Looking for the English FIDELITY Magazine? Just click here!
Krell KSA-i400 Endverstärker

Krell KSA-i400

Bedarfsanalyse

Krell KSA-i400

Das Portfolio von Audio Reference bietet eine erlesene Auswahl audiophiler Träume. Hier rechnet der Normalbürger in Jahres- statt in Monatsgehältern. Bei Namen wie Meridian, VPI Industries, Western Electric, D’Agostino oder Krell fallen audiophil veranlagte Menschen vor Ehrfurcht auf die Knie, Messevorführungen erinnern an Pilgerstätten, und man ist froh, dort einen der begehrten Plätze zu ergattern. Unter haptischen, klanglichen, ästhetischen und ganz besonders pekuniären Aspekten genau das, was man gemeinhin als Spitze der Spitze versteht – High End allerhöchster Güte.

Krell KSA-i400 Endverstärker

In aller Kürze:
Die Krell KSA-i400 ist eine überaus wuchtige, stabile und im besten Sinn des Wortes transparente Endstufe, die zu keiner Zeit (und vermutlich an keinem Schallwandler) die Kontrolle verliert.

Krell KSA-i400 Endverstärker


Warum gerade Krell? Einfach erklärt: eine unerfüllte Jugendliebe meinerseits. Mitte der Neunziger jobbte ich im lokalen HiFi-Handel. Vorliebe des Chefs damals waren türblattgroße Magnetostaten mit abstrusen Impedanzen oder telefonzellengroße Boxen vom Kaliber einer Quadral Titan. Angetrieben von einem Pärchen Krell MDA-300. Ganz witzig zwar in der Vorführung, doch manchmal wurde es erst laut, dann dunkel im ganzen Laden. Wenn sie liefen: barbarische Kraft, ohne Zweifel. Ganz sicher auch irre „ehrlich“ und „dynamisch“ und alles, was damals unter Audioliebhabern en vogue war. Was nichts daran ändert, dass mir gelegentlich die Füllungen angesichts der „Dynamik“ aus den Zähnen flogen. Und abstauben ließen sich die Dinger auch nicht gerade einfach … Es muss die letzte HIGH END in Frankfurt gewesen sein, nach der mir der Senior einen dezentgrauen Metallriegel der Spezies Vollverstärker in die Hände drückte. Einen der ersten Krell KAV-300i hierzulande. Mit der Aufgabe, drumherum eine feine kleine Anlage zusammenzustellen. Als Antrieb für eine winzige Audioplan Kontrapunkt 1SE und gefüttert von einem Restek-CD-Spieler war der kleine Krell ein superber Spielpartner – ohne die Kraftmeierei der großen Kaliber.

Krell KSA-i400 Endverstärker
An der runden, die Frontpartie mittig teilenden „Felsnase“ erkennt man jede Krell-Komponente auf den ersten Blick. Markant ist der Strebenkäfig, der die feingliedrigen Kühlrippen einfasst, über die die Endstufe ihre Class-A/B-Abwärme an die Raumluft weiterreicht. Die geriffelten Segmente der Front dienen dagegen nur der optischen Geschlossenheit.

Ich habe mit den Zähnen geknirscht, als sie verkauft wurde. Und seitdem immer mal wieder nach bezahlbaren Krell-Verstärkern aus zweiter Hand geschaut. Ohne Erfolg. Folglich war klar, dass es eine Endstufe der amerikanischen Kultmarke sein soll. Aktuell finden sich derer gleich vier im Portfolio. Drei davon als Krell Duo XD, mit je 125, 175, und 300 Watt Stereoleistung an acht Ohm. Wenn Ihre Lautsprecher tatsächlich nach mehr verlangen sollten, wäre da noch die Krell KSA-i400, die in der Lage sein soll, eine stabile Dauerleistung von vierhundert Watt an acht Ohm zu liefern. In Class A wohlgemerkt. Und ohne dass der Sicherungskasten schmilzt. Die Frage, welches Kraftpaket ich geordert habe, dürfen Sie sich selbst beantworten. Hätten Sie sicher genauso gemacht. In Hamburg zeigte man sich ebenso vorsorglich wie großzügig und spendierte die passende Vorstufe Illusion II dazu. Sehr interessantes Gerät, doch bereits von Kollege Stefan Gawlick vor einiger Zeit entsprechend gehuldigt, es bleibt daher an dieser Stelle außen vor.

