattenspieler an dieses standhafte Monument historischer Technik angeschlossen hat, wird keinesfalls mehr darauf verzichten wollen, das garantiere ich. Der MM-Eingang des Oto gehört klanglich zum Allerbesten, was serienmäßig an Bord eines Vollverstärkers zu finden ist!
Die Farbgebung von Frontplatte und Knöpfen hat übrigens keinerlei Einfluss auf den Klang, so viel sei an dieser Stelle schon verraten. Ein roter Mercedes fährt schließlich auch nicht schneller oder besser als ein blauer. Es kommt immer darauf an, was unter der Haube steckt.
Das ist im konkreten Fall durch und durch bemerkenswert. Denn schon der Oto SE Signature verkörpert das, was den Kern der Marke Audio Note, das Selbstverständnis der Firma ausmacht: von der schlauen Modulbauweise über die äußerst penible Auswahl der Bauteile (im Idealfall selbst gefertigt) bis hin zum unbeirrbaren Fokus auf das wirklich Wesentliche, das musikalische Erlebnis. Selbst die Namensgebung ist ein dezenter Hinweis: „Oto“ ist Japanisch und bedeutet „Klang“.
Zur Modulbauweise: In diesem Vollverstärker vereinen sich der Vorverstärker M1 und die Endstufe P1SE. Die eingesparten Kosten für getrennte Gehäuse, Netzteile, Buchsen und auch Verbindungskabel sind direkt am Preisschild erkennbar. Gleichwohl sorgen etliche der hier verwendeten klangentscheidenden Bauteile unter Kennern für begehrliche Blicke; Tantal-Widerstände, Kupferfolien-Elkos und insbesondere die berühmten Audio-Note-Übertrager haben entscheidenden Anteil am klanglichen Gesamtergebnis. Ein ausgesuchtes Quartett EL84-Leistungsröhren fühlt sich in einer solchen maßgeschneiderten Umgebung natürlich pudelwohl und läuft zur Höchstform auf. Was immer wieder für einige Überraschungen sorgt; sogar, das gebe ich gerne zu, bei mir selbst.
Die Endstufe des Oto SE ist – das Kürzel verrät es – ein Single-ended-Design. Eintakt-Schaltungen versprechen prinzipbedingt einerseits eine besonders geschmeidige klangliche Performance, andererseits eine eher bescheidene Leistungsausbeute. Der Oto SE leistet im konkreten Fall rund zehn Watt pro Kanal. Diese zehn Watt sind nicht nur kostbar, sondern klingen auch absolut köstlich – sofern sie auf geeignete Spielpartner, sprich effiziente Lautsprecher treffen. Da Audio Note vehement (und völlig zu Recht) den Kettengedanken vertritt und als Vollsortimenter eine ganze Reihe eigener vorzüglicher Lautsprecher im Programm hat, empfiehlt sich eine markentreue Kombination ohnehin von selbst. Doch auch mit anderen Fabrikaten sind angenehme Überraschungen an der Tagesordnung. Selbst eigentlich „unmögliche“ Kombinationen, etwa mit modernen (ineffizienten) Hightech-Schallwandlern, sorgen für pures Vergnügen, solange keine Clublautstärken verlangt werden. Am besten verstehe man solche „mismatches“ als freundlichen Wink mit dem Glaskolben: Der zarte Erstkontakt verheißt eine wunderbare, opulente Welt der Musik, sofern man zukünftig die richtigen Mitspieler, vor allem Laut-Sprecher, die ihren Namen auch verdienen, für das highfidele Ensemble verpflichtet.
Mit geeigneten Schallwandlern werden dann geradezu überwältigende Erlebnisse möglich, die sehr weit über das hinausgehen, was ein schnödes Datenblatt (oder auch dieser Bericht) jemals suggerieren kann.
Im Alltag entpuppt sich der Umgang mit dem Oto SE immer wieder als äußerst vergnüglich, wie ich auch bei seinem jüngsten Hausbesuch feststellen kann: Kaum ausgepackt, verkupple ich auch schon einen Audio Note TT-2 (bzw. das AN-System IQ3) mit dem Phonoeingang und hänge ein Pärchen der günstigsten „E“-Lautsprecher des Hauses an seine Lautsprecherklemmen. Alles passt sofort wie angegossen, wenn ich das mal so salopp sagen darf. Kein Gehassel, kein Herumrücken, keine mehrtägige „Gewöhnungszeit“ – sofort und ausschließlich Musik. Da können sich praktisch alle Plug-&-Play-Systeme hinten anstellen!
Bereits nach fünf Minuten Aufwärmzeit kommt das unglaublich gute Gespür des Oto SE für musikalische Zusammenhänge und Klangfarben zum Ausdruck, das mich fortwährend begeistern und in das Bühnengeschehen hineinziehen wird. Bereits nach einer halben Stunde bin ich so in der Musik versunken, dass ich jeden technischen Gedanken in den Urlaub schicke – und auch keine Notizen mehr mache. Einfach herrlich!

