WIE EIN CHAMÄLEON
Erst kürzlich steckte ich mit Kollegen in einer Diskussion über die Einordnung von Komponenten. Es lässt sich nicht mehr so einfach sagen, wo ein geregelter DAC aufhört und wo die Vorstufe beginnt. Oder was einen Streamer vom Musikserver unterscheidet. Der Xo-stream pro von X-odos ist ein Paradebeispiel: Auf dem Papier eine reine „Netzwerkbrücke“, kann der Apparat noch viel, viel mehr. Aus einem gewissen Blickwinkel ist er damit sogar flexibler als sein großer Bruder, der Musikserver Xo-one.
In aller Kürze
Ein exzellenter Netzwerkplayer mit üppiger Ausstattung und vielfältigen (oft optionalen) Möglichkeiten. Mit dem externen Netzteil wird der Klang in jeder Hinsicht verfeinert.
Zunächst sollten wir klären, warum es Netzwerkbrücken beziehungsweise Geräte mit der entsprechenden englischen Bezeichnung „Streaming-Bridge“ überhaupt gibt. Vor nicht zu langer Zeit war ein diskreter D/A-Wandler noch eine exklusive Sache. Ausgerechnet Apples iPod setze dann eine highfidele Lawine in Gang: Die Kopfhörerausgänge des extrem beliebten Players klangen mittelmäßig, und so beeilten sich Hersteller, Docks und Mobilverstärker anzubieten. Das Angebot an DAC-Chips explodierte, die Preise sanken, und immer mehr Vorverstärker und Integrierte besaßen plötzlich Konverter auf akzeptablem bis herausragendem Niveau. Das veranlasste einige Produzenten von Quellen zum Umdenken, denn der integrierte Konverter nagt an den Ressourcen ihrer Streamer. Die einfachste Lösung: Man lässt den Wandler einfach weg – sollen sich die Spezialisten darum kümmern.
Ein Herz für Brücken
Der Freiburger Entwickler Christof Poschadel folgte diesem Credo von Anfang an. Schon das erste Produkt seiner Manufaktur X-odos, der Musikserver Xo-one, verzichtete auf einen Konverter (als „Plus“-Modell ist er freilich auch mit erhältlich). Bald folgte die erste Generation des Xo-stream, der ebenfalls in allen Versionen auf einen DAC verzichtet – und der uns vor Augen führt, warum die Bridge eigentlich der bessere Netzwerkspieler ist.
Schraubt man den Xo-stream auf, sieht man wenig mehr als ein Netzteil, einen gar nicht mal so kleinen Mikrocomputer sowie ein weiteres Board, das sich um die hochkarätige S/PDIF-Datenübergabe an den DAC kümmert. Die drei Baugruppen sind räumlich voneinander getrennt und mit hochwertigen Strippen vernetzt, die Poschadel nach eigener Hausrezeptur schneidert. Der zentrale Fokus der Bridge liegt freilich im Zusammenspiel zwischen CPU und Signalaufbereitung.
Der Xo-stream pro als Rechenkünstler
Zeitgenössische Hauptprozessoren – in dem Fall ein passiv gekühltes und somit absolut leises Modell von Intel – mögen atemberaubend schnell sein, als Multitasker sind sie für Audiokomponenten jedoch weniger geeignet: Sie wollen sich einfach nicht auf eine Sache konzentrieren. Die gängigen Betriebssysteme, bei X-odos ein modifiziertes Linux-Derivat, sind da keine große Hilfe. Poschadel wählte den Weg des geringsten Widerstands und siebte das System seines Rechners so aus, dass der integrierte Medienspieler – unbelastet durch Hintergrunddienste – stressfrei arbeiten kann.
Am Ende übergibt die CPU ihre „gerenderten“ S/PDIF-Signale ohnehin via USB ans Zusatzboard. Das dient als Puffer, lagert die Daten in einem Zwischenspeicher, baut sie nach dem Takt ihrer hochkarätigen Clock neu auf und übergibt sie mundgerecht und jitterfrei an den nachgeschalteten D/A-Wandler. Das geschieht wahlweise über einen elektrischen Cinch- oder AES/EBU-Ausgang (XLR), Letzterer ein Privileg der neuen „Pro“-Variante. Alternativ kann man die Signale auch über einen rückwärtigen USB-Ausgang direkt vom Mainboard abgreifen – dann empfiehlt sich natürlich ein DAC, der seinerseits mit einem „reclockenden“ Eingang ausgestattet ist, was bei hochwertigen Modellen aber fast immer gegeben ist.
