Ortofon – Am Anfang war der Tonfilm
Leute, dreht die Uhren zurück. Schon vor den Zeiten von Ortofon hat es audiophiles Leben gegeben, Stichwort „Fonofilm“ oder „Electrical Phono Film“. Tatsächlich liegen die frühen Tage von Ortofon und die ersten Gehversuche des Tonfilms schon rund einhundert Jahre zurück. In der Zwischenzeit haben sich die Spezialisten aus Dänemark als Erfinder der analogen Zukunft herausgestellt.
Ein bisschen Geschichte
Am 9. Oktober 1918 gründeten zwei dänische Ingenieure, Axel Petersen (1887–1971) und Arnold Poulsen (1889–1952), die „Electrical Phono Film Company“. Ihr Ziel war, die technischen Möglichkeiten für hochwertige Tonaufnahmen zu erforschen, um daraus eines der weltweit ersten synchron laufenden Tonfilm-Systeme zu entwickeln.
Fünf Jahre später, am 12. Oktober 1923, wurde der erste in einem Studio aufgenommene Tonfilm im Palace Theatre in Kopenhagen gezeigt. Es war zugleich der erste Tonfilm, der echte Stimmen und Geräusche mit der „Variable Area”-Methode aufgezeichnet hatte. Zum allerersten Mal wurde hier auf einem Filmstreifen ein Name genannt, der später weltweit zum Begriff werden sollte: „System Petersen und Poulsen“.
Ursprünglich auf die Tonfilmtechnik fokussiert, entwickelte die Electrical Phono Film Company zunächst Mikrofone, Dynamikkompressoren, Messgeräte, optische Instrumente und dergleichen. In den frühen 1940er Jahren begann die Firma sich zu verändern, und die Schallplattenindustrie mit Schneide- und Abspielmaschinen für sich zu gewinnen. 1946 stellte sie den ersten Mono-Schneidekopf vor, der es ermöglichte, den zu schneidenden Frequenzumfang von 5 auf 14 Kilohertz zu erweitern.
Im gleichen Jahr änderte die Electrical Phono Film Company ihren Namen in “PhonoFilm Industry A/S”. 1948 entwickelte die Firma den weltweit ersten Moving-Coil-Tonabnehmer. Er erreichte das Qualitätsniveau des zwei Jahre zuvor vorgestellten Schneidekopfes.
1951 wurde Ortofon A/S als Handelsgesellschaft unter dem Dach von PhonoFilm Industry A/S gegründet – als direkte Folge der weltweit spürbar angestiegenen Nachfrage. Der Markenname „ORTOFON“ wurde für alle Produkte der Firma eingetragen, zudem eine Garantie für alle importierten Artikel gewährt. Der Begriff Ortofon leitet sich übrigens vom griechischen Wort „orto” („korrekt“) und „fon” („Klang“) ab. 1953 fertigte Ortofon den ersten Tonarm vom Typ A212. 1957 war der erste Stereo-Schneidekopf verfügbar. In den nachfolgenden beiden Jahren entwickelte Ortofon einen passenden Tonabnehmer für Stereo-Schallplatten und stellte 1959 das mittlerweile legendäre SPU (Stereo Pick Up) vor. Zielkundschaft für das SPU, das in zwei unterschiedlichen Gehäusen verfügbar war (A und GM), sollten in erster Linie Studioprofis der staatlichen Rundfunkanstalten von Dänemark und Schweden und die Deutsche Grammophone (DG) sein.
Seither hat Ortofon mehr als 300 verschiedene Tonabnehmermodelle entwickelt und gefertigt, darunter etwa die ikonenhafte „Concorde“-Serie, die 1979 vorgestellt wurde, aber auch einige ultraaufwendige Konstruktionen wie das MC Anna (eine Hommage an die Starsopranistin Anna Netrebko) und das MC 90A. Jüngste Neuzugänge sind die „MC Quintet“-Serie sowie die Modelle zum 95. Firmenjubiläum namens SPU A95 und MC A95.
Ortofon bietet außerdem Qualitätsbausteine für Vinylliebhaber an, von Tonarmen über MC-Übertrager bis hin zu Kabeln und diversen Zubehörteilen.
Ortofon heute
Ortofon ist eine prosperierende Firma in dänischem Besitz mit 85 Mitarbeitern. Die Fertigungsstätte in Nakskov im Süden Dänemarks vereint erfahrene Fachkräfte, Ingenieure, Techniker und Verwaltung mit einem modernen Maschinenpark unter einem Dach, sodass Ortofon Handwerkskunst in gleichmäßiger Industriequalität liefern kann. Die Produkte werden weltweit über ein Netz von mehr als 60 Importeuren und Tochtergesellschaften in den USA und in Japan verkauft.
