Thiele DW01 Plattengewicht
Äußerlich schlicht, hilft Helmut Thieles Platten-Dämpfungsgewicht mit seiner komplexen Füllung, aus Vinyl-Scheiben das Beste herauszulocken.
Helmut Thiele ist vielen Lesern wahrscheinlich durch seine Jahrzehnte währende Entwicklungstätigkeit bekannt. Ein Schwerpunkt seines Wirkens liegt im Bereich der Vinyl-Wiedergabe. So entwarf er unter anderem Plattenspieler und Tonarme für Thorens, Magnat oder Genuin Audio. Das Thema „Resonanzen“ stand dabei immer im Fokus. Thieles eigene Produktlinie debütierte mit dem Tonarm TA01, einem tangential abtastenden Drehtonarm – für mich sein absolutes Meisterstück. Bald darauf folgte das passende Laufwerk TT01; abgerundet wurde diese innovative Kombination durch die Plattenteller-Auflage RM01. Während eines Gesprächs mit dem Entwickler wollte ich aus reiner Neugier wissen, ob er neue Produkte in Planung habe. Eine fast schon rhetorische Frage – Helmut Thiele hat immer etwas in der „Pipeline“! Er berichtete mir, dass er sein neues Plattengewicht zur Serienreife gebracht habe und fragte, ob ich nicht Lust hätte, es auszuprobieren. Aufgrund der Erfahrungen mit seinen Schöpfungen war ich natürlich sofort erpicht darauf, das Thiele DW01 Platten-Dämpfungsgewicht auf meinem Laufwerk rotieren zu lassen.
Aber wozu braucht man ein Plattengewicht? Der wesentliche Nutzen liegt in der mechanischen Beruhigung des Vinyls während des Abtastvorgangs. Dass gewellte Scheiben durch ein Gewicht plan auf dem Plattenteller aufliegen, kann ich dagegen nicht uneingeschränkt bestätigen. Nur eine zur Plattenmitte hin erhöhte Wölbung wird bei ausreichendem Gewicht ausgeglichen. Die Ränder der Scheibe profitieren nicht, bei dünnem Vinyl wird die Verformung in manchen Fällen sogar noch verstärkt. Genau hier setzt die Funktionsweise des DW01 an. Schon durch das Gewicht von rund 400 Gramm erfährt das Vinyl eine gewisse Beruhigung. Effektiv wird die Wirkung jedoch erst durch die im Inneren verborgene Absorber-/Dämpfungseinheit. Dadurch unterscheidet sich das DW01 von den meisten herkömmlichen Plattengewichten. Im Grunde genommen handelt es sich um ein Masse-Feder-Dämpfungssystem, ein bewährtes Prinzip auch bei raumakustischen Maßnahmen, so beispielsweise der Trittschalldämmung von Gebäudedecken.
Ebenholzstäbe stellen den Kontakt zum Plattenlabel her. Diese leiten Mikrovibrationen, die durch den Abtastvorgang und die Antriebseinheit hervorgerufen werden, an die im Inneren verborgene Koppelscheibe weiter. Wobei die Bezeichnung „Scheibe“ diesem aufwendigen, per CNC-Fräsung entstandenen Alu-Formteil nicht gerecht wird. An der Unterseite geöffnete Kammern nehmen die Ebenholzstifte auf, im Zentrum befindet sich die Hülse für die Tellernabe. Unterschiedlich dimensionierte Rippen dienen zur Aussteifung und Unterdrückung von Resonanzen. Der Kontakt zur äußeren Hülle erfolgt ausschließlich über ein spezielles Zwei-Komponenten-Gel, das die Funktion einer Feder und eines Dämpfers in Personalunion erfüllt: Eingeleitete Vibrationen werden in Wärme umgesetzt und so unschädlich gemacht.
Das schlicht-elegante, schwarz eloxierte Gehäuse liegt gut in der Hand, was bei meiner notorischen „On-the-fly“-Bedienung ein wichtiger Aspekt ist. Ich erkenne hier die Formensprache des Designers Thiele, auch ohne das dezent in den Gehäusedeckel gelaserte Signum des Meisters. Die eingelassenen Ebenholzplättchen dienen nicht dem Dekor (obwohl, schick sind sie schon), sondern der zusätzlichen Bedämpfung der Gehäuseschale. Diese innen ebenfalls mit Rippen versteifte Alukonstruktion bildet die äußere Masse der Einheit. Das Funktionsprinzip und die konstruktive Umsetzung scheinen mir vollkommen plausibel, was ich längst nicht von allen „Highend-Tweak-Devices“ behaupten kann.
Nun aber zum Entscheidenden: Hört man einen Unterschied oder sogar eine Verbesserung bei der Schallplattenwiedergabe? Bevor ich diese Frage beantworte, möchte ich erläutern, was man meines Erachtens mit solchen Tuning-Maßnahmen erreichen kann … oder eben auch nicht: Die Idee, dass man eine Sound-Charakteristik mit raffinierten Spikes, Matten, Absorbern etc. „reparieren“ kann, halte ich für hoffnungslos. Versucht man aus seiner Anlage mit Hilfe von geeignetem Fein-Tuning das komplette in ihr schlummernde Potenzial herauszukitzeln, sind die Erfolgsaussichten schon deutlich besser.
In meiner Analogkette war der positive Einfluss des DW01 bei jeder Scheibe bemerkbar. Aus mediokren Produktionen wurden zwar keine audiophilen Highlights, aber sogar einigen Platten mit eher zweidimensionalem Klangbild verhalf das DW01 zu einem gewissen Relief. Wie stark sich der positive Einfluss bemerkbar macht, hängt natürlich von der Laufwerk/Tonarm-Kombination ab. Um meine Einschätzung verständlicher zu machen, möchte ich auf einige konkrete Musikbeispiele zurückgreifen. Die 1976 erschienene Aufnahme von Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 5 cis-Moll (Det Kongelige Kapel unter der Leitung von Joseph Kreutzer) liegt mir in recht bescheidener Vinyl-Qualität vor. Dem etwas diffusen Klangbild mangelt es vor allem an Tiefe und Plastizität. Das änderte sich mit dem DW01 überraschend deutlich. Besonders die unteren Lagen gewannen an Festigkeit, die Illusion der räumlichen Tiefe verlieh der Aufnahme ein Maß an Dreidimensionalität. Die Dramatik und Eindringlichkeit dieses Meisterwerks wurden intensiver transportiert. Ähnliche Effekte hörte ich auch bei Weather Reports „When It Was Now“. Das plastische Klangbild löste sich besser von den Lautsprechern, Transienten gewannen an Prägnanz, langgezogene Syntheziser-Akkorde verloren ihre Beliebigkeit. Besitzern ambitionierter Vinyl-Setups empfehle ich, das Thiele DW01 Platten-Dämpfungsgewicht auszuprobieren. Die Chancen, sich davon nicht mehr trennen zu mögen, stehen gut.
Info
Plattengewicht Thiele DW01
Konzept: Plattengewicht mit dämpfender Konstruktion und Füllung
Besonderheiten: CNC-gefrästes Aluminium, Gel-Dämpfung, „Füße“ und Gehäusedämpfung aus Ebenholz, wird in passendem Case geliefert
Ausführung: Schwarz eloxiert
Maße (Durchmesser/Höhe): 8/4 cm
Gewicht: ca. 400 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 950 €
Kontakt
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