Zurück zu meiner Bestellung. Große Freude herrscht, als mir der Spediteur an der Bordsteinkante erklärt, der weitere Transport in die Wohnung sei ab hier meine Sache. Einen kurzen Besuch im Baumarkt und ein Telefonat später bin ich sowohl um einen stabilen Möbelroller als auch zwei helfende Hände reicher, und die 75 Kilo lassen sich halbwegs rückenschonend an ihren Platz bugsieren. Da auch die Tiefe von gut 60 Zentimeter jedes Rack überfordert, bleibt die Krell gleich auf dem Rollbrett und steht somit permanent im Weg. Was mich nicht im Geringsten stört, da sich bei mir jedes Mal, wenn ich dieses Monstrum zwischen Plattenschrank und Lautsprechern hin und her schiebe, eine Mischung aus temporärem Besitzerstolz und animalischer Freude auf die nächste Runde breitmacht. Dabei klingt das Teil absolut nicht. Also nicht, dass es schlecht klingt, es tönt sogar ausgesprochen vorzüglich. Allerdings ohne den unverwechselbaren Eigensound der klassischen Boliden aus den Neunzigern. Die Krell-Vor/End-Kombi verfügt über die seltene Gabe, sich trotz beeindruckender Physis klanglich komplett aus dem Geschehen rauszuhalten.

Krell KSA-i400 Endverstärker
Erst der Kontrast zur Krell-Vorstufe Illusion II, die wir zum Größenvergleich auf dem KSA-i400 geparkt haben, macht die opulenten Abmessungen des Endverstärkers deutlich. Schwergewichtige Boliden sind wir gewohnt, aber die 75 Kilo Lebendgewicht flößen selbst uns Respekt ein – definitiv nur zu zweit bewegen!

Widmen wir uns dem physischen Auftritt einmal näher. Von außen gibt es nicht allzu viel zu entdecken: viel Aluminium, rabenschwarz eloxiert, massive Kühlrippen an den Seiten, die Front durchbrochen von je nach Betriebszustand zwischen grün und blau wechselnder Beleuchtung. Dazu ein Taster, der das Monster zum Leben erweckt, das war’s. Deutlich interessanter die Rückseite: Praktische Griffe erleichtern das Handling, Lautsprecherkabel finden in schraubstockartigen Klemmen Halt und Signale lassen sich sowohl per XLR wie RCA einspeisen. Bleibt noch die kleine Ethernet-Schnittstelle. Bindet auf diesem Weg die Endstufe ins heimische Netzwerk ein, lassen sich über den Browser des heimischen Computers Informationen zum aktuellen Betriebszustand abrufen. Im Fall der Fälle sendet die KSA-i400 ein Diagnoseprotokoll in die USA, sodass der Kundenservice passend reagieren kann.

So übersichtlich, wie sich die Krell äußerlich gibt, so komplex wird es, wenn man den massiven Deckel lüftet. Auf dem untersten Deck finden sich zwei monumentale Ringkerntrafos, die zusammen für den Großteil des Gewichts verantwortlich sein dürften. Darüber zwei Paletten Coladosen-großer Elkos mit insgesamt 100 000 Mikrofarad Siebkapazität pro Kanal als Zwischenspeicher. Schnöde Kabel würden sich dem ungebremsten Stromfluss nur in den Weg stellen, daher wandert dieser über massive Metallschienen auf kürzestem Weg zu den Leistungstransistoren. Davon gibt es pro Kanal gleich zweiunddreißig Stück; sie bewohnen die seitlichen Kühlkörper der Krell und tragen unter Last zu einem heimeligen Raumklima bei. Um die Ansteuerung kümmert sich eine Gruppe parallel geschalteter Kleinleistungsstufen, die diskret, also aus einzelnen Bauteilen in platzsparender SMD-Bestückung aufgebaut, eine eigene Platine über den Siebelkos belegt.

