GGNTKT Model M3
Aktiv, unkompliziert, in der Ausführung anpassbar und obendrein auch noch ein lifestyliger Problemlöser: Die M3 von GGNTKT kann als Musterbeispiel für die Vorzüge aktiver Lautsprecher herhalten – eine Box, die ihren Zuhörer dazu verführt, es auch mal maßlos zu übertreiben!
In aller Kürze:
Die GGNTKT M3 ist ein vorbildlich ausgewogener und dynamischer Kraftprotz, dessen Emotionsgehalt sich mit der Musikauswahl nahezu frei skalieren lässt: par excellence!
Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben, sollte ich bei dieser Gelegenheit ein Geständnis ablegen: Da ich aus Richtung Recording- und Studiotechnik in die HiFi-Welt gepurzelt bin, haben Aktivlautsprecher seit jeher eine große Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Mischpult, Lautsprecher – fertig ist ein solides Frontend. Zu Anfang (also irgendwann Ende der Neunziger) war ich jedoch irritiert und erschrocken, was für emotionale Grabenkämpfe zwischen Anhängern passiver und aktiver Konzepte ausgefochten wurden. Als Reaktion habe ich das aus meiner Sicht einzig Vernünftige getan – mich zurückgelehnt und dem bunten Treiben interessiert bis amüsiert zugesehen. Warum ich das erzähle? Weil mir im Gespräch mit dem GGNTKT-Geschäftsführer Roland Schäfer viele der Argumente „pro activa“ vor Augen geführt wurden. Um nicht zu sagen: Hört man dem professionalisierten HiFi-Hobbyisten zu, kann man gar nicht anders, als die Aktivtechnik für überlegen zu halten. Sie schnauben und schäumen bei diesen Worten? Tun Sie mir den Gefallen und versuchen Sie noch einige Absätze durchzuhalten – alles Weitere müsste sich von selbst ergeben.

Schäfer ist Quereinsteiger. Er kommt ursprünglich aus dem Agenturumfeld, hatte aber immer ein (bisweilen mehr als ambitioniertes) Herz für aktive HiFi-Lautsprecher. 2017 sind wir uns erstmals über den Weg gelaufen, als er im Newcomer-Bereich der HIGH END seine kompakt-aktiven Schanks-Lautsprecher vorstellte. Den Weg dorthin hatte er ganz klassisch über die Tour de Force des Selbstbaus genommen. Erst analog, später mit immer mehr digitalen Zutaten, bis er irgendwo in der Nähe der heutigen GGNTKT-Philosophie angelangt war. Von seinen Wegbegleitern der Schanks-Zeit trennte er sich in aller Freundschaft, da die Philosophien nicht vereinbar waren. Statt „klassische“ Boxen zu bauen, suchte er nach einer Schnittstelle zwischen HiFi und modernem Wohnambiente. Roland Schäfer hätte stets versucht, sich an Vorbildern wie Porsche zu orientieren, erzählt er mir im Interview. Die Marke hole aus den Konzepten ihrer Autos alles Machbare heraus, halte sich dabei aber streng an die ikonischen Designvorgaben. Ob man die Wagen letztlich als Kunstwerke oder Sportautos betrachte, sei eigentlich egal – dem Anspruch hinter jeder dieser Sichtweisen werde mehr als Genüge getan.

Die Modelle von GGNTKT, zuerst die kompakte M1 und nun die Standbox M3, wurden vom Industriedesigner Fabian Ghoshal entworfen, der die erforderlichen Designvorgaben der Entwickler aufnahm und die durchaus kolossal große M3 in eine schöne, aber überraschend unaufdringliche Verpackung schnürte. Vorgabe des auffallend flachen Gehäusedesigns war die möglichst problemfreie Integration in jedwede Wohnumgebung. Die aktive Standbox verfügt über einen rückwärtigen Woofer, der keinen Bass erzeugt, sondern – ganz im Gegenteil – zentraler Bestandteil des „Constant Directivity“-Konzepts ist. Phasengedreht und zeitlich versetzt zum Woofer an der Gehäusefront löscht er die Bassanteile im Rücken der M3 aus. Bereits wenige Zentimeter Abstand genügen dem „Terminator“ dafür. Die große Standbox darf also gern dicht an der Wand stehen, da die Arbeit des Anti-Woofers vom integrierten DSP reguliert wird, muss sie es aber nicht zwingend – bei der Platzierung ist erlaubt, was gefällt – für einen Lautsprecher dieser Größe und Leistungsklasse mehr als ungewöhnlich.
