GoldenEar T66
Sieht man sich GoldenEars neue T-Serie direkt neben ihren Vorgängermodellen an, drängt sich förmlich das Bild von Puppe und Schmetterling auf. Keine Frage: Optisch macht die neue T66 einiges her. Aber setzt sie auch akustisch zu Höhenflügen an? Und fast noch wichtiger: Bleibt sie sich in ihrer Seele treu?
In aller Kürze:
Etwas Arbeit bei der Aufstellung braucht die GoldenEar T66, gibt sich dann aber als ebenso gefällige wie kompetente Musikmaschine.
Es ist schon erstaunlich, wie ähnlich und doch grundverschieden sich zwei Lautsprecher sehen können. Als Vergleichsobjekt zur neuen GoldenEar T66 haben wir mit der Triton Three+ immer noch ein – wenn auch eine Stufe darunter angesiedeltes – Modell der Vorgängerserie im Hörraum stehen. Beide teilen sich die markante Silhouette mit dem sich nach vorn verjüngenden Gehäuse, das in der charakteristischen halbrunden Schallwand ausläuft – und doch ist die Wirkung eine völlig andere: Wo die Triton mit ihrer fast vollständigen Stoffverkleidung ganz bewusst dem Nicht-Design frönte, gibt sich die T66 mit ihrem Hochglanzlack, der wesentlich aufwendigeren Fußkonstruktion aus Vollmetall und den hinter einem schwarzen Metall-Hexgitter zur Schau getragenen Treibern im Vergleich als echter Blickfang.
Der Kurswechel in der Designphilosophie kommt nicht von ungefähr – die neue T-Serie ist die erste GoldenEar-Lautsprecherfamilie, die vollständig unter der Leitung von AudioQuest entwickelt wurde. An der grundlegenden Designphilosophie und vor allem an der „Mission“ hinter der Baureihe hat sich indessen nichts geändert: Wie auch ihre Vorgängerinnen will die T66 ein hohes Maß an Klangqualität für Normalverbraucher zugänglich machen, die nicht vornehmlich Jazz oder Klassik hören und dementsprechend einen Lautsprecher brauchen, der gnädig über mäßige Studioqualität hinwegsieht, gleichzeitig jedoch eine Klangqualität bietet, die jedem Zuhörer schon mit den ersten Takten klarmacht, dass eine Soundbar eben nicht das Ende der Fahnenstange ist.
Kein einfach zu meisternder Spagat, doch GoldenEar hat diesbezüglich schon in der Vergangenheit ein mehr als kompetentes Händchen gezeigt. Wie kaum ein anderer Hersteller verstehen es die Amerikaner, hochwertige Musikwiedergabe in einem unkomplizierten Gesamtpaket zu verschnüren. Das gelingt ihnen mitunter deshalb, weil sie über Möglichkeiten verfügen, auf die die meisten anderen Hersteller nicht zugreifen können – allem voran greift man hier auf Treiber aus eigener Entwicklung und Fertigung zurück, statt sie extern zuzukaufen. Der Vorteil liegt hier nicht so sehr in der Klangqualität – SEAS, ScanSpeak und Konsorten genießen ihren guten Ruf nicht umsonst –, sondern vielmehr in der Flexibilität bezüglich des Formfaktors: GoldenEar legt insbesondere Wert auf ein Design, das sich optisch nicht aufdrängt, und das lässt sich mit unkonventionellen Membranformen wesentlich leichter umsetzen. Konkret erlauben die ovalen Basstreiber, deren Höhe fast das Doppelte der Breite beträgt, in Verbindung mit großzügig bemessenen, annähernd rechteckigen Passivmembranen dafür, dass die Lautsprecher trotz ihres auffällig schlanken Profils auch im Tiefton ordentlich Luft bewegen können.
Neu eingekleidet
Das bisherige, vollständig stoffverkleidete Design passt hervorragend in diesen Tarnkappenansatz. Bei der neuen T66 hat AudioQuest jedoch wie eingangs erwähnt gegengelenkt. Der Anlass hierfür ist schlicht die Erkenntnis, dass sich ein Produkt, für das ein mittlerer vierstelliger Betrag fällig wird, deutlich von der Designästhetik einer Soundbar abheben muss. Am Ende hat man sich für das Beste aus beiden Welten entschieden und bei der Anmutung die Unauffälligkeit auf dem Altar eines wesentlich höheren Qualitätseindrucks geopfert. Neben dem effektvollen Meshgrill und dem vor allem in der Ausführung Santa Barbara Red zum Umfallen schönen Lackfinish äußert sich das in einer wesentlich komplexeren Fußkonstruktion als bisher. Der Vollaluminiumsockel verfügt nun auch über von oben per Inbus einfach verstellbare Spikes samt mit der bloßen Hand bedienbarem Konterring. Parkettbewohner können dabei dankenswerterweise auf Spikeschuhe verzichten, weil im Lieferumfang als Alternative zur starren Ankopplung auch Gummifüße beigelegt sind. Den gelungenen Formfaktor behielt man indessen bei und schlägt entsprechend weiterhin Kapital aus der Möglichkeit, die Treiberform dem gewünschten Gehäusedesign anzupassen und nicht umgekehrt.
