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Pioneer PLX-1000

Test: Pioneer PLX-1000

Pioneer PLX-1000 – Direct Drive, Zwillingsforschung einmal anders

Pioneer sortiert den PLX-1000 in der Kategorie „DJ-Produkte“ ein. Dabei hat der Plattenspieler das Zeug, sich auch im heimischen Wohnzimmer durchzusetzen.

Die Ähnlichkeit des Pioneer PLX-1000 mit einer der wenigen echten Legenden der High Fidelity ist kein Zufall – sie ist gewollt! Der legendäre Technics SL-1210 Mk II, ursprünglich ein Plattenspieler der Mittelklasse für den Heimgebrauch, erfreute sich aufgrund seines Direktantriebs und den damit verbundenen äußerst kurzen Hochlaufzeiten, seiner Ergonomie, seiner variablen Geschwindigkeit und vor allem wegen seiner Robustheit einer so großen Beliebtheit unter DJs, dass er praktisch zum Referenzgerät in fast allen Diskotheken dieser Welt avancierte. Darüber hinaus galt er bis zum bedauerlichen Produktionsstopp im Jahre 2010 als am längsten produziertes HiFi-Gerät weltweit. Übrigens sind die Preise für original verpackte Neugeräte mittlerweile bis in absurde Sphären jenseits der 2000 Euro abgehoben.
Da kommt uns der seit kurzem erhältliche Pioneer PLX-1000 doch gerade recht. Er stößt mit moderaten 700 Euro in die schmerzliche Lücke, die der Technics (nicht nur) in der Profi-Szene hinterlassen hat. Wegen seiner grundsätzlich professionellen Ausrichtung wird der PLX-1000 von Pioneer nicht unter „Audio & Video“, sondern unter „DJ-Equipment“ einsortiert. Die japanische Firma verortet die Kaufinteressenten wohl eher bei Diskothekenbesitzern und Plattenreitern als unter den HiFi-Fans zu Hause. Genau deshalb ist der 1000er auch ganz bewusst in vielerlei Hinsicht an dem ehemaligen Platzhirsch angelehnt. So ähnelt der Pioneer in Abmessungen und Gewicht dem Technics so sehr, dass mobile DJs ihre geliebten Flightcases für den Transport des Equipments beider Hersteller verwenden können. Auch die Anordnung und Funktion der wichtigsten Bedienelemente ist weitgehend identisch, warum auch sollte man ein jahrzehntelang bewährtes Werkzeug ändern wollen? Daher kann ich mir eine genaue Beschreibung weitgehend ersparen und auf die Bilder verweisen.

Schwerer Akzent

Gleichwohl hat sich Pioneer getraut, beim PLX-1000 eigene Akzente zu setzen, von denen einige aber wohl nur für Profis interessant sind. Oder möchte wirklich jemand zu Hause die Geschwindigkeit bis zu sagenhaften plus/minus fünfzig Prozent variieren können? Falls doch – der Pioneer kann das! Der geneigte Heimanwender wird wohl eher zu schätzen wissen, dass er eine zweite Headshell hinten zwischen Plattenteller und Tonarm aufbewahren kann. In dieser könnte er zum Beispiel ein Mono-System aufbewahren, sodass ein Systemwechsel binnen Sekunden möglich wird. Das funktioniert natürlich nur, wenn Mono- und Stereo-System das gleiche Gewicht und die gleiche Auflagekraft besitzen.

Auch ein weiteres Feature aus dem Profi-Bereich stellt sich zu Hause als überaus praktisch heraus: Dank der Stroboskoplampe und der ausfahrbaren Plattentellerbeleuchtung kann man mit dem Pioneer PLX-1000 auch wunderbar im Dunkeln die Platten wechseln. Vorteilhaft sind auch die Kaltgerätebuchse für das Netzkabel sowie die Cinchbuchsen für das Tonsignal nebst getrenntem Erdungsanschluss auf der Rückseite: Der Profi freut sich, dass er die nicht mehr fest installierten Kabel beim Transport hinter sich herschleifen oder irgendwie verstauen muss, während der HiFi-Fan nach Herzenslust mit diversen Kabel experimentieren kann.

