Musik HighRes-Downloads – Schöne Neue Downloadwelt
CD und UKW-Radio waren früher, HighRes-Download, Download und Streaming sind heute. Wir nennen Ihnen, wie und wo Sie erstklassig Musik ohne physischen Tonträger bekommen können. Und wo bei Computer-Fi Stolperfallen zu erwarten sind. Die klangliche Speerspitze für Musik vom Rechner sind Downloads in „High Resolution“ (auch: „HiRes“, „HighRes“ oder „highres“) bzw. „High Quality“.
Gehören Sie auch noch zu der Generation, die mit dem Kauf eines Produkts etwas in den Händen halten möchte? Eine schwarze oder eine silberne Scheibe, ein stabiles Pappcover oder zumindest eine Plastikhülle sollten es da schon sein. Dies wird zunehmend schwerer, bewegt sich doch der Tonträgermarkt unaufhaltsam in Richtung Download und Streaming hin.
In dieser und der nächsten Folge in FIDELITY online möchten wir Ihnen den Weg durch dieses Neuland ein wenig erleichtern – und zwar nicht mit Blick auf die benötigte Hardware, sondern mit Informationen, wie und wo Sie Ihre Musik überhaupt bekommen können und auf welche Grundsätze Sie dabei achten sollten. In dieser Folge geht es ausschließlich um den Download von Musik und damit um die letzte Möglichkeit, Musik zumindest noch indirekt materiell zu erwerben, um sie dauerhaft auf einer Festplatte, einem Stick oder auf einer gebrannten CD zu besitzen. Aber Obacht: Nur ohne DRM (Digital Rights Management) sind Sie uneingeschränkter Herrscher über Ihre Dateien. DRM kann dazu führen, dass der Download an einen spezifischen Computer gebunden ist, von diesem also nicht oder nur beschränkt (etwa in einem anderen Qualitätsformat) transferiert werden kann. Zunehmend gehen die Portale dazu über, Downloads ohne DRM anzubieten. Dies bedeutet dann, dass die Nutzung der heruntergeladenen Dateien, unabhängig von ihrer Qualität oder ihrem Format, durch kein System beschränkt wird. Sie können also auf allen Abspielgeräten genutzt und auch gebrannt werden. Wie bei allen Transaktionen im Internet lautet auch hier die Devise: Ein Blick in die AGB schadet nie.
Schöne neue Vielfalt
Der Markt ist unübersichtlich, da er sich gerade erst (er)findet und sich dabei gleichzeitig im permanenten Umbruch befindet. Lassen Sie uns deshalb zunächst die verschiedenen Download-Portale ein wenig ordnen und kategorisieren. Wir lassen dabei bewusst die beiden Marktbeherrscher Apple und Amazon unbeachtet am Wegrand liegen, da es hier ausschließlich um verlustfreie, unkomprimierte Downloads gehen soll, die mindestens in CD-Qualität (16 bit/44 kHz) oder in High-Resolution-Qualität (24 bit/44–192 kHz) verfügbar sind.
Da sind zunächst die größeren, von Labels und Genres weitgehend unabhängigen All-inclusive-Anbieter: Qobuz, HDtracks und HighResAudio. Neben diesen großen Anbietern finden sich viele Portale, die sich auf ein spezielles Genre spezialisiert haben. Bleiben noch die Shops der einzelnen Labels, insbesondere derjenigen, die ihre Veröffentlichungen nicht den großen Portalen zur Verfügung stellen (wollen). Im folgenden Informationskasten finden Sie eine kommentierte und sortierte Auswahl.
Diese Liste beinhaltet ausgewählte Portale und Labels, die von FIDELITY auf Soundqualität, Inhalt, Funktionalität und Sicherheit überprüft wurden und uneingeschränkt zu empfehlen sind. Zusätzlich sind Herkunftsland, Bezahlwährung, die Anzahl der Downloads und das verfügbare Auflösungsformat angegeben.