Es dauert noch einige Zeit, bis ich mich zusammenreißen und im Halbdunkel doch noch ein paar Kritzeleien zu Papier bringen kann, die nahtlos an meine Erinnerungen aus früheren Begegnungen anknüpfen. Insbesondere diese völlige Selbstverständlichkeit, mit der Stimmen körperhaft im Raum stehen, auch das Timbre, die akustische Gestalt von Instrumenten, der musikalische Fluss faszinieren mich. Überraschend kraftvolle, federnde Basslagen und perfekt eingebundene Höhen erweitern das völlig homogene Frequenzsspektrum zu beiden Extremen … ja, hier fühle ich mich klanglich zu Hause!
Der Oto Phono SE Signature bietet herausragende Audio-Note-Qualität zum wirklich überschaubaren Preis. Für eine mitreißende Performance, die der Musik voll und ganz gerecht wird, brauche ich verstärkerseitig nicht mehr als diesen scheinbar harmlosen Integrierten. Selbstverständlich bietet die AN-Welt noch jede Menge Steigerungsmöglichkeiten, bis hin zu Komplettsystemen im siebenstelligen Bereich. Doch für den gelungenen Ein- oder Aufstieg (es gibt auch noch kleinere, noch preisgünstigere Modelle) ist wohl keine Einzelkomponente besser geeignet als dieser moderne Klassiker – übrigens ein ganz früher Geniestreich des heutigen AN-Chefentwicklers Andy Grove.
So mancher Röhrenfreund wird es womöglich bedauern, dass der Oto sein Innenleben unter einem schlichten schwarzen Deckel versteckt hält. Zu verbergen hätte er ja in der Tat nichts, und auch ich schaue ganz gern mal auf einen sanft glimmenden Röhrensatz. Doch das unscheinbare Gehäuse, ob nun mit weißer Frontplatte oder nicht, hat auch etwas Gutes: Es lenkt nicht vom Wesentlichen ab. Genau das wird auch dem kritischsten Zuhörer mit den ersten Takten völlig klar: Musik. Hörvergnügen. You name it.
Der gute alte Oto Phono SE Signature: ein bezahlbarer Vollverstärker, der völlig aus der Zeit gefallen zu sein scheint und nichts anderes kann, als Musik zu vermitteln –das aber in einer überragenden, vollständigen Qualität. Schön, dass es so etwas überhaupt noch gibt. Seien Sie nett zu ihm. Er wird es reichlich belohnen.

 

Audio Note Oto Phono SE Signature

Funktionsprinzip: Class-A-Röhrenvollverstärker
Bestückung: 1 x 6DJ8, 3 x ECC83, 4 x EL84
Leistung (8/4 Ω): 2 x 10 W
Eingänge: 1 x Phono MM, 4 x Line (Cinch)
Ausgänge: 1 x Tape Out (Cinch), 1 Paar Lautsprecher (Schraubklemmen)
Besonderheiten: optional ohne Phono (Oto Line SE Signature)
Ausführung: Front in Aluminium gebürstet, Acryl schwarz oder Weiß
Maße (B/H/T): 45/15/45 cm
Gewicht: 17 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 5600 €

 

Voigt Audiosysteme, Altenhainer Straße 20, 65779 Kelkheim, Telefon 06195 61003

info@audio-note-vertrieb.de

www.audionote.co.uk

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