Test: Audio Note IQ 1 / IQ 3 – Play & Plug & Play again
Da werden MC-Systeme schon mal neidisch: Viele MM-Tonabnehmer lassen sich durch simplen Austausch des Nadeleinschubs aufwerten
Bitte ganz vorsichtig: Wählen Sie einen der beiden Nadelträger, die hier etwas verloren auf dem Laufwerk TT2 herumlungern, nehmen Sie das winzige Präzisionsprodukt zart zwischen Daumen und Zeigefinger und schieben Sie es vorsichtig auf den doch recht traurig dreinblickenden Korpus. In wenigen Sekunden geht’s weiter mit der Musik.
Je nachdem, welchen der beiden Nadelträger Sie nun gewählt haben, wird das Ensemble aus Tonabnehmer, Tonarm, Laufwerk und Phonoentzerrer nun etwas anders, sozusagen mit einer „eigenen Note“ erklingen. Der Austausch ist eine Sekundensache, das (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) unterschiedliche Klangergebnis sofort hörbar.
Der Tausch des Nadeleinschubs darf als ein probates und sehr bequemes Mittel gelten, um ein vorhandenes MM-System durch Nadelträgertausch in wenigen Sekunden ordentlich aufzupeppen.
Die Hersteller von MM-Tonabnehmern bieten häufig ganze Serien an, deren Modelle in puncto Technik und Anwendungsbereich untereinander kompatibel sind. Oft genug sind dabei Basiskorpus und Innenleben vollkommen identisch, sodass der aufsteckbare vordere Teil – mit Nadelträgerröhrchen und Abtastdiamant – den einzigen echten Unter- schied darstellt. In unserem Fall ist das exakt so: Audio Note IQ 1 und IQ 3 differieren ausschließlich in Röhrchenmaterial und Nadelschliff (und einer nochmals strengeren Endkontrolle beim Dreier-Modell, aber das gehört ja irgendwie dazu).
Diesen Komfort, mal eben schnell den Nadelträger zu tauschen, kann übrigens kein MC-System bieten. Prinzipbedingt muss ein Moving-Coil-System zum Nadeltausch an den Hersteller, den Vertrieb oder an einen anderen vertrauenswürdigen Spezialisten geschickt werden. Das ist normalerweise nicht nur erheblich aufwendiger, zeitintensiver und meist auch teurer, es ist vielen Vinylfreunden den vermeintlichen (oder tatsächlichen) Klangvorteil eines MC-Systems einfach nicht wert. Zumal auf dem Analogmarkt ja auch exzellente MM-Systeme angeboten werden.
Der bei MM-Systemen latent mitschwingenden Aufforderung zur lustvollen Entdeckung der Möglichkeiten bin ich jüngst mit zwei Modellen von Audio Note nachgegangen. Im Tonarm „Arm 2“ des hauseigenen Laufwerks TT2 hatte es sich das kleinste MM-Tonabnehmersystem des Hauses, ein IQ 1, so richtig gemütlich gemacht. Diese unscheinbar wirkende, aber wohlabgestimmte und bezahlbare Analogkombination spielt auf einem verblüffend hohen Niveau, klingt sonor und sauber artikuliert. So liefert sie immer wieder aufs Neue eine erstklassige Grundvoraussetzung einerseits zum „kritischen Hören“, aber auch zum lustvollen Langzeithören.
Zugegeben, neue Bestmarken in der Disziplin Abtastfähigkeit setzt diese Kombination sicherlich nicht. Aber das muss sie auch nicht, die ermittelten Werte bewegen sich durchweg „im grünen Bereich“. Darüber hinaus macht sie musikalisch schon so viel richtig, dass der Wunsch nach einer Verbesserung erst dann aufkeimt, wenn man gerade einen sehr viel teureren und bestens abgestimmten Gegenspieler zur Hand hat – oder den direkten Zugriff auf einen „größeren“, sprich besseren Nadeleinschub. Und dieser lag in Form des bewährten IQ 3 ohnehin schon parat.
