Netgear Orbi 970 Serie
Knapp ein Jahr ist es her, dass mir Netgear eine Privataudienz gewährte, bei der ich den Fähigkeiten des neuen Orbi-Konzepts auf den Grund gehen konnte: Bei Plätzchen und Kaffee wurden mir Zahlen, beeindruckende Fakten sowie erleuchtende Aha-Momente um den Kopf gewickelt. Tatsächlich war ich im Vorfeld verwundert über die Einladung. Der Hersteller steht mit beiden Beinen in der IT-Welt und zählt zu den Marktführern in Sachen Netzwerktechnik – mit HiFi hat das erstmal nichts zu tun. Doch wie sich herausstellte, waren die Herrschaften auf der Suche nach Meinungen und Einschätzungen aus der Praxis – und da kam ihnen FIDELITY in den Sinn.
In aller Kürze:
Smart, schnell, erweiterbar und auch in großen Häusern und Wohnungen so zuverlässig wie eine Festverkabelung: Netgear Orbi 970 ist wahrhaft musikalisch!
Es gehört zu den großen ungelösten Mysterien, weshalb Highender jeden noch so geringen Unterschied zwischen Strom- und NF-Kabeln hören, beim Netzwerkspieler jedoch das WLAN-Netz bemühen. Es gehe nicht anders, lautet die häufigste Erklärung, und ich kann das mehr als nachvollziehen. Mein Hörraum befand sich über viele Jahre unterm Dach, zwei Etagen über dem DSL-Modem, das zugleich als WLAN-Verteiler fungierte. Trotz der geschätzten acht Meter Luftlinie zwischen Router und Anlage hätte ich zur Überbrückung der Etagen über 50 (!) Meter Kabel benötigt. Nur um eine Hausnummer zu nennen: Allein das Umrunden einer einzelnen Zimmertür schlägt mit rund fünf Metern zu Buche.
Ergebnis waren nicht enden wollende Eskapaden mit Power-LAN (die Sache mit der Steckdose) und immer wieder neuen spinnenbeinigen WLAN-Repeatern, die den Funkmüll zwar mehr oder weniger effektiv verstärkten, dabei aber gefühlte 98,9 Prozent der Datenbandbreite verschlangen. Das Ganze kostete ein Vermögen – und ich war am Ende schon glücklich, wenn ich Spotify zur Wiedergabe datenreduzierter Musik bewegen konnte. Deckungsgleiche Erfahrungen bewegten Freunde und Bekannte dazu, LAN-Strippen entlang ihrer Außenwände zu verlegen oder todesmutig den 40-Zentimeter-Bohrer an der Zimmerdecke anzusetzen – undenkbar in einer Mietwohnung.
Aber nochmal zurück auf Anfang: WLAN ist eine geniale Erfindung! Die Technologie nutzt Funkwellen im Gigahertzbereich. Die benötigen kaum Leistung, was sie entgegen anderslautenden Gerüchten für Mensch und Tier harmlos macht. Dummerweise werden sie wie jede Strahlung von allerlei Hindernissen reflektiert (Stichwort: Phasenauslöschung) oder sogar geschluckt. Die Trockenbauwände unserer Redaktion sind ein herrliches Beispiel dafür, da sie mit ihrem geerdeten Metallskelett einem faradayschen Käfig entsprechen. Schon eine einzelne geschlossene Zimmertür zwischen Router und WiFi-Streamer genügt, um der Musik eine merkliche Nuance an Glanz und Flüssigkeit zu rauben. Jede weitere Wand/Mauer/Tür verstärkt diesen Effekt.
Es gesellt sich ein weiteres Problem hinzu. Um die Integrität einer WLAN-Übertragung zu garantieren, tauschen Sender und Empfänger unablässig Checksummen aus – mathematisch ermittelte „Quersummen“, die sicherstellen, dass die empfangenen Datenpakete dem Ursprung entsprechen. Stimmt etwas nicht, muss das Paket neu gesendet werden. Im einsamen Landhaus ist das kein Problem. Lebt man allerdings mitten in der Großstadt, zu jeder Zeit umringt von 40 weiteren WLAN-Netzen, reagiert der Router mit einem fatalen Trick: Er verringert die Wortbreite und verkürzt so die Überprüfungsintervalle, um a) häufiger nach dem Rechten zu sehen und b) die neu angeforderten Pakete klein zu halten. Das Ergebnis: eine höhere Rechenbelastung, Datenfragmentierung und Stress, was man am Ende auch hören kann.
Und damit kommen wir zu Netgears exklusivem 970er-Paket, das für leidgeprüfte HiFi-Enthusiasten gleich zwei fette Schmankerl mitbringt. Ersteres ist eine rein formale Angelegenheit. Das Orbi-Konzept arbeitet nach der Logik eines Mesh-Netzwerks. Egal, ob man zwei, drei oder achtzehn „Orbis“ verwendet, die Funk-/Sendeeinheiten vernetzen sich zu einem einzelnen großen WLAN-Netzwerk. Es ist nicht nötig, beim Herumlaufen im Haus den Empfänger zu wechseln – ist das Smartphone einmal mit Orbi verbunden, bleibt das so. Das ist äußerst praktisch, aber auch nichts wirklich Neues.