In eine ähnliche Richtung – wenngleich thematisch etwas ganz anderes – zielt die muntere Farbigkeit des Herstellers. Die M3 wird in sechs wundervollen Ausführungen angeboten. Abweichende Farbwünsche bis hin zur Zweifarbigkeit, Furnierung, Vergoldung oder Hochglanzbeschichtung werden gern berücksichtig. Über den jeweiligen Aufpreis und die Zeit zur Umsetzung muss natürlich gesprochen werden, doch versucht GGNTKT auch hier, den Vorstellungen seiner Kunden keine Steine in den Weg zu legen.

Für eine kleine Firma ganz außergewöhnlich ist der Ehrgeiz, bis in die tiefsten technischen Details alles selbst zu gestalten. Beim Tweeter etwa handelt es sich um einen Kompressionstreiber mit 56-Millimeter-Ringmembran, der aus der professionellen Beschallungstechnik stammt. Das kleine Kerlchen schaffe unfassbare 113 Dezibel Schalldruck, erklärt mir Roland Schäfer, und es werde nach eigenen Vorgaben vom Zulieferer für die Verwendung in der M3 angepasst. Bei GGNTKT sitzt der Hochtöner in einem markanten Waveguide, der die Abstrahlung gemeinsam mit der breiten Frontpartie auffächert. Das sei zwingend erforderlich: Zwar reagiert die Standbox wie jeder Lautsprecher auf ihre Raumposition und Einwinkelung, als „Quasi-On-Wall“-Modell sei die Wahrscheinlichkeit aber hoch, dass sie mit dem Rücken gerade zur Wand ausgerichtet wird. Das funktioniert hervorragend, wie ich im Hörtest herausfinde – die annähernd lineare Ausleuchtung liegt eher bei 60 Grad statt der üblichen 30 Grad vorm Lautsprecher. Und möchte man die M3 für maximale Präsenz doch auf den Hörplatz ausrichten, kann man den in keinster Weise vorlauten Tweeter einfach ein Stück herunterregeln.
Tiefmitteltöner und Subwoofer stammen derweil völlig aus eigener Fertigung. Schäfer erklärt mir, dass er eine gefühlte Ewigkeit nach einem geeigneten Zulieferer suchen musste. Zunächst sprach er mit den „üblichen Verdächtigen“, doch drehte sich bei denen alles um inakzeptable Abnahmemengen, ehe man bei der Gestaltung ein Wörtchen mitreden konnte – und selbst dann bewegten sich die Variationsmöglichkeiten lediglich im Rahmen definierbarer Fertigungstoleranzen. Schließlich kam er auf einen spanischen Zulieferer, mit dem er der M3 einen 21-Zentimeter-Papierkonus und den Langhub-Woofer (26 cm) auf den Leib schneidern konnte. Der rückwärtige Woofer ist grundsätzlich mit dem an der Front identisch.