Krell KSA-i400 Endverstärker
Die üppigen Dimensionen haben die Krell-Ingenieure nicht aus Jux und Dollerei gewählt – der gesamte Bauraum gut ausgefüllt und die Kühlkörper brauchen all die Fläche, um den nicht weniger als 32 Leistungstransistoren pro Kanal genug Auflagefläche zu bieten. Den Innenaufbau dominieren indessen die beiden Siebkondensatorbänke. Pro Kanal stellen je zehn Dosen mit insgesamt 100 000 Mikrofarad reichlich Siebkapazität zur Verfügung.

Krell-Verstärker folgen seit je her dem Ideal des reinen Class-A-Betriebs, einem Schaltungskonzept mit atemberaubendem Klang bei ebenso atemberaubender Verlustleistung. Ein Konzept, das der Natürlichkeit des Klangbilds sicher zuträglich, doch auf Dauer mörderisch für die verwendeten Bauteile ist, denn die Ausgangsstufe arbeitet ja permanent auf höchster Stufe. Früher konnte man mit einem Monoblock der Amerikaner fast so gut grillen wie Musik hören, entsprechende Serviceintervalle beim Fachhändler waren das Resultat. Um dem Garprozess der Innereien Einhalt zu gebieten, setzt Krell auf eine „iBias“ getaufte Form der Ruhestromnachführung. Bezugspunkt ist hier nicht die Aussteuerung allein, sondern die aktuelle Impedanz des zu treibenden Lautsprechers. Ein Microcomputer regelt die aktive Einstellung des Ruhestroms, der einen vordefinierten Minimalwert nicht unterschreitet. So verbleibt die KSA-i400 über den ganzen Lastbereich im Class-A-Modus, ohne irrsinnig Strom in Wärme zu verbraten. Es wird nur die Leistung generiert, die der Lautsprecher in dem Moment benötigt. Ähnlich der Zylinderabschaltung eines modernen Zwölfzylindermotors – bleibt es gemütlich, cruist man entspannt mit vermindertem Volumen, betätigt man den Kickdown, nagelt der Antritt einen tief ins Gestühl. Um eine konstant niedrige Ausgangsimpedanz kümmert sich „XD“, ein Regelkreis, der die Temperatur der einzelnen Transistoren vergleicht und dafür sorgt, dass jeder Leistungsträger unter identischen Voraussetzungen arbeitet und somit seinen Teil zum perfekten Ergebnis beiträgt.

Krell KSA-i400 Endverstärker
Die beiden Handgriffe könnten eine Entsprechung an der Vorderseite vertragen, die aber wohl aus kosmetischen Gründen vermieden wurde. Ein feiner Zug sind die Flügelmuttern an den Lautsprecherterminals, mit denen man die Strippen nicht nur ordentlich festknallen kann, sondern diese später auch wieder gelöst bekommt. Die C20-Netzbuchse macht deutlich, dass wir es hier mit einem elektrischen Großkaliber zu tun haben.

Noch ein kryptisches Kürzel findet sich in der Anleitung: Sym-Max. Dieser Schaltungstrick eliminiert dicht am Nutzsignal geführte Verzerrungen, was in traumhaften Störabständen und betörender Raumabbildung bei abartiger Leistung im Bedarfsfall resultiert. Im Ergebnis benimmt sich die KSA-i400, ungeachtet der beeindruckenden Kräfte, die sie ansatzlos zu erzeugen fähig ist, äußerst zivilisiert. Vom exponierten Hochtonverhalten und der daraus resultierenden Signatur vergangener Tage blieb keine Spur mehr. Schrecksekunden vermittelt die KSA-i400 nur dann, wenn sie auf dem Tonträger explizit enthalten sind.

