Live Act Audio LAS 312 – Jenseits von High-Fidelity
Musikerlebnis auf höchstem Niveau – koste, was es wolle, aber nicht um jeden Preis!
Treffen sich ein Musikverrückter, ein Holzexperte und ein Lautsprecherentwickler …
Wer jetzt einen Kalauer erwartet, muss sich woanders umschauen. Es gibt in der HiFi-Szene genug Gelegenheiten, um einen müden Witz über eine solche Konstellation zu reißen, doch Live Act Audio gehört nicht dazu. Man arbeitet passioniert und – im Gegensatz zu den vielen Hobbyisten da draußen – sehr professionell. Selbst der Musikverrückte in diesem Trio, der augenzwinkernd „eigentlich nichts richtig kann“, hat alles richtig gemacht.
Live Act Audio ist das Projekt von Dieter Molitor. Bis vor kurzem noch als MHW Audio unterwegs, gründete er nun die Live Act Audio GmbH, um seine aufsehenerregenden Lautsprecher klarer zu positionieren und die Serienfertigung zu starten. Dazu wurden die bisherigen Vorserienmodelle auch neu gestaltet. Der optische Unterschied mag beachtlich sein, aus technischer und klanglicher Sicht hingegen hat sich rein gar nichts geändert. Mein erster, entscheidender Eindruck zur Performance lässt sich also eins zu eins auf Live Act Audio (kurz: LAA) übertragen.
Dieter Molitor hat schon immer genau gewusst, was er will: einen Lautsprecher, der das prickelnde Konzerterlebnis in vollumfänglicher Pracht, den mitreißenden „Live Act“ mit ungebremster Wucht und Energie transportieren kann. Jahrelang hatte er genau danach gesucht, hatte immer wieder viel Geld in sogenannte Traumlautsprecher investiert und doch nie den einen Schallwandler gefunden, der alle für ihn entscheidenden Kriterien unter einen Hut bekommt. Nach einem weiteren Versuch mit sechsstelligem Preisschild, der ihn trotzdem emotional (wieder einmal) völlig kalt ließ, beschloss Molitor, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Und damit sind wir auch schon beim wichtigsten Punkt angelangt, um die Konstruktion und die Klangsignatur eines Lautsprechers zu verstehen: beim Entwickler. Klar ist, dass ausnahmslos jeder ernst zu nehmende Lautsprecher die klangliche Handschrift seines Entwicklers in sich trägt und hörbar macht. Denn bei all den Technikparametern, die sich teils gegenseitig beeinflussen und die Klangbalance eines Lautsprechers entscheidend bestimmen, müssen irgendwann Prioritäten gesetzt werden. Die berühmte Quadratur des Kreises – theoretisches Ziel: der „perfekte Lautsprecher“ – ist nicht ultimativ erfüllbar, sondern nur bis zu einem gewissen Grad. Und jede praktische Annäherung ans theoretische Ideal bedeutet entweder enormen technischen Aufwand oder die Beherrschung der komplexen Materie aus dem Effeff. Erschwerend kommt hinzu, dass der „ideale Lautsprecher“ für einen typischen Highender ganz anders aussieht als für einen typischen Beschallungs- und Tonstudioprofi.
Live Act Audio, kurz: LAA, versucht den Spagat zwischen diesen beiden Welten, und Dieter Molitor hat dafür „genau den richtigen Mann“ als Chef-Entwickler unter Vertrag. Dieser Experte verkörpert mit Herz und Seele das Beste aus beiden Audiowelten und kann dies mit Live Act Audio (endlich!) auch realisieren. Ich habe den Konstrukteur (der auch für andere Unternehmen, vor allem aus dem Pro-Audio-Bereich, tätig ist und daher nicht genannt werden möchte) persönlich getroffen und mich im ausführlichen Gespräch von seinen Prämissen bei der Konstruktion der LAA-Modelle und dabei auch von seiner extrem breitbandigen Kompetenz überzeugen lassen. Um den Wunsch nach praktisch unbegrenzten Dynamikreserven mit dem ketzerischen Spruch „übliche HiFi-Treiber können das gar nicht, die sind halt nur HiFi“ zu begegnen, muss man schon ganz genau wissen, was heutige Profi-Chassis draufhaben und wie gut sie in einer wohnzimmerkompatiblen Anwendung klingen. Es schadet dabei natürlich auch nicht, wenn man auf maßgeschneiderte, vorzügliche Treiber zurückgreifen kann, die sonst nicht einmal für Geld und gute Worte zu haben sind.
