Canton Reference 7 K – Vitamin K
Schallwandler mit Keramikmembran-Chassis genießen in der audiophilen Szene klanglich einen besonders guten Ruf, sind mechanisch aber ultraempfindlich. Marktführer Canton will mit der neuen Reference-K-Serie nun die klanglichen Vorteile von Keramik mit der Robustheit von Aluminium vereinen. Im Blickpunkt: die brandneue Standbox Reference 7 K
Canton ist es im Laufe der letzten Jahre gelungen, sein einstiges eher biederes Image vollständig abzulegen. In aufwendig gestalteten Broschüren präsentiert man sich gern „stylish“ im Umfeld von Designermöbeln und schönen Menschen, die Musik lieben. Dabei ist es den Hessen gelungen, trotz Verzicht auf optische Gimmicks eine unverkennbare Formensprache zu entwickeln: Egal aus welcher Produktfamilie er auch stammt – einen Canton-Lautsprecher erkennt man bereits aus etlichen Metern Entfernung.
Typisch für Canton sind auch die extrem langen Produktzyklen der einzelnen Familien – auch die derzeit anspruchvollste Modellreihe, „Reference“ genannt, krönt schon seit etlichen Jahren die Canton-Produktpalette. Derzeit umfasst sie vier Stand-, einen Kompakt- sowie einen Center-Lautsprecher: Die kleinste aus dem Standboxen-Quartett, die Reference 7 K für 5200 Euro das Paar, gibt ihr Debüt hier nun exklusiv in FIDELITY.
Beim Technik-Plausch mit Canton-Chefentwickler Frank Göbl interessierte mich zunächst mal, warum Canton in der Reference-Serie gleich vier Standboxen anbietet, die sich in erster Linie nur durch andere Tieftöner-Größen unterscheiden. Dabei erfuhr ich, dass sich diese Staffelung vor allem im maximalen Schalldruckpegel sowie in der unteren Grenzfrequenz niederschlägt. Und dabei ist es keinesfalls so, dass das größere Modell zwangsläufig auch das Bessere ist. Denn optimale Basswiedergabe erfordert die Anpassung der unteren Grenzfrequenz des Schallwandlers an die jeweilige Raumgröße – eine zu groß gewählte Box kann einen kleinen Raum bei tiefen Frequenzen schlichtweg „überladen“, was zu undifferenzierter Basswiedergabe führt. In solchen Fällen ist das größere Tieftonvermögen der Box für den Klang also eher kontraproduktiv.
Aber was genau zeichnet denn nun eigentlich die Reference-Modelle aus? Auch wenn Lautsprecher heute noch im Wesentlichen so aussehen wie vor 40 Jahren und sich an ihrem grundlegenden Prinzip nichts änderte, haben sie in den letzten Jahren dramatische Fortschritte gemacht. Dank Computersimulation ist man heute in der Lage, beinahe alle klangrelevanten Einflussgrößen zu erfassen und darüber hinaus die einzelnen Parameter deutlich zielgerichteter als früher abstimmen zu können. Daher ist es ebenso spannend wie aufschlussreich, welche subtilen, von außen kaum erkennbaren Konstruktionsdetails Göbl und sein Team bei der Reference-Serie optimiert haben. Beispielsweise erhielten die Polplatten der 18 Zentimeter durchmessenden Mittel- und Tieftöner der Reference 7 K an einigen entscheidenden Kanten exakt definierte Anfasungen. Diese bewirken ein besonders homogenes Magnetfeld im Bereich des Luftspaltes, was die Verzerrungen deutlich senkt.
