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AVM Inspiration CS 2.2

Test: AVM Inspiration CS 2.2

AVM Inspiration CS 2.2 – Der Allesfresser

Alles muss raus: Der neue Compact Streamer von AVM ersetzt eine ganze Anlage – auf einem Achtel Quadratmeter.

Welche Liste wäre wohl die längere: die Liste dessen, was der AVM Inspiration CS 2.2 kann, oder die Liste dessen, was er nicht kann? Es gibt nämlich tatsächlich Dinge, die das edle Gerät nicht so gut beherrscht: Tomaten schneiden und Dampfgaren. Ansonsten kann es aber fast alles und würde sogar in einer Besteckschublade Platz finden.
Sagen wir es ganz offen: Der CS 2.2 ist der Albtraum für alle, die in mühevoller Kleinarbeit HiFi-Komponente um HiFi-Komponente in ihrem Hörraum aufgeschichtet haben und nun nie mehr umziehen können, weil allein die erneute Verkabelung der Zuspieler eine Angelegenheit wäre, die länger dauert als die Dritte Sinfonie von Mahler. In der Welt des Internets spricht man bei technologischen Neuentwicklungen, die bisherige Geschäftsmodelle infrage stellen, von sogenannten „disruptiven“ Technologien. Und mit so einer haben wir es hier ganz eindeutig zu tun.
Der Inspiration CS 2.2 ist eine Fortentwicklung des CD-Receivers C 8 aus der gleichen Linie des baden-württembergischen Herstellers AVM. Der neue „Compact Streamer“ – dafür stehen die beiden Buchstaben CS – ist geeignet, große Teile der HiFi-Kette zu ersetzen. Denn eigentlich muss man nur noch ein paar Lautsprecher anschließen und sich, bewehrt mit der nicht wenig luxuriösen Fernbedienung, auf die optimale Stereohörposition in seinem bevorzugten Ohrensessel setzen. Das Leben kann manchmal nämlich ganz schön einfach sein.