Die Abbildung des Geschehens geschieht auf Linie mit den Schallwänden, statt sich wie üblich im Hintergrund zu sortieren. Ungeachtet dessen gelingt die Illusion von unfassbar viel Platz zwischen Schallquelle und Hörer. Klingt für Sie paradox? Für mich auch. Und dennoch ist es möglich, den kompletten Chor der riesigen Londoner Kirche St. Martin-in-the-Fields inklusive Orgel auf achtzehn Quadratmetern zu reproduzieren, ohne Beklemmung bei Chor oder Hörer auszulösen. Sämtliche verdrahteten Lautsprecher profitieren eindeutig von der Kontrolle der Amerikanerin. Mir war gar nicht bewusst, zu was selbst meine Heco BellaDonna imstande ist. Gelegentlich verstopfe ich ihre Reflexöffnungen, sollte der Bass undefiniert oder schwammig werden – manche Amps knicken unter der Last der großen Kompakten etwas ein, besonders im Class-A-Betrieb. Yim Hok-Mans „Poem of a Chinese Drum“ gehört zu den intensivsten Trainingseinheiten für Membranen, die mir einfällt. Extreme Wucht, abartiger Tiefgang und knackige Impulse fordern vom Verstärker eine führende Hand und liebevolle Strenge. Bei weniger optimalen Kombinationen taumeln die Membranen der Bässe auch schon mal unkontrolliert vor und zurück. Übernimmt die KSA die Führung, folgen die dünnen Papiermembranen jedoch eisern dem Diktat und erzeugen dabei Hübe, die bei Höchstleistung Angst und Bange um die Schwingspulen macht.

Bildergalerie

Doch erreicht die Krell zu keiner Zeit einen Bereich, egal bei welcher Last und musikalischer Stilrichtung, der die Lautsprecher nur in die Nähe von Kompression oder Verzerrung kommen lässt. Die Unnachgiebigkeit und Kraft einer hydraulischen Presse in Paarung mit der Schwerelosigkeit und dem Tempo eines Kolibris ergibt den perfekten Antrieb. Es gibt wohl keinen Lautsprecher auf der Welt, den die große Krell nicht zu absoluter Spitzenleistung treiben kann.

Mit der KSA-i400 bleibt Krell dem Motto vergangener Tage treu. Ergänzt um eine nonchalante Eleganz, die ich so auf keinen Fall erwartet hätte. Kraftmeierei betreibt die KSA nur noch im Bedarfsfall, dezente Zurückhaltung bei absoluter Hingabe zur Musik sind dafür ohne Aufpreis im Lieferumfang enthalten. Es war mir eine Ehre!

Krell KSA-i400 Endverstärker

Info

Endverstärker Krell KSA-i400

Konzept: Stereo-Endstufe
Eingänge: 1 x Stereo RCA, 1 x Stereo XLR, 1 x 3,5-mm-Klinke (Trigger)
Ausgänge: 2 x 2 Lautsprecherklemmen
Leistung: 2 x 400 W/8 Ω, 2 x 800W/4 Ω
Eingangsimpedanz: 34 kΩ (sym.), 17 kΩ (RCA)
Eingangsempfindlichkeit: 2,8 V (sym.), 2,8 V(RCA)
Signal-Rausch-Abstand: > 102 dB
Besonderheiten: iBias, XD, Sym-Max, Statusabfrage/Systemdiagnose via RJ45-Schnittstelle
Ausführung: Schwarz
Maße (B/H/T): 44/24/61 cm
Gewicht: 75 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: um 49 000 €

Kontakt

Audio Reference

Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg
Telefon +49 40 53320359
info@audio-reference.de

www.audio-reference.de

Mitspieler

Plattenspieler: Acoustic Solid Vintage, Technics SL-1710MK2, Technics SL-1210MK2
Tonarm: Acoustic Solid WTB 213
Tonabnehmer: Clearaudio Charisma V2, Ortofon Quintet Bronze, Ortofon Nightclub
Phonovorverstärker: Acoustic Solid Phonovorverstärker
CD-Player: Marantz CD 17 Mk II
Vollverstärker: Einstein The Tune, NAD C 320
D/A-Wandler: Audiolab M-DAC Mini
Endverstärker: Lehmannaudio Black Cube Stamp
Lautsprecher: Wilson Audio Sasha DAW, Audio Physic Seemon, Heco BellaDonna
Kabel: German Highend, AudioQuest, IsoTek
Zubehör: Steinmusic

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.