Lumin P1 Mini
Lumin kommt auf den Knopf – und das ist gut so. Der jüngste Spross der Digitalschmiede erlaubt es, klassisch Hand anzulegen. So macht Streaming gleich noch mehr Spaß.
In aller Kürze:
Der Lumin P1 Mini ist das volldigitale Zentrum einer modernen digital-analogen High-End-Anlage. Die physischen Bedienelemente sind ein echter Gewinn, die digitalen Fähigkeiten überbordend.
Wer sich einen Lumin wegen der Optik kauft, hat mein volles Verständnis. Das Design mit der dynamisch gezirkelten und aerodynamisch geneigten Front ist spitze. Aus gutem Grund hat der Streamingspezialist aus Hongkong hier bis heute nichts geändert. Abgesehen von der Einführung eines leichteren Gehäuses für die günstigeren Baureihen – wobei auch da die Kernelemente des Hausdesigns nicht angetastet wurden: ein überdecktes Anschlussfeld für einen sauberen Look und eine Front ohne Bedienelemente. Ein Lumin wird per App bedient. Punkt.
Nun, die Zeiten sind vorbei. Gestatten: Lumin P1 Mini. Mit dem Neuen denkt Lumin die Idee einer vollausgestatteten Digital-Steuerzentrale neu. Das Designteam hat dem Mini als erstem Vorverstärker/DAC/Streamer physische Bedienelemente spendiert. Links vom bekannten monochromen Display sitzt nun ein Quellenwahlschalter, rechts ein Lautstärkeregler. Dazwischen finden sich noch ein Druckknopf als Ein-/Ausschalter und ein IR-Sensor. Die Fernbedienung, ein amtlicher IR-Geber mit umfassender Funktionalität, keine Alibi-Lösung im omnipräsenten Apple-Design, liegt griffbereit in der Verpackung. Ich bin schwer beeindruckt. Das ist mal eine haptische Charme-Offensive!
Die Bedienelemente holen mich auf Anhieb ab. Sie waren eigentlich überfällig, schließlich gibt sich Lumin mit dem regelbaren Analogausgang schon lange richtig Mühe. Hier werkelt eine der aufwendigsten digitalen Lautstärkeregelungen, zu finden auch in Geräten der Nobelmarken Metronome und Soulution: der verlustfrei rechnende Algorithmus von Leedh-Processing. Natürlich ändert sich technisch nichts, wenn der Pegel in der App per Wisch dirigiert wird. Aber der Drehgeber setzt ein Ausrufezeichen und verhilft der ausgefeilten Technik zur verdienten Aufmerksamkeit: Seht her, ich bin eine voll integrierte digitale Quelle! Alles, was ich brauche, ist eine Endstufe oder ein Paar Aktivlautsprecher!
Wie der große Bruder Lumin P1 ohne Mini ist auch der Neue eine um einen analogen Eingang und eine beeindruckende Zahl an digitalen Schnittstellen erweiterte Spielart der kombinierten Streamer/DACs des Hauses. Obwohl der Mini nur die Hälfte des P1 kostet, ist er ausstattungsseitig kaum reduziert. Ihm fehlt der symmetrische Analogeingang und eine Handvoll HDMI-Eingänge. Die optische Netzwerk-Schnittstelle hat man ihm gelassen, ebenso das (auf einen statt zwei Ringkerntrafos verschlankte) Linearnetzteil. Im Audiopart entspricht er faktisch dem mittleren Modell der Netzwerkplayer namens T3. Er unterscheidet sich von diesem aber durch die Taktgeber. Im P1 Mini kommen zwei auf jeweils unterschiedlichen Frequenzen schwingende großvolumige Crystek-Oszillatoren zum Einsatz. Im Zusammenspiel mit einer in einem FPGA-Bauteil abgelegten Steuerung bilden sie eine Baugruppe, die dem Taktgeber im Topgerät Lumin X1 stark ähnelt. Die als Paar im Monobetrieb laufenden D/A-Wandler ES9028Pro aus dem Hause ESS Sabre wandeln alle PCM- und DSD-Formate. Auch der MQA-Codec wird erkannt und vollständig „entfaltet“. Die symmetrische Ausgangsstufe ist mit ICs bestückt, die feinen Lundahl-Übertrager aus dem P1 hätten dann doch die Bank gesprengt.