Volle Konzentration
Die Struktur des Xo-stream mag wenig spektakulär erscheinen, doch führt man sich den Signalweg vor Augen, fällt auf, dass der Streamer aufgeräumt und puristisch aufgebaut ist. Und diese Konzentration und Ruhe schlägt sich auch im Klang nieder. Dank jahrzehntelanger Konditionierung rümpfen viele Highender automatisch die Nase, wenn sie bemerken, dass eine Komponente auf einem Computer basiert.
Dabei leistet ein Mikrorechner hervorragende Arbeit, sofern man auf saubere Abläufe und eine standesgemäße Signalaufbereitung achtet. Damit das gewährleistet ist, hat Christof Poschadel die Mediensteuerung seiner beiden Produkte selbst geschrieben und verbessert sie fortlaufend. Zudem bietet so ein „Standard-Computer“ einen unschlagbaren Vorteil: Er kann mit praktisch allen Datenformaten umgehen. Sollte ein neues MQA am Horizont erscheinen oder sich eine Alter-native zu Roon abzeichnen, könnte man den Medienspieler des Xo-stream nachrüsten – ganz bequem über ein Online-Update. Bei vielen klassischen Streamern hat das Grenzen, da sie mit chipbasierten Medienspielern ausgestattet sind.
Der Xo-stream pro ist ein Modul-Baukasten
Nun kommen wir zu dem Punkt, mit dem mich der Xo-stream gepackt hat: Grundsätzlich war die Netzwerkbrücke als kleine Alternative für all jene gedacht, die keinen großen, Ripping-fähigen Musikserver benötigen. Oder als „kleiner“ Nebenraum-Spielpartner des Xo-one. Um beide Geräte maximal kompatibel zu machen, implementierte Poschadel dieselbe Software. Denkt man einen Augenblick darüber nach, geht plötzlich die kleine Lampe an: Der Xo-stream besitzt alle Fähigkeiten seines großen Bruders. Im Gegensatz zum Xo-one sind die erforderlichen Hilfsmittel aber nicht an Bord, sondern müssen nachgerüstet werden.
Das macht die Bridge zu einem modularen Bastelkasten: Wer mag, kann Datenspeicher in beliebiger Größe ans Gehäuse klemmen und den Streamer so in einen Server verwandeln. Die Nachfrage nach Kapazität war so groß, das X-odos mittlerweile SSD-Massenspeicher mit 1, 2 oder 4 Terabyte in seinen Katalog aufgenommen hat. In unserem Entwicklungsmuster war der optionale Speicher (1 TB) noch mit Heißkleber unter eine der stabilisierenden Gehäusestreben geklebt. Im Auslieferungszustand steckt das Laufwerk natürlich in einem fest verschraubten Rahmen. Wer sich traut, kann den Speicher auch selber ins Gehäuse stecken. Platz ist zur Genüge vorhanden, und da das Betriebssystem im superschnellen M.2-Festspeicher direkt aufs Mainboard geflanscht wird, sind beide SATA-Anschlüsse des Mainboards frei.
Astreiner Ripper
Während der Xo-one mit einem Slot-in-Laufwerk ausgestattet ist, kann man die Bridge via USB mit einem externen CD-, DVD- oder Bluray-Lesegerät ausstatten. Legt man ein Medium ein, aktiviert der Streamer seinen Ripper, der sich bei unseren Testdurchläufen genügend Zeit ließ und selbst mit leicht zerkratzten Medien tadellose Ergebnisse brachte. Da wir mittlerweile im Zeitalter des Webstreaming leben, verliert das Auslesen von Tonträgern an Bedeutung, also lässt man das Laufwerk bei Nichtnutzung in der Schublade verschwinden, wo es keinen Strom und keine Systemressourcen beansprucht – ein Purismus, der beim Xo-one nicht möglich ist.
Gern erlaubt er das muntere Experimentieren: Wird eine CD von Laufwerk A nicht korrekt gelesen, probiert man eben ein anderes aus. Kurzum: Wenn man ohnehin einen DAC besitzt oder die Anschaffung eines standesgemäßen Wandlers nicht scheut, ist der Xo-stream ein perfekter Spielpartner mit enormer Funktionsvielfalt. Die Brücke spielt alle gängigen PCM-Formate und -Taktraten bis 32/768 und verarbeitet DSD über den Umweg des verlustfreien DoP-Standards („DSD over PCM“). Alternativ oder ergänzend zum internen Festspeicher verbindet sich der Xo-stream via LAN mit UPnP- und DLNA-kompatiblen Medienspeichern im Netzwerk.
Hauseigene App
Obendrein kann der Streamer über seine hervorragend programmierte und extrem stabile App auf Webdienste wie HighResAudio, Qobuz und Tidal zugreifen oder Internetradio streamen. Da Christof Poschadel bei seiner Remote-Software aus Stabilitätsgründen ausschließlich auf iOS setzt (ein iPhone oder besser das iPad sind also Pflicht), hat er gleich noch AirPlay 2 implementiert. Eine neue App-Version mit noch besserer Oberfläche sowie Roon sind für die kommenden Updates angekündigt.