Die in einem einzigen Edelblock ausgeführte Kompaktanlage spielt so ziemlich alles ab, worauf sich heutzutage Musik befindet, und gibt sie via integrierte Vor- und Endstufe aus. CDs nimmt sie über einen Schlitz auf und spielt nach dem Einlesen bei aktiviertem Autoplay umgehend los. Schallplatten-Spieler freuen sich über den serienmäßigen extrafeinen Phonoeingang, der neben MM- auch MC-Systeme würdig empfängt. Mit Musik beschicken kann man den Streamer ferner über WLAN, LAN, S/PDIF oder USB. An Formaten ist so ziemlich alles erlaubt: MP3 und WMA, WAV und AIFF, AAC und OGG Vorbis, ALAC und FLAC. Über eine LAN-Verbindung sind bei WAV-, FLAC- und AIFF-Dateien bis zu 192 Kilohertz und 32 Bit drin. Da in der digitalen Welt selten aller Tage Abend ist, kann man an etwaigen zukünftigen Entwicklungen per Software-Update teilhaben.
Die digitale Signalverarbeitung erledigt der CS 2.2 mit 192 Kilohertz und 24 Bit. Alles was reingeht, wird mittels Upsampling auf dieses Format hochgerechnet. Auch die Signale des – übrigens reinrassigen und gegen Erschütterungen federnd aufgehängten, allerdings nicht völlig geräuschlos werkelnden – CD-Laufwerks kommen in den Genuss dieser Rechenkunst. Dabei handelt es sich um alles andere als Hokuspokus: Durch die Erhöhung der sogenannten Wortbreite von (in diesem Fall) 16 auf 24 Bit werden Rundungsfehler, die systembedingt unvermeidbar sind, auf ein größeres Spektrum verteilt. So entsteht bei der anschließenden Übersetzung der Daten durch den Dual-DAC in die für Boxen verständliche analoge Sprache weniger Quantisierungsrauschen.
Bei Bedarf werden auch die Daten der unterstützten Medienserver upgesampelt, als da wären: UPnP 1.1, UPnP-AV und DLNA-kompatible Medienserver. Auch Microsoft Windows Media Connect (WMDRM 10) akzeptiert der CS 2.2 als kompatibel. Ob NAS, ob Festplatten, ob eingesteckter USB-Stick: Der „Compact Streamer“ von AVM ist wirklich nicht wählerisch und ein echter Allesfresser. Man kann Internetradio hören und die bevorzugten Sender verwalten oder – wie es sich für gebildete und kultivierte Menschen gehört – dem Deutschlandfunk über den UKW-Tuner lauschen. Mittelwelle – und damit hätten wir jetzt endlich etwas gefunden! – kann das Gerät nicht. Aber hier geht es ja auch nicht um den Empfang des Funkverkehrs von in den siebziger Jahren untergegangenen Öltankern, sondern um erstklassige Musikwiedergabe.
Für CB-Funker wäre allenfalls die Fernbedienung interessant: Denn die wendet sich nicht allein per Infrarot an die Station, sondern auch per Funk. Dem Freund des Wohlklangs gewährt dies maximale Bewegungsfreiheit oder, je nach Temperament, auch maximale Bewegungsarmut. Es sind keinerlei Verrenkungen erforderlich, um die Fernbedienung auszurichten. Der CS 2.2 reagiert tatsächlich auf Knopfdruck, völlig unabhängig von Sitz- oder Liegeposition.
Das Zusammenleben mit dem All-in-one-Künstler gestaltet sich tatsächlich angenehm und konfliktfrei. Der Alles-Streamer mag zwar viel können, leidet aber keineswegs an Featuritis. Das zeigt bereits der Blick auf die aufgeräumte Front: Display, CD-Schlitz, Lautstärkeregler dominieren das Bild. Je eine Quellenwahltaste für CD und Tuner sowie eine weitere zum Durchschalten der anderen Quellen, ein Kopfhöreranschluss für Miniklinke und fünf Multifunktionstasten, deren aktuelle Aufgabe sich beim Blick auf das übersichtliche und in anheimelndem Blau scheinende Display ergibt, komplettieren neben der Ein- und Ausschalttaste die frontseitig zugänglichen Funktionen. Und Fernbedienung hin, Fernbedienung her: Der Lautstärkesteller ist ein echter Handschmeichler, sodass man sich gerne erhebt. Man will ihn einfach anfassen und erleben, wie leichtgängig und ohne jedes Spiel er jede Drehnuance ausführt. Qualität kann man nämlich nicht immer nur hören, sondern auch ertasten.
Und natürlich auch sehen: Schrauben? Nicht in Sicht. Das feine Gehäuse aus gebürstetem Aluminium, das nebenbei auch der Kühlung dient, ist verzapft, nichts stört also den makellosen Eindruck. Standardmäßig kann man sich für eine Ausführung in Silber oder Schwarz entscheiden, gegen etwas mehr gedruckte Scheinchen aus Papier gibt es eine mit acht Millimetern extradicke verchromte Frontblende. Mit einer solchen ist auch das Testgerät ausgestattet: makellos und absolut perfekt verarbeitet. Allerdings muss man sich schon selbst sehr gerne haben, wenn man am frühen Morgen beispielsweise das Radio einschaltet: Das Chrom des CS 2.2 spiegelt jeden Bartstoppel präzise und bis in jede Graustufe hochanalytisch …