• Qobuz.com (Frankreich / € / ∞ / 16 bit, 24 bit) – mittlerweile umfangreichster Anbieter; neben Pop, Jazz und Klassik auch ein großes Angebot an Weltmusik und französischen Chansons
• HDtracks.de (USA und Deutschland / € / 1 / Neuerscheinungen nur 24 bit, Backkatalog 16 bit) – Pop, Jazz, Klassik; umfangreiches Sortiment amerikanischer Labels wie Tzadik oder Mode
• HighResAudio.com (Deutschland / € / 4 / nur 24 bit) – reiner HiRes-Anbieter; Jazz, Pop, Klassik, überwiegend Neuerscheinungen und Reissues
• Gubemusic.com (Norwegen / € / ∞ / 16 bit, 24 bit) – Jazz, Klassik, Elektronik; viele skandinavische Labels
• Eclassical.com (Schweden / $ / ∞ / 16 bit, 24 bit) – überwiegend Klassik, etwas Jazz; einer der ältesten Anbieter am Markt, Preisgestaltung nach Titellänge, täglich ein 50-Prozent-Angebot
• TheClassicalShop.net (Großbritannien / £ / ∞ / 16 bit, 24 bit) – ausschließlich Klassik; umfangreicher Backkatalog, viele englische Labels
• Primephonic.com (Niederlande / € / 3 / 16 bit, 24 bit) – junges Portal, ausschließlich Klassik; viele Zusatzinformationen, ein musikalisches Wikipedia
• Boomkat.com (Großbritannien / £ / ∞ / 16 bit) – sehr umfangreiches Sortiment elektronischer Clubmusik, Noise und Avantgarde; wichtigstes Portal für elektronische Musik
• Bleep.com (Großbritannien / £ / ∞ / 16 bit, 24 bit) – elektronische Musik, House, Techno
• Subradar.no (Norwegen / € / ∞ / 16 bit, 24 bit) – großes Sortiment experimenteller und avantgardistischer Musik, FreeJazz etc.; eines der spannendsten Portale im Netz
• Bandcamp.com (USA / vom Anbieter abhängig / ∞ / 16 bit, 24 bit) – Direktangebote von Musikern und kleinen Labels, Preisgestaltung z. T. variabel, „Fair-Trade“
Viele Portale haben mittlerweile verstanden, dass sie mehr anbieten müssen als nur den nackten Download, um Kunden zu gewinnen. So sagten uns Qobuz und Primephonic im Gespräch, dass sie sich als Musikdienstleister verstehen, als umfassenden Musikservice. Hierzu wird die Homepage zunehmend mit zusätzlichem Inhalt gefüllt. Primephonic etwa bietet zu allen Aufnahmen eine Art musikalisches Wikipedia mit umfangreichen Zusatzinformationen an, während Qobuz mit Kulturnachrichten und kleinen Podcasts aufwartet. Die musikalische Einkaufswelt ist dadurch fragmentierter und internationaler geworden. Lassen Sie sich hiervon nicht erschrecken; gerade die kleinen Portale bieten vielfältige Entdeckungen jenseits des Mainstreams an. Probieren Sie die Vorhörfunktionen und nutzen Sie die Gelegenheit, bequem und einfach Musik zu erwerben, für die man vor einigen Jahren noch umständliche Importaufträge bei seinem Händler in Auftrag geben musste.
Kommen wir noch zu einem Portal, dass ich Ihnen unbedingt ans Herz legen möchte: bandcamp.com. Kürzlich behauptete der Kollege Kreye in der Süddeutschen Zeitung, dass es in der Musikbranche kein „Fair Trade“ gebe. Dies kann man so nicht gelten lassen, denn bandcamp.com ist der Versuch, Musikern und kleinen Labels einen eigenen und unabhängigen Vertriebskanal zur Verfügung zu stellen. Hier bestimmen allein die Künstler den Preis bzw. geben einen Mindestpreis an, den der Käufer beliebig ergänzen kann. In aller Regel wird die Musik in 16/44-Auflösung angeboten, zunehmend stehen aber auch HiRes-Formate zur Verfügung. Nutzen Sie
Problemzonen
Eine Unannehmlichkeit bei allen labelübergreifenden Plattformen ist seit langem die bisweilen umständliche und nur selten direkt zielführende Suchfunktion. Die existierenden Suchmasken führen dabei oft nur bedingt zum schnellen Erfolg. Auf dieses Problem angesprochen, erklärte uns Alexandra Grillmeier von Qobuz, dass diese Misere bekannt sei, sie aber für die Portale nur durch umfangreiches Bearbeiten – sprich „Tagging“ – zu lösen sei, da das Material von den Plattenfirmen sehr uneinheitlich und bisweilen chaotisch getaggt geliefert würde.
Hier gilt es, als User nicht zu verzweifeln und nicht nur nach den Sinfonien von „Schostakowitsch“, sondern auch nach denen von „Shostakovich“ zu suchen, und wenn die Kombination mit dem gesuchten Dirigenten nicht erfolgreich ist, dann müssen eben alle vorhandenen Aufnahmen durchsucht werden. Mitunter erinnert dies an schlecht aufgeräumte Vinylläden aus alten Tagen, wo man dann aber womöglich zwischen den unsortierten Regalfächern die eine oder andere unerwartete Perle entdeckt.
