Clearaudio Balance Reference Phono
Clearaudio, seit 1978 in Erlangen ansässig, erweitert kontinuierlich sein Sortiment. Es reicht vom hochwertigen All-in-one-Plattenspieler bis zum ultimativen High-End-Laufwerk und umschließt Zubehör wie Tonarme, Abtaster, Plattenwaschmaschinen und vieles mehr. Zu den neuesten Entwicklungen gehört der Phonovorverstärker Clearaudio Balance Reference Phono, den wir uns hier und jetzt genauer ansehen wollen …
In aller Kürze:
Der Clearaudio Balance Reference Phono ist herausragend, besonders hinsichtlich seiner räumlichen Abbildung. Verarbeitung und Ausstattung perfektionieren den Eindruck.
Der Neue schließt eine Lücke. Er reiht sich zwischen Balance V2 und dem Topmodell Absolute Phono ein. Von Letzterem unterscheidet er sich unter anderem dadurch, dass er den parallelen Anschluss zweier unterschiedlicher Pickups ermöglicht. Die Kombinationen aus je einem separaten Verstärker und Netzteil ist in kompakte Alu-Quader verpackt, denen eingearbeitete horizontale Fugen und abgerundete vertikale Kanten ein schmeichelndes Äußeres verleihen.
Auf der Rückseite der Versorgungseinheit befinden sich die Netzbuchse mit Schalter und die D-Sub-Steckverbindung zur Verstärkereinheit. Beides liegt so dicht beieinander, dass man von Netzkabeln mit zu großen Steckern Abstand nehmen sollte. Zudem ist der Netzschalter bei eingesteckten Kabeln schlecht zu erreichen. Mit filigranen Fingerübungen ist es mir dann doch gelungen, mein AudioQuest NRG-3 (mit noch einigermaßen zivilisierten Steckerdimensionen) zu installieren.
Drei blaue LEDs auf der Front zeigen die Betriebsbereitschaft bzw. den Standby-Modus an. Da der Reference Phono zwei parallele Verstärkerzüge besitzt, ist seine Rückseite naturgemäß gut gefüllt. Geboten werden vielfältige Anschlussmöglichkeiten, die keinerlei Wünsche offen lassen. Jede der beiden Phonostufen wartet alternativ mit einem symmetrischen und unsymmetrischen Eingang auf sowie mit einer Erdungsklemme. Auch hinaus zum Verstärker geht’s via XLR- oder RCA-Buchse.
Noch spannender gestaltet sich die Gehäuseunterseite. Hier befinden sich die Schalterbänke zur unabhängigen Einstellung beider Eingänge. Über Druckknöpfe wählt man den Eingang (symmetrisch /unsymmetrisch) und den Tonabnehmer MM oder MC aus. Bei MM-Betrieb werden die DIP-Schalter zur Einstellung der Kapazität aktiviert, bei MC-Betrieb die Einstellung des Lastwiderstandes. Da die Widerstände parallel geschaltet sind, können mit der Formel:
Zwischenwerte ermittelt werden. Dies wird allerdings in der Bedienungsanleitung nicht ausführlich erläutert. Eine Tabelle mit den Schalterstellungen für abweichende Lastwiderstände wäre hilfreich.
Die Verstärkung beträgt bei MM-Einstellung +46 Dezibel, bei MC +66 Dezibel, meines Erachtens sind das praxistaugliche Werte (außer für Abtaster mit Ausgangsspannungen < 0,2 Millivolt).
Mit weiteren Schaltern kann von Stereo- auf Monobetrieb gewechselt und ein Subsonicfilter aktiviert werden. Dieser blieb während der gesamten Testphase in Betrieb, unkontrolliert wabernde Tieftonmembranen zu beobachten löst in mir ein unbehagliches Gefühl aus. Klangliche Defizite durch den Subsonicfilter konnte ich in meinem Setup nicht feststellen.