Lumin-Geräte kenne ich als Alleskönner, und da macht der P1 Mini keine Ausnahme. Im Grunde gibt es nichts, was er nicht kann. Nur Betreiber von extensiven analogen Geräteparks werden mit dem Gebotenen nicht auskommen. Der Phonoentzerrer kommt an den Analogeingang, der Fernseher an die HDMI-Schnittstelle. Der alte CD-Player erhält seine Verjüngungskur via S/PDIF koaxial oder optisch verpasst. Bluetooth ist nicht an Bord, dafür AirPlay 2, was in den meisten Fällen die funktionelle Lücke schließen sollte. WiFi ist nicht integriert, dafür kann der Netzwerkanschluss sowohl elektrisch via RJ45-Buchse als auch optisch per Gigabit-SFP-Anschluss erfolgen. Beide Netzwerkschnittstellen arbeiten parallel. Man kann also mit Recht sagen, dass der P1 Mini einen Switch integriert hat. Wäre ich entsprechend ausgerüstet, würde ich per galvanisch trennenden SFP ins Netz gehen und meinen Musikserver über ein Ethernet-Kabel direkt anschließen. Ja, das wäre technisch wirklich elegant.
Die Lumin-App ist ein mächtiges Werkzeug. Hier erfolgt die komplette, zahllose Optionen offerierende Konfiguration des Gerätes. Die App ermöglicht auch die Anbindung an die gängigen Streamingdienste und Zugang zur heimischen Musikbibliothek. Auf Tidal und Spotify kann der P1 Mini via Connect-Protokolle direkt zugreifen. Wie alle Lumin-Streamer ist auch dieser Roon-zertifiziert. Erfahrene User erwartet hier ein Leckerbissen: ein offiziell undokumentierter Betriebsmodus namens „Roon Only“. Neugierige finden in einem von Lumin gut betreuten Thread des Roon-Forums alles Wissenswerte dazu. Leider soll dieses spannende Feature, bei dem im Streamer alles deaktiviert wird, was nicht unmittelbar mit der Ausführung von Roon zusammenhängt, nicht weiterentwickelt werden.
Jetzt lobe ich noch ein letztes Mal die neue Haptik: Lumin nennt den P1 Mini ja nicht „Preamp“ (trotz des P im Namen), sondern „Hub“. Das heißt so viel wie „Knotenpunkt“ oder „Steuerzentrale“. Die durchaus komplexe Steuerzentrale P1 Mini gewinnt durch die Drehgeber massiv an intuitiver Bedienbarkeit. Er habe, sagt Lumins Mastermind Angus Leung, den P1 Mini „less intimidating“ gestalten wollen, also leichter zugänglich für all jene, dich sich nicht als Digital Natives verstehen und Berührungsängste mit Software haben. Das ist ihm gelungen.
Die Einspielzeit absolviert der P1 Mini unter Ausnutzung all seiner Fähigkeiten: Er streamt, er wandelt und er treibt via XLR-symmetrischer Verbindung direkt meine Rowland-Endstufe an. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Der Sound ist enorm fein und hochauflösend. Es folgen Einsätze als streamender DAC und als Zuspieler für meinen D/A-Wandler Aqua La Voce S3. So ergibt sich allmählich ein Gesamtbild. Und das ist, wie nicht anders zu erwarten, überaus erfreulich.
Der Lumin P1 Mini ist eine Quelle, die es genau nimmt. Ob es am Dirigat der guten Sabre-DACs durch die aufwendige Taktgeber-Baugruppe liegt? Man möchte es fast so sehen, denn das Klangbild, das sich hier auftut, atmet Luft und Leben. Und beides ist ohne Akkuratesse beim Wandelvorgang nicht zu haben. Denn was ist der Eindruck von Echtheit, wenn nicht die perfekte Platzierung allerfeinster Ein- und Ausschwinggeräusche?
Ich nenne hier exemplarisch zwei Aufnahmen. Anner Bylsma war ein ganz großer, vielleicht der größte Barockcellist des 20. Jahrhunderts. Ein Glück, dass für eine beträchtliche Zahl seiner Aufnahmen Wolf Erichson als Produzent verantwortlich zeichnete. Der Realismus seiner Produktionen, besonders von Barockorchestern und kleinen Klassik-Ensembles in akustisch perfekt gematchten Räumen, ist unübertroffen. Ich höre Bylsma mit Cellokonzerten von Luigi Boccherini, begleitet vom Orchester Tafelmusik unter Jeanne Lamon. Die Musiker setzen ein, und die Saiten flirren so offen und hell, der Raum schwingt so luftig, da kann man nicht anders als gebannt sitzen zu bleiben und sich an Musik und Klang berauschen – auch wenn Bylsma hier keine intonatorische Perfektion erreicht, aber die Atmosphäre ist spannungsgeladen und die eben nicht toteditierte Produktion einfach eine Wucht. Für den Lumin P1 Mini ist es ein Klacks, das Obertonfeuerwerk aufzudröseln und den Solisten vom Orchester abzuheben und beide wiederum im weit offenen Raum zu integrieren.
