Monitor Audio Hyphn
Auf einen marktschreierischen Auftritt zu verzichten ist ein Luxus, den man sich in einem heiß umkämpften Markt erst einmal leisten können muss. Monitor Audio zieht das seit Jahrzehnten erfolgreich durch. Nur um Missverständnissen vorzubeugen, zeigen sie mit der Hyphn aber einmal, wo der Hammer hängt – und das richtig!
In aller Kürze:
Die Monitor Audio Hyphn ist eine audiophile Machtdemonstration; das beeindruckende Destillat der geballten technischen Kompetenz des Herstellers.
Was erwarten wir von unseren Lautsprechern? Zunächst einmal guten Klang. Verarbeitung und Optik müssen ebenso stimmen, schließlich investieren wir nicht nur eine Stange Geld, sondern in der Regel auch Raum – nicht umsonst sprechen wir gern von Tonmöbeln, wenn von Lautsprechern die Rede ist. An all diese Anforderungen setzt Monitor Audio souverän einen Haken: Klanglich konnten die Briten seit jeher überzeugen, unter der Federführung von Michael Hedges hat sich der Charakter zwar deutlich gewandelt, ist aber keinen Deut weniger einnehmend als bisher. Vom Finish und Look sind wir ebenso jedes Mal aufs Neue angetan – vor allem gefällt mir, dass sie klasse aussehen, ohne sich aufzudrängen. Der Spagat zwischen klassisch und zeitgemäß gelingt hervorragend, die Schallwandler ergänzen die Einrichtung, statt sie zu dominieren, und wie zufällig kommt Musik auf hohem Niveau aus ihnen heraus. Monitor Audio forscht dabei unentwegt an neuen, besseren Lösungen und treibt die Performance seiner Lautsprecher immer weiter nach oben, ohne dass sich die Technik beim Endprodukt je in den Vordergrund stellt – vielmehr sorgt sie unauffällig im Hintergrund dafür, dass klanglich niemals Fragen offenbleiben. Genau so und nicht anders soll es sein.
Der Fluch der Tarnkappe
Ironischerweise ergibt sich aber genau hieraus ein kleines Problem: Das Ganze klappt so gut, dass man leicht übersehen kann, wie technologiegetrieben der Hersteller ist. Es gibt haufenweise HiFi-Schmieden, die sich mit einem technologischen Unique Selling Point einen Namen gemacht haben und diesen über Jahre und Jahrzehnte mit iterativen Verfeinerungen pflegen. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen – schließlich ist Lautsprecherbau eine ziemlich ausgereifte Disziplin und damit längst an einem Punkt, an dem wahre Revolutionen kaum mehr zu erwarten sind. Dennoch geht Monitor Audio einen deutlichen Schritt weiter als viele andere: Die grundlegende Designphilosophie, die sich durch die gesamte Firmengeschichte zieht, äußert sich in einer Reihe relativ unspezifischer Merkmale wie dem grundsätzlichen Vertrauen auf Hartmembranen. Bei der konkreten Umsetzung bleibt dagegen von Generation zu Generation oft kein Stein auf dem anderen. Können Sie sich beispielsweise noch an die „Dimples“ auf den Mittel- und Tieftönern der Platinum-2G-Serie erinnern? Eine clevere Konstruktion, da sie nicht nur die strukturelle Integrität der Membran verbessert, sondern als Nebeneffekt zudem auch deren Gesamtoberfläche erhöht. Hätte Monitor Audio bei den Nachfolgern dasselbe Konzept wieder aufgegriffen und durch weiter verbesserte Materialien und neu berechnete Geometrie weiterentwickelt, wären wir wohl alle schon ziemlich glücklich gewesen. Doch in den Augen der umtriebigen Briten wäre das kein ausreichend großer Sprung – also relegiert man die „Golfball“-Textur flugs in die Annalen der Firmengeschichte und entwickelt mit RST III (Rigid Surface Technology) eine komplett neue Kompositmembran, bei der eine wabenförmige Nomex-Kernstruktur ein Metalldiaphragma stützt, das so hauchdünn gehalten werden kann, dass man im Gegenlicht hindurchsehen kann.
