Yehudi Menuhin Forum Bern
Nach vielen bekannten, großen, vielfach auf Tonträgern dokumentierten und im Zentrum des Interesses der Musikwelt stehenden Sälen kommen wir nun zu einem Konzertort, der den allermeisten von Ihnen unbekannt sein dürfte: dem Yehudi Menuhin Forum Bern.
Das im neoklassischen Stil gehaltene, im Jahre 1926 eröffnete Gebäude beherbergte eigentlich eine Kirchengemeinde, die „Erste Kirche Christi, Wissenschaftler“, der das Haus bis heute gehört. Nachdem dieser Raum in bester Lage – mitten im Museumsquartier am Helvetiaplatz – der Öffentlichkeit längere Zeit nicht zugänglich war, konnte man sich in langen Gesprächen Anfang der 2000er Jahre auf einen für alle zufriedenstellenden Modus einigen und einen langfristigen Mietvertrag abschließen. Bevor der Saal allerdings 2009 seiner neuen Bestimmung übergeben werden konnte, mussten einige Umbauarbeiten vorgenommen werden. Eine konzerttaugliche Beleuchtung war natürlich sehr weit oben auf der Bedarfsliste, ebenso eine akustisch förderliche und halbwegs flexible Bühnenkonstruktion. Abgerundet wurde die Umgestaltung mit dem Kauf eines wirklich exquisiten Steinway-D-Konzertflügels. Wer auch nur ein wenig mit Klavieren zu tun hat, weiß, wie unterschiedlich diese Spezies ausfallen können und wie wichtig es folglich ist, ein wirklich gutes Exemplar zu ergattern, um einen Saal zum beliebten Ziel der weltweit reisenden Virtuosen zu machen. Hier hat man alles richtig gemacht und seit dem Kauf die Pflege dieses Schatzes nur einer Firma anvertraut, was bedeutet, dass es sich nun um einen sehr „entspannten“ Flügel handelt. Jeder Klavierbauer hat eine eigene Art, das Instrument zu stimmen und zu intonieren. Wenn ein Flügel über Jahre wöchentlich von unterschiedlichen Menschen in unterschiedliche Richtungen gezerrt wird, setzt das ein Instrument unter Stress, und das hört man.
Zurück zum Saal: Mit seiner nicht zu großen Bühne und einem Fassungsvermögen von 470 Zuschauern passt das Menuhin Forum neben dem Paul-Klee- und dem Casino-Konzertsaal perfekt in die Berner Landschaft, ein kurzer Gang über die Kirchenfeldbrücke verbindet das ruhige Museumsquartier mit der (nicht viel wilderen) Innenstadt. Wie bei Sakralbauten üblich ist die Akustik hier eher auf der lebendigen Seite, man muss als Spieler sehr genau aufpassen, wie kontrolliert man seine Töne in die Freiheit entlässt. Andererseits kann man sich darauf verlassen, dass der Raum für eine wunderbare Bindung sorgt und man sich viel mehr auf die Transienten konzentrieren kann; Bögen entstehen fast von allein. Für Pianisten bedeutet das allerdings, dass der rechte Fuß am Pedal sehr, sehr delikat zu Werke gehen muss, damit nicht alles verschmiert. Wird das allerdings gemeistert, kann sich der Zuhörer über einen für diese geringe Saalgröße überraschend vollständigen Klang bis hin zu den untersten Registern freuen.
Über die Qualitäten des Backstage-Bereichs habe ich diesmal nichts geschrieben – aus gutem Grund, denn sie sind mehr oder minder nicht vorhanden. Da heißt es schon fertig angezogen vom Hotel kommen und nach dem Konzert schnell über die Brücke zur Harmonie in der Nähe des Casinos eilen, um den mit Sicherheit herrlichen Konzertabend mit einem dort wirklich hervorragenden Käsefondue abzurunden.
Musiktipps – Aufnahmen mit typischem Raumklang
Liszt – Corbin Beisner | h-Moll-Sonate, Dante-Sonate, Jeux d’eaux, Sonetto 104 del Petrarca | PN 2002