Apropos „wohnzimmerkompatibel“: Die große Serie von LAA rangiert als „Live Act Series Reference Line“ im Programm, was wiederum mit „LAS“ abgekürzt wird. Sei’s drum. Wie es sich für maßstabsetzende Lautsprecher gehört, spielt die Statur eine eher untergeordnete Rolle. Praktisch unbegrenzte Bassreserven sind mit kleinen Treibern (hier: alles unter 30 Zentimeter Durchmesser) in kompakten, schlanken Gehäusen nicht realisierbar. Tiefe, effiziente und absolut unkomprimierte Bässe brauchen Volumen und Membranfläche. Hauptsache, das Gehäuse passt irgendwie noch durch die Haustür und stößt beim ersten Aufstellversuch nicht durch die Zimmerdecke. Sehr sympathisch, diese lockere, aber konsequente Entwicklungsmaxime. Übrigens ist die 312 „nur“ das mittlere LAS-Modell; die noch erheblich größere – und teurere – 512 passt mit einer Höhe von 2,3 Metern nicht mehr problemlos in mein Hörstudio.
Echte Hinguckerqualitäten besitzt die einzigartige Gehäuseausführung der LAS 312. Die kontrolliert wilde Optik ist sensationell, die nur scheinbar raue Oberfläche sieht aus wie ein aus dem vollen Block herausgehauenes Stück Spaltholz und verbreitet eine angenehme Atmosphäre von Kaminzimmer und mondänem Landsitz. Die Oberfläche ist das Ergebnis eines äußerst raffinierten und kostspieligen Verfahrens, bei dem einer Multiplexplatte mittels großem Druck eine einseitige Struktur eingeprägt wird. Das „kaltverfestigte Schmiedeholz“ wird daraufhin im Sandwichverfahren mit „normalen“ MPX-Platten verbunden und bildet dann eine höchst steife und zugleich resonanzarme, aber eben nicht totgedämpfte Basis für das Gehäuse.
Für die sensationelle Optik und zugleich hervorragende Resonanzdämpfung ist auch Markus Reitz verantwortlich, der Holzexperte und Unternehmensstratege (und der zweite offizielle Mann) bei Live Act Audio. Reitz und Molitor stellen die LAS 312 zunächst im Hörraum der Redaktion, später bei mir zu Hause auf. Das nötigt mir Respekt ab, denn jeder Lautsprecher bringt rund 130 Kilogramm auf die Waage, eine direkte Folge des geradezu verschwenderisch wirkenden, gleichwohl zielgerichteten Materialeinsatzes. So bestehen sämtliche Gehäusewandungen, auch die inneren Kammern für Mitteltöner und Frequenzweiche, aus mindestens 40 Millimeter starken Multiplexplatten, hinzu kommen massive Aluminiumplatten für Rückwand und Basis sowie der aus dem vollen Material herausgefräste Aluminiumrahmen auf der Front.
Er hält nicht nur den akustisch durchlässigen „Gummivorhang“ in perfekter Form, sondern trägt auch das einzige Detail der LAS 312, das mir persönlich überhaupt nicht gefällt: Zwei Swarovski-Kristalle decken die beiden oberen (versenkten) Schraubenköpfe im Rahmen ab. Glücklicherweise bietet LAA als Manufaktur auch dafür mehrere Optionen an.
Von optischen Fragen völlig unabhängig fasziniert mich die Bestückung der LAS 312 schon „im Leerlauf“. Die beiden Zwölfzoll-Bässe stammen aus US-amerikanischer Produktion und sind mit allem ausgestattet, was das hochbelastbare High-End-Herz begehrt, von der riesigen hinterlüfteten Schwingspule bis zur hart aufgehängten beschichteten Papiermembran. Die beiden Tieftöner bedienen nach Art eines integrierten Subwoofers den Frequenzbereich bis 100 Hertz. Jeder Treiber arbeitet in einer eigenen Kammer und wird von vier symmetrisch angeordneten Reflexöffnungen auf der Front unterstützt; LAA garantiert auf diese Weise auch bei allerhöchsten Pegeln die gewünschte Stabilität, akustisch wie resonanztechnisch. Die Bässe werden übrigens in der vorliegenden Testversion von einer aktiven analogen Frequenzweiche und einer eigenen Endstufe von Bryston exakt und potent versorgt.