Das offensichtlichste Zeichen bei der brandneuen K-Serie – und bereits im Namen erkennbar – sind jedoch die keramisierten Aluminiummembranen. Mit diesen arbeitete Canton bereits erfolgreich in der Vorgängerserie, allerdings nur bei den Hochtönern. Bei den neuen Reference-K-Modellen sind nun alle Membranen vom Hochtöner bis zu den Bässen keramisiert, um einen möglichst homogenen Klang über den gesamten Frequenzbereich hinweg zu ermöglichen. Aluminium ist ein sehr leichtes, im natürlichen Zustand jedoch recht biegsames Metall. Um die gewünscht hohe Steifigkeit mit geringem Gewicht und guter innerer Dämpfung zu kombinieren, werden sowohl die Vorder- als auch die Rückseite jeder Reference-K-Membran in einem chemischen Eloxalprozess zu Aluminiumoxid keramisiert. Dabei werden etwa 40 Prozent des gesamten Materials oxidiert, was eine optimale Balance von allen drei Eigenschaften ermöglicht. Das Elektrolysebad, bei dem die Sauerstoffanteile vom Wasser auf das Aluminium übergehen, enthält bei der Herstellung der K-Membranen darüber hinaus Salze des ungiftigen Schwermetalls Wolfram, wodurch sich in der Oberflächenstruktur eine Mischung aus Aluminium- und Wolframkeramik ergibt. Da Letztere deutlich härter und fester ist als die Aluminiumkeramik, kommen die physikalischen Eigenschaften der Oberfläche denen einer Diamantmembran nahe, die Membranen sind aber in beliebigen Durchmessern herstellbar und profitieren vom weicheren Aluminium.
Am meisten profitiert dabei gegenüber den Vorgängermodellen die Membran des Mitteltöners von der ultraharten Wolfram-Keramik. Weil die Membran steif und leicht zugleich ist, kann der Mitteltöner größer ausgelegt werden als üblich und im Grundton tiefer hinabsteigen. Das ist nicht unwichtig, übernimmt doch der Mitteltöner in der Reference 7 K die akustische Hauptaufgabe. Um ein möglichst bruchloses Klangbild zu erzielen, ist er für den gesamten Mitteltonbereich zwischen 220 und 3000 Hertz zuständig. Das tiefe Hinabsteigen des Mitteltöners bei der 7 K erforderte auch eine Neuabstimmung der Tieftöner-Frequenzweiche gegenüber dem Vorgängermodell. Die beiden 18-Zentimeter-Bassisten arbeiten auf ein eigenes, vom Mitteltöner abgetrenntes Gehäuse, das nach unten hin auf den Sockel abstrahlt. Zur Vermeidung von Strömungsgeräuschen ist das Bassreflexrohr ein- wie ausgangsseitig trompetenförmig ausgebildet. Doch bei aller Liebe zu konstruktiven Details: Die Tatsache, dass ein wirklich guter Lautsprecher nicht allein durch exzellente Technik entsteht, ist Frank Göbl sehr wohl bewusst. Hier beginnt auch die Kunst, denn beim klanglichen Feinschliff verzichtet Canton auf geschmäcklerische Frequenzgang-Manipulation, die unweigerlich zu Verfärbungen führen würden. Göbl vertritt die Ansicht, dass das Verhältnis zwischen Direkt- und Diffusschallabstrahlung ganz wesentlich den Klangcharakter eines Lautsprechers prägt. Drum bezieht er die typischen Reflexionseigenschaften von Räumen, für die die jeweiligen Boxen gedacht sind, in ihre Abstimmung gleich mit ein. Doch damit nicht genug: Da die Klangbalance von Musikaufnahmen auch durch die Abhörmonitore im Studio geprägt wird, fließen deren typische Abstrahleigenschaften in Göbls Kalkulation ebenfalls mit ein.
Ob diese Taktik aufgeht, muss die Reference 7 K im Hörtest beweisen. Mit stabiler Grundtonfülle und kernigem, extrem gut durchstrukturiertem Klang marschiert die Canton spontan auf Erfolgskurs. Zunächst einmal überrascht mich die Tatsache, dass die Reference 7 K trotz ihrer doch recht zierlichen Erscheinung erstaunlich große Klangkörper entwickeln kann – und zwar ohne dabei irgendwie aufgebläht-dickbäuchig daherzukommen. Darüber hinaus artikuliert sie prägnant, ohne zu übertreiben oder ins Schärfliche zu verfallen.