Auch von Musik zeichnet der CS 2.2 ein klares Bild – und zwar ohne Fisimatenten: Sowohl Fernbedienung als auch die Gerätefunktionen, die über das Display zugänglich sind (Klangregelung und ausgefuchste Loudness-Variationen beispielsweise, selbstredend abschaltbar), sind intuitiv verständlich. Schallwandler werden mittels Banana-Steckern angeschlossen – und schon geht’s los. Die Endstufe leistet pro Kanal 165 Watt an vier Ohm und nimmt es daher locker mit nahezu beliebigen Boxen auf. Bässe stellt der AVM eindrucksvoll griffig in den Raum und erklimmt auch luftigste Höhen mit Leichtigkeit.
So bereitwillig diese audiophile Kompaktanlage Musikformate entgegennimmt, so wenig wählerisch ist sie auch hinsichtlich der Art von Musik. Zwischen U- und E-Musik errichtet sie keine Grenze, ihr ist Dixieland ebenso genehm wie Punkrock. Zufällig zum Jubiläum des Mauerfalls anwesend, lässt sie pflichtgemäß Beethovens Neunte erstrahlen. Natürlich muss es die Bernstein-Aufführung vom Dezember 1989 im Rahmen eines Festkonzerts zum Mauerfall sein: Im vierten Satz erklingt statt „Freude schöner Götterfunken“ ein in „Freiheit schöner Götterfunken“ geänderter Text. Im Unterschied zum Dirigenten, der diese Abänderung zur Ode an die Freiheit veranlasste, kommentiert der AVM CS 2.2 die Musik nicht: Die tiefen Lagen bahnen sich ihren Weg durch das Orchesterdickicht, die Stimmen des Gesangsquartetts werden klar voneinander abgelöst. Der Sopran von June Anderson darf feuertrunken schillern und jubilieren, aber erzählen lässt sich der CS 2.2 von der Belcanto-Sängerin natürlich herzlich wenig: Er dokumentiert einfach das Geschehen, ist alles andere als unbeteiligt dabei, aber dem Ideal der getreuen Wiedergabe stets verpflichtet.
Geben wir ihm also etwas, wo er keine Chance hat: „You Stupid Asshole“ von den Hardcore-Vorläufern Angry Samoans, eine höhenlastige Aufnahme auf brüchigem Bassfundament mit einem viel zu lauten Ride-Becken, das durch eine schaurige MP3-Komprimierung überdeutliche Artefakte aufweist. All das berichtet der CS 2.2 absolut wahrheitsgemäß, ebenso das Leiern des Aufnahmebandes während der gesamten Aufnahme des nachfolgenden Stückes „My Old Man’s A Fatso“. Die Überlappung von Analog- und Digital-Artefakten analysiert der CS 2.2 sehr genau und gibt einen intensiven Einblick in die Aufnahme.
Am meisten Spaß macht gleichwohl immer noch das Hören per CD. Dies ist allerdings auf eine persönliche Schrulle des Autors zurückzuführen und liegt gewiss nicht in der Gerätschaft begründet. Musikfreunde, die ihre Schätze auf der NAS haben, werden dies gewiss anders beurteilen. Dem CS 2.2 ist es einigermaßen gleich, von wo „Lover’s Lane“ der Squirrel Nut Zippers abgespielt wird. Er ist stets auf Neutralität bedacht und legt hier Zeugnis ab von einer Aufnahme, der es gelingt, das schmetternde Gebläse in die Mitte der Band zu stellen statt abgehoben darüber. Spitze!
Es ist erstaunlich, was AVM mit dem neu entwickelten Alleskönner gelungen ist: auf kleinster Fläche eine komplette HiFi-Anlage unterzubringen, die nicht nur viel kann, sondern das auch noch überragend gut. Es dürfte praktisch unmöglich sein, sich ein Setup aus Einzelkomponenten zusammenzustellen, das so viel leistet und so audiophil klingt wie der CS 2.2, ohne erheblich tiefer in die Tasche zu greifen. Bye-bye, Gerätepark!

 

AVM Inspiration CS 2.2
Streaming-CD-Receiver

Eingänge analog: 4 x Hochpegel, 1 x Phono MM/MC (Cinch)
Eingänge digital: S/PDIF, optisch, USB (treiberlos)
Leistung (8/4Ω): 2 x 100/165 W
Ausgänge: Lautsprecher (4-mm-Buchsen), Pre Out, Line Out (Cinch), S/PDIF, CD Out, Kopfhörer (3,5 mm)
Streaming-Formate: FLAC, WAV und AIFF (jeweils 192/32 über LAN), ALAC (96/24 über LAN), MP3, WMA, AAC, OGG Vorbis
Besonderheiten: serienmäßige Systemfernbedienung (Infrarot und Funk) mit bidirektionalem Display und Ladestation
Ausführungen: Alu silber oder schwarz, optional mit dicker 8-Millimeter-Chromfront (Aufpreis 685 €)
Maße (B/H/T): 34/9,2/35 cm
Gewicht: 9 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: 4490 €

AVM GmbH
Daimlerstraße 8
76316 Malsch
Telefon 07246 4285

www.avm-audio.com

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