Die Elektronik stammt – wie schon bei der kleineren M1 – von Anselm Görtz’ Hausmarke Four Audio und ist uns bereits einige Male begegnet. Unter anderem findet sie Verwendung in den exzellenten Aktiven von Genuin Audio. Schon im Kontext des Ava-Tests berichtete uns Anselm Görtz, dass er einen Kunden an der Hand habe, der es nicht nur „ganz genau wissen“ und seine Module absolut perfekt auf das Lautsprecherkonzept anpassen wolle, sondern nach ersten Versuchen sogar eigens Anpassungen am Lautsprecherkonzept vornahm. Tatsächlich steckten Four Audio und GGNTKT damals bereits bis zum Hals in der Entwicklung der M3. Und ehe Sie denken, es handle sich um gewöhnliche Class-D-Verstärker aus OEM-Fertigung: Four Audio versteht sich als Entwicklungsbüro und passt die Verstärker haarfein an die Bedürfnisse des jeweiligen Lautsprechers an – lediglich die Rückenplatte ist die gleiche. Im Falle der M3 einigte man sich auf zwei Module mit je 250 Watt (Hochtöner und „oberer“ Basstreiber) sowie zwei Woofer-Antriebe mit je 500 Watt. Die abrufbare Gesamtleistung wird mit „nur“ 1000 Watt angegeben, da vor allem die beiden kleineren Treiber ihre Endstufen nie voll auslasten. Als „M3 S“ gibt es übrigens eine Variante der Aktiven für extrem große Räume, deren Wooferverstärker auf saftige 750 Watt skaliert wurden. Eingangsseitig bietet die M3 lediglich einen analogen XLR- und einen digitalen AES-Eingang. Letzterer ist zu bevorzugen, da er die Signale nahtlos ins integrierte DSP-Netzwerk und die nachgeschalteten exzellenten Hochbit-D/A-Wandler (24/96) führt, die praktisch direkt vor den Endstufen sitzen. Roland Schäfer erklärt mir, dass er die Eingänge möglichst simpel halten wollte. Der Markt sei voll regelbarer DACs mit ausreichend Eingängen oder mit analogen/digitalen Vorstufen aller Preis- und Ausstattungsklassen. Da sei es nicht nötig, die Aktiven zu verkomplizieren. „Lieber wenig und das dafür richtig“, merkt er an. Das Gleiche gelte für seine Klangphilosophie: Die M3 wurde auf absolut färbungsfreie Linearität getrimmt – das mache es einfacher, den endgültigen Charakter vor Ort (also beim Kunden) zu formen. Die Einmessung sei extrem flexibel, beschränke sich in der Regel aber auf den Bereich unterhalb von 300 Hertz. Prinzipiell kann man alles über das kleine Touchdisplay regeln, für das Setup bietet die M3 aber auch einen USB-Geräteanschluss, der allein als Service-Buchse für eine Remote-Software ausgelegt wurde.

Vor unseren Höreindrücken mussten wir ein kleineres Problem lösen: Da die M3 individuell an die Kundenwünsche angepasst beziehungsweise lackiert wird, besitzt GGNTKT keinen Lagerbestand. Und die verfügbaren Demo- und Showmuster waren unterwegs im herbstlichen Messe-Dauerreigen. Zum Glück besitzt aber Reinhard Weidinger in seiner Münchener „Hörzone“ nicht nur ein Paar M3, sondern gleich auch noch einen exzellenten Hörraum. Wie mir der Aktivliebhaber und Inhaber des HiFi-Geschäfts beim ersten meiner zwei Besuche erklärte, wollte er sich den hochgradig anpassbaren Aktivlautsprecher nicht einfach im gewohnten Schwarz oder Weiß hinstellen. Er ließ sich eine wundervoll matte Karminrot-Variante anfertigen, die man so nicht im Katalog des Herstellers findet. Da ich die Infrastruktur seines Hörraums nutzte, entfällt die gewohnte Angabe unserer Testkette. Die M3 wurde über den Streamer MU1 von Grimm Audio angesteuert, der mit dem erstaunlich klangvollen (und meiner Meinung nach grandios unterschätzten) RME ADI 2-DAC verbunden war. Von dort ging’s analog via XLR in die Boxen. Die Verkabelung? „Anständig konfektionierte Meterware“, wie mir Weidinger erklärte. Ein guter Lautsprecher wie die M3 müsse auch an völlig normalen Studiostrippen hervorragend klingen können. Wenn der Kunde mag, kann es mit einer individuellen Verkabelung später ja nur noch besser werden. Ein durch und durch sympathisches Konzept, wie ich finde.

Das volle Spektrum ihres Könnens demonstriert die M3 bereits beim ersten Titel. Ich gebe mir „Green Chimneys“ vom Monk-Tribute-Album A NYC Tribute. Die wilden Percussions im Intro wirbeln dynamisch und explosiv durch den gut gedämpften, fast knochentrockenen Hörraum. Bald setzt eine Kombination aus perlenden Klavierakkorden und hart geblasenen Saxofonen ein, die auf vorwitzigen Ketten durchaus schneidend und harsch klingen können und mich immer wieder veranlassen, den Pegel um einige Dezibel zu senken. An der samtigen M3 halte ich dem Intro jedoch mühelos stand und bin kurz darauf geradezu erschrocken, wie scharf und festgenagelt sich der Kontrabass in der Bühnenmitte materialisiert. Danach wechsle ich zu Beethovens Siebter (Beethoven: Symphonies Nos. 5 & 7, Wiener Philharmoniker unter Carlos Kleiber) und lausche gebannt dem sich allmählich steigernden Volumen und Pegel des Allegrettos (2. Satz).
