AVS 2022: Als wäre nix gewesen
Hatten Sie schon Gelegenheit für einen Besuch in der polnischen Hauptstadt? Das sollten Sie sich auf keinen Fall entgehen lassen. Die Metropole ist ein wahres Füllhorn spannender Kontraste
Der Westen der Innenstadt – gemeint ist das Viertel rund um den Hauptbahnhof – kann es mit seiner beeindruckenden Skyline locker mit Städten wie London aufnehmen. Nur wenige hundert Meter weiter östlich befindet man sich unvermittelt in der bildschönen historischen Altstadt. Die ist dominiert von farbenfrohen Häuserfronten und dem urigen Königspalast. Ein gefundenes Fressen für Hobby-Fotografen.
Sie sollten unbedingt auch einen Besuch am Wasser einplanen, an der endlosen Promenade der Weichsel. Dort reihen sich Museen, Parks und Veranstaltungsflächen aneinander. Kleine Büdchen und Verkaufsstände locken schon früh morgens zum Flanieren bei Kaffee und Baguette. Sollte Sie das alles nur am Rande interessieren, gibt es zumindest einmal im Jahr die ganz große Sause für HiFi-Fans und Musikliebhaber: Die Audio Video Show, dieses Jahr in der Ausgabe “AVS 2022”.
Die Veranstaltung verteilt sich auf rund 160 Räume, in denen 150 Aussteller stattliche 600 Marken präsentieren. Insgesamt belegt die Show – so der Veranstalter – eine Fläche von 2000 Quadratmetern. Damit darf sie sich als zweitgrößte Branchen-Show in Europa bezeichnen, gleich nach der Highend in München. Das wird offiziell so angegeben und wir haben hiermit unserer Pflicht genüge getan, es an Sie durchzureichen. Aber mal ehrlich: Der Vergleich hinkt, da es sich einmal um eine Messe mit Business-Orientierung und vielen Neuheiten handelt (München) und dann um eine klassische „HiFi-Show“ (Warschau). Bei der AVS 2022 lautete die Devise „kommen, hören, sehen, anfassen und persönlich mit Entwicklern oder Vertriebsleitern quatschen“. Das Konzept ist daher viel nahbarer für Fans und Liebhaber.
Die Dreifaltigkeit der AVS 2022
Die Polnische Super-Show zeichnet sich durch eine ganze Reihe an Besonderheiten und Eigenarten aus. Zum einen wäre da das vollkommen andere Publikum als in München. Durch die Flure und Gänge der verschiedenen Venues schiebt sich eine auffallend junge Besucherschar. Gar nicht selten auch Paare und ganze Familien. Brandmarken Sie uns gern als Klischeereiter, doch stellt das einen krassen (und unübersehbaren) Kontrast zu hiesigen Shows dar. Entsprechend „jung“ ist übrigens auch die Musik der Vorführungen. Die audiophilen Klassiker sind hier eher eine Ausnahme. Stattdessen vernimmt man überall zeitgenössische Electronica, Pop, Alternative und bisweilen auch mal (sehr harter) Rock sowie „solide produzierte Konsensmusik“ wie Dead Can Dance.
Weiter geht’s mit der „Dreifaltigkeit“ der Veranstaltungsorte, die ihren jeweiligen Charme beisteuern. Die mit Abstand meisten Aussteller gastieren im Radisson Blu Sobieski. Jeder, der schon auf den Norddeutschen oder Süddeutschen HiFi-Tagen war, kann sich vorstellen, wie es in dem Hotel zugeht: Die rund 90 Räume verteilen sich auf die unteren acht Etagen des weitläufigen Gebäudekomplexes. Im Erdgeschoss liegen eine Handvoll großer Salons, darüber findet man die üblichen kleinen Zimmer, in denen sich Anlagen und Lautsprecher hautnah erfahren lassen. Davon machen die Besucher auch reichlich Gebrauch: Während der Vorstellung aufstehen, hinter die Anlage gehen und die Verkabelung begutachten – völlig ok auf der AVS 2022.