Oberhalb von 100 Hertz kommt ein Koaxial-Treiber zum Einsatz, dessen beschichtete Mitteltonmembran ebenfalls 30 Zentimeter durchmisst und den Bereich bis 1100 Hertz abdeckt, getrennt von einer passiven, sehr fein bestückten Frequenzweiche in einer eigenen Kammer. Das zentrale Hochtonhorn des Koaxtreibers wird von einer speziellen Berylliummembran mit 75 Millimeter Durchmesser bedient, die mühelos bis in höchste Höhen marschiert, zugleich aber auch extrem belastbar ist.
Die Erst-Installation der LAS 312 in einem normalen Wohnzimmer ist, abgesehen vom Gewicht, relativ einfach zu bewerkstelligen: vorzugsweise wandnah und nicht allzu weit auseinander sollen die Schallwandler stehen – ein echter Vorteil in der audiophilen Praxis gegenüber all den anderen Boliden der Obendrüber-Liga, die üblicherweise divenhafte Ansprüche anmelden und sofort hörbar beleidigt sind, wenn sie nicht rundherum zwei Meter Luftraum zur Entfaltung bekommen. Ganz anders die Live Act Audio 312: Kaum steht die Verkabelung der ansteuernden Bryston-Elektronik, kann ich bereits nach wenigen Minuten in die Feinjustage einsteigen. Dabei informieren sie mich jederzeit und unmissverständlich, ob ein noch so kleiner Schritt, eine noch so subtile Veränderung in die richtige Richtung führt oder eben nicht. Und das ist es doch auch, was ich von einem audiophilen Spitzenwerkzeug erwarte: unkomplizierte, eindeutige Vermittlung von einfach allem, was „davor“ geschieht, bis hinein in die subtilsten, atmosphärischen Details. Konstatiere: Dieser dicke Brummer besitzt ein fantastisches Gespür für alles, was um ihn herum geschieht, und er „zeigt“ es wirklich gern, ohne dazu erst aufgefordert werden zu müssen. Ein weiterer sympathischer Charakterzug der LAS 312 im Gegensatz zu praktisch allen anderen Topschallwandlern: Jede eigene Bemühung in puncto Zuspieler, Verkabelung und Aufstellung mündet hier nicht in weniger Unzufriedenheit, sondern in mehr Zufriedenheit. Ein großer und entscheidender Unterschied, um beispielsweise auch mit „kleiner“ Elektronik, „viel zu günstigen“ Kabeln oder noch nicht hundertprozentig Positionierung vergnüglich Musik zu erleben. Ja, die LAS 312 ist ein allürenloser, supersportlicher Teamplayer der allerbesten Sorte. Nichtsdestotrotz lohnt es sich natürlich, stets ermuntert durch besagtes Gespür für jeden kleinen Schritt, das häusliche Setup immer weiter zu verfeinern. Über Wochen hinweg probiere ich innerhalb des halbaktiven Systems fast ein Dutzend großer (und nicht ganz so großer) Verstärker aus, experimentiere mit zahllosen Kabeln, verliere aber trotzdem nie die Lust am Musikentdecken, am Hören und Genießen. Also wirklich, eine derart konsequente audiophile und zugleich spielfreudige Musikmaschine habe ich bisher noch nicht erlebt!
Den Hörer erwartet in jedem Fall eine sensationell dynamische und durchsetzungsfähige Performance, die von Samt- bis Boxhandschuh, von Pianissimo bis Motörhead-Bühnenpegel alles abdeckt – inklusive wunderbar leuchtender Klangfarben und einer trotz wandnaher Aufstellung verblüffend tief reichenden, bestens ausgeleuchteten Raumdarstellung. Nein, das hier ist kein Flächen- und auch kein Omnistrahler, vielmehr auf den Punkt richtig und extrem griffig und ausbalanciert. Das darf man zu diesem Preis wohl erwarten, sagen Sie? Richtig, das finde ich auch. Die eigentliche Faszination dieses edlen, zugleich äußerst kumpelhaften Musikanten liegt in seiner charmanten Art, jede Form der Energie verlustfrei an den Hörer durchzureichen und dabei im Zweifelsfall einen winzigen Hauch, eine Spur einer Idee „nach vorn“ zu spielen – wie die allerbesten Schlagzeuger. Ich bin tief beeindruckt.