Man kann die Dimensionen des Konzertsaals ahnen und die sich aufbauende Spannung geradezu körperlich spüren, was die alte Weisheit bestätigt, dass sich Dynamik durch nichts ersetzen lässt außer durch noch mehr Dynamik. Und mit etwa 119 Dezibel hat die M3 reichlich davon.
Schließlich „modernisiere“ ich meine Titelauswahl und starte „Alles in Allem“ von den Einstürzenden Neubauten. Schon die glockig wabernden Texturen im Intro des Titels zeigen, dass es hier synthetischer zugeht. Die Klänge wabern rings um mich herum, kurze, knackende Impulse unterlegen alles mit einem Hauch von Rhythmus. Das Klanggeflecht verstummt abrupt und gehaltene Akkorde nehmen die Bühne ein, erzeugen eine eigenartige Stimmung, in deren Zentrum Blixa Bargelds markante Stimme ertönt. Auch wenn ich bis heute nicht genau ergründen konnte, was genau er mir mit dem Text sagen möchte, habe ich eine Gänsehaut auf den Armen. Ich nutze die plastisch und in realistischer Größe abgebildete Stimme, um meinen Kopf langsam auf und ab zu bewegen, wechsle anschließend auch auf die äußeren Positionen des breiten Sofas. Die leicht eingewinkelte M3 leuchtet den Hörraum exzellent aus, und zumindest tonal kann ich keine Unterschiede bemerken. Für mich ist das eine unglaublich wichtige Eigenschaft eines Lautsprechers, da ich abends nicht stocksteif, sondern – gern auch mit einem Glas Wein in der Hand – in ständig wechselnden Posen vor meiner Anlage „herumlümmele“.
Den Abschluss finde ich nach vielen weiteren Titeln mit „Insomnia“ von Faithless. Und zwar in einem Pegel, der nicht nur das Team der Hörzone zum Mithören einlädt, sondern wohl auch den einen oder anderen Passanten draußen auf der Straße. Darin sehe ich zu diesem Zeitpunkt nicht das geringste Problem: Die M3 meistert auch die Techno-Hymne derart souverän, ausgewogen, brachial und vor allem emotional, dass es viel zu schade wäre, die anderen nicht teilhaben zu lassen.
Info
Aktivlautsprecher GGNTKT M3
Konzept: 4-Wege-Aktivlautsprecher mit DAC, DSP-Netzwerk und Raumkorrektur
Eingänge: 1 x AES (XLR), 1 x analog (XLR)
Bestückung: 56-mm-Ringmembran-Kompressionstreiber (Tweeter), 21-cm-Papierfaser-Konustreiber (Tief-/Mittelton), 2 x 26-cm-Langhub-Subwoofer
Gehäuse: CNC-gefrästes Bassreflexgehäuse aus Vollchromat (feuchtigkeitsbeständiges MDF)
Verstärker: Class-D
Leistung: 2 x 250 W (Hochton, Tief-/Mittelton), 2 x 500 W (Subwoofer)
Klirrfaktor (THD+N 1 kHz@1 W): 0,003 %
Dynamikbereich: 119 dB (A)
Frequenzgang (−3 dB): 29 Hz bis 20 kHz
Ausführungen: Grafitschwarz und Reinweiß in der Standardausstattung, Sonderfarben Stahlblau und Anthrazitgrau oder Automotive-Metallic-Lackierung Azursilberblau und Nachtviolett; weitere Farben auf Anfrage
Maße (B/H/T): 50/126/20 cm
Gewicht: je 70 kg
Garantiezeit: 2 Jahre (3 Jahre nach Registrierung)
Preis: um 29 950 €
Kontakt
GGNTKT
Luise-Albertz-Straße 2
53340 Meckenheim
Telefon +49 2225 9989689
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