Die goldene Tulpe
Einige Hundert Schritte vom Sobieski entfernt (einmal über die große Kreuzung) liegt das Vier-Sterne-Hotel Golden Tulip. Hat man sich die kleine Wendeltreppe emporgearbeitet (es gibt natürlich auch Aufzüge), findet man sich in einen langgestreckten Flur mit insgesamt acht großen Salons sowie kleinen Ausstellungsflächen für Schallplatten und Kopfhörer. Traditionell gastieren hier exklusivere Systeme, deren ausladende Lautsprecher die großen Säle gut in den Griff bekommen. Mehr dazu später …
Eine ganz eigene Welt bildet der dritte Veranstaltungsort, das National Stadion „Narodowy“. Wir wagen die kühne Behauptung, dass es zumindest im europäischen Umfeld keine Entsprechung zu dieser Location gibt. Die beeindruckende Arena besitzt mehrere umlaufende Ebenen mit Besprechungsräumen und Kongresssälen, von denen die AVS 2022 zwei teilweise belegt. Insgesamt zählten wir 63 mittelgroße bis große Konferenzräume zuzüglich vieler offener Ausstellungsflächen, weshalb wir uns intern augenzwinkernd auf die Charakterisierung als „Mini-IFA“ einigen konnten.
Hören und gehört werden
Wie Sie sich vorstellen können, sind die Eindrücke einer derartigen Riesen-Show erdrückend. Um ehrlich zu sein: Ohne unsere Fotos und Notizen könnten wir uns am dritten Tag kaum mehr erinnern, wo wir unseren Rundgang am Freitag begonnen haben. Gestatten Sie uns deshalb, dass wir unsere Show-Highlights in chronologischer Reihenfolge durcharbeiten.
Unsere Show startete Freitagmittag mit der Fahrt ins Stadion. Zwischen Sobieski und Narodowy gibt es einen kostenlosen Shuttle-Bus, der Besucher im Halbstunden-Takt direkt vorm Hauptgang des Stadions ausspuckt. Schon die erste Vorführung ist ein Volltreffer: Gryphon-Verkaufsleiter Rune Skov demonstriert die neue Apex Stereoendstufe sowie den Vorverstärker Commander – auf der Highend in München noch stumme Ausstellungsstücke. Die Kette hängte an Wilson Audios Charlie XVX und wurde von einem GrandPrix Monaco 2.0 bespielt, der am Legend Legacy-Entzerrer der Dänen angeschlossen war. Wie wir in der hervorragenden Moderation des Verkaufsleiters erfuhren, besitzt der neue Vorverstärker ein doppeltes Booster-Netzteil, das externe Zuspieler wie den Phono-Entzerrer mitspeist. Skovs Musikauswahl war derart ausgefallen, dass die herausragend dynamisch und räumlich spielende Anlage fast zur Nebensache geriet: Wie wir starrten zahllose Besucher auf ihre Smartphones und versuchten via Shazam herauszufinden, was lief.