So zaubert sie einen schier atemberaubenden Fokus, der gut und gerne von einem separaten Center-Speaker stammen könnte. Allerdings nicht in der zumeist üblichen Größe eines Stecknadelkopfes, der bei Kopfbewegungen sofort verschwindet – nein, die Reference 7 K ist vielmehr in der Lage, Schallquellen erstaunlich plastisch darzustellen. Diese Fähigkeit wahrt sie selbst bei geringsten Lautstärken, sodass es außerordentlichen Spaß macht, sich auch zu später Stunde noch komplexesten Musikstrukturen hinzugeben. Was mir ebenfalls sehr gefällt: dass sie bei all ihrer randscharf zeichnerischen Präzision ein sehr schönes Gespür für warme Klangfarben hat. Erstaunlich, mit welchen Nuancenreichtum sie Klangfarbenschattierungen ausdrücken kann. Bei all ihrer akribischen Detailarbeit wahrt sie stets den musikalischen Fluss und entwickelt nicht nur bei groovigen House-Tracks treibenden Beat.
Der Bass steigt nicht bis in die allertiefste Etage mit voller Schubkraft herab, eher ist die Abstimmung etwas straffer, und daher ist der Tiefbass bei höheren Pegeln schon deutlich zu spüren, ohne aber den Boden beben zu lassen. Dennoch ist das Klangvolumen wohlproportioniert ausgeprägt und prall. Und diese Abstimmung bewährt sich auch dann hervorragend, wenn man es dynamisch mal etwas ausgelassener haben will – beispielsweise beim swingenden „Swaggered“ vom australischen Elektronik-Klangzauberer Kalya Scintilla. Trotz ihrer noch recht zierlichen Erscheinung ist die 7 K pegelmäßig absolut kein Kind von Traurigkeit und kann es bei Bedarf auch mal richtig krachen lassen. Mit ihrem trockenen, straffen Bass ist sie sicher keine Boom-Box, die man sich nachts für ausgelassene Dub-Sessions in den Garten stellt. Das sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass man mit ihr problemlos ein echtes „Brett“ mit Schalldruckpegeln von deutlich mehr als 100 Dezibel fahren kann – und dann entwickelt sich das edle Stück zu einem richtigen Partylöwen mit enormer Sprengkraft und geradezu erstaunlichem Tiefbassfundament. Einziger kleiner Nachteil: Durch den niedrig angeordneten Hochtöner geht beim Stehen im Raum (etwa bei Partys) etwas an Luftigkeit verloren.
Dank ihrer straffen, tief herabreichenden Abstimmung ist die smarte Canton überdies genau der richtige Spielpartner für dröhngefährdete Räume. Und was mir persönlich ganz besonders gefällt: Die Reference 7 K klingt mehr nach einer geschlossenen als nach einer Bassreflexbox, weil der Bass so schön rund und trocken tönt. So ist denn die Canton Reference 7 K ein Lautsprecher, mit dem sich’s wirklich in jeder Beziehung bestens hören lässt.
Canton Reference 7 K
Funktionsprinzip: 3-Wege-Standlautsprecher, Bassreflex
Wirkungsgrad (1 W/1 m): 88,5 dB
Nennimpedanz: 4 Ω
Bestückung: 2 Tieftöner, 1 Mitteltöner (jeweils 18 cm ø) mit Keramik-Wolfram-Membran und Wave-Sicke (TCC), Hochtonkalotte (25 mm ø) mit Aluminium/Keramik-Oxyd-Membran
Übergangsfrequenzen: 220/3000 Hz
Besonderheiten: Sockelkonstruktion mit Bass-Guide, High-End-Verkabelung, vergoldetes Bi-Wiring/Bi-Amping-Anschlussfeld, Stoffabdeckung mit Magnethalterung
Ausführung: Lack schwarz oder weiß oder Furnier Kirschholz in „Piano Finish“
Maße (B/H/T): 29/101/42 cm
Gewicht: 33 kg
Garantiezeit: 5 Jahre, nach Registrierung 10 Jahre
Canton Elektronik
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