Analysis Plus Silver Apex Speaker
Das bringen nur die Amerikaner fertig, dass sie ein High-End-Kabel äußerlich völlig unspektakulär, ja „unkulinarisch“ designen. Beim Analysis Plus Silver Apex Speaker verbirgt sich hinter der bescheidenen Fassade allerdings eine faustdicke Überraschung.
In aller Kürze:
Das Analysis Plus Silver Apex Speaker gehört ohne Frage zu den besten Lautsprecherkabeln. Und weil es in diversen Stecker-Konfektionierungen zu haben ist und sich auf der völlig neutralen Seite bewegt, lautet die Devise: Einstöpseln und sich an stetig besser werdendem Klang erfreuen.
Unverschämtheit! Was bilden die sich eigentlich ein? Wo sind die Holzschatullen? Wo sind die weißen Handschuhe? Wo ist das signierte Echtheitszertifikat auf dem handgeschöpften Büttenpapier? Was ich aus dem kleinen Karton mit der Zollbanderole hole, den mir der deutsche Analysis-Plus-Vertrieb Hifi2die4 geschickt hat, sind Kabel, die extrem schlicht aussehen: schwarze, leicht glänzende Isolierung, zweifarbige Schrumpfschlauch-Abschlüsse und matt versilberte Gabelschuhe an den Enden. Von jener besonderen Klientel, bei der alle Komponenten inklusive der Geräteverbinder auch Hingucker sein müssen, haben sie bei der 1992 in Flushing, Minnesota gegründeten Firma Analysis Plus offenbar noch nichts gehört.
Erhellend wirkt ein Blick auf die Homepage des Herstellers (www.analysis.plus), dort wird ganz schnell klar, dass bei Analysis Plus zweigleisig gefahren wird. Die Amerikaner unterscheiden zwischen „Home Audio“ und „Pro Audio“ und präsentieren schon auf der Startseite eine Reihe von kurzen Videostatements, abgegeben von Blues- und Rockmusikern, die sich im rauen Bühnenalltag auf die Kabel von Analysis Plus verlassen. Ein Business, in dem optisches Bling-Bling überhaupt keine Rolle spielt. Belastbar und zuverlässig auch bei unsanfter Behandlung müssen die Strippen sein. Das bedeutet stabile Zugentlastung bei den Steckern und eine Schirmung, die beim Drauftreten oder Darüberfahren nicht sofort das Zeitliche segnet und außerdem wirklich zuverlässig Störungen fernhält. Wer schon einmal beim Soundcheck zu einem Livekonzert dabei war, weiß, wie hartnäckig sich Brummschleifen zeigen können, wenn man beispielsweise die Fender Telecaster in den Marshall-Verstärker einstöpselt. Das klingt wie ein zorniger Hornissenschwarm und tritt gerne dann auf, wenn Stecker und/oder Kabel schon einen Treffer beziehungsweise Kurzschluss haben.
Das Klischee hält sich hartnäckig, dass Musiker grundsätzlich miese (oder gar keine) Stereoanlagen haben und auch beim Bühnen-Equipment kaum auf guten Klang achten. Gerade das ändert sich aber in den letzten Jahren – abzulesen daran, dass der einst allgegenwärtige Garagensound sich auch und gerade aus Livemitschnitten von Rockkonzerten zusehends verabschiedet.
Und damit sind wir zurück bei Analysis Plus. Hier wird man nicht müde zu betonen, dass man Kabel streng unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten entwickelt und dass der Klang immer eine zentrale Rolle spielt. Das erinnert an den geländegängigen Porsche mit Vierradantrieb, den sich die Fans jahrelang (vergeblich) wünschten, bis sich die Zuffenhausener erweichen ließen und tatsächlich ein kapables SUV auf die Räder stellten.
Bei Analysis Plus hat die High-End-Linie einige Gene der Profikabel geerbt. Befragt man Jürgen Sachweh, Chef des deutschen Vertriebs, zur Geschichte der Analysis-Plus-Produkte, dann erzählt er spannende Details über eine Firma, die in den USA bis heute Regierungsorganisationen wie die NASA und große Global Player wie Intel beliefert – und für die das High-End-Geschäft eher ein Nebeneffekt ihrer Kernkompetenzen ist. Entwickelt wurden die Verbinder von dem verstorbenen Kabel-Guru Mark Markell, der den Skineffekt als eine ausschlaggebende Quelle von Störfrequenzen ausmachte (siehe Infokasten). Die Folge: Markell entwickelte ein in der Fertigung sehr aufwendiges Hohlleiterkabel mit einem ovalen Querschnitt, dessen Geometrie in ungezählten Versuchsreihen und nach einer Myriade von Messungen entstand. Vor der Heerschar der Kopierer, die in der Szene unterwegs sind, hat man bei Analysis Plus keine Angst. „Die White Papers zu den Kabeln sind allesamt veröffentlicht“, weiß Jürgen Sachweh. Der ovale Querschnitt, der laut Sachweh nur mit hohem Aufwand bei der Fertigung umzusetzen ist (deshalb wohl auch der lockere Umgang mit Konstruktionsunterlagen), „kennt als einzige geometrische Form des Kabelquerschnitts keinen Skineffekt“, betont Sachweh.