Techno? Auf der AVS 2022 kein Problem
Nur eine Tür weiter musizierte derweil ein Riesen-Setup des polnischen „soundclub“-Vertriebs. Als wir das Zimmer betreten schallt deftige Tanzmusik durch den Raum, die von einem Brinkmann Balance-Plattenspieler kommt. Martens gewaltige Coltrane Momento 2 drückte die Zuhörer mit ihren Bassschüben und Impulsen fest in die Sitze und ließ die Haare wehen. Man kann von derartigen Leistungsdemonstrationen halten, was man will, ihre Wirkung verfehlte sie jedoch nicht. Es war schlicht umwerfend, wie explosiv und abgrundtief Tenor Audios hybride M350-Endstufen die Boxen im Griff hielten. Der Hersteller gibt großspurig an, es handle sich um die besten Endstufen der Welt – und wir waren in diesem Moment gewillt das einfach mal so stehen zu lassen …
Intermezzo: Raumklang
Tatsächlich hatten wir gar nicht mehr im Kopf, wie gut die Anlagen im Narodowy aufspielen. Ein Teil des Geheimnisses ist die exzellente Akustik vieler Räume. Selbst die Flure und endlosen Gänge klingen leicht gedämpft. Vor allem die größeren Vorführräume besitzen an den Seiten und Rückwänden gelochte Holzelemente, mit denen die Schallausbreitung für entspannte Langzeit-Konferenzen optimiert ist. Tiefe Bassimpulse können durch die Scheiben entweichen, die in vielen Räumen einen atemberaubenden Blick auf die beeindruckende Sportarena bieten. Und um die Höhen kümmern sich Teppiche und beinahe unmerkliche Akustikelemente an den Zimmerdecken. Abgesehen von einigen Diffusoren müssen die Her- und Aussteller sich also nicht weiter verbiegen, um einen guten Eindruck zu hinterlassen.
Die AVS 2022 kann‘s auch im Kleinen
Einige Räume weiter stoße ich auf die Audio Group Denmark, die wie gewohnt selbst vor Ort ist. Nun verbindet man die Produkte der Dänen eher mit der gehobenen bis oberen Preisschiene. Insofern bot die klangvolle Demonstration eine Überraschung: Aufgespielt hat die X-5, eine brandneue Standbox für rund (so zumindest der Plan) 10 000 Euro. Und gespielt hat die schlanke Säule einfach umwerfend. Da wir die große Z5 Cryo als Dauerreferenz in der Redaktion haben, können wir guten Gewissens attestieren, dass die „kleine“ den Charme und Charakter des Herstellers perfekt transportiert. Das Frontend war derweil von einem anderen Stern: Die „X“ wurde von dem ebenfalls noch nicht erhältlichen Verstärker-Koloss I-880 angetrieben. Für eine solide Quellenlage sorgten der S-580 (Streamer) und ein D-580 (DAC). Hinzu gesellten sich Ansuz-Kabel, -Untersteller und -LAN-Tools im Wert einer Mittelklasse-Limousine.
Abermals nur wenige Türen weiter stolperten wir über eine smarte Kette von Audio Physic und Cyrus. Beide Marken sind über ihren polnischen Vertrieb „EIC“ miteinander verknüpft und die Herrschaften scheinen zu wissen, was Sie da treiben: Die Codex aus Brilon verstand sich merklich hervorragend mit der britischen „XR“-Elektronik. Insgesamt fünf Komponenten (CD-Spieler, Pre + Netzteil, 2 Monos) hatte der Vertrieb aufgefahren, um den Besuchern zu beweisen, wie unglaublich musikalisch und zeitrichtig die Boxen aus Brilon können, wenn Sie dürfen.
Telemann, Bach und Händel
Ein weiteres Highlight wartete im Geschoss darüber. Inhaber Michael Plessmann ließ es sich nicht nehmen, seine „Mittlere“, die Aidoni, persönlich vorzuführen. Der voluminöse Standlautsprecher hatten den Raum mit seinen aktiven Bässen (je 500 Watt Class-D) perfekt im Griff. Für maßgeschneiderte Ansteuerung und eine exzellente Transparenz sorgten derweil das gewichtige „Reference“-Laufwerk von J. Sikora sowie Telemann, Bach und Händel – nicht die Komponisten, sondern die gleichnamige Elektronik von Linnenberg.
