Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) und RIHPA 2015 – die Welt in beige und wieder zurück.
Das Rocky Mountain Audio Fest (RMAF) ist in seiner 12. Auflage mittlerweile so etwas wie ein Fixstern im High-End-Kalender und hat trotz der enormen Größe seine Liebenswürdigkeit beibehalten.
Ein ganz besonderes Highlight stellte in diesem Jahr die erstmalige Vergabe des Rocky Mountain International HiFi Press Awards (RIHPA) dar. RIHPA ist der erste globale HiFi-Preis, der gemeinsam von einer Vielzahl internationaler Presseorgane vergeben wird. FIDELITY ist stolz, zusammen mit dem Veranstalter des RMAF diesen prestigeträchtigen Award aus der Taufe gehoben zu haben.
Die Messe fand, wie auch in den Jahren zuvor, wieder im Denver Marriott Tech Center, einem sehr großen Konferenz- und Veranstaltungshotel, statt. Es ist schwer auszumachen woran es liegt, aber Amerikaner scheinen die Farbe Beige sehr zu mögen. Im Hotels ist es die bestimmende Farbe. Teppiche, Wände, Decken, Lampenschirme, Gardinen und Vorhänge, Tagesdecken, der Schreibblock auf dem Zimmer, Passepartouts in Bilderrahmen, Türen, nicht zu vergessen das komplette Badezimmer, ja selbst die Glühbirnen leuchten nicht weiß, sondern beige. Das entschleunigt und wirkt irgendwie einlullend. Ist aber eigentlich egal, denn als Highender hat man per Definition die Kunst der selektiven Wahrnehmung perfektioniert, außerdem hilft diese optische Reizarmut, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Die Bandbreite des auf dem RMAF Präsentierten ist umfassend: Von allerfeinster Manufakturware bis hin zu Mega-Killer-Bling-Bling-Boliden. Letztere wollen wir dieses Mal aber weitestgehend ausblenden und uns auf Spannendes konzentrieren. Eines vorab: Der Preis für das beste Musikprogramm geht eindeutig an Zu Audio. Dort zauberten zwei DJs einen verführerischen Indie-Pop-Mix aus ihren Decks. Teils von Vinyl, teils von CD und auch eine Festplatte war mit im Spiel. Der Zu-Raum bildete so einen von großartiger Musik durchfluteten Rückzugsort. Beide Daumen hoch!
Einen spannenden und sehr gut klingenden Lautsprecher konnte man bei Muraudio bestaunen: Ein ausgeklügeltes omnidirektionales Konzept mit gekrümmten, rundumstrahlenden Elektrostaten in Verbindung mit drei rundum angeordneten Bässen. Das klang sehr sonor und trotzdem mit einem Maß an Präzision, das für Omnis nicht alltäglich ist. Ceramic Audio Systems CAS aus Japan hat einen neuen, großen Keramiklautsprecher zur Messe leider nicht ganz fertig bekommen. Der Entwickler kniete den ganzen ersten Tag auf dem Boden und versuchte zu retten, was längst hoffnungslos war. Das kleinere Alternativ-System jedoch konnte man hören und es war sicher auch dank des überragenden RAL-Bändchens eine Sünde wert. Das große System soll bis zur Münchener High End aber ganz sicher spielbereit sein. Eine weitere herausragende Vorführung lieferten erneut YG-Lautsprecher, jetzt aber in Verbindung mit Audionet-Elektronik. Dieser Raum beeindruckte durch subjektiv als richtig empfundenes Timing.
Die große Überraschung der Show war jedoch ein Lautsprecherset von HRT. Der amerikanische Vertrieb hat kurzerhand mehrere Lautsprecher des „Stage Speaker Systems“ zu einem kleinen Array verbunden und bietet dieses Set inklusive Ständer und Verstärker für 3100 USD an. Der Klang war auffallend ausgewogen und trotzdem erstaunlich direkt. Zu diesem Preis ein echter Knüller! Ein weiterer Kandidat auf den Preis für „Best Value For Money“ war Spatial Audio. Eine noch junge US-Firma, die Open-Baffle-Lautsprecher entwickelt. Mit einem Einstiegspreis von 1.290 Dollar fürs Paar (3-Wege-Konzept mit Druckkammertreiber im Hochton) verblüffend preisgünstig und im Klang vollkommen überzeugend. Guter Bass, gute Kontrolle, guter Raum ohne einen Anflug von Verfärbungen. Herausragend!
