Felsenreitschule Salzburg
Wie bauen wir einen Konzertsaal? Wir suchen ein freies Grundstück, am besten in verkehrstechnisch günstiger Lage, beauftragen Architekten und Akustiker und sollten dann idealerweise auch noch eine solide Finanzierung zu Hand haben, soll uns die Sache nicht um die Ohren fliegen. So oder so ähnlich spielt sich das Ganze seit Hunderten von Jahren ab, grundsätzliche Änderungen hat es in dem Prozess nicht gegeben. Und doch gibt es Ausnahmen. Die Salzburger Felsenreitschule ist eine solche und eine ganz besondere noch dazu.
Im Jahre 1693 als Reitplatz und Eventlocation für die eine oder andere Tierhatz in einen aufgelassenen Steinbruch gebaut, fand sie erst im frühen 20. Jahrhundert zu ihrer jetzigen Bestimmung. 1928 geschah hier die erste Theateraufführung im Rahmen der Salzburger Festspiele, Max Reinhard schuf für die Felsenreitschule seine legendäre Faust-Inszenierung, und Karajan machte sie mit Aufführungen von Glucks Orpheus 1949 endgültig zur Opernbühne.
Um den Ort bespielbar zu machen, fehlten eine Bühne, ein richtiger Zuschauerbereich und ein Dach. Die Bühne wurde geschaffen, indem man die Rollen vertauschte: Die in den Fels gehauenen Arkadengänge, die einst als Zuschauertribünen dienten, fungierten fortan als pittoreske Naturkulisse, die riesige und asymmetrische Bühne entstand direkt davor. Der Zuschauerraum wurde mehrfach neu gestaltet, in der aktuellen Form finden fast 1500 Menschen Platz. Auch das Dach machte von nicht vorhanden über Zelt bis zur heutigen festen Form mehrere Evolutionsstufen durch. Herausgekommen ist ein ungemein spannender Saal, der sich mit kaum einem anderen vergleichen lässt.
Als Musiker steht man dieser Halle sehr gespalten gegenüber. Ja, es sind die Salzburger Festspiele, und ja, dieser Raum ist besonders. Und das spürt man. Allerdings gibt es auch einige Probleme, mit denen man zu kämpfen hat. Die Garderoben befinden sich weit entfernt in den unterirdischen Eingeweiden, man läuft geraume Zeit, bis man über zwei steile und schlecht beleuchtete Treppen endlich den Fuß der Bühne erreicht, die man dann wiederum über eine kreisförmig gebogene Treppe erklimmt. Das alles ist in Abendkleidung, entsprechenden Schuhen, bei matter Beleuchtung und mit einigen Hunderttausend Euro in der Hand kein Vergnügen. Die Bühne selbst ist nur schwer sauber auszuleuchten oder zu temperieren, wie wir in diesem Januar erst wieder erfahren durften. Dass man dann auf der Bühne auch noch gegen eine sehr schwierige Akustik ankämpfen muss, da aufgrund fehlender Akustikelemente (zum Beispiel die typischen Segel über der Bühne) der Klang in alle Richtungen verschwindet. Ergebnis: Man sieht seine Kollegen, hört sie aber fast nicht. Gut, das ist nicht immer schade. Meistens aber doch nicht hilfreich.
Für die Zuschauer ergibt sich ein anderes Bild: Sie hören einen überraschend vollständigen und differenzierten Klang vor einer schier unglaublichen Kulisse, das Ganze auf geweihtem Boden. Und genau das lässt auch uns Musiker nicht los. Sonst würden wir diesen Saal meiden. So aber freuen wir uns doch immer wieder, dort spielen zu dürfen.
Musiktipps – Aufnahmen mit konzertsaaltypischem Klang
Die Salzburger Festspiele veröffentlichen eine große Reihe von Bild- und Tonaufnahmen der Aufführungen online bei den „Salzburger Festspieldokumenten“. Dort gibt es unzählige Aufnahmen aus diesem Saal, ganz nebenbei auch großartige Musik.