Unison Research Simply Italy
Un amplificatore come un bicchiere di vino rosso – per il mio cuore. Okay, wenn ich in der Sprache Dante Alighieris und Giuseppe Verdis weiterschreibe, reduziert sich die Anzahl derer, die diesen Verstärkertest verstehen, signifikant. Und das wäre schade, denn der Unison Research Simply Italy gehört zu den bemerkenswertesten Geräten, die mir in den vergangenen Jahren zum Auf-die-Röhre-Fühlen übereignet wurden. So bemerkenswert, dass ich den kleinen Italiener behalten werde. Weil er ideal ist für jene Stunden, in denen es ums Genusshören geht.
In aller Kürze:
Der Unison Research Simply Italy dankt eine stabile, möglichst vibrationsfreie Aufstellung und die Kombination mit wirkungsgradstarken Lautsprechern (über 90 dB).
Was nicht heißt, dass dieser 15 Kilo schwere, so solide wie schwäbische oder bayerische Luxuslimousinen verarbeitete Verstärker nicht präzise und feinzeichnend und im Rahmen seiner Möglichkeiten sogar „punchy“ in den tiefen Frequenzen wäre. Keine Spur von jenen (Schön-)Klangklischees, die manche Röhrenverstärker in der Vergangenheit nur zu bereitwillig in die Realität umsetzten. Aber er legt die Details der Musik, die ihm über seine hartvergoldeten Hochpegel-Cinchbuchsen angeliefert wird, nicht unter das Vergrößerungsglas, betont sie nicht über. Und er erachtet es auch nicht für notwendig, das Spektrum der Valeurs, die er ganz selbstverständlich präsentiert, auf Regenbogen-Dimensionen auszuweiten. In seinem (Röhren-)Umfeld ist der Unison Research Simply Italy eine angenehm ehrliche Haut, ein kleiner Freund mit besten Umgangsformen, mit dem man über Jahre hinweg bestens auskommt. Un vero gentiluomo.
Sofern man ihn nicht überfordert. Denn mit zwölf Watt Sinusleistung pro Kanal lassen sich erfahrungsgemäß keine Bäume ausreißen, keine Hardrock-Orgien abfeiern und vor allem keine Stromfresser-Lautsprecher betreiben. Ich habe es freilich dennoch gemacht und den Simply Italy der Bequemlichkeit halber anstelle meiner Mark-Levinson-Endstufe No. 27 an meine gewiss nicht als Wirkungsgrad-Wunder geltenden Infinity Kappa 7.2 Serie 2 angedockt. Die haben laut Werksangabe 89 Dezibel Wirkungsgrad, für den kleinen Unison werden dagegen Werte jenseits der 90 Dezibel wärmstens empfohlen.
Ein klassisches „Mismatch“ also? Mitnichten. In den vergangenen Tagen und Wochen habe ich dieser vermeintlichen Fehlkombination alles Mögliche zugemutet, riesig besetzte Sinfonik von Gustav Mahler und Anton Bruckner ebenso wie Jazzrocktrios und ein paar Lieblingsscheiben, etwa Madeleine Peyroux’ Careless Love, Paul Simons Graceland oder Cyndi Laupers bald 40 Jahre altes Debütalbum She’s So Unusual, abgerundet mit Hörtest-Klassikern wie Pink Floyds Dark Side Of The Moon. Ja, der Verstärker und die Lautsprecher leben immer noch, es haben weder die für die TAD-Sonderedition handselektierten Vorverstärkungs-Doppeltrioden Gold Lion Genalex ECC82 noch die für TAD genauso sorgsam ausgesuchten Leistungspentoden EL34, die als Eintakter beschaltet sind, das Zeitliche gesegnet. Und auch die Hochtöner der Infinitys erfreuen sich bester Gesundheit.