Ein weiteres Ärgernis ist die Verfügbarkeit der den Aufnahmen zugehörigen Booklets. Auch hier sind die Portale auf das angewiesen, was die Labels ihnen in digitaler Form zur Verfügung stellen. Insbesondere der Backkatalog stellt ein Problem dar, da in aller Regel die Booklets fehlen. Bei Neuerscheinungen sieht dies vor allem im Klassikbereich mittlerweile anders aus, hier werden die Zusatzinformationen meist im PDF-Format mitgeliefert. Bei Pop und Rock, häufig auch im Jazz werden dem Kunden leider nach wie vor nur selten Booklets angeboten. Egal, ob Neuerscheinungen von Björk oder Blur: Sie erwerben nur die Musik ohne Zusatzmaterial. Dies mag dann verzeihlich sein, wenn man davon ausgeht, dass nur einzelne Songs für eine Playlist heruntergeladen werden. Aber gerade für HiRes-Files dürfte die Zielgruppe eine andere sein. Hier sind die Portale zwingend gefordert, auf eine Nachbesserung seitens der Labels zu pochen.
Kundenfreundlichkeit erkennt man daran, wie sehr Unternehmen darauf bedacht sind, Kunden vor etwaigen Unannehmlichkeiten zu bewahren. Gerade der wenig computerversierte Musikfreund möchte nicht durch technische Unzulänglichkeiten in seinem Musikgenuss eingeschränkt werden. Wir alle wissen, wie schnell mal ein Download abreißt, eine Sicherung misslingt oder Datenverlust durch Unachtsamkeit entsteht. Daher ist es unverständlich, wie restriktiv einige Portale die Downloadmöglichkeiten des gekauften Files bzw. des Albums handhaben. So gibt es bei HDtracks nur eine einmalige Möglichkeit des Downloads, bei Primephonic und HighResAudio ist diese auf drei bzw. vier Downloads eingeschränkt. Selbst kleine Portale wie Subradar oder Gube bieten dagegen dem Kunden die Möglichkeit des unendlichen Downloadens, ebenso etwa Qobuz oder Eclassical. Hier sollten Sie im Zweifelsfall den Anbieter wählen, der Ihnen einen immerwährenden Zugriff auf ihre Käufe ermöglicht. Hinzu kommt, dass es mitunter auch bequemer sein kann, die gekauften Alben nicht via USB-Stick zwischen verschiedenen Computern zu Hause hin- und herzuschieben, sondern diese einfach auf den jeweiligen Rechner herunterzuladen. Bei mir etwa wollen der MacMini an der Musikanlage, der Rechner im Arbeitszimmer und der Laptop für unterwegs befüllt werden. Dies geht natürlich entscheidend bequemer, wenn ich, etwa bei Qobuz, jeweils nach Bedarf das Album herunterlade und nicht mit einem USB-Stick quer durchs Haus laufen muss.
Beschränkung auf HiRes?
HiRes – lohnt sich das überhaupt als Lossless-Option? Das ist sicher die Gretchenfrage, vor welcher der Highender steht. Leider gibt es darauf keine Pauschalantwort. Grundsätzlich gilt zunächst die banale Feststellung, dass kein Auflösungsformat das retten kann, was zuvor im Studio an klanglichen Katastrophen verbrochen wurde. Gerade bei Popaufnahmen, die nachlässig und mit viel Kompression für den schnellen MP3-Markt produziert wurden, lohnen 24-Bit-Files kaum, da ist mitunter schon das CD-Format oversized.
Ohren auf heißt es auch bei Reissues, da diese nicht immer vom Masterband (oder der ersten Kopie) stammen, sondern es sich mitunter lediglich um Upsamplings der CD-Ausgaben handelt. Mittlerweile existieren praktische Tools wie Audacity oder XiVero MusicScope (siehe FIDELITY Nr. 19, Ausgabe 3/2015), mit denen man solchen Pseudo-Aufhübschungen auf die Schliche kommen kann. Und auch bei originalen hochauflösenden Aufnahmen muss man mit Loriots Opa Hoppenstedt sagen: Mehr Lametta ist nicht. Eine hervorragende Aufnahme mit ordentlich Tschingdarassabumm bekommt auch in der 24-Bit-Version nicht mehr Bumms. Das Mehr an Klang macht sich vor allem an leisen Stellen bemerkbar: Basspassagen bekommen eine leicht größere Griffigkeit, Glockenschläge sind deutlicher vernehmbar, die Aufnahme gewinnt eine gewisse dreidimensionale Kontur, wodurch vor allem die Langhörqualität gewinnt. Ein gewichtiger Grund aber, warum man sich nicht auf HiRes-Files beschränken sollte, lehrt ein umfangreiches Stöbern auf der Qobuz-Seite. Gerade in den Bereichen Jazz, Singer-Songwriter und Weltmusik finden sich musikalische Perlen, die man nicht verachten sollte, nur weil sie nicht im 24-Bit-Format vorliegen.
Nein, Download-Portale ersetzen nicht das Erlebnis eines gut sortierten CD- und Vinylhändlers, aber sie ermöglichen Zugriff auf einen musikalischen Kosmos, den man ab sofort nicht mehr missen möchte. Probieren Sie es aus.
• Analekta.com
• Audite.de
• Hyperion-records.co.uk
• k7.greedbag.com
• LinnRecords.com
• NaimLabel.com
• NinjaTune.net