Looking for the English FIDELITY Magazine? Just click here!
Pro-Ject Komplettanlage

Test: Pro-Ject Komplettanlage

Pro-Ject Komplettanlage MaiA / CD Box S / RPM 1 Carbon / Speaker Box 10 – Die Kleine (Anlage)

Wie viel HiFi braucht der Mensch? Weniger, viel weniger, als man denkt.

Wie viel HiFi braucht der highfidele Mensch eigentlich wirklich? Das ist eine Frage, die sicher nicht nur mich seit ein, zwei Jahren immer stärker beschäftigt. Denn ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass die HiFi-Industrie (also diejenigen, die noch echte „Stereo-Anlagen“ produzieren und damit automatisch die sogenannten High-End-Hersteller) sich mehr und mehr in zwei Gruppen aufteilen. Von denen eine jede Obergrenze für Preise komplett über Bord geworfen hat, während die andere sich eher im normalen Umfeld immer noch hochwertig wirkenden „Budget“-Komponenten für, na ja, sagen wir mal unter 2000 Euro widmet. Dazwischen scheint das ehemals große, wichtige und kreative Mittelfeld mit seinem Vernunft-Angebot gefühlt – also ohne dass ich das jetzt mit harten Zahlen untermauern könnte – immer weiter zu schwinden. Natürlich ist es aus der Perspektive eines Herstellers völlig richtig zu realisieren, was bestimmte Märkte derzeit hergeben. Aber wenn diese Phase einmal vorbei ist, und das geschieht so sicher wie das Amen in der Kirche, dann könnte eine Marke hierzulande schon längst als unerreichbares Luxusgut abgehakt sein, nicht wahr?