Klar muss sein, dass sich trommelfellsprengende Pegel bei einer solchen Kette von selbst verbieten, der Simply Italy geht lange vorher ins Clipping. Wer nach Schalldruck sucht und vielleicht keine Nachbarn hat, die man damit aus den Federn scheucht, darf getrost zu wirkungsgradstarken Hornkonstruktionen oder zu einem der in den letzten Jahren dank moderner Membranmaterialien immer besser (und beliebter) werdenden Breitbänder greifen. Seine Stärken, an erster Stelle eine wunderbare Homogenität des Klangspektrums, kurz dahinter eine Räumlichkeit, die ich meinen betagten Ami-Mehrwegeboxen nicht zugetraut hätte, spielt der Eintakt-Röhrenverstärker aber auch aus, wenn er sich ein wenig mehr anstrengen muss.
Und ja, der Unison Simply Italy hat sogar, was Röhrenverstärker-Kritiker ihm und seiner Gattung gerne absprechen: einen nicht nur tief reichenden, sondern auch sehr sauberen, kontrollierten Bass. So, wie er sich auf dem Filmmusik-Album Across the Stars (Deutsche Grammophon) findet, das Soundtrack-Guru John Williams zusammen mit Stargeigerin Anne-Sophie Mutter vor einigen Jahren einspielte. Breitwand-Orchesterklänge mit einer vom Toningenieur in die Mitte gestellten, vergleichsweise fragilen Geigenstimme. Der Unison sagt mir nicht nur haargenau, wo Frau Mutter im Studio stand, er lässt auch das Kolophonium vom Geigenbogen stauben und baut einen nicht nur weiten, sondern auch verblüffend tiefen Raum weit jenseits der Boxen in meinem Arbeitszimmer auf.
Das „Simply“ darf man auf sein Arbeits- beziehungsweise Konstruktionsprinzip übertragen: Bei einem Eintakt-Röhrenverstärker ist nur eine Röhre – im Falle des Simply Italy die bewährte, von vielen Verstärkerkonstrukteuren weltweit verwendete Leistungspentode EL34 – pro Stereokanal für die Verstärkung der negativen wie der positiven Halbwelle einer Sinusschwingung verantwortlich. Gängiger sind heutzutage, so es denn Röhre sein soll, Gegentaktverstärker, die positive und negative Auslenkungen separat verarbeiten und daher pro Kanal mindestens zwei Leistungstrioden einsetzen. Was für deutlich mehr Ausgangsleitung sorgt. Auch und gerade in diesen „Push-Pull“-Verstärkern findet sich oft die EL34, dann halt im Doppelpack. Die Eingangs-Doppeltrioden ECC82 sind ebenfalls alte Bekannte, die mir in meinem HiFi-Leben mehr als einmal in Verstärkerschaltungen begegneten. Konstruktionen, die vielleicht nicht sonderlich aufregend, weil innovativ, aber dafür stets umso zuverlässiger waren.
Und da macht der im Ultralinearbetrieb als reine Class-A-Maschine laufende Unison Simply Italy keine Ausnahme. Um seine zwölf Watt pro Kanal auf seine vergoldeten Ausgangsklemmen zu stemmen, die Bananenstecker ebenso wie Gabelschuhe und blanke Kabelenden akzeptieren, saugt der kleine Unison immerhin 85 Watt aus dem Stromnetz. Schon deshalb, aber auch, um die Röhren zu schonen, sollte man damit machen, was einem Transistor-Adepten nie in den Sinn käme: Man sollte ihn nach der Hörsession abschalten. Und damit leben, dass er nach dem Wiederanschalten ein paar Minuten braucht, bis er wieder auf seinem klanglichen Maximum ist.
Die von mir getestete Version des in Aschau im schönen Chiemgau sitzenden Deutschland-Vertriebes TAD ist eine auf 150 Exemplare limitierte Sonderausführung, von der es laut TAD-Mann Michael Wiesler bei Redaktionsschluss „noch maximal zehn oder zwölf Stück“ gab. Diese „Limited Edition“, die zwischen den Röhren das TAD-Logo mit dem stilisierten Hirschgeweih trägt, hat im Gegensatz zur Serie nicht nur einen hochwertigeren Röhrensatz – sie sieht auch anders aus. Denn die Frontplatte, die beim normalen Simply-Italy-Modell orangefarbene Holzringe um den Ein/Aus-Schalter sowie um die Aluminiumdrehknöpfe für Eingangswahl und Lautstärke trägt, ist bei der TAD-Ausführung in glänzendem schwarzen Klavierlack gehalten. Was deutlich schlichter und dadurch edler wirkt. Aber das ist – wie letztlich auch die grundsätzliche Entscheidung für einen Röhrenverstärker – eine Frage des persönlichen Geschmacks. Die ausladende Fernbedienung des Unison regelt übrigens nur die Lautstärke via Motorpoti.