In klassisch-britischer Understatement-Manier packt man diese ganze Innovationskraft in bildhübsche Gehäuse, die eben nicht „Technik!“ schreien, sodass die geballte Entwicklerkompetenz hörbar, aber nicht sichtbar ist. Das 50ste Firmenjubiläum hat man sich deshalb zum Anlass genommen, ein Flaggschiff zu kreieren, das gerade auch optisch mehr als nur einen Akzent setzt – die letztes Jahr noch als Concept 50 vorgestellte Studie ist ein Halo-Modell, eine Galionsfigur, die die technische Finesse des Teams um Michael Hedges ebenso sichtbar machen soll wie den Kurs, den die Marke in Zukunft einzuschlagen gedenkt. Ein „Statement of Intent“, wie es firmenintern heißt. Und das Schönste daran: Um klarzustellen, dass das ganze Spektakel mehr ist als nur heiße Luft, war der Superlautsprecher von Beginn an für eine spätere Serienfertigung vorgesehen.
Pur und unverdünnt
Nun kennen wir das ja aus dem Automobilbau, dass auf den Autosalons gern die tollkühnsten Designstudien präsentiert werden, bei der Überführung in die Serie die Entscheider dann allerdings scheinbar der Mut verlässt und wir am Ende eher schale Möchtegern-Exoten vorgesetzt bekommen – nicht so bei Monitor Audio! Der Name mag jetzt anders sein, der nun „Hyphn“ getaufte Bolide ist von der letztes Jahr vorgestellten Klangskulptur allerdings praktisch nicht zu unterscheiden. Und die optische Gestaltung macht die Intention mehr als ausreichend klar. Tatsächlich war der Designprozess von zwei Vorgaben getrieben: Zum einen wollte man einen Lautsprecher kreieren, der nicht wie einer aussieht, zum anderen ging es explizit darum, ein Design zu finden, bei dem das Sichtbarmachen der Technologie im Vordergrund steht – die Form folgt hier nicht der Funktion; sie hebt sie auf ein Podest und erhebt sie so zur Kunst. Dabei ging man so weit, als Ausgangsbasis nur die Treiber an sich zu nehmen und an ihren jeweils idealen Positionen im virtuellen Raum zu platzieren. Von diesem Kristallisationskern aus ließ man dann quasi ein akustisch optimales Gehäuse wachsen, bis es Kontakt zum Boden fand. Und in der Tat ist die Gestalt des State-of-the-Art-Schallwandlers so fokussiert und stellt die technische Funktionalität so unverhohlen zur Schau, dass man fast versucht ist, von „Statement Porn“ zu sprechen.
Da bei Monitor Audio die Technik nie auf der Stelle steht, blieb auch bei der Hyphn über das letzte Jahr hinweg kaum etwas unangetastet. Optisch nicht zu erkennen, wurde das Gehäuse noch einmal kräftig überarbeitet. Bei den beiden Hauptsäulen, die die Tieftöner beherbergen, wurde beispielsweise auf der Treiberseite die Wandstärke des akrylbasierten Kunststeins von zwölf auf 24 Millimeter erhöht. Die symmetrische Push-push-Anordnung sorgt zwar ohnehin dafür, dass sich die ins Gehäuse abgegebenen Kräfte aufheben, aber den Entwicklern war es wichtig, auch das letzte Quäntchen Vibrationen auszumerzen. Auch die namensgebende Brücke zwischen den Standbeinen – in der Architektur „Hyphen“ genannt –, die das Mittelhochtonmodul trägt, wurde angefasst: Bei der Concept 50 war sie noch aus einem Aluminiumrohling gefräst, für die Hyphn fertigt Monitor Audio sie in einem vor allem zeitlich enorm aufwendigen additiven Verfahren.