Optisch aufgeräumt gibt sich die Gerätefront. Dominant in der Mitte sitzt der ringförmige Lautstärke- bzw. Gain-Regler, der sowohl für die Kopfhörerlautstärke als auch die Regelung der Ausgänge zuständig ist. In seinem Zentrum befindet sich ein Taster, mit dem die Mute- und, mit längerem Druck, die Standby-Funktion aktiviert werden kann. Ein Ring aus LEDs zeigt den aktuellen Regelzustand. Über ebenfalls beleuchtete Taster, die sich rechts und links oben auf der Frontplatte befinden, werden die Eingänge A und B ein- oder umgeschaltet. Jeweils darunter eingelassen sind die 6,3-Millimeter-Kopfhörerbuchsen. Die Ausgangsstufe wird bei Kopfhörerbetrieb automatisch stummgeschaltet. Vier an den unteren Ecken der Gehäuse angebrachte Alu-Füße mit verdeckt eingesetzten, elastischen Kunststoffscheibchen sorgen für vibrationsfreien Stand der beiden Geräte.
Die wesentlichen Funktionen lassen sich auch mit der zum Lieferumfang gehörenden Fernbedienung steuern. Diese ist an das Design der Phonostufe angepasst und ebenso hochwertig aus Aluminium gefertigt. Das erfreut mich besonders, da ich einen Graus vor den üblichen Plastikriegeln habe.
Meine Erfahrung mit Clearaudio-Produkten beschränkt sich auf verschiedene Tonabnehmer, die mir durch ihre dynamische und detaillierte Wiedergabe im Gedächtnis geblieben sind. Das diese Charakteristiken auch bei der Balance Reference Phono äußerst präsent sind, zeigte sich schon in der Einspielphase.
Als Mitspieler standen mir drei Tonabnehmer zur Verfügung, die sich technisch wie preislich unterscheiden und meines Erachtens zu den Besten ihrer Klasse gehören. Bei den Kandidaten handelte es sich um das Excalibur Platinum, das Ortofon Windfeld Ti und das sich zwischen diesen beiden einordnende Clearaudio Concerto V2. Letzteres schickte mir Vertriebsleiter Niels Hoelscher als passenden Mitspieler aus dem Oberhaus des umfangreichen Abtaster-Sortiments.
Die unterschiedliche Konfiguration der Tonabnehmer war dank der übersichtlich angeordneten Schalter auf der Gehäuseunterseite schnell erledigt. Einzig die Positionierung des Netzteils erforderte etwas Sorgfalt, da es die Nähe zu meiner Endstufe offenbar nicht mochte (es handelte sich um ein Vorserienmodell). Das Tonarmkabel verband ich mit den unsymmetrischen Eingängen, ausgangsseitig schloss ich die (durchgehend symmetrisch ausgelegte) Wiedergabekette mittels XLR-Verbindern an. Probeweise verwendete ich die unsymmetrischen Ausgänge, was aber zu einer minimalen Einengung des Klangpanoramas führte. Die differierenden Klangsignaturen der Abtaster wurden von der Balance Reference Phono sauber durchgereicht. Das Ortofon Windfeld Ti zeigte seine an Finessen reiche, natürliche Charakteristik an der Clearaudio-Phonostufe, blieb aber (wahrscheinlich aufgrund der geringen Ausgangsspannung) unter seinen Möglichkeiten. Das Excalibur erfreute durch seine knackige, rhythmusbetonte Gangart, reizte die Phonostufe aber nicht aus. Das Concerto V2 stellte sich – wen wundert es – als differenzierter Mitspieler heraus und blieb während der folgenden Testphase unter dem Tonarm.
Aus einem nostalgischen Gefühl heraus greife ich zur 1975 erschienenen Scheibe Siren von Roxy Music. Im Intro von „Love Is A Drug“ steigt Bryan Ferry in seine Luxuskarosse. Die Schrittgeräusche weisen eindeutig auf nagelneue, maßgefertigte Oxfordschuhe mit harten Ledersohlen hin (so viel zur Detailauslese). Die stoisch drückende Basslinie, das Schlagzeug und die Saxofon-Einsprengsel mit dem für Andrew Mackay typischen nasalen Sound lassen das Stück Fahrt aufnehmen. Als die immer mit etwas Herzschmerz durchzogene Stimme von Ferry den Song endgültig ins Rollen gebracht hat, wird mir klar, dass der Phono-Pre in der Lage ist, zwei nicht leicht zu vereinbarende Eigenschaften mühelos zu verschmelzen. Tonalität und räumliche Darstellung werden souverän wiedergegeben, ohne den musikalischen Flow, der mit Kraft und Saft in den Hörraum geschleudert wird, zu bremsen. Diese in durchschnittlicher Qualität aufgenommene Scheibe offenbart mit der Balance Reference Phono audiophile Eigenschaften, ohne den rockigen Drive zu verlieren. Erstaunlich!