In die Kategorie „persönliche Präferenzen“ fällt für mich auch die einzige klangliche Manipulation, die Eigner des Simply Italy ohne Eingriffe in die Technik an ihrem Gerät vornehmen können: Ein kleiner Kippschalter erlaubt es, die Gegenkopplung des Verstärkers zwischen 5 und 1,8 Dezibel umzuschalten. Also zwischen wenig (vordere Schalterposition) und praktisch nicht vorhanden. Was besser klingt? Hängt vom Rest der Kette ab: An den Infinitys bewährte sich die „Null-Gegenkopplung“, an der zum Vergleich herangezogenen neuen Audio Note AX Two/II tönte es mal mit fünf, mal mit 1,8 Dezibel besser, je nach Musikmaterial. Dass Röhrenverstärker auch Geräte sind, mit denen Fortgeschrittene ihren Spieltrieb befriedigen können, wird vom Unison Research Simply Italy bestätigt. Denn natürlich kann man sich, zumal hier zwei der gängigsten Röhrentypen überhaupt verbaut sind, als Ersatzbestückung ein paar Schachteln „New Old Stock“ in die Schublade legen, wobei der Simply Italy angesichts seiner einfachen Schaltung für einige sorglose Betriebsjahre gut sein dürfte. Die Vorverstärkerröhren halten in der Regel 10 000 Stunden, die EL34 mindestens 2000. Auch die Zukunftssicherheit ist gewährleistet, denn der Verstärker hat optional einen USB-Eingang, mit dem sich der Computer als universeller Streamer andocken lässt, der Wandler im Simply Italy unterstützt Samplingraten von bis zu 384 Kilohertz bei 24 Bit Wortbreite für alle PCM-Formate und DSD bis zu 56,448 Megahertz. Computer-Audio und Röhre? Doch, das geht. Sogar gut. Ein Grund mehr, warum der kleine Italiener bei mir einziehen darf.
Info
Röhren-Vollverstärker Unison Research Simply Italy in TAD-Sonderedition
Konzept: Eintaktverstärker (Single-Ended), ultralinearer Class-A-Betrieb
Röhrenbestückung: 2 x ECC82 (Eingangs-Doppeltrioden), 2 x EL34 (Leistungspentoden im Eintaktbetrieb)
Ausgangsleistung (6 Ω): 2 x 12 W Sinus pro Kanal
Gegenkopplung: 5 dB oder 1,8 dB, schaltbar
Stromaufnahme: 85 W
Maße (B/H/T): 26/19/35 cm
Gewicht: 15 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 2299 €, mit USB-DAC um 2599 €
Kontakt
TAD Audiovertrieb GmbH
Rosenheimer Straße 33
83229 Aschau im Chiemgau
Telefon +49 8052 9573273
hifi@tad-audiovertrieb.de
Mitspieler
Netzwerkplayer/DAC: Esoteric N-01XD
CD-Player: Mark Levinson 390S
SACD-Player: Pioneer PD-D6-J
Plattenspieler: Clearaudio Innovation Compact, Artkustik Seismograph
Tonabnehmer: Clearaudio Da Vinci und Jubilee MC, Denon DL-103R
Phonoverstärker: Clearaudio Balance V2
Vorverstärker: Mark Levinson No. 38S, Trigon Snowwhite
Vollverstärker: Mark Levinson No. 805, Aavik U-380, Trigon Exxceed
Endverstärker: Mark Levinson No. 27
Lautsprecher: Infinity Kappa 7.2 Series II, Audio Note AX One/II und AX Two/II
Kabel: u. a. von Sommer Cable, in-akustik, AudioQuest und Morrow Audio