Ortofon profitiert vom Standort Dänemark: Das Land ist für seine traditionelle Stärke im Bereich der Technischen Akustik bekannt; zu diesem Ruf tragen zahlreiche Manufakturen bei, die nicht nur alle möglichen Komponenten aus dem High-End-Audio-Bereich herstellen, sondern beispielsweise auch Hörhilfen oder Messgeräte. Dass Ortofon heute als weltweit größter Hersteller und Zulieferer von Tonabnehmern dasteht, ist ein Resultat von herausragender Konstruktionserfahrung und technischem Know-how. Unterschiedliche Kernkompetenzen, aus denen Ortofons überlegenes technologisches Können schöpft, umfassen Technische Akustik, Materialkunde, Technologie und Feinmechanik. Die Ingenieure in Forschung und Entwicklung können sich auf die Unterstützung eines starken Netzwerks aus Akustikern und Industriedesignern verlassen. Ortofon als Marke ist bei Konsumenten und Industrie gleichermaßen bekannt. Die herausragenden Kenntnisse des Unternehmens in Materialkunde, Magnetismus, Akustik und Mikromechanik haben zur Einrichtung einer eigenständigen B2B-Abteilung geführt: OrtofonMicrotech stellt hochpräzise Bauteile aus TPE (Thermoplastischen Elastomeren) und technischem Gummi her, aber auch maßgefertigte Spulen sowie Knochenleitungshörgeräte (Bone Conductors) und Komponenten für die Hörgeräte-Industrie.
Darüber hinaus bietet die Firma eine breit gefächerte Palette innovativer und wertsteigernder Dienstleistungen, die auch Projektmanagement und -entwicklung umfassen. Bei der Entfaltung des Unternehmens von seinem Ursprung als Tonfilm-Pionier bis hin zur Entwicklung von Präzisionsbauteilen und einzigartigen Mixturen für Technisches Gummi stand jedoch ein Aspekt in allen Arbeitsprozessen immer im Vordergrund: Spitzenleistung zu erbringen.
Wenn Ortofon auch auf eine lange Geschichte und ein reiches Erbe zurückblicken kann, ist das Wichtigste natürlich, dass der heutigen Kundschaft etwas geboten wird. Ortofon pflegt sein Erbe, indem es beständig in Technik und Produktentwicklungen investiert – gemäß der Unternehmensphilosophie, dass auch traditionelle Produkte von neuen Technologien und industriellem Können enorm profitieren können. Das Ziel der Dänen ist es, seinen Kunden viele Stunden mit neuen, anregenden und bereichernden Hörerlebnissen von Schallplatten zu ermöglichen. In den letzten zehn Jahren hat sich Ortofon außerordentlich gut entwickelt und befindet sich momentan in einer Phase, wo die Verwendung fortschrittlichster Technologien aufregende neue Geschäftsfelder in der Medizinindustrie zugänglich macht. Das Wachstum wird unter anderem beschleunigt, indem in neue Technologien und neue Produkte investiert wird. Derzeit arbeitet Ortofon eng mit Dänemarks Technischer Universität zusammen, um „HINMICO“ (The High Throughput INtegrated Technologies for Multimaterial Functional MIcro COmponents) zu entwickeln – ein neuartiges, komplexes Fertigungskonzept für Kleinstkomponenten. Das Unternehmen plant auch weiterhin zu wachsen und sich dabei verstärkt auf Entwicklung und Fertigung von Bauteilen für die Hörhilfe-Branche zu konzentrieren; nicht zuletzt auf die Knochenleitungshörgeräte.
Christen H. Nielsen, Jahrgang 1954, wuchs auf der Insel Fünen auf – Hans Christian Andersen wurde dort geboren – und studierte Wirtschafts- und Sprachwissenschaften. Für HiFi interessiert er sich seit 1976, als er zum ersten Mal auf dem Roskilde-Festival war, dann immer mehr Live-Konzerte besuchte und schließlich das Thema High Fidelity für sich entdeckte. Seit 1991 ist er durch seinen Einstieg bei JAMO (Lautsprecher) auch beruflich in der Audio-Industrie tätig. 2004 wurde Christen H. Nielsen Geschäftsführer von Ortofon. Als Lieblingskomponisten und -künstler nennt er Tschaikowski, Rachmaninow, Antonio Pappano, Daniel Barenboim und Anna Netrebko. Seine Hobbys sind Literatur und Sprachen.