Und damit ändert sich auch am Widerstand des Kabels, das bei Analysis Plus komplex koaxial aufgebaut ist, nichts Signifikantes, egal welche Frequenzen hindurchgeschickt werden. Jene Verfärbungen durch den Skineffekt, mit denen man sich mehr oder weniger schon abgefunden hatte, soll es bei Kabeln von Analysis Plus nicht geben.
Große Versprechungen – die der Hörtest weitgehend bestätigte. Zum Glück war das Pärchen „Analysis Plus Silver Apex Speaker“-Kabel, das Jürgen Sachweh nebst anderen Kabel-Appetithappen (wie etwa ausgezeichneten XLR-NF-Kabeln) ins Paket gesteckt hatte, schon eingespielt. Gibt der Hersteller doch in seinem Beipackzettel an, dass die Kabel zwar „normalerweise gut direkt aus der Schachtel spielen“, aber „nach einer Einbrennzeit von etwa 300 Stunden“ noch besser tönen würden. Ein Zeitfenster, das im Testalltag leider kaum realisierbar ist, und deshalb spendierte Jürgen Sachweh ein Kabelpaar, das die Einspielprozedur hörbar schon erfolgreich absolviert hatte.
Die klanglichen Ergebnisse möchte man im Blindtest jenen präsentieren, die gebetsmühlenartig behaupten, Kabel würden am Klang nichts ändern. Nur, um sich eine Weile an verblüfften Gesichtern und tiefer Ungläubigkeit zu weiden. Bei mir hat vor einiger Zeit aus Nostalgie- und Experimentiergründen ein Paar Quadral Shogun Mk II aus den späten 1990er Jahren Einzug gehalten. Lautsprecher, denen ich bis dato eine eher mäßige Räumlichkeit und einen welligen Frequenzgang mit hörbaren Verfärbungen im Stimmbereich attestierte. Seit das Analysis Plus Silver Apex das bisherige Lautsprecherkabel ersetzt hat, muss ich den Quadral-Oldtimern Abbitte leisten. Plötzlich bekomme ich so nachvollziehbare wie überzeugende Breiten- und Tiefenstaffelung, sofern es die jeweilige Aufnahme hergibt. Am stärksten fasziniert die authentische Stimmwiedergabe, der die Shoguns nach dem Kabeltausch fähig sind. Menschen, deren Gesangsstimme ich aus dem richtigen Leben gut kenne, etwa die klassische Sopranistin Christiane Karg, stehen plötzlich leibhaftig vor mir. Und ich bekomme von so viel stimmlicher und musikalischer Präsenz eine Gänsehaut. Natürlich ist das nur eine Momentaufnahme, natürlich kann das mit einer anderen Kette auch andere Ergebnisse zeitigen. Nachdem das Analysis Plus Silver Apex Speaker mit 4850 Euro für das Drei-Meter-Paar nicht ganz billig ist, kann die Empfehlung nur lauten: Selber ausprobieren – und dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Konto plündern.
Info
Lautsprecherkabel Analysis Plus Silver Apex Speaker
Konzept: Lautsprecherkabel in ovalem Hohlleiter-Aufbau
Konfektionierung: verschiedene Längen und Stecker-Konfektionierungen
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: nach Länge; z. B. 2 x 3 m um 4850 €
Kontakt
Hifi2die4
Austraße 9
73575 Leinzell
Telefon +49 7175 909032 oder +49 179 2991449
hifi2die4@gmx.de
Mitspieler
Netzwerkplayer/DAC: Esoteric N-01XD
CD-Player: Mark Levinson No. 390S
Plattenspieler: Clearaudio Innovation Compact, Artkustik Seismograph
Tonabnehmer: Clearaudio Da Vinci und Jubilee MC, Denon DL-103R
Phonovorverstärker: Clearaudio Balance V
Vorverstärker: Cambridge Audio Edge NQ, Mark Levinson No. 38S
Vollverstärker: Mark Levinson No. 5805, Aavik U-380, Trigon Exxceed, Sony TA-F 5000
Endverstärker: Cambridge Audio Edge M, Mark Levinson No. 27
Lautsprecher: Infinity Kappa 7.2 Series II, SoundSpace Systems Aidoni, Quadral Shogun Mk II
Kabel: u. a. von Sommer Cable, in-akustik, AudioQuest, Silnote Audio und Morrow Audio