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Anna Webber
Anna Webber - Percussive Mechanics CD / Pirouet

Anna Webber – Percussive Mechanics

Anna Webber – Percussive Mechanics

 

Luftige Abenteuer

Nicht alle Tenorsaxofonisten spielen laut, aggressiv und dröhnend. Mark Turner und George Garzone zum Beispiel gehören eher zur sanften, ätherischen Tenoristen-Fraktion. Anna Webber, die junge Kanadierin aus British Columbia, hat bei beiden studiert – und sie wusste sicherlich, warum sie genau diese Lehrer gewählt hat. Auch bei Anna Webber klingen Saxofon und Flöte kühl, gedämpft, verhalten – aber gleichzeitig experimentell, brüchig, riskant. Die Freiheit im Kühlen hat ja eine gewisse Tradition im Jazz. Schon im gedämpften Westcoast-Stil bewegte man sich gerne am Rand der Avantgarde. Auch die kühle Lennie-Tristano-Schule wurde von Miles Davis als „gewagter“ eingeschätzt als der spätere Free Jazz. Übrigens hat Anna Webber in New York mit dem Saxofonkollegen Jay Rattman auch ein Lennie-Tristano-Projekt am Laufen. Das Bild komplettiert sich.

Anna Webber
Anna Webber – Percussive Mechanics
CD / Pirouet

Das Klanggeschehen auf ihrer neuen CD Percussive Mechanics (Pirouet PIT 3069) erinnert ein wenig an mobile Konstruktionen auf einem Zeichenbrett. Da werden Objekte zueinander in Position gebracht, Muster übereinander gelegt, Abläufe entwickelt, Licht und Schatten ins Spiel geholt. Zwei kühl-pastellenen Bläserstimmen – Anna Webber und James Wylie – und einem Kontrabass stehen vier im weitesten Sinn „perkussive“ Akteure entgegen. Es ergeben sich rhythmische Überlagerungsmuster – zusammengesetzt zum Beispiel aus Wurlitzerpiano, Marimba und Glockenspiel – und starke perkussive Strömungen. Die Themen schwimmen darin als zerklüftete Konstruktionen, werden zersprengt in Einzelfiguren, nehmen eine unberechenbare Schwingung auf. Da ist viel unerforschte Geometrie auf weißem Grund. Da ist Minimalistisches, Repetitives, Dynamisches, Unerklärliches. Keine grelle Expressivität, keine emotionalen Ausbrüche. Aber ein kleines metaphysisches Abenteuer. Eine ganz eigene, pulsierende Hörlandschaft.

Der Gitarrist Kurt Rosenwinkel beschrieb einmal ein typisches Mark-Turner-Solo als „spirituell“ und „luftig“, ein „reines Objekt im Innern eines Prismas“. Mit diesem Mark Turner unterhielt sich Anna Webber eines Tages ausgerechnet über den Blues. Sie als weiße Kanadierin aus einer der „weißesten“ Gegenden des Landes finde es schwierig, in ihrer Musik mit dem schwarzen Blues zu kokettieren, meinte sie. Turner antwortete, Blues sei doch nichts anderes als eine gewisse emotionale Transzendenz. Etwas, das das Materielle und Analytische übersteigt. In diesem Sinn ist Percussive Mechanics wohl auch ein Blues-Album.

 

 

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