Bei Pro-Ject betrachtet man das alles schon immer ein wenig anders, nämlich aus absolut bodenständiger Sicht. Und man hat damit großen Erfolg. Zumal heute niemand mehr hinter Miniaturisierung übertriebene Sparmaßnahmen vermutet, ganz im Gegenteil. Pro-Jects „Box Design“ passt vielmehr genau in eine Zeit, in der die Lust am monströs-übertriebenen „Seht her!“-Produkt immer kleiner wird. Ausnahmen mögen dabei nur die Regel bestätigen, etwa jene, dass guter Stil und praller Geldbeutel nicht immer eine harmonische Verbindung eingehen … Aber zurück zu den „Zigarren-Kistchen“, zurück zu Pro-Ject, sozusagen eine Multi-Audio-Manufaktur, die inzwischen mit einem Komplettprogramm aufwarten kann. Das wurde nun ergänzt durch MaiA, ein Alleskönner-Vollverstärkerchen, das gerade mal 3,6 Zentimeter flach und nur 20 Zentimeter breit ist.
So kompakte Abmessungen erreicht man natürlich nur mit extrem platzsparender Class-D-Verstärkertechnik und der Integration vormals kompletter Baugruppen in Chips. Deshalb kann MaiA nicht nur mit etwa 30 Watt aufwarten, sondern auch mit allem, was ein zeitgemäßer Vollverstärker benötigt: D/A-Wandler mit USB-Anschluss, Bluetooth-Adapter und sogar Phono-Vorverstärker! Und so bot es sich an, MaiA gleich noch mit einem optisch passenden CD-Laufwerk zu „verheiraten“, der CD Box S. Dachte sich der deutsche Vertrieb Audio Trade, der für diese Zweier-Kombi samt kleinem Rack einen seiner Superpackangebots-Preise aufruft. In einer weiteren, naheliegenden Kombination mit dem Komplett-Plattenspieler RPM 1 Carbon plus zwei Pro-Ject-Lautsprechern Speaker Box 10 entsteht dann eine Anlage, bei der man sich nicht anstrengen muss, um sie bildhübsch zu finden.
Mit dem MaiA offeriert Pro-Ject einen Vollverstärker, der sicherlich repräsentativ für die zukünftige Entwicklung ist. Enthält er doch einen kompletten D/A-Wandlertrakt inklusive USB-Schnittstelle; ich postuliere jetzt mal, dass diese Vollverstärker-Ausstattung zumindest im Preissegment des MaiA bald zur kaum noch extra erwähnenswerten Normalität zählen wird. Übrigens sind aktuelle Wandlerchips natürlich HD-fähig, sodass auch die Verarbeitung von Musikdaten mit 24 Bit und bis zu 192 Kilohertz Samplingfrequenz zum Standard wird. Was – zurzeit noch – außen vor bleibt, sind DSD und Streaming vom „Hausnetz“; wie sich hier die Dinge in puncto Geräte-Integration entwickeln, bleibt abzuwarten.
Angesichts erheblicher CD-Bestände bei den Musikfreunden erscheint es nur allzu logisch, dem MaiA einen CD-Player zur Seite zu stellen, bei dem der Hersteller große Konsequenz bewies: CDs nach Red-Book-Standard, sonst nichts. Mit der einen oder anderen Selbstgebrannten kann man deshalb Fehlermeldungen erleben, was das bewusst so beschränkte Kistchen nicht daran hindert, Digitaldaten via S/PDIF-Verbindung an die, Verzeihung, den MaiA durchzureichen. Der Analogausgang? Schön, aber nicht so gut wie der Wandler im MaiA, wenn Sie mich fragen. Ach ja, eine Fernbedienung liegt bei, ebenso ein Digitalkabel als Verbinder zum Vollverstärker/Wandler.
Ähnlich freigiebig agieren die Plattenspieler-Spezialisten bei ihrem neuen RPM 1 Carbon, der nun, eine Seltenheit in der Preisklasse, mit einer synthetisch erzeugten Motor-Spannungsversorgung aufwarten kann. Den runden, kleinen Spieler zu unterschätzen könnte schnell passieren, wenn man nicht weiß, dass der S-förmige Tonarm nun einen technisch höchst aufwendigen Materialmix repräsentiert. Gelang es doch, ein inneres Alurohr mit einer supersteifen Carbonschicht zu überziehen, außerdem ermöglicht der Tonarm hinten am Lager sogar Azimutjustage und Höhenverstellung. Eine berührungsfreie, magnetische Antiskating-Vorrichtung rundet den kugelgelagerten Tonarm sprichwörtlich ab. Laufwerksseitig ergänzt mit einem invertierten Tellerlager mit Keramikkugel sowie dem bekannten Ortofon-MM-Tonabnehmer 2M Red, wird das 470-Euro-Analogangebot viele Vinylfans nicht lange überlegen lassen, so viel scheint mir sicher. Und, klar, den RPM 1 Carbon gibt es auch in weißem oder rotem Hochglanzlack …
Mit der sehr schlanken, lediglich knapp einen Meter hohen Speaker Box 10 beantwortet Pro-Ject zunächst einmal die alte Frage, ob eine kleine Box, frei aufgestellt auf einem Ständer, überhaupt sinnvoll ist. Antwort: Nein, denn jenes Volumen, das der Ständer einnimmt, kann man ja ebenso gut dem Lautsprecher zuschlagen. Die Speaker Box 10 ist mit zwölf Kilogramm Gewicht alles andere als ein Transportproblem, steht sicher auf einer etwas überstehenden Grundplatte aus Sicherheitsglas mit Spikes und verlässt sich auf zwei Zehn-Zentimeter-Treiber in Bassreflex-Abstimmung, die als Tiefton-Chassis tituliert werden. Eine 25-Millimeter-Gewebekalotte, die sich im Hörtest als überaus freundlicher und zurückhaltender Geselle entpuppte, kümmert sich um den großen Rest. Mit angegebenen 90 Dezibel pro Watt und Meter – vielleicht eine etwas optimistische Einstufung –, reißt die Speaker Box 10 sicher keine Wirkungsgrad-Bäume aus, doch das ist ja auch nicht ihr Zweck. Fakt ist, sie sieht einfach gut aus, wirkt optisch dennoch zurückhaltend und dürfte gerade in Weiß lackiert einen monstermäßigen WAF („Wife Acceptance Factor“) besitzen.
Selbst für den, der in puncto Plattenspieler recht verwöhnt ist, könnte der kleine, rundliche Pro-Ject mit seinem cleveren, aber unscheinbaren Tonarm eine faustdicke Überraschung bereithalten. Das Maschinchen offenbart enorme Spielfreude, eine sogar recht zackige Gangart und, Ortofon 2M Red sei Dank, viel mehr Transparenz und Detailauflösung, als man der Kombi jemals zugetraut hätte. So macht Vinyl einen Höllenspaß, zumal der Phonoverstärker des MaiA keine schulterzuckende „Ich auch“-Entschuldigung darstellt, sondern tatsächlich einen guten Job macht. Was man auch von der CD Box S behaupten darf, die ich für ihren Preis hier und jetzt völlig ungeniert und mit reinem Gewissen jedem ans Herz legen möchte, der zu einem Computer/Wandler-Ensemble eine „Sicherheitsergänzung“ in Form eines Players haben möchte.