Ein weiteres ungewöhnliches Open-Baffle-Konzept, gab es bei Pure Audio zu bestaunen. Eine Firma, die man bereits von diversen Messen in Deutschland kennt. In Denver hatte Pure Audio eine Schallwand dabei, die einen Line Magnetic 755 Treiber (Western-Electric-Klon), flankiert von zwei Bässen beheimatete. Und wieder mal war die Verwunderung groß, ob der Höhenflüge zu denen dieses historische Chassis in der Lage ist. Der Preis für diesen Lautsprecher stand leider noch nicht fest, da es sich noch um einen Prototypen handelte. Er wird sich aber sicher in bezahlbaren Regionen bewegen, denn Pure Audio ist nicht für eine überzogene Preispolitik bekannt.
Ein für mich magnetisches Zimmer, war die Präsentation von 47 Labs, in Deutschland vertreten durch Black Forest Audio. 47 Labs war mit einer komplett eigenen Kette angetreten und verbreitete von Klassik bis hin zu Kraftwerk ausnahmslos gute Laune. Teils sehr ungewöhnliche bis hin zu nicht zulassungsfähigen Lösungsansätzen führten zu einem Gesamtergebnis, das wohl am besten mit dem Begriff der inneren Geschlossenheit beschrieben werden kann. Ganz große Klasse!
Wavelength, bekannt für gute Röhrenelektronik, hatte einen mit einem kleinen Horn geladenen Ionenhochtöner am Start, der dann auch in den eigenen Lautsprecher verbaut wurde. Der Lautsprecher entsprach zwar nicht zu hundert Prozent meinem Geschmack, hatte ich doch den Eindruck durchaus deutliche Verfärbungen im Oberbass, bzw. den unteren Mitten heraus zu hören, der Ionenhochtöner jedoch zeigte sich über jeden Zweifel erhaben. Spannend war auch die Präsentation des großen Systems von Technics. Es glänzte durch enorme Kohärenz und Plastizität. Übrigens vermarktet Technics seine Produkte auf dem amerikanischen Markt einzeln, und nicht wie in Deutschland im System. Vielleicht sollte Technics diese Strategie auch in Deutschland anwenden. Den Kunden könnte das gefallen. Ein weiterer interessanter Kandidat war eine offene Schallwand von R2R Audio mit jeweils einem einzigen 15-Zoll-Chassis. Verstärker und DSP sind dabei schon „on board“. Der Klang war unerwartet offen mit ordentlichem Punch. Bei einem Preis von rund 20.000 USD werden jedoch die meisten Interessenten aussteigen. Trotzdem ein tolles Produkt.
Last but not least geht der Preis für das seltsamste Produkt an „High Fidelity Cables“. Dort vertritt man die Meinung, dass Magnete im Signalweg dem guten Klang dienlich sind. Je mehr und je stärker, desto besser. Die Vorführung mit ihren Magnetkabeln war dann auch ganz gut, jedoch gab es leider keinen direkten Vergleich mit einem „normalen“ Kabel, was eine Einordnung schwierig macht. Nichtsdestotrotz hat Rick Schultz, der Man hinter den Kabeln, eine plausible Erklärung für die Richtigkeit seines Ansatzes, die leider nicht unmittelbar verständlich ist. Ein Thema, das sicher polarisiert. Wir bleiben dran und versuchen, den Dingen auf den Grund zu gehen.
In drei eigenen Räumen hat der Veranstalter des RMAF beispielhaft gezeigt, wie typische Einstiegssysteme in der 500-, 1.000- und 1.500-Dollar-Klasse aussehen könnten. Sicher ein sehr guter Schritt, um Einsteigern die Angst vor unüberschaubaren Kosten zu nehmen. Vielleicht auch eine Anregung für die Veranstalter der deutschen Messen.
Das war‘s aus dem beigegetönten Denver. FIDELITY freut sich schon auf das nächste Rocky Mountain Audio Fest.