Gleich nebenan bewies Chord, dass die hauseigene Technik ganz hervorragend mit Lautsprechern von Spendor harmoniert. Vermutlich ist es kein Zufall, dass beide Marken auch in Deutschland vertrieblich miteinander verheiratet sind. Auf der AVS 2022 ließ sich Chord durch seinen Super-DAC Dave vertreten, der die gerade vorgestellte Vorstufe Ultima Pre 3 sowie zwei Ultima 2-Kraftwerke speiste. Gemeinsam haben die beiden Leistungsblöcke knapp 960 Watt Leistung. Mehr als genug also, um die Möbel im Vorführraum zu verrücken. Interessanterweise – das war uns gar nicht bewusst – gibt es bei den Briten ein Rack-Adapter, das die klassischen Chord-„Krabben“ (Dave) und die Komponenten im HiFi-Gardemaß (Pre 3) miteinander verbindet. Und das sieht richtig toll aus.
Zu schade fürs Studio?
Den Abschluss des ersten Messetages bildete eine klangliche Überraschung: Im Salon des Vertriebs SoundSource (nicht mit „soundclub“ verwechseln) spielte ATCs vollaktive SCM50ASL Pro. Die 350-Watt Wuchtbrumme wird mit ihrer Bärennase eigentlich gar nicht für das Consumer-Segment angeboten, sondern soll ihren Dienst in Tonstudios verrichten. Am Streamer von CH Prescission fühlte sie sich aber derart wohl und lieferte ein derartiges Statement in Puncto Kontrolle und Präzision ab, dass es schade wäre, wenn Sie nicht auch den Weg in das eine oder andere Wohnzimmer fände.
Ab ins Hotel
Tag zwei begannen wir mit einem gefühlt endlosen Spaziergang durchs Sombieski-Hotel. Der wartete mit einem gewissen Handicap auf, da es bereits um 10 Uhr dermaßen voll war, dass wir diverse Räume zunächst überspringen mussten. Der gewohnte Workaround: Gegen den Fluss arbeiten und von oben anfangen. Wie wir später erfuhren, war es übrigens genau richtig, am Freitag im Stadion zu starten. Die Gänge und Zimmer sollen dort dermaßen überfüllt gewesen sein, dass nicht ans Hineinkommen zu denken war. Darüber kann man sich ärgern, man darf sich andererseits aber auch über den Zuspruch des Hobbys HiFi in Polen freuen …
Da das Sombieski die Besucher mit seinen Ausstellräumen auf acht Stockwerken gehörig fordert, wollen wir uns hier nur an unsere Highlights halten: Die erste Vorführung, die uns im Ohr blieb, war der Raum von German Physiks. Eigentlich sollte man ja meinen, dass die Rundumstrahler HRS-130 ein – sagen wir mal – spezielles Vergnügen sind. Zu unserer Überraschung füllte die Box den ca. 20qm großen Raum nicht nur bis in den letzten Winkel aus, sondern stellte auch eine greifbar umrissen Bühne dar. Der wuchtige Vollverstärker „Emperor“ (an Selbstbewusstsein mangelt es ihm also nicht) fügte mit seinen 2 mal 600 Watt eine gehörige Portion Dynamik und Basskontrolle hinzu.
Audio Note streamte
Einen fast schon ironischen Twist erlebten wir im Zimmer von Audio Note (UK). Für Fans und Liebhaber zählt die Manufaktur zu den analogen Felsen in der digitalen Brandung. In Warschau nutze Audio Note allerdings den USB-Eingang des erschwinglichen Vollverstärkers Cobra, um direkt von einem NAS zu Streamen. Darauf angesprochen verriet uns der Vertrieb, dass dieser Stilbruch allein der Fernbedienbarkeit geschuldet war. Gespielt wurde via Roon. An der kompakten AN-K konnte der Verstärker damit aber auch gleich beweisen, warum die Briten sich für einen „betagten“ Philips-Chipsatz mit 16/48 entschieden haben: Der DAC kling in dem Röhren-Amp einfach herausragend seidig und geschmeidig.