Mit einer winzigen Portion weniger Enthusiasmus verdient auch der kleine MaiA, angepriesen zu werden. Wozu er, das sei gleich festgestellt, rein gar nichts kann. Oder doch, ist er doch eine kleine Wuchtbrumme, die sich letztlich nicht nur durch ihre schieren Anschlussmöglichkeiten, sondern vielmehr durch einen Verstärkertrakt auszeichnet, der spielfreudig, sauber, sehr, sehr dreidimensional und eingängig ans Klang-Werk geht. Der Mini-Integrierte zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er keine erwähnenswerten Fehler macht und abstimmungstechnisch präzise den Mehrheitsgeschmack trifft. Doch mit der Speaker Box 10, die übrigens erstaunlich tief, erstaunlich rund und erstaunlich voluminös abgestimmt ist und sogar mittelgroße Räume sprichwörtlich in Schwingung versetzen kann, wurde dem MaiA keine leichte Last aufgebürdet.
Und das merkt man durchaus, wenngleich sich der tapfere D-Amp wie ein Berserker ins Zeug legt. Bei 15 Uhr am Pegelsteller, der bei 17 Uhr den Anschlag sieht, sind noch keine Partypegel erreicht, die Grenzen des MaiA aber schon. Mehr würde ihn in Verlegenheit bringen, was wir dem tapferen, nimmermüden Kämpferlein gerne ersparen. Und uns mit absolut nachbarschaftsfreundlichen, zivilen Pegeln von der Kombi freundlich einstimmen lassen auf ruhige, lange Musikabende, die zwar immer noch perlig-frisch genug, aber tendenziell auf einer schokoladig-freundlichen, runden, kuscheligen Seite anzusiedeln sind. Vor dem so wärmenden Kaminfeuer nichts und niemandem weh zu tun ist eine Kunst, dabei nicht gleich alles an potenziellen Aufregern zu verschweigen, eine Kür. Die von dieser Kette mit traumwandlerischer Sicherheit beherrscht wird. Ob zivilisierte, gefestigte Hör-Charaktere wirklich mehr Leistung – oder mehr Anlage – brauchen, erscheint fraglich, dennoch präsentiert Pro-Ject auf der zum jetzigen Zeitpunkt noch vor uns liegenden HIGH END eine kräftigere Version des MaiA mit dem Namenszusatz DF, die sogar Phono-MC-tauglich sein soll. Damit sollte es der Speaker Box 10 dann auch möglich sein, größere Räume zu füllen oder generell höhere Pegel zu erreichen. Für den, der es braucht, ist das sicherlich interessant, auch wenn ich noch einmal betonen möchte, dass auch der Standard-MaiA die Speaker Box ausreichend kontrolliert und körperlich sowie präsent klingen lässt. Wie viel Leistung Sie brauchen, testen Sie am besten selbst.

 

Pro-Ject MaiA / CD Box S / RPM 1 Carbon / Speaker Box 10

Vollverstärker Pro-Ject MaiA
Verstärkerleistung: 2 x 25/37 W (4/8 Ω)
Eingänge: 2 x Line (Cinch), 1 x Line (3,5-mm-Klinke), 1 x Phono MM (Cinch), 4 x digital (USB (asynchron bis 24/192), 1 x S/PDIF koaxial (Cinch), 2 x S/PDIF optisch (TosLink)), integrierter Bluetooth-Empfänger (aptX-Standard)
Ausgänge: 2 x Lautsprecher (Polklemmen), 1 x Pre-Out (3,5-mm-Klinke)
Besonderheiten: Fernbedienung
Ausführungen: Schwarz oder Silber
Maße (B/H/T): 20/3,6/15 cm
Gewicht: 1,2 kg

CD-Player Pro-Ject CD Box S
Ausgänge: 1 x Line (Cinch), 1 x digital S/PDIF (Cinch)
Besonderheiten: Fernbedienung, reines CD-Laufwerk
Ausführungen: Schwarz oder Silber
Maße (B/H/T): 20/3,6/15 cm
Gewicht: 1,2 kg

Plattenspieler Pro-Ject RPM 1 Carbon
Besonderheiten: Tonarm Pro-Ject 8.6cc-s aus Kohlefaser/Aluminium-Verbundwerkstoff, Tonabnehmer Ortofon 2M Red bereits montiert, optionale Staubschutzhaube
Ausführungen: Hochglanzlack schwarz, weiß oder rot
Maße (B/H/T): 38/12/35 cm
Gewicht: 2,9 kg

Standlautsprecher Pro-Ject Speaker Box 10
Prinzip: 2-Wege-Bassreflex
Nennimpedanz: 4 Ω
Wirkungsgrad: 90 dB (W/m)
Besonderheiten: Basis aus Sicherheitsglas mit vier höhenverstellbaren Spikes
Ausführungen: Hochglanzlack schwarz, weiß oder rot
Maße (B/H/T): 14/91/19 cm
Gewicht: 12 kg

Garantiezeit: jeweils 3 Jahre

ATR – Audio Trade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
Telefon 0208 882660

www.audiotra.de

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.