Klopfklopf, der Bär

Bereits diese Details sollten verdeutlichen, dass der Pioneer keineswegs eine simple Eins-zu-eins-Kopie des Technics ist, wie in diversen Internetforen gern gemutmaßt wird. Und beschäftigt man sich näher mit dem Laufwerk, fallen noch weitere Unterschiede auf. So gibt Pioneer für den Motor des PLX-1000 ein dreifach höheres Anfangsdrehmoment an als Technics seinerzeit. Daraus resultiert wiederum eine Hochlaufzeit auf die Nenndrehzahl, welche die des ja nicht unbedingt als Schnecke bekannten 1210ers nochmals klar unterbietet. Ist der Technics nach einer Viertelumdrehung auf Solltempo, schafft der Pioneer das in weniger als der Hälfte der Zeit – „schwupp“ statt „schwuup“ sozusagen.
Das selbstverständlich mit höhenverstellbaren und dämpfenden Stellfüßen ausgestattete Pioneer-Laufwerk vermittelt mir insgesamt einen etwas besser verarbeiteten Eindruck. Da wackelt nichts, und alles scheint noch ein bisschen besser gegen Körperschall bedämpft zu sein. Darauf deutet jedenfalls der übliche Klopftest mit angewinkeltem Zeigefinger auf der Zarge hin. Wo bei meinem Technics mitunter ein leises Nachschwingen zu vernehmen ist, ergibt der gleiche Test beim Pioneer nur ein dumpfes Klopfen. Sehr gut gefällt mir außerdem, dass die Gehäusefarbe „richtig“ schwarz ist und damit auch etwas edler wirkt als bei seinem Vorläufer. Wohnzimmertauglich ist er damit allemal.

Alle auf den dicken Arm

In puncto Geometrie und Funktionalität ist der verbaute Tonarm ebenfalls an das klassische Vorbild angelehnt. Das dürfte, zumindest im gegebenen Preisrahmen, wohl kaum besser zu machen sein. Pioneer weist aber ausdrücklich auf die innere Bedämpfung des Tonarmrohrs hin, um die man sich einige Gedanken gemacht habe. Der Arm wirkt nicht zuletzt auch aufgrund des mattsilbernen Anstrichs recht edel, obwohl ich sehr wohl leichte Abstriche bezüglich der Verarbeitungsqualität im Vergleich zum Original feststellen muss. Derlei Krittelei verblasst aber umgehend, sobald man sich einmal genauer mit diesem Tonarm beschäftigt hat. Die Einstellung der Auflagekraft beispielsweise ist derart präzise, dass man nach sorgfältigem Ausbalancieren durchaus auf den Einsatz einer Tonarmwaage verzichten kann. Gleiches gilt sinngemäß auch für die Antiskating-Einstellung. Geradezu ein analoger Traum ist die Tonarmhöhenverstellung: Sie weist nur minimales Spiel auf, und ich kenne aktuell keinen Tonarm unter 2000 Euro, der sich so fein und genau in der Höhe verstellen lässt. Davon könnte sich so mancher High-End-Hersteller eine Scheibe abschneiden! Da verzeihen wir dem Pioneer-Arm das kleine Lagerspiel, das sich klanglich kaum oder gar nicht bemerkbar macht, doch gerne. Und noch ein kleiner Tipp am Rande: Wenn man mit dem Gedanken spielt, die gute – weil resonanzarme und mit vergoldeten Steckern ausgestattete – Headshell gegen ein höherwertiges Modell auszutauschen, sollte man bedenken, dass viele Headshells höher bauen als diejenige von Pioneer. Das kann bei niedrigen Systemen (etwa dem Denon DL-103) zur Folge haben, dass man den Tonarm nicht weit genug absenken kann, um ihn im Betrieb parallel zur Plattenoberfläche auszurichten.
Grundsätzlich kommt der mittelschwere Tonarm mit einem breiten Spektrum von Tonabnehmern zurecht. Während Kollege Ingo Schulz unter anderem ein Ortofon MC 30 Supreme ins Headshell schraubte (und in der Redaktion wohl nur noch mit „DeeJay“ angeredet wird), kamen bei mir wechselweise ein Goldring G-1022, ein Ortofon Quintet Black (FIDELITY Nr. 14, Ausgabe 4/2014) sowie ein Shelter 501 III (FIDELITY Nr. 19, Ausgabe 3/2015) zum Einsatz. Stets lagen die Resonanzfrequenzen im als optimal angesehen Bereich zwischen 8 und 12 Hertz, und die Abtastwerte erzielten Werte, wie ich sie auch von Tonarmen kenne, die allein ein Vielfaches des kompletten PLX-1000 kosten. Auch klanglich kann der Pioneer-Tonarm die genannten Tonabnehmer problemlos unterscheiden und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen zur Geltung bringen.

Ich habe den Pioneer PLX-1000 überwiegend mit dem Ortofon Quintet Black und seiner Gummimatte gehört, die ich klanglich der zusätzlich mitgelieferten Filzmatte, der sogenannten Slipmat, vorziehe. Das Gummiexemplar bedämpft den Plattenteller deutlich besser, erzeugt mehr „Grip“ und bleibt auch bei statisch aufgeladenen Schallplatten auf dem Teller liegen.