Feinarbeit im Inneren
Auch akustisch wurde nochmals Hand angelegt und einiges optimiert. Mittel- und Hochton obliegt nach wie vor der bewährten Kombination aus dem AMT-Tweeter und zweien der ebenfalls bekannten 12-Zentimeter-Mitteltöner mit ihren charakteristisch geformten Diffraktionskegeln. Gespielt haben die Entwickler zudem mit der Positionierung der Basstreiber. Die beiden Chassis sitzen jetzt in einigem Abstand zueinander auf der Schallwand: Einer direkt unter der MTM-Gruppe, der andere wurde ans untere Ende gerückt. Die seitlich angeordneten Passivmembranen sitzen auf halber Höhe zwischen den aktiven Treibern. Durch diese Anordnung sollen die Radiatoren gleichmäßiger durch die rückwärtig abgestrahlten Bassanteile angeregt werden, wodurch sich höhere Effizienz und damit mehr Schalldruck erzielen lässt.
Auch die Frequenzweiche wurde gründlich überarbeitet, wobei man einigen Aufwand betrieben hat, um ein offeneres, transparenteres Klangbild zu erzielen. Im Hochtonzweig haben die Entwickler dem Kondensator einen kleinen, hochwertigen Bypasskondensator zur Seite gestellt – ein beliebter und überraschend effektiver Kniff, der ohne allzu große Zusatzkosten für eine erhebliche Klangsteigerung sorgen kann. Verzichtet hat man dagegen auf das bisher eingesetzte Zobelglied zur Impedanzkorrektur, das zwar dafür sorgt, dass der Lautsprecher leichter anzutreiben ist, laut Robert Hay von AudioQuest wegen der erhöhten Bauteilanzahl jedoch merklich Leben aus dem Klangcharakter saugt.
Stichwort „leicht anzutreiben“: Wie gehabt muss der Verstärker lediglich die Mittelhochtonsektion antreiben, den Bass versorgt eine interne, DSP-gesteuerte Class-D-Endstufe, die satte 500 Watt RMS abgeben kann. Auch wenn die T66 eine nominelle 4-Ohm-Last darstellt, fällt der Wirkungsgrad dadurch mit 91 Dezibel (2,83 V/1 m) gerade mit Blick auf das bescheidene Gehäusevolumen erfreulich hoch aus. Hay legt als Verstärker tatsächlich auch günstige AV-Receiver nahe.
Ein bisschen Einsatz braucht’s
Die eine Sache, die dem unkomplizierten Hörvergnügen zumindest anfangs noch im Wege steht, ist die Aufstellung: Hier geben sich die schlanken Säulen überraschend anspruchsvoll. Einfach abstellen und losspielen lassen funktioniert zwar halbwegs, aber man merkt gleich, dass noch Luft nach oben ist. Die Bühne fällt auf Anhieb ordentlich groß aus, doch fehlt es ein wenig an Eindeutigkeit in der Positionierung einzelner Schallereignisse. Auch habe ich sie zunächst recht freistehend aufgestellt, was zu einem etwas mageren Grundton führte, gegen den auch ein Dreh an den Pegelstellern der integrierten Subwoofer nicht wirklich half. Der Abstand zur Rückwand und zu den Seitenwänden, vor allem aber die Einwinkelung wirken sich stärker als bei den meisten anderen Lautsprechern auf Klangbalance und Bühnenabbildung aus. Generell bevorzugen die T66 eine relativ wandnahe Aufstellung, einen zu kurzen Abstand zu den Seitenwänden strafen die AMTs allerdings schnell mit unschönen Kammfiltereffekten. Angenehmerweise lassen sie es sich aber mehr als deutlich anmerken, wenn sie richtig stehen: Nah an der Rückwand und mit einer nicht allzu großen Basisbreite aufgestellt, dazu so eingewinkelt, dass sie meine Schultern anstrahlen, rastet die Bühne mit einem Schlag ein: „Sandman“ von America von ihrem gleichnamigen Debütalbum beginnt mit Dewey Bunnells dünnlicher Stimme und einer Gitarre, zu der sich nach einigen Takten eine zweite gesellt.