Auch mechanisch liegt der Brückenbauer auf „highendigem“ Niveau. Abgesehen vom diskreten, räumlich getrennten internen Netzteil besitzt das Gerät ein stabiles Aluminiumgehäuse, das auf vier hochkarätigen Gewebe-/Magnetfüßen (VCF V) aus dem Programm von Audio Physic ruht. Als große Besonderheit kann man den Xo-stream pro um das externe Booster-Netzteil Xo-purify erweitern, das uns zum Vergleich vorlag.
Ab in den Hörraum
Und damit wären wir beim Klang des vielseitigen Streamers: Da sie eine enge Symbiose mit dem nachgeschalteten D/A-Wandler eingeht, ist es nicht so einfach, den Tonfall der Bridge festzunageln. Überblickend können wir dem Streamer im Zusammenspiel mit Auralics Altair und AVMs DAC-Vorstufe PA 8.3 jedoch einen hervorragend aufgelösten, schnellen und dynamisch zupackenden Charakter attestieren.
Oder klarer ausgedrückt: Der Streamer spielt außerordentlich zackig! Wir haben uns übrigens für diese beiden Spielpartner entschieden, weil sie selber Netzwerkplayer besitzen, die sich für einen A/B-Vergleich anboten. Hier konnten wir festhalten, dass der Netzwerkteil des Auralic weicher und runder in den Höhen spielt, während der AVM bei vergleichbarer Auflösung minimal weniger differenziert und durchgezeichnet im Bass musiziert. Insgesamt also ein leichter Punktsieg für den diskreten X-odos.
Mit Booster noch besser
Sprechen wir bislang noch über Nuancen, sieht die Sache mit dem externen Netzteil ganz anders aus. Spielt der Streamer allein, sitzt an seiner Gehäuserückseite ein stiftartiger Terminator, den man entfernen muss, ehe man den Booster anschließen kann. Das externe Netzteil versorgt den Xo-stream über ein mehradriges Stromkabel sowie über eine separate USB-Strippe, die lediglich die dimmbare und in der Farbe veränderbare LED-Beleuchtung an der Gehäusefront speist.
Nach dem Neustart der Bridge öffnete sich schlagartig der Raum und der Xo-stream spielte merklich breiter und offener. Natürlich hatten wir einen ähnlichen Effekt erwartet, da das interne Netzteil des Xo-stream im Vergleich zum üppigen Ringkern des Boosters doch eher „überschaubar“ wirkt. Dass sich die externe Versorgung aber derart positiv auf praktisch alle Klangparameter einer Komponente auswirkt, in der keine analogen Signale fließen, hat uns doch erstaunt. So spielt der Xo-stream mit seiner Spannungsaufwertung nicht nur größer, sondern auch straffer und dynamisch präziser. Die gute Nachricht lautet daher: Mit dem Xo-stream pro bietet der Freiburger Hersteller eine der vielseitigsten und klangstärksten Streaming-Bridges an. Wer es ganz genau wissen und das letzte Tröpfchen Klang aus der Maschine herauskitzeln möchte, kommt jedoch (zumindest mittelfristig) nicht um die Anschaffung des Booster-Netzteils herum …
Info
Konzept: UPnP-/DLNA-Netzwerkspieler ohne eigenen D/A-Wandler, zum Musikserver ausbaufähig, Anschluss für externes Booster-Netzteil
Eingänge/Anschlüsse: LAN, 2 x USB-A (Datenspeicher, Peripherie)
Digitalausgänge: 1 x S/ PDIF (Cinch), 1 x AES/EBU (XLR)
Formate: alle gängigen Tonformate (WAV, AIFF, FLAC, MP3 etc.) bis 24/192, Weitergabe von PCM-Signalen an den D/A-Wandler mit maximal 32/768 (bei kompatiblen Spielpartnern), DSD via DoP (DSD over PCM)
Webdienste: Qobuz, Tidal, HighResAudio, Webradio
Jitter: < 1 ps
Besonderheiten: passive CPU-Kühlung, hauseigene App (nur iOS), verschiedene interne SSD-Speicheroptionen mit 1, 2 oder 4 TB bei Auslieferung (oder nachträglich); Server-Verwaltung, CD-Ripper softwareseitig implementiert; Farbe der Front-LED lässt sich varriieren
Ausführungen: Schwarz, Silber, Champagner (Aufpreis)
Gewicht: 11 kg
Maße (B/H/T): 45/13/33 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preise: Xo-stream pro ab 4980 €, Booster-Netzteil Xo-purify um 3980 €
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