Der Besuch der LAS 312 bei mir zu Hause wird zu einem mitreißenden Fest mit meiner Plattensammlung. Bevor die 312 auch nur ansatzweise einknickt, streicht entweder ein offensichtlich zu klein dimensionierter Verstärker oder aber ich selbst die Segel. Die Live Act Audio jedenfalls zieht vollkommen ungerührt durch. Derlei Reserven brauche ich vermutlich nie, aber es ist beruhigend, sie zu haben. Die 312 rangiert mit ihren versammelten Talenten und dem extrem breitbandigen Dynamikumfang so weit „oben“ in meiner high-fidelen Wahrnehmung, dass ich mir schon bildhaft vorstellen kann, wie sie renommierte Achtzöller zum Frühstück verspeist – und dabei einen Zehn-Zentimeter-„Bass“ kaum als Gruß aus der Küche wahrnimmt. Mann, es ist wirklich heiß geworden im CB-Clubhaus. Ich lasse mal frische Luft herein und denke nach …
… über mich und die Live Act Audio. Hatte ich jemals so viel unkompliziert zugängliches Hörvergnügen zur Verfügung? Ist die 312 zu groß für meinen 30-qm-Hörraum? Werde ich von diesem Schallwandler wieder zurückkehren wollen? Dreimal nein! Also: Die Live Act Audio LAS 312 zieht bei mir ein, koste es, was es wolle!
Live Act Audio LAS 312
Prinzip: 3-Wege-Lautsprecher, Bassreflex, passiv oder halbaktiv
Wirkungsgrad: 96 dB, passiv 94 dB
Nennimpedanz: 8 Ω, passiv 4Ω
Belastbarkeit: 700 W
Bestückung: 2x 30-cm-Tieftöner, Koaxial-Chassis: 30-cm-Mitteltöner und Hochtonhorn (75-mm-Berylliumtreiber)
Trennfrequenzen: 100/1150 Hz
Besonderheiten: passive oder halbaktive Ansteuerung möglich, entkoppelte Basisplatte
Ausführungen: Starkfurnier oder „Spaltholz“-Optik (10000 € Aufpreis), Frontrahmen und Basisplatte nach Wunsch eloxiert, individuelle Sonderausführungen gegen Aufpreis
Maße (B/H/T): 42/132/52 cm
Gewicht: 130 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: 69000 €
MHW Audio
Sonnentauweg 29
87527 Sonthofen
Telefon08321 6188400
Mitspieler:
Plattenspieler: Audio Note TT-2, Clearaudio Innovation, EnVogue Astra
Tonarme: Audio Note Arm 2, Clearaudio TT-II, Nottingham Analogue AnnaArm 12“
Tonabnehmer: Audio Note IQ3, Clearaudio DaVinci und Concept MC
Phonoverstärker: Clearaudio Absolute Phono, Pro-Ject Phono Box RS
Digitalplayer: Audio Note CDT-3/DAC 3, Soulution 541, T+A PDP 3000 HV
Music-Server: Audirvana Plus
Vorverstärker: Audia Flight Strumento No.1, Esoteric Grandioso C1, Shindo Lab. Monbrison, T+A P 3000 HV
Aktive Frequenzweiche: Bryston 10B-SUB
Endverstärker: Audia Flight Strumento No.8, Audio Note P2SE, Bryston B4SST und B14SST, Esoteric Grandioso S1, QUAD II, Silvercore TB3/1000, T+A A 3000 HV
Kabel: Audio Note, Audioplan, Funk, HMS, MFE, Refine Audio, Silvercore, Vovox
Stromversorgung: IsoTek Aquarius EVO3
Zubehör: Acoustic Systems, Harmonix, Biophotone, LignoLab TT100 und „Die Bank“, Subbase Audio Shambala, Écho analogique und Écho LS