Schwamm zuvor noch alles ein wenig unsicher und suchend im Raum, platzieren die GoldenEars alle Akteure nun ohne die geringste Zweideutigkeit. Bunnells Stimme kommt schön schlackenfrei, während die beiden Gitarrenkorpusse das richtige Maß an Grundtonwärme ins Geschehen bringen. Der Subwooferpegel steht dabei exakt in der Mitte – „jetzt“, machen mir die Amerikanerinnen unmissverständlich klar, „fühlen wir uns pudelwohl“. Und belohnen mich direkt mit einer Spielfreude und Schnelligkeit im Antritt, auf die ich so nicht vorbereitet war. Das Stück beginnt langsam und schwermütig, nimmt daraufhin jedoch immer mehr an Fahrt auf – und die T66 ziehen mit, dass es eine Freude ist. Anhand von Youn Sun Nahs „The Wonder“ (Immersion) fühle ich konkret der aktiven Tieftonabteilung auf den Zahn. Schlagzeug, verfremdetes Klavier und Synthesizer sorgen für ebenso abrupt einsetzende wie ausklingende Tieftonelemente, die Autorität und Kontrolle gleichermaßen fordern. Die GoldenEar T66 lassen hier nichts anbrennen und zeigen deutlich mehr Lungenvolumen, als ich ihnen zugetraut hätte: Kräftiger Bass aus geringen Volumina klingt gerne etwas dicht und komprimiert – hier höre ich von diesen Effekten keine Spur: Sie schieben die Impulse souverän in den Raum und machen bei Bedarf ohne jedes Nachschwingen blitzartig wieder zu.
Ganz so unkompliziert wie die Triton-Boxen ist die neue T-Serie nicht mehr – nimmt man sich aber ein bisschen Zeit für die richtige Aufstellung, gibt sie sich danach unprätentiös wie eh und je: Sie kommt mit nahezu jedem Verstärker klar, unabhängig davon, ob Transistoren oder Röhren für den Antrieb sorgen – allenfalls hauchzarte Gerätchen mit einstelligen Ausgangsleistungen können an ihre Grenzen stoßen. Ebenso schmerzbefreit sind die T66 in guter GoldenEar-Manier im Hinblick auf die Musikauswahl: Tonalität und Feinauflösung lassen bei audiophiler Kost wie der eben genannten Youn Sun Nah keine Fragen offen. Gleichzeitig hat man dem AMT aber so effektiv Manieren angezüchtet, dass auch die Smashing Pumpkins nie anstrengend werden. Und dass sie bei alldem optisch auffälliger sind als bisher, stört mich persönlich nicht im Geringsten – wer so gut aussieht, darf auffallen.
Info
Lautsprecher GoldenEar T66
Konzept: teilaktiver 3-Wege-Lautsprecher mit Passivmembranen
Bestückung: 1 x HVFR(High Velocity Folded Ribbon)-Tweeter, 2 x 4,5“-Mitteltonkonus, 2 x 5/9“-Tieftöner, 2 x 6,75/8“-Passivmembran
Leistung Subwoofer: 500 W RMS pro Kanal (1000 W Impulsleistung)
Eingänge: Bi-Wire-Lautsprecherterminal, LFE, Stromanschluss für Subwoofer
Nennimpedanz: 4 Ω
Wirkungsgrad: 91 dB
Frequenzgang: 29 Hz bis 25 kHz
Empfohlene Verstärkerleistung: 20 bis 500 W pro Kanal
Maße (B/H/T): 19/124/37,5 cm (Höhe auf Standfuß ohne Spikes), Standfuß 30/43 cm (B/T)
Gewicht: 27,2 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: um 7000 €; Ausführung Santa Barbara Red 7300 €
Kontakt
AudioQuest
Hoge Bergen 10
4704 RH Roosendaal
Niederlande
Telefon +31 165 541404
Mitspieler
CD-Player: Ayon CD-3sx, Audio Note CD 3.1x, Accuphase DP-570
Netzwerkplayer/DAC: Lumin X1, Soulnote D-3, Aavik S-580
Plattenspieler: AVM Rotation R5.3 MK2
Vollverstärker: Aavik I-580, Line Magnetic LM-88IA
Vorverstärker: Accuphase C-2300, Phasemation CM-2200
Endverstärker: Burmester 216, Accuphase P-7500
Lautsprecher: Wilson Audio Sasha DAW, Audio GE Teddy
Rack: Solidsteel, Finite Elemente, Creaktiv
Kabel: AudioQuest, HMS, in-akustik