Überhaupt dürfte die „M Array“ genannte Mittelhochtoneinheit der Star der Show sein. Auch hier ist die Idee nicht neu, die Umsetzung allerdings ziemlich einzigartig: Um den wohlbekannten hauseigenen AMT-Tweeter gruppieren sich sechs jeweils gerade einmal zwei Zoll durchmessende Mitteltöner. Wie die Woofer basieren sie auf der RST-III-Technologie, hier nutzt Monitor Audio aber flache Membranen, die damit besonders leicht ausfallen. Zusammen besitzen sie genug Fläche, um sauber an die Tieftöner anschließen zu können. Gleichzeitig können sie aber auch für Mitteltöner ungewöhnlich hohe Frequenzen wiedergeben, ohne aufzubrechen, und geben damit besonders viel Spielraum beim Übergang zum Hochtöner. Im Grunde arbeitet das Array also wie ein Koaxialtreiber, umschifft jedoch geschickt eines von dessen prinzipbedingten Problemen: Da der Mitteltonkonus die innenliegende Kalotte zwangsläufig beeinflusst, ergeben sich Intermodulationsverzerrungen. In der Mittelhochtoneinheit der Hyphn kann der Tweeter dabei völlig ungestört seiner Arbeit nachgehen; etwaige Phasenmissverständnisse zwischen den einzelnen Treibern räumt das speziell berechnete zweischichtige Hexgitter effektiv aus und optimiert bei der Gelegenheit auch gleich mal das Abstrahlverhalten.
Ich gebe offen zu: Auch wenn mir die Optik auf der letztjährigen HIGH END ein dickes Grinsen ins Gesicht zaubern konnte, hatte ich zunächst gewisse Zweifel, ob das Design auch in einer bewohnten Hörumgebung funktionieren kann. Die waren aber flugs ausgeräumt, sobald die Raumschiffe in unserem Hörraum gelandet waren. Eines muss klar sein: Von einem Einfügen in die Wohnumgebung kann hier keine Rede sein. Wenn sie erst einmal in einem Zimmer stehen, dann gehört es ihnen. Macht aber nichts, der Hausherr ist nach wie vor jederzeit und ohne Vorankündigung willkommen – und er wird sich an diesen Schmuckstücken so schnell nicht sattsehen.
Mit Anlauf direkt ins Musikzentrum
Optisch haben die Hyphn also keine fünf Minuten gebraucht, um uns in ihren Bann zu ziehen, klanglich dauerte es ein wenig länger – das war allerdings dem Umstand geschuldet, dass wir die Ersten waren, die unser Testpaar in Betrieb nehmen durften. Alle Skeptiker, die nicht an das Einspielen von Lautsprechern glauben, sollten unbedingt mal die Hyphn erleben – mir fällt auf die Schnelle kein Lautsprecher ein, der sich in den ersten 48 Stunden derart dramatisch verändert. Unmittelbar nach dem ersten Anschließen haben wir nicht schlecht gestaunt: Von der neuen „Crispness“ von Monitor Audio war rein gar nichts zu hören; ebenso wenig konnte ich den leicht rauen und steifen Charakter feststellen, den ich sonst von fabrikneuen Lautsprechern kenne. Ganz im Gegenteil klang es obenrum recht bedeckt und generell etwas undefiniert. Sorgen haben wir uns freilich nicht gemacht, denn uns ist nicht neu, dass gerade hochkarätige Schallwandler erstmal ihre Membranen lockerschütteln müssen.