Alle MM-Systeme von Audio Note – es gibt neben IQ 1 und 3 noch ein mittleres Modell mit der kaum überraschenden Bezeichnung IQ 2 – basieren unübersehbar auf einem bewährten Modell von Goldring und dürfen daher als voll alltagstauglich gelten. Der Nadeleinschub des günstigen IQ 1 umfasst hierbei einen Nadelträger aus Aluminium, an dessen Ende ein Diamant mit Gyger-II-Schliff montiert ist. Das besagte IQ 2 unterscheidet sich vom Einser einzig und allein durch die schärfere Nadel mit Gyger-I-Schliff. Diesen Schliff hat auch das Dreier zu bieten. Allerdings besitzt das IQ 3 als Highlight der MM-Tonabnehmerserie einen Titan-Nadelträger. Überhaupt führt das MM-Topmodell im Prinzip die „bewegliche Ausstattung“ der sehr viel teureren Moving-Coil-Systeme des Hauses spazieren. Selbst das fremderregte Supersystem Io-Limited zieht da – zumindest in diesem, im wahrsten Sinne des Wortes winzigen Teilbereich der Mechanik – nicht davon. Und dieses Bonbon ist dann letztlich auch deutlich herauszuhören.
Im direkten Vergleich zwischen IQ 1 und IQ 3 punktet das Dreier mit deutlich gesteigerter Detailfreude und Durchhörbarkeit, mit Straffheit und größerem dynamischen Antritt. Die Bühne oder der Konzertsaal – mit dem IQ 1 stets ein gut ausgeleuchteter, interessanter Ort, an dem musiziert wird – wirkt mit dem Nadeleinschub des IQ 3 plötzlich wie frisch aufgeräumt und grundgereinigt. Außerdem scheinen die Bühnentechniker ein paar zusätzliche Lampen montiert zu haben, die den Raum nun bis in die hinteren Ecken erleuchten. Und eine frische, luftige Brise strömt auch wieder durchs ehrwürdige Gebälk. Mir war gar nicht aufgefallen, dass es hier schon ein ganz klein wenig stickig geworden war …
Mit dem IQ 3 fällt es nicht nur leichter, nein, es macht auch deutlich mehr Spaß, das Geschehen auf, neben und hinter der Bühne zu verfolgen, zum Beispiel auch die Bühnentechniker zu beobachten, die – zuvor weitgehend unbemerkt – den Laden perfekt am Laufen halten. Und, nein, dieses Drumherum lenkt keineswegs von der musikalischen Handlung ab; es macht es nur leichter, die Handlung zu verfolgen und sich von der Performance mitreißen zu lassen. Gleiches gilt sinngemäß auch für „jazzige“ Anwendungen, bei denen das IQ 3 mit sportiveren Basslagen und zugleich geschlossenerem, präziser strukturiertem Klang auftrumpft. Sollten Sie hingegen eher „Strommusik“ in jeglicher Form bevorzugen, wird Sie interessieren, dass bereits ein IQ 1 schon sehr, sehr ordentlich am Puls der Musik ist und der Wechsel zum IQ 3 keine echten Vorteile in puncto Energie und Bassquantität bietet – sehr wohl aber in puncto Bassqualität und Klarheit. Und je anspruchsvoller das Musikprogramm, desto deutlicher auch der Unterschied.
Abhängig vom Budget kann ich nur jedem IQ-1-Besitzer raten, spätestens bei den ersten Verschleißerscheinungen des Nadelträgers über diese MM-Option – analoges Plug & Play sozusagen – nachzudenken. Eine Investition, die sich lohnt!
Audio Note IQ 1 / IQ 3
MM-Tonabnehmer
Abtastprinzip: Moving Magnet (MM)
Nadelträger IQ 1/IQ 3: Aluminium/Titan
Nadelschliff IQ 1/IQ 3: Gyger II/Gyger I