Vorurteile zum Frühstück

Wenn man sich wirklich ernsthaft mit den Klangeigenschaften des Pioneer PLX-1000 beschäftigen will, sollte man sich vorher von gewissen Vorurteilen befreien, mit denen japanische Direkttriebler über die Jahre hinweg belegt worden sind. Um nur ein Beispiel zu nennen: „Der Quarz regelt ständig, aber nie hat der Teller die richtige Geschwindigkeit.“ Diese Aussage fiel eigentlich schon in den späten 1970ern unter üble Nachrede, denn zahlreiche Messungen belegten das genaue Gegenteil. Auch wenn Pioneer die Gleichlaufschwankungen sehr vorsichtig mit kleiner 0,1 % angibt – es ist schon beeindruckend, mit welch stoischer Selbstverständlichkeit so ein starker Direkttriebler die Nadel durch die Rille zieht; wobei er aus klanglicher Sicht eher an große Masselaufwerke als an typische Subchassis-Plattenspieler erinnert.
Vermutlich ist das auch der Grund dafür, dass man sich praktisch jedes Musikgenre vornehmen kann, um die Vorzüge des Pioneer herauszustreichen. Wie schon sein seliger Vorgänger ist er nämlich keineswegs der ewige Springinsfeld, der zwar Rock- und Popmusik sehr authentisch wiederzugeben vermag (natürlich kann er das auch!), dem aber das nötige Feingefühl für „die hohe Kunst“ abzugehen scheint. So habe ich beispielsweise mit dem Pioneer zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Mozarts Zauberflöte (Sawallisch, Bayerische Staatsoper München, EMI) durchgehört. Stets wird das dramatische Geschehen auf der großen virtuellen Bühne – mit der wunderbaren Edda Moser als Königin der Nacht – opulent in Szene gesetzt. Aber auch das feinfühlige Spiel des schwedischen Gitarristen Peder af Ugglas (Autumn Shuffle, Opus 3) wird überaus authentisch mit präziser räumlicher Zuordnung der einzelnen Musiker wiedergegeben.
Sensible Naturen werden freilich bemerken, dass der Bassbereich durchaus noch etwas genauer durchgezeichnet sein könnte. Aber ihnen wird ebenfalls nicht entgehen, dass der Pioneer PLX-1000 mit seinem historischen Vorbild zwar viele klangliche Gemeinsamkeiten hat, aber insgesamt für einen kleinen Schuss mehr Drive und Lebendigkeit sorgt, die Musik noch ein wenig mitreißender transportiert wird. Vielleicht ist es diese Eigenschaft, dass der Pioneer bei mir das schwer zu beschreibende Gefühl erzeugt, er würde Schallplatten einfach „echt“ wiedergeben. Vielleicht ist es die beinahe schon „klassische“ Optik, die es mir leicht macht, den PLX-1000 genau so zu akzeptieren, wie er nun einmal ist. Jedenfalls habe ich bereits nach kurzer Eingewöhnungszeit keinen Gedanken mehr daran verschwendet, ob es nicht vielleicht noch ein bisschen besser gehen könnte. Sicher geht das. Aber ist das für den Musikgenuss wirklich immer wichtig? Für mich jedenfalls stand in den vergangenen Wochen wieder mehr die Musik und nicht das eine oder andere highendige Klangkriterium im Vordergrund. Kann man von einem Plattenspieler für 700 Euro ernsthaft mehr erwarten? Ganz dicke, geradezu gewichtige Empfehlung!

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Mitspieler

Plattenspieler: SME Model 10, Technics SL-1210 Mk II
Tonarme: SME M2-9R, SME Series V
Tonabnehmer: Audio Technica AT-20SLa Limited Edition, EMT JSD 6, Goldring G-1022, Ortofon Quintet Black, Shelter 501 III
Vorverstärker: Bryston BP 25 MC
Endstufe: Bryston 3B SST
Lautsprecher: Spendor SP100R2
Rack: Music Tools Alica
Zubehör: Tonarmwaage Shure SFG-2, Anlageblock Millennium Audio V/H 6035

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Pioneer PLX-1000

Plattenspieler mit quarzgeregeltem Direktantrieb

Geschwindigkeiten: 33, 45 U/min
Tonarm: S-förmig, mittelschwer, SME-Headshell
Besonderheiten: extrem schnelle Hochlaufzeit, variable Geschwindigkeitsregelung bis ±50 %, Plattenteller mit Stroboskop und ausfahrbarer Beleuchtung, zwei unterschiedliche Plattentellerauflagen (Gummi, Filz), vergoldete Cinchbuchsen, justierbare Dämpferfüße
Ausführung: Laufwerk Aluminium schwarz, Tonarm silber
Maße (B/H/T): 45/16/35 cm
Gewicht: 13 kg
Garantiezeit: 2 Jahre

Pioneer Electronics Deutschland
Hanns-Martin-Schleyer-Straße 35
47877 Willich
Telefon 02154 913-0

 

www.pioneer.eu/de

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