Für einen ähnlich nachhaltigen Eindruck sorgte die Vorführung von AudioGE. Die Manufaktur von Gediminas Racevicus aus Litauen stellte erstmals die bezahlbare Teddy vor, eine gerade noch kompakte Standbox mit wundervollem Furnier. Gemäß der alten Lehre „zwei Wege, wenige Probleme“ hatte uns der schnörkellose, äußerst gefällig proportionierte Lautsprecher mit seiner Musikalität und Zeitrichtigkeit sofort im Griff. Und große Ansprüche stellt sie auch nicht: Angetrieben wurde die Box von Radas Röhren-Vollverstärker Valkyre 36. Der arbeitet mit Class-A und dürfte (je nach Klirr-Toleranz) kaum mehr als 20 Watt in die Waagschale werfen. Für die Teddy mehr als ausreichend!
Tolex-Charme
In einem der oberen Geschosse blieben wir an einem Lautsprecher von „GeneProject“ hängen. Das mehrteilige Konglomerat erinnerte mit seinem „Tolex-Charme“ an PA-Boxen der Sechziger und Siebziger Jahre. Der mannshohe Lautsprecher mag kein Statement in Sachen Auflösung sein, gleichwohl spielte er extrem anmachend und irgendwie auch charmant. Passend zum “frankensteinigen” Charakter der Box bestand die Anlage aus zusammengewürfelten Bausteinen von Panasonic (DVD-Spieler), Philips (CD-Spieler), HiSoQ (Streamer) sowie einem No-Name-Röhrenverstärker (zumindest stand nichts dran). Man mag es kaum glauben, aber die Kette funktionierte herausragend.
Eine weitere mitreißende Entdeckung machten wir im Raum von Aretai. Der Hersteller stellte eine kleine Kompaktbox an Elektronik von Lab12 (Audiophile Integrated Amplifier) und Naims Atom (Streamer) vor. Die Contra 100S besitzt einen Tief/Mitteltöner sowie einen Tweeter, der im Zentrum einer Markenten Hornkonstruktion untergebracht wurde. Mit solidem Stand auf einem resonanzabsorbierenden Dreibein von Solidsteel musizierte sie unglaublich gelöst und (trotz ihrer kompakten Maße) raumgreifend. Sie fühlte sich an Lab12s Röhre merklich wohl und übertrug ihre Spielfreude ungehemmt auf die Zuhörer.
Ohne Raumeinfluss
Ebenfalls in die Kategorie „toll, dass wir sowas mal hören durften“ fällt eine Begegnung in der vierten Etage: Der Vertrieb “Audio Atelier” präsentierte eine Kette mit WestminsterLabs Quest und Rei (Vor/Endstufe) an Lumins Streamer X1. Als Lautsprecher agierte Trenner & Friedls „PHI“, die vollständig nach dem Goldenen Schnitt gestaltet wurde. Das eigenwillige Zweiwege-Konzept legte mit seiner Cardas-Innenverkabelung und der Koax-Membran eine unvergleichlich natürliche und seidige Darbietung aufs Parket.
Gewohnt souverän lieferte auch Kiis vollaktive Three, die inklusive BXT-Bassextender vorspielte. Wie Sie vielleicht wissen handelt es sich beim Extender nicht um einen Subwoofer, sondern um eine „Abstrahloptimierung“. Der aktive “Bassständer” komplettiert die kompakte Three zur Line-Source, die ihren Tiefton gleich einer „Schallsäule“ nach vorn gerichtet abstrahlt. Kombiniert mit den rundum strahlenden Treibern der Kompakten (Stichwort: rückwärtige Schallauslöschung), hat das aktive Duett Räume im Griff, wie kaum ein zweites Gespann. Entsprechend fett, trocken und lupenrein sauber kommen die Impulse selbst im kleinen Hotelzimmer an den Hörplatz. Im Lexikon sollte ein Foto der Kii unter dem Begriff „Problemlöser“ zu finden sein.