Anderes Genre: Jazz. Genau gesagt: Jazz At The Pawnshop. Ein Klassiker. Ich spiele Volume 2, und da beginnt der erste Titel „Over The Rainbow“ mit 36 Sekunden Liveatmosphäre in ebenjener Stockholmer Jazzkneipe, die zuvor ein Pfandhaus gewesen war und die dann als Aufnahmeort einer legendären Jazzsession diente. Das ist: echt. Einfach echt. Kurzes Prüfen mit meinem Aqua-DAC am USB-Digitalausgang des Lumin – ja, das ist wärmer, süßer, aber, wenn man ehrlich ist, eigentlich ganz fein verwischt, unpoliert. Der Lumin stellt das Saxofon ungemein realistisch in die Mitte, lässt das Vibrafon perlen und den Bass knarzen. Ganz hervorragend. Ich spiele ein bisschen mit der Lumin-App. Genau gesagt: mit den gebotenen Möglichkeiten, das ankommende Digitalsignal in beliebige PCM- oder DSD-Abtastraten umzurechnen. Bitte ausprobieren! Tipp: Die höchste Zahl klingt nicht unbedingt am besten. Mein Favorit sind die mittleren DSD-Formate, die einen schönen Fluss erzeugen.
Was für ein Sonderangebot: Lumins smartes Komplettpaket vereint Streaming, einen mit allen Wassern gewaschenen DAC sowie eine mehr als brauchbare Vorstufe im äußerst schlanken Gehäuse.
Und besser noch: Bei Einzelkomponenten müsste man deutlich mehr Budget einplanen, um auch nur in die Nähe des P1 Mini zu kommen. Perfekt!
Info
Vorverstärker/DAC/Streamer Lumin P1 Mini
Konzept: digital geregelter Streaming-DAC
Eingänge analog: Cinch
Eingänge digital: S/PDIF (Cinch), optisch, USB, HDMI
Ausgänge analog: Cinch (asymmetrisch), XLR (symmetrisch)
Ausgänge digital: S/PDIF (BNC), HDMI (ARC)
Netzwerk: LAN (RJ45), Fibre Network (SFP optisch)
Formate: PCM bis 24/192 (AES, koaxial, optisch), 32/384 (USB), DSD512
HDMI-Schnittstelle: 2.0, schleift 4K-Bild, Dolby Atmos, Dolby Vision und DTS Passthrough
Besonderheiten: Femto Clock, Lumin-App (Android/iOS) bietet Zugriff aufs Setup und steuert die (Multiroom-)Streamingfunktionen
Kompatibilität: MQA, Roon, Spotify (inkl. Connect), Tidal (inkl. Connect), Qobuz, AirPlay, TuneIn-Radio |
Ausführung: Aluminium schwarz oder silber
Maße (B/H/T): 40/8/32 cm
Gewicht: 7 kg
Garantiezeit: 2 Jahre (3 Jahre bei Registrierung)
Preis: um 4990 €
Kontakt
IAD Audio
Johann-Georg-Halske-Straße 11
41352 Korschenbroich
Telefon +49 2161 617830
Mitspieler
Plattenspieler: bauer audio dps 3
Tonarm: bauer audio Tonarm
Tonabnehmer: Lyra Kleos
Phonovorverstärker: Hagerman Trumpet Wood
MC-Übertrager: Consolidated Audio Silver/Nano
CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 UP
Musikserver: Innuos Zenith Mk III
D/A-Wandler: Aqua La Voce S3
Switch: Silent Angel Bonn N8
Vorverstärker: Silvercore linestage two
Endverstärker: Rowland Model 2
Lautsprecher: Ayon Seagull/c, Diptyque DP 140 Mk II
Netzaufbereitung: AudioQuest Niagara 3000
Kabel: Fadel Art, Phonosophie, AudioQuest, Solidcore
Zubehör: Creaktiv-Racks, Granitbasen