Zeit, das Genre zu wechseln, um weitere Qualitäten zu entdecken. Unter anderem ist nun eine Einspielung von Mozarts Kleiner Nachtmusik (Berliner Philharmoniker unter Ferenc Fricsay) an der Reihe. Lebendig, frisch und mit sensationeller Tiefenstaffelung wird die Illusion des Konzertsaals in meinem Wohnzimmer erfahrbar. Dazu leisten auch die in feinen Abstufungen reproduzierte Dynamik und der klare, natürliche Klang ihren Beitrag. Die Streicher ertönen einmal sanft und weich, im anderen Moment straff und stringent, fast rau, während die Kontrabässe dem Ganzen ein konturenreiches, druckvolles Fundament geben. Und das auf einer von mir vor über 40 Jahren erworbenen, 1961 aufgenommenen Schallplatte der Deutschen Grammophon!
Kurzum: Die Wiedergabequalität der Clearaudio Balance Reference Phono ist herausragend, besonders hinsichtlich der räumlichen Abbildung und Darstellung der Frequenzgangenden. Die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben. Dennoch stellt sich die Frage nach dem nicht unerheblichen Verkaufspreis. Berücksichtigt man jedoch die vielfältige Ausstattung (zwei unabhängige Phonostufen, ein hochwertiger Kopfhörerverstärker sowie die Lautstärkeregelung, die den direkten Anschluss einer Endstufe oder Aktivboxen ermöglicht), relativiert sich der Preis.
Info
Phonovorverstärker Clearaudio Balance Reference Phono
Konzept: dualer Phonoentzerrer mit Lautstärkeregelung und Kopfhörerverstärker
Modi: MM/MC (schaltbar auf der Unterseite), Stereo/Mono schaltbar
Subsonicfilter: @20 Hz (−18 dB/Okt.)
Verstärkung (1 kHz): +46 dB (MM), +66 dB (MC)
Eingangsimpedanz: 50 kΩ/50 pF (MM/MC); +150 pF, +270 pF, +400 pF (MM-Betrieb); 10 kΩ, 5 kΩ, 1000 Ω, 500 Ω, 100 Ω, 50 Ω (MC-Betrieb)
RIAA-Genauigkeit (20 Hz bis 100 kHz): ±0,1 dB
Klirrfaktor: < 0,001 %
Signal-Rausch-Abstand: MM-Betrieb −89 dB @ 5 mV, MC-Betrieb −79 dB @ 500 uV
Übersteuerungsfestigkeit (1 kHz): > 21 dB
Ausgangsspannung max.: > 12 V
Kanaltrennung (1 kHz): > 95 dB
Ausgangswiderstand: 150 Ω (symmetrisch XLR), 75 Ω (asymmetrisch Cinch)
Kopfhörerausgang: 2 × 6,3-mm-Klinke
Leistungsaufnahme max.: Betrieb 12 W, Standby < 0,5 W
Gewicht: je 2,9 kg
Maße (B/H/T): je 24/8/15 cm
Garantiezeit: 3 Jahre (nach Registrierung)
Preis: um 7900 €
Kontakt
clearaudio electronic GmbH
Spardorfer Straße 150
91054 Erlangen
Telefon +49 9131 40300100
info@clearaudio.de
www.clearaudio.de
www.analogshop.de
Mitspieler
Plattenspieler: TW Acustic Raven GT2
Tonarm: Raven 10.5″
Tonabnehmer: Ortofon Windfeld Ti, Clearaudio Concerto V2, Excalibur Platinum
Verstärker: Electrocompaniet ECP2 MK II, Electrocompaniet EC 4.8, Electrocompaniet EC AW250R
Lautsprecher: Audio Physic Spark
Zubehör: AudioQuest, Zafvino, Kimber u. a.