Die vielleicht schönste Seite der AVS 2022
In der Parterre des Sobieski liegen 13 größere Säle und Räume, in denen sich Marken wie Avantgarde Acoustic (Vertreten mit einer Trio) oder Mytek Audio tummeln. Besonders überrascht hat uns die Demonstration von Steinway/Lyngdorf. Der Hersteller hat gemeinsam mit seinem Vertrieb DNA-Audio keinen Aufwand gescheut und installierte künstliche Wände, mit denen die In-Wall-Systeme der dänischen Manufaktur demonstriert wurden. Angetrieben und entzerrt von Lyngdorfs Elektronik musizierte das System raumgreifend und zugleich wundervoll fokussiert.
Wer einen echten Augenschmaus suchte, begab sich die kleine Treppe hinauf in den Raum „Arkadia I“, wo Kostas Metaxas (Metaxas & Sins) seine begehrenswerten Bandmaschinen ausstellte. Hören konnte man die beiden farbenfroh eloxierten Aluminium-Schönheiten leider nicht. Uns drängte sich jedoch das eigenartige Gefühl auf, dass das den meisten Besuchern gar nicht auffiel – die waren viel zu beschäftigt, die Neuinterpretationen alter Stellavox-Maschinen von allen Seiten zu begutachten und abzulichten. Wir haben nicht lang gefackelt und schlossen uns einfach an.
Im goldenen Tulperich
Der dritte Show-Tag gehörte schließlich dem Golden Tulip und seinen exklusiven Vorführungen. Hier können wir uns kurz fassen, da uns eigentlich nur drei Anlagen wirklich im Ohr blieben. Eine davon ist ganz sicher die des Nautilus-Vertriebs: Der spielte Estelons Flaggschiff Extreme im größten Saal des Gebäudes an einer ausladenden Accuphase-Elektronik. Der Vierwege-Koloss benötigt trotz passiver Auslegung einen Stromzugang – für optimale Abbildung im Raum lässt sich die obere Gehäusehälfte mit Mitteltönern und Tweetern elektrisch in der Höhe justieren. Das geht mit dem wohligen Summen der Motoren vonstatten, wie wir in der Demonstration erfuhren und hören konnten. Was folgte, war eine klassische Darbietung (es gab Beethovens Fünfte), die sich anfühlte, als säße man mitten im Konzertsaal. Pegel, Abbildungsgröße und markerschütternde Dynamik zählen zu den Kerndomänen der außergewöhnlichen Klangskulptur – eine durch und durch “körperliche” Erfahrung.
Unser AVS 2022 Abschluss
Etwas weniger Show, dafür aber umso mehr Atmosphäre gab es zwei Räume weiter im „Azalia II“. Dort gastierten Ayon und Lumen White nebst analogem Zuspieler von Transrotor. Spheris (Pre), Epsilon (Röhren-Endstufe) und Co. hatten den Saal gemeinsam mit Lumen Whites Topmodell Altai hervorragend im Griff. Unsere wohlwollende Verneigung verdiente sich Aussteller „Natural Sound“ mit seiner Raumgestaltung: Ein riesiger Aufsteller versetzte die Zuhörer auf die Empore eines Konzertsaals, während die farbenfrohe Bestuhlung für gute Stimmung sorgte.
Sollten Sie es jemals ins Golden Tulip schaffen, planen Sie auch ein wenig Zeit für die Präsentation von LampizatOr im Raum “Dahlia” ein. Die rein analoge Vorführung ist jedes Mal ein Spektakel. Was wir dort genau gehört haben können wir Ihnen allerdings nicht sagen, da gefühlt alle Komponenten in der Kette hingen, die der Hersteller zu bieten hat. Einen ganz besonderen Augenschmauß konnte man direkt neben der erwähnten Wendeltreppe finden: Manron hatte dort wirkungsvoll zwei seiner limitierten Delta-Monos platziert, deren riesige GM100-Kolben 150 Watt leisten.
Und damit hatten wir endlich Zeit für einen Stadtrundgang …
…und hieht’s zum Teil 2 unserer Berichterstattung.