Der eigentliche Clou des Konzepts liegt in seiner mehrgleisigen Arbeitsweise. Die Orbi-Einheiten sind als runde Säulen ausgeführt und strahlen nach allen Seiten ab. Im Inneren stecken im Prinzip vier unabhängige Sende-/Empfangseinheiten. In einzigartiger Quadband-Manier beherrschen sie 2,4 Gigahertz, die beiden 5-Gigahertz-Standards sowie das taufrische 6-Gigahertz-Band. Die in allen Einheiten enthaltenen Prozessoren überwachen sämtliche Frequenzbänder und mischen den jeweils optimalen Frequenzsalat zusammen. Sollten die Router der Nachbarn sich vorrangig bei 5 Gigahertz tummeln, nutzt Orbi eben mit 2,4 und 6 Gigahertz und mischt noch einen Hauch 5 Gigahertz unter, bis der gewünschte Datendurchsatz von bis zu 27 Gigabit zusammenkommt. Es wählt die Bereiche mit dem geringsten „Stress“ – und so ironisch es klingen mag: Auch der hohe Anschaffungspreis des Pakets hilft dabei, denn es wird eine ganze Weile dauern, bis sich die flexible, aber aufwendige Technologie verbreitet. Selbst in dicht bebauten Innenstädten dürfte man mit dem Vierfach-WLAN für eine ganze Weile ausgesorgt haben.
Unser Orbi-970-Testpaket bestand aus einem Router und zwei Satelliten. Ersterer wird über ein möglichst kurzes LAN-Kabel mit einem der (normalerweise vier) Ports des DSL-Modems verbunden. Die beiden Satelliten sollten gleichmäßig im Haus verteilt werden. Wir haben einen natürlich im Hörraum direkt neben der Anlage geparkt, etwa acht Meter beziehungsweise zwei gemauerte Zimmerwände vom Router entfernt. Falls erforderlich, kann man das Netz jederzeit um weitere Satelliten (bis zu 200) erweitern.
Zunächst startet man den Router, der sich mit dem Internet verbindet und ein paar Updates installiert. Anschließend (ein gleichmäßiges weißes Leuchten indiziert den Abschluss des Setups) startet man einen Satelliten nach dem anderen. Mit der zugehörigen Orbi-App (Android/iOS) kann, muss man aber nicht zusehen, wie sich die Komponenten miteinander vernetzen – das System richtet sich im Prinzip selbst ein. Vom Hörraum-Satelliten führte ich ein kurzes AudioQuest-Diamond-LAN-Kabel in den Lumin X1. Jeder Satellit besitzt drei Anschlüsse für Netzwerkkomponenten, einer davon mit rasend schnellen 10 Gigabit pro Sekunde, die beiden anderen mit 2,5 Gigabit pro Sekunde. Wenn die Verbindung sitzt, entspricht das einem Datendurchsatz von 1250 bzw. 250 Megabyte pro Sekunde – selbst höchstaufgelöste Audiodaten benötigen einen Bruchteil davon. Gegebenenfalls lässt sich die Anschlusszahl natürlich über Netzwerk-Switches erweitern.
Bei unseren Klangversuchen zeigte sich schnell eine subtile, aber eindeutige Tendenz: Parallel zu Orbi lief ja auch noch das WLAN-fähige DSL-Modem, eine (durchaus verbreitete) AVM Fritz!Box 7590 nebst Repeater, der im Hörraum für den Kabelzugang sorgt – wir bekommen schließlich auch Streamer ohne internes WiFi. Das AVM-Kit nimmt der Musik merklich an Esprit und Spielfluss, lässt die Höhen zudem matt und glanzlos wirken. Mein Rat wäre hier, in jedem Fall auf eine Festverkabelung auszuweichen oder alternativ lieber CDs und Schallplatten zu hören. Nur zur Ehrenrettung von AVM: Das Ergebnis ist mit einem Standardrouter von Netgear, Asus oder sonst wem gleichsam desolat.
Netgear Orbi 970 punktet auf ganzer Linie. Es ist klanglich mit unserer In-Wall-Verkabelung identisch. Vor allem via Webstream gespielte Musik klingt über den Lumin exakt so wie über die hochkarätigen Strippen – wobei wir freilich keine audiophilen Kabel in den Wänden haben, sondern „gut geschirmte Meterware“, wie man sie in vielen Gewerbebauten findet. Das „Gleichauf mit Standardstrippen“ mag bei einem derart kostspieligen Konzept nach einer Relativierung klingen, doch handelt es sich hier um das maximale Lob: Noch nie (!) hatten wir eine WLAN-Verbindung im Hörraum, der wir nicht augenblicklich eine Absage erteilt hätten. Vor allem anspruchsvolle Musikliebhaber, die mein Leidvolles „Es ist leider eine Mietwohnung“-Erlebnis teilen und für die eine In-Wall-Verlegung nicht in Frage kommt, finden mit Netgears smartem Funkkonzept einen zuverlässigen und rasend schnellen Workaround – ohne jeden Kompromiss.
Info
Mesh-Netzwerk Netgear Orbi 970 Serie
Konzept: erweiterbares WLAN-Mesh-Netzwerk
WiFi-Netz: 360°-Abstrahlung durch 12 Antennen je Gerät
Abdeckung: bis zu 660 m2 im Dreierpack, je 220 m2 pro Sender/Empfänger
Erweiterbarkeit: bis zu 200 Geräte im Netzwerk
Netzwerk: Quadband (2,4 GHz, 2 x 5 GHz und 6 GHz)
Anschlüsse Router: 10-Gbps-LAN-Eingang, 10-Gbps-LAN-Abgriff, 4 x 2,5-Gbps-LAN-Abgriff
Anschlüsse Satellit: 10-Gbps-LAN-Abgriff, 2 x 2,5-Gbps-LAN-Abgriff
Lieferumfang: Router, 2 Satelliten, Kurzanleitung, 3 Netzteile
Maße (B/H/T): 14/29/13 cm je Gerät
Gewicht: je 1,8 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 2400 € (Orbi 970 Serie 3er-Set)
Kontakt
Netgear
Konrad-Zuse-Platz 1
81829 München
Telefon +49 800 7575 777
E-Mail: storede@netgear.com