Nachdem wir sie übers Wochenende in unserem Hörraum musikalische Selbstgespräche führen ließen, hat sie offenkundig zu ihrer Stimme gefunden: Alles, was wir noch am Freitag gehört hatten, schien am Montag geradezu ins Gegenteil verkehrt. Bass, so knackig, dass ich mich instinktiv vor den Lautsprecher gekniet habe, um nach der Reflexöffnung zu tasten – der Antritt ist so pfeilschnell, dass ich fast ein geschlossenes Konzept vermuten wollte. Generell lässt sich hier wie schon bei den neuen Platinum-Modellen deutlich die Handschrift von Michael Hedges heraushören, nur bietet die Hyphn einfach mehr davon. Der Bass ist ebenso straff, aber mit deutlich mehr Autorität, die Auflösung einfach überlegen – gerade beim Beginn von „Old Country“ von Dianne Reeves (The Grand Encounter) wird das subtile Vibrato des gestrichenen Cellos herrlich klar und deutlich. Vor allem beeindruckt mich aber, wie tonal natürlich und geschmeidig die Hyphn bei all der Schnelligkeit bleibt. Fast schon ein wenig amüsant ist, wie die Hyphn auch weniger audiophile Aufnahmen nicht „schönrechnet“, aber gerade mit ihrer Auflösung zu einem unerwartet reichen Klangerlebnis adelt, solange es nur nicht allzu krautig zugeht. Bei „I Don’t Need Signal“ von Glim Spanky (Into The Time Hole) etwa kommt die Kickdrum des schön weit hinten platzierten Schlagzeugs genauso weich, wie es eben auf der Aufnahme ist, während das M Array mit absoluter Selbstverständlichkeit das dichte Gewusel an undefinierten Klangeffektchen, das eigentlich nur als akustischer Hintergrund dienen soll, Faser für Faser auflöst und jedem Element seinen festen Platz auf der Bühne zuweist. Dennoch bleibt all diese Information stets genau da, wo sie laut Toningenieur zu sein hat. Räumlich wie musikalisch im Hintergrund hinter den Hauptakteuren: Remis Stimme und Hirokis Gitarre.
Ein Ultra-High-End-Lautsprecher von Monitor Audio ist natürlich eine Ansage – und in diesem Umfeld schlägt sich die Hyphn hervorragend. Belässt man es allerdings bei dieser Erkenntnis, verfehlt man ein wenig das eigentliche Thema: Dieser Superlautsprecher zeigt ohne jegliche Rücksicht auf Kosten oder sonstige Einschränkungen, was Monitor Audio technisch leisten kann, und verleiht der Marke damit die „Street Credibility“, die sie verdient. Das heißt aber keineswegs, dass die Briten etwa die Bodenhaftung verloren hätten und in immer höhere preisliche Sphären abdriften wollen – ganz im Gegenteil: Vieles von dem, was wir jetzt in der Hyphn sehen, wird sich sukzessive seinen Weg nach unten bahnen – wie in der Platinum-Serie zum Teil jetzt schon geschehen. Vor allem aber können sich die Käufer der „normalen“ Monitor-Audio-Lautsprecher noch mehr als bisher stolz in ihrem Hörsessel zurücklehnen, wissend, aus was für einem Stall die Pferdchen im eigenen Wohnzimmer stammen.
Info
Standlautsprecher Monitor Audio Hyphn
Konzept: passiver 3-Wege-Standlautsprecher
Bestückung: 1 x MPD-III-Hochtöner, 6 x 2″-RST-III-Mitteltöner, 4 x 20-cm-Tieftöner
Frequenzgang: 18 Hz bis 60 kHz
Trennfrequenzen: 350 Hz; 3,7 kHz
Nennimpedanz: 4 Ω (Minimum: 3,5 Ω bei 2,2 kHz)
Empfindlichkeit (2,83 V/1 m): 86 dB
Maximaler Schalldruck: 129 dB
Nennbelastbarkeit: 800 W
Besonderheiten: Gehäusekonstruktion aus akrylbasiertem Kunststein, konzentrisches
Mittelhochtonarray, Push-push-Bassanordnung
Ausführungen: Pure Satin White, Matte Black, Matte Heritage Green
Maße mit Standfuß (B/H/T): 50/139/52 cm
Gewicht: 107 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 82 500 €
Kontakt
Der Beste Klang
Berliner Straße 3
23795 Bad Segeberg
Mitspieler
CD-Player: Audio Note CD 3.1x, Ayon CD-3sx
Streamer/Mediaplayer: Lumin P1, Aavik S-580, Soulnote Z-3
Vorverstärker: Electrocompaniet EC 4.8 Mk II
Endverstärker: Luxman M-10x, Burmester 216, Electrocompaniet AW 800 M
Vollverstärker: Aavik I-580
Lautsprecher: Wilson Audio Sasha DAW
Kabel: Ansuz, WestminsterLab, HMS
